Skizze einer Annäherung
Die Fakten erlauben es nicht, im Staunen zu verharren. Seit dem März 2013 hat sich die Welt rapide verändert. Indizien deuteten es an. Hinter den Kulissen fand eine Annäherung unglaublichen Ausmaßes statt. Die Annäherung betrifft den Papst, in der Person von Franziskus, und jenen maßgeblichen Teil des Establishments, der den Mainstream kontrolliert. Die Annäherung erfolgte in solcher Rapidität, daß manche eine Vernetzung von Kardinal Bergoglio mit diesen Kreisen bereits für die Zeit vor seiner Wahl annehmen, was derzeit aber Spekulation ist.
Das Jahr 2015 brachte den Durchbruch.
Im April 2015 war UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon Gast von Papst Franziskus und nahm an einer Tagung über den Klimawandel teil. Das Einschwenken des Heiligen Stuhls auf die UNO-Klimawandelpolitik mit der damit zusammenhängenden Wirtschafts-, Sozial-, Migrations- und Bevölkerungspolitik war damit bereits beschlossene Sache. Ban Ki-moon erklärte damals, daß der Papst die UNO-Agenda zum Klimawandel unterstützt. Dafür sprach er dem Papst ein „spirituelle und moralische Leadership“ zu. Wörtlich sagte der UNO-Generalsekretär zum Dank über Franziskus: „Ich applaudiere seiner Leadership“.
Im September 2015 besuchte Franziskus die damals noch von Barack Obama regierten USA und sprach vor dem in gemeinsamer Sitzung versammelten Kongreß. Eines solches Privileg war zuvor keinem katholischen Kirchenoberhaupt eingeräumt worden. Bis Ronald Reagan unterhielten die USA nicht einmal diplomatische Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl.
Im Rahmen desselben US-Besuches wurde Papst Franziskus ein weiteres nie dagewesenes Privileg eingeräumt. Er durfte im Glaspalast der Vereinten Nationen in New York vor der UNO-Konferenz für nachhaltige Entwicklung, auf der die Ziele der Weltpolitik für die kommenden 15 Jahre beschlossen wurden, als einziger Redner auftreten und die Festansprache halten. Mit seiner moralischen Autorität als Papst erteilte er den Post-Millenniums-Zielen den „Segen“ der Kirche. Papst Franziskus tat dies, ohne eine Kritik an umstrittenen Zieldefinitionen zu äußern, etwa der Abtreibung, gegen die sich seine Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. noch massiv gewehrt hatten. Anerkennung als höchster Religionssprecher
In wieweit es sich um einen tatsächlichen Gleichschritt in den Ideen handelt oder um einen Teilgleichschritt, dem strategische und taktische Überlegungen zugrunde liegen, läßt sich im Detail nicht genau sagen. Tatsache ist der Gleichschritt, Tatsache ist, daß der Vatikan sich nicht davon distanziert. Der Gleichschritt verzeichnet nicht nur auf der Soll-, sondern auch auf der Habenseite Verbuchungen. Im Gegenzug für das Mittragen der UNO-Agenda wird Papst Franziskus als primus inter pares und höchster Religionssprecher der Welt anerkannt, wie die aufgezeigte privilegierte Stellung verdeutlicht. Daß gemäß dem Säkularismus-Verständnis derselben Kreise Religion eigentlich keine Rolle spielen sollte, jedenfalls nicht im öffentlichen Raum, schon gar nicht in der Gesetzgebung, gibt der stattfindenden „Transformation“ erst die eigentliche Dimension.
Der Wahlsieg von Donald Trump versetzte das linke Establishment in Unruhe. Es fühlt sich gedemütigt und sinnt auf Rache. Es wird nichts unversucht gelassen werden, um Trump möglichst vorzeitig, spätestens aber 2020, aus dem Amt zu jagen. Bis dahin soll er systematisch vor der Weltöffentlichkeit lächerlich gemacht und in seiner Amtsführung behindert werden. Diesen Part erfüllen die Massenmedien bis hinunter zu den europäischen Provinzblättern und Gratiszeitungen mit erschreckender Uniformität. Wen wundert es da, wenn manche Beobachter geheime Strippenzieher am Werk sehen, jene, die „im Dunkeln sitzen“ und die Fäden der veröffentlichten Meinung ziehen.
Die beiden Zwischentitel, die Ivereigh in seinen Aufsatz eingebaut hat, liefern die nötigen Schlagwörter: „The world’s most famous populists face off“ und „Francis is a bridge maker in an age of wall building“.
Die New York Times ist nicht irgendein Blatt, sondern die einflußreichste Tageszeitung der Welt. Dennoch erhob das Staatssekretariat des Vatikans bisher keinen