Der „Anti-Bergoglio-Kardinal“: Kardinal Burke und die „Empfehlungen“ aus Santa Marta 26. Januar 2017 10
Papst Franziskus löste Konflikt mit dem Malteserorden auf seine Weise, in den Minuten und Hauruck. Inzwischen wurde Kardinal Burke eine "Empfehlung" übermittelt.
(Rom) Nach dem vom Papst verlangten Rücktritt des Großmeisters des Malteserordens, der am kommenden Samstag noch vom Souveränen Rat des Ordens angenommen werden muß, steht der Kardinalpatron des Ordens, Raymond Burke, im Fokus eines erhöhten Interesses.
Der Kardinal befindet sich seit Beginn des Pontifikats von Franziskus auf Konfrontationskurs mit dem Papst, der „aus der Ferne kam“. Im Umfeld des Kardinals formuliert man die Sache etwas anders: Der Kardinal verteidigt die Glaubenslehre der Kirche gegen jene, die auf Konfrontationskurs mit der überlieferten Lehre sind.
Bei der ersten Bischofssynode über die Familie im Oktober 2014 wuchs ihm die Rolle des Wortführers der Synodalen zu, die sich der von Franziskus unterstützten „neuen Barmherzigkeit“ von Kardinal Walter Kasper entgegenstellten. Kardinal Burke warf den Kasperianern, empört über deren Machenschaften hinter den Kulissen zur Manipulation der Synode, „Verrat“ an der Kirche vor.
Papst „regelt“ rechtlich aussichtslosen Konflikt mit einer Hauruckaktion
Wenige Wochen nach dem Ende der Synode wurde der couragierte Kardinal von Papst Franziskus in aller Öffentlichkeit abgestraft. Er setzte ihn als Präsidenten des Obersten Gerichtshofes der Apostolischen Signatur ab und entfernte ihn aus der Römischen Kurie. In jenem November 2014 wurde Burke von Franziskus auf den Posten eines Kardinalpatrons beim Souveränen Malteserorden abgeschoben. Ein prestigeträchtiger Posten, aber ohne jeden Einfluß auf die Kirchenleitung. Ein Posten, auf dem der brillante Kirchenrechtler, „keinen Schaden“ anrichten könne, wie es damals aus dem päpstlichen Umfeld nicht ohne Genugtuung hieß.
Kardinal Burke kommt Papst Franziskus immer „in die Quere“. Oder ist es andersrum?
Kardinal Burke akzeptierte Absetzung und Demütigung, ohne öffentlich je ein Wort darüber zu verlieren. In seiner neuen Aufgabe fand er sich bald zurecht. Mit dem Großmeister Fra Matthew Festing, einem Engländer, wurde der Umgang nicht nur durch die gemeinsame Muttersprache erleichtert. Daher wird vermutet, daß der Jurist Burke hinter der Vorgehensweise und den Erklärungen des Großmeisters im Fall Boeselager steht. Rechtlich, das wurde im Vatikan schnell klar, gab es in der Sache wenig Aussichten. Selbst der beste Jurist ist aber machtlos, wenn Mächtigere die Regeln überrollen und vollendete Tatsachen schaffen, und Papst Franziskus ist bekannt dafür, Regeln mißtrauisch zu beäugen und informelle Wege zu bevorzugen. Mit einer Hauruckaktion überwand er am Dienstag in weniger als einer halben Stunden eine rechtlich aussichtslose Situation, indem er den darauf nicht gefaßten Großmeister, der auf eine ehrliche Konfrontation und „Dialog“ mit Papst hoffte, mit einer knallharten Rücktrittsforderung überraschte. Ob sich Papst Franziskus anschließend wie ein Ernest Hamingway in der Pose eines triumphierenden Großwildjägers gefiel, ist nicht überliefert. Einiges scheint darauf hinzudeuten. Vielleicht war er selbst erstaunt über die Machtfülle, die sein Amt bei jenen auszuüben vermag, die es ernstnehmen.
„Der Anti-Bergoglio-Kardinal“
Nun steht Kardinal Burke im Fokus, weil er bereits zum dritten Mal dem Papst in die Quere gekommen ist. Beobachter gehen mit Recht davon aus, daß dies auch dem Papst nicht entgangen ist. Nach dem ersten Mal wurde Burke gnadenlos degradiert. Das zweite Mal ist ein noch nicht ausgestandener Konflikt. Burke ist einer der vier Unterzeichner der Dubia (Zweifel) zum umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia. Seit dem 19. September, dem Tag der Einreichung, weigert sich Franziskus auf die fünf Fragen der Kardinäle zu antworten und die erhoffte und erbetene Klärung zu zweideutigen Stellen von Amoris laetitia herbeizuführen. Die Weigerung eines Papstes, zu Glaubensfragen Rede und Antwort zu stehen, dürfte schwerlich lange durchzuhalten sein, ohne dem Amt schwersten Schaden zuzufügen.
Nun kam, drittens, auch noch der Konflikt mit dem Malteserorden dazu. Dabei kann der Kardinal dafür herzlich wenig. Franziskus hatte ihn als seinen Botschafter zwangsweise zum Orden versetzt. Also solcher handelte Burke, indem er sich, wie immer, genau an die Vorschriften hielt. Er berichtete an den Vatikan, was zu berichten war. Daß man die Dinge dort anders sah, hat ein Botschafter nicht zu kommentieren. In der Sache Malteserorden meldete sich der Kardinal auch nie zu Wort. Als Kardinalpatron nahm er auch seine Aufgabe war, den Großmeister, soweit gewünscht, zu beraten. Daß Boeselager, den der Großmeister als Großkanzler absetzte, so gute persönliche Kontakte ins vatikanische Staatssekretariat und damit auch zum Papst unterhält, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Inzwischen ist es allgemein bekannt, daß der deutsche Freiherr sich mit Fug und Recht „Freund des Papstes“ nennen kann.
