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  • 16.02.2017 00:20 - Piusbruderschaft: Bitte kein Plädoyer mehr für Hürden!
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Piusbruderschaft: Bitte kein Plädoyer mehr für Hürden!

16. Februar 2017 Der Vatikan und die Piusbruderschaft, Forum, Liturgie & Tradition, Papst Franziskus, Top 0


Jesus sagte: Komm! Da stieg Petrus aus dem Boot und ging über das Wasser auf Jesus zu. Als er aber sah, wie heftig der Wind war, bekam er Angst und begann unterzugehen. Er schrie: "Herr, rette mich!" (Mt 14,22-33).

Gastkommentar von Klaus Obenauer*

1. Anlass

Einiges Verständnis habe ich für die Einwände von Herrn Dr. Büning, die er jüngst auf diesem Forum erhoben hat gegen die (endgültige) Aussöhnung der Kirche mit der Piusbruderschaft (FSSPX) ohne gewisse Vorbedingungen und Kautelen; Vorbedingungen und Kautelen, die sich einschneidend auswirken könnten. Vor allem beträfe dies die prinzipielle Anerkennung des Zweiten Vati­kanums und des nachkonziliären Weges, weil anderes mit der Kanonisierung der Nach-/Konzilspäpste, die für zwei schon erfolgt ist, nicht zu vereinbaren wäre.

Bei allem Verständnis für den Einspruch von Herrn Dr. Büning – in der Quint­es­senz halte ich ihn entschieden für nicht angebracht beziehungsweise für nicht zielführend. Im Gegenzug trage ich mein Antiplädoyer vor „sine temeraria as­ser­tione“, im Wissen, dass ich auch falsch liegen kann.


Insgesamt, wie ich zugebe, beschränken sich meine persönlichen Kontakte in Richtung FSSPX auf vereinzelte Tuchfühlungen, wirklichen Kontakt „mit der Szene“ habe ich nicht. Das birgt ein gewisses Risiko, wenn ich zum Beispiel an mein eigenes Engagement vor inzwischen ein paar Jahren auf diesem Forum zu­rückdenke, nicht ganz ohne Selbstkritik. Trotzdem bleibe ich mit guten Gründen auch heute noch bei meinem Votum von gestern.

2. Mein altes neues Votum


Und dieses Votum geht in der Tat auf eine weitgehend (!) bedingungslose Re­konziliation bzw. Regulierung der FSSPX. Bei allem Wissen und aller Ahnung von Engführungen, Grenzen etc., wie sie auch Herr Dr. Büning andeutet: Alles in allem sehe ich persönlich in einer anderen Vorgehensweise einen Verstoß ge­gen Wahrheit und Gerechtigkeit gleichermaßen.

„Weitgehend bedingungslos“, formulierte ich. In der Vergangenheit sprach ich da gern von einer „Untergrenze“, die es von Seiten der FSSPX zu akzeptieren gälte, eine Untergrenze nämlich für die kritische Distanzierung von der nun mal faktisch weithin vom Zweiten Vatikanum bestimmten Kirche. Was ich damit meine, möchte ich für jetzt knapp in folgende Worte fassen:

Zu erwarten ist eine prinzipielle Treue dem Lehramt gegenüber, die Anerken­nung desselben als einer prinzipiell vertrauens­würdigen (!) Größe, eine Aner­kennung, die man nicht ab einem gewissen Fixdatum einfach sistieren kann. Der springende Punkt in der Sache wäre von daher: Wenn man dem Zweiten Vatika­num (und so­mit der moralischen Gesamt­heit der lehrenden Kirche mit dem Papst an der Spitze) und dem Lehramt in der Folge dieses Konzils unterstellt, die Treue zum Depositum fidei eben sub­stan­ti­ell (!) aufgegeben zu haben, auf dass es sich ebenso substantiell (!) nicht mehr als blei­bende Präsenz der Wahr­heit Christi in der Kirche (bzw. als Dienst dieser Prä­senz) bewährt hat bzw. be­währt, dann ist man nicht mehr katholisch. Ent­spre­chend gilt es zu beachten, dass die definierte Un­fehl­barkeit des Papstes bei Ka­thedralentscheidungen im Kontext jener Funktion der Sedes Apostolica Ro­ma­na zu sehen ist, nämlich den katholi­schen Glauben unversehrt in der Kirche präsent zu hal­ten (cf. DS 3066 necnon 3070sq.). Damit ist für das Diesseits von Kathedral­ent­scheidungen kei­neswegs jeder Fehlgang ausgeschlos­sen, jedoch sehr wohl ein habituell gewor­denes sub­stantielles Versagen des Rö­mischen Bischofssitzes!