Die Tatsache, daß Kardinal Burke auch noch einer der traditionsfreundlichsten Purpurträger der Kirche ist, der meist in der überlieferten Form des Römische Ritus zelebriert, also laut Papst Franziskus eine „nur vorübergehende Mode“ pflegt, die zudem „ideologisch“ motiviert und „semi-pelagianisch“ sei, scheint angesichts der anderen Konflikte nur mehr eine Draufgabe. Zufällig ist der Kontext allerdings nicht.
Welche Zukunft für den Malteserorden nach der „Operation Franziskus“?
Wie immer, wenn zwei sich streiten, gibt es weitere, die im Hintergrund schüren. Nicht immer aus lauteren Motiven. Seit Ausbruch des Konflikts im Malteserorden gibt es welche, die gegen Kardinal Burke schüren. Faktenwidrig wird kolportiert, der Papst habe Burke gebeten, zu vermitteln, dieser habe aber den Konflikt noch angeheizt. Jemand könnte jedenfalls eine Gelegenheit gekommen sehen, Kardinal Burke „in die Wüste“ zu schicken. Der Dekan der Rota Romana, Msgr. Pio Vito Pinto, ein erklärter Papst-Vertrauter, hatte bereits am 28. November 2016 wegen der Dubia mit der Aberkennung der Kardinalswürde durch Papst Franziskus gedroht. Pintos Eifer hatte allerdings mehr dem Image des Papstes geschadet, weshalb er kurz darauf zurückrudern mußte. Kardinal Burke mußte sich seither viele Betitelungen gefallen lassen. Gestern schrieb die Frankfurter Allgemeine von „ultrakonservativer Hardlinern“, heute bezeichnete ihn Il Messaggero als „Anti-Bergoglio-Kardinal“. Eine solche Rollenzuschreibung wurde vom Kardinal mehrfach entschieden zurückgewiesen.
„Einen Schritt zurück zum Wohl der Kirche“
Seither weiß man in Santa Marta jedenfalls, daß keine Degradierung Kardinal Burke wirklich treffen würde. Ämter und Würden sind dem Papst ohnehin ziemlich egal. Kardinal Burke auch, wenn auch auf eine ganz andere Weise und vor allem mit größtem Respekt vor jedem Amt und jeder Würde. Es gibt aber einen anderen Punkt, wo man von Burke etwas haben möchte. Der Jurist gilt, so sieht man es jedenfalls in der päpstlichen Entourage, als Hauptakteur hinter den Dubia. Würde man ihn dazu bringen, seine Unterschrift zurückzuziehen, oder sonst irgendwie „zum Wohl der Kirche“ einen „Schritt zurück“ zu machen, würde der Dubia-Widerstand zusammenbrechen. So denkt man es bis in die nächste Nähe des Papstes. Die Dubia sind derzeit das größte Ärgernis für Santa Marta. Sie stecken wie ein Stachel in der Flanke dieses Pontifikats. Der Ausgang dieses Konflikts ist ungewiß, nicht zuletzt für Papst Franziskus. Mit einem Hintergrundbericht in der römischen Tageszeitung Il Messaggero in dessen Redaktion es traditionell gute kirchliche Kontakte gibt, wurde Burke heute diese Botschaft übermittelt: „Burke, der Anti-Bergoglio-Kardinal, könnte einen Schritt zurück machen“. So lautete die Überschrift. des Sechsspalters. Der Konjunktiv bezieht sich weniger auf entsprechende Überlegungen des Kardinals, sondern meint eine Empfehlung an ihn. Wörtlich heißt es im Artikel: „Nun könnte Franziskus es sein, der darauf wartet, daß Burke einen Schritt zurück machen könnte zum Wohl der Kirche.“
Soweit das derzeitige Wunschdenken im Gästehaus des Vatikans. Es scheint allerdings ausgeschlossen, daß Kardinal Burke, nur weil Franziskus sauer auf ihn ist, die Dubia aufgeben wird. Die Francisceische Säuerlichkeit gegenüber dem US-amerikanischen Kardinal ist spätestens seit dem Februar 2014 ein Dauerzustand. Das hat weit mehr mit Papst Franziskus als mit Kardinal Burke zu tun. Nichts deutet darauf hin, daß der Kardinal auf solche „Empfehlungen“ eingehen könnte. Noch in der ersten Monatshälfte bekräftigte der Farmersohn aus Wisconsin seine Entschlossenheit, weil es bei den zweideutigen Formulierungen in Amoris laetitia nicht um Gefühle, Stimmungen, Launen oder Nuancen gehe, sondern um grundlegende Fragen, die den Kern des christlichen Glaubens betreffen. Am 8. Januar sagte Kardinal Burke in einem Fernsehinterview: „Brüderliche Zurechtweisung wird kommen, wenn Franziskus Verweigerung fortsetzt“. Am 11. Januar präzisierte er in einem Zeitungsinterview: „Kein Ultimatum an den Papst, aber der Glaube ist in Gefahr“.
Auf einem ganz anderen Blatt steht das Leiden geschrieben, das der Kardinal wegen der innerkirchlichen Konflikte und wegen der Gesamtlage der Kirche und des Glaubens durchmacht. Aber davon wird man vielleicht nie öffentlich erfahren. http://www.katholisches.info/2017/01/26/...us-santa-marta/ Text: Giuseppe Nardi Bild: Vatican.va/MiL/orderofmalta (Screenshots)
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