Mir ist wohl bewusst, dass mit Blick auf letzteres in jüngerer Zeit erhebliche Anfechtungen erstanden sind, auf die ich jetzt aber nicht näher eingehen will; zumal – wie ich meinerseits jedenfalls gerne zugestehe – ein ziemlicher Spiel­raum bleibt in puncto konkreter Ausdeutung dieses Prinzips: was also im Einzel­nen der unzulässigen Behauptung eines „habituell gewordenen substantiellen Versagens des Römischen Bischofssitzes“ gleichkäme und was nicht.

In negativ-abgrenzender Instanz kann gleichwohl gesagt werden: Ausgeschlos­sen muss bleiben eine Apostasie-Rhetorik in Richtung „offizieller Kirche“, kon­kret: Rom; eine raison d‘être et d‘agir, sich durch den Heiligen Stuhl institutio­nell legitimieren zu lassen, um demselben zugleich substantielle Enerviertheit zu bescheinigen („vom Glauben abgefallenes Rom“).

Im Gegenzug verstehe ich das von mir ins Feld geführte Kriterium dahingehend, dass eine positive Einzelaffirmation der Aussagen des Konzils und des nachfol­genden Lehramts nicht verlangt werden muss und nach Lage der Dinge auch besser nicht verlangt wird, will man die Aussöhnung nicht faktisch unmöglich machen.

Das alles wäre dann damit gewährleistet, dass man von der FSSPX – in Gesamt­heit oder auch einzeln – die übliche „Professio fidei“ abverlangt und sich damit be­gnügt. Das muss sein, und mehr muss auch nicht sein.

Das meine ich jedenfalls. Nun kann ich mir von der Natur der Sache her schwer­lich vorstellen, nach Maßgabe der aktuellen Handlungsweise des Apostolischen Stuhls meinerseits die Messlatte zu hoch gehängt zu haben. Trotzdem füge ich hinzu: Ein gewisser Instinkt sagt mir – und ich hoffe, darin Geist-geleitet zu sein –, dass es da auf keinen Fall gilt, „päpstlicher als der Papst“ sein zu wollen. (Der Leser wird verstehen, was ich meine!)

3. Zur Frage der Heiligsprechungen

Damit ist das Wesentliche gesagt; aber mit Blick auf die von Herrn Dr. Büning mit viel Engagement und sicherlich sachlogischem Gewicht vorgebrachten Ein­sprüche gerade mit Blick auf die Kanonisationen von Johannes XXIII und Jo­hannes Paul II möchte ich noch ein paar Worte in puncto „notwendige Anerken­nung der Heiligsprechungen“ verlieren:

Mit Blick darauf, dass die Infallibilität präzis in Bezug auf Heiligsprechungen nicht Dogma ist, kann man sich damit begnügen, dass in diesen kirchenpolitisch strittigen Fällen 1.) die Rechtsverbindlichkeit dieser Heiligsprechungen nicht be­stritten wird (ohne dass man sich deshalb die Kanonisation in konkreter Praxis zu eigen machen muss); 2.) sie für den Fall, dass es da „de fide ecclesiastica“ et­was unbedingt anzuer­kennen gibt (was aber noch nicht definitiv geklärt ist), im­plizit anerkannt wer­den. Und letzteres kann ich mit dem vorletzten Passus der „Professio fidei“ schlicht gewährleistet sehen: „Fest auch umfasse ich und be­halte ich bei alles Einzelne, was für das Umfeld der Glaubens- und Sittenlehre von derselben [sprich: der Kirche] endgültig vorgelegt wird.“ Soweit Heiligspre­chungen dazu zu zählen sind, sind sie damit, und zwar einzeln, mitaffirmiert, wenn auch nur implizit.

Fazit: Auch diesbezüglich genügt die ehrlich vorgetragene „Professio fidei“ samt einem respektvollen Verhalten, das der Rechtsverbindlichkeit dieser Kano­nisationen Rechnung trägt.

Letzteres ist aber, schon prinzipiell, sicher nur die zweitbeste Lösung, mit der man sich – nach meinem bescheidenen Urteil – pro hic et nunc wird begnügen müssen, die aber nach einer solideren Abklärung ruft. Und hier stellt sich die Frage: Was ist der harte Kern der, jedenfalls mit ungleich besseren Gründen an­zunehmenden, Unfehlbarkeit bei Heiligsprechungen? Berühmt einschlägig ist hier der letzte Artikel bzw. die letzte Quästion des Neunten Quodlibet des heili­gen Thomas:

Ich habe jetzt leider nicht die Möglichkeit, die kritische Leonina-Edition direkt einzusehen. Jedoch argwöhne ich mit Bestimmtheit, gestützt auf eine Internet­recherche, dass das erste Sed-Contra, und zwar nach seiner ursprünglichen Fas­sung (statt der entstellt überlieferten), prima facie nicht unbeträchtlich die Auf­fassung jener begünstigt, wonach sich die Kirche mit der Kanonisation auch für die objektive Richtigkeit und Vorbildlichkeit von Leben und Lehre in unbeding­ter Verlässlichkeit verbürgt, weil andernfalls dem verderblichen Irrtum Vor­schub geleistet wäre – was auch immer für eine Konsequenz in welche Richtung man daraus ziehen mag. Allein: Was heißt, es würde jemand als Heiliger ver­ehrt, der in Wahrheit Sünder war? Wo es doch in definitiver Instanz auf die fi­nale (!) Heiligkeit ankommt. Heißt Heiligsprechung, dass der Kanonisierte ab dem Zeitpunkt seines Lebens, da er für (insgesamt) vorbildlich gilt, sagen wir: seit seiner Bekehrung, keine schwere Sünde mehr begangen hat? Aber warum? Wo steht das geschrieben? Gibt es doch Kontraindikationen (die heilige Johanna von Orleans hatte bekanntlich erst einmal den Mut verloren, bevor sie zu ihrem grausamen Schicksal Ja sagen konnte). Kurzum: Man mag für Kanonisationen hier engere und weitere rechtsverbindliche Kriterien festlegen, und dies mehr oder weniger klug und verantwortlich – die Anschauung, die Kanonisation ver­bürge sich für die einzelhafte (!) objektive Richtigkeit von Leben und Lehre („in gravibus“, versteht sich) des Bekehrten o.ä., scheint mir doch anfechtbar zu sein.

Und so scheint mir der entscheidende Satz der letzte der ausführlichen Respon­sion im besagten Artikel des heiligen Thomas zu sein:

„Da … die Verehrung, die wir den Heiligen entgegenbringen, da ist ein gewisses Bekenntnis des Glaubens, mit dem wir die Herrlichkeit der Heiligen glauben, ist fromm zu glauben, dass auch nicht darin das Urteil der Kirche irren kann.“

Auf das endgültige Urteil der Kirche gestützte Heiligenverehrung ist also (ge­rade auch!) konkret angewandtes Bekenntnis zum Verherrlicht-Sein der Heili­gen bei Gott, und deshalb ist jenes Urteil nicht nur rechtlich „endgültig“, son­dern durch Gottes Beistand auch in seinem Wahrheitsanspruch endgültig und so unüberholbar, sprich: unfehlbar. (Aber, wie gesagt: Dass es sich so verhält, ist noch kein Dogma!)

Von daher: Die Kirche verbürgt sich, gestützt auf den verheißenen Heiligen Geist, in der Kanonisation definitiv (!) für das selige Sein-bei-Gott, für die Vor­bildlichkeit des Lebens hingegen nur oder gar höchstens in genere.

Mithin kann es prinzipiell auch ungerechtfertigte Heiligsprechungen, ja böse ge­ben, dahin­gehend, dass sie besser unterblieben wären – aber nicht solche, die uns einen fal­schen Heiligen präsentierten, also jemanden, der oder die in Wahr­heit nicht bei Gott verherrlicht wäre. Es ist eben die bloß in genere verbürgte Lebensvorbild­lichkeit, die, wie sie die hermeneutischen Anschlussfragen auf­wirft, so auch Raum gibt für weniger zu verantwortende Heiligsprechungen.

Das alles ist dann auch nur als prinzipielle Erwägung vorgetragen, um Probleme oder gar Aporien entschärfen zu helfen. Was das jetzt für die kirchenpolitisch diskutierten Einzelfälle bedeutet, dazu will ich hier – ganz ehrlichen Herzens – keine Andeutung gemacht haben, das lasse ich offen.

Dr. Büning hatte Karl Rahner zitiert. Es sei mir nicht verstattet, auch meinerseits mit einem etwas längeren Rahnerzitat zu schließen. Es geht um die Heilige The­rese von Lisieux; und die wohl zeitgeistbedingten „Schwierigkeiten“ mit dieser Heiligen, die sich in diesem in den Siebzigern (?) verfassten Beitrag ausspre­chen, muss man sich nicht unbedingt zu eigen machen. Aber ich finde die Aus­führungen für unsere Belange so beredt, dass ich sie in einem etwas längeren Zi­tat dem Leser nicht vorenthalten möchte. Zitiert wird aus: Sämtliche Werke 25 (Freiburg 2008), 482-484. Also, im Wortlaut:

„Es ist nicht sehr originell, ich weiß es, wenn ich sage, daß vieles an der Therese von Lisieux und an ihren Schriften mich nur gereizt macht oder mich einfach langweilt … [-] Aber einmal: da ist ein Mensch, der gestorben ist in der tödli­chen Anfechtung des leeren, bis zum Grund gehenden Unglaubens und der darin geglaubt hat. Der glaubte, als er an der Schwindsucht erstickte, und ihm all das fromme Getue der Mitschwestern nur wie eine namenlose und leere Pein vor­kommen mußte. Da starb jemand, der das als vernichtende Wirklichkeit an­nahm, was vorher fromm beredet wurde, was vorher sehr im Verdacht stehen mußte, die Traumwelt zu sein, in die ein junges Ding entfloh, weil es Angst vor der Wirklichkeit und Wahrheit hatte, was vorher so aussah, als gehöre es in sei­ner Weise auch zu den Plüschmöbeln, mit denen die Eltern der ‚kleinen Blume‘ (wie rührend) ihren Lebensraum vollstopften … [-] Also zunächst: Was ist am Tod der Therese, der mich eigentlich allein interessiert, Besonderes? Wenn man das fromme Gesumse abzieht (gegen das ich nichts habe, das ich aber auch nicht so ernst nehmen kann), das ihre Umgebung und selbst ihre eigene kleinbürger­lich-christliche Dressiertheit auch noch um diesen Tod herum produziert? Auf diese Frage gebe ich eine Antwort, die vermutlich den meisten, die nicht von vornherein kirchlich deutlich domestiziert sind, schockieren wird. Ich sage: weil ich bei diesem Tod wirklich darum darauf vertraue, daß er geglückt ist …., was ich sonst nicht so sicher weiß, darauf vertraue, weil die Kirche diese Geglückt­heit erfuhr und feststellte.“

*Dr. theol. Klaus Obenauer ist Privatdozent für Dogmatische Theologie an der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn

http://www.katholisches.info/2017/02/16/...r-fuer-huerden/
Bild: Lorenzo Veneziano, Petri Rettung aus den Fluten, um 1370, Berlin Gemäldegalerie (Wikicommons)



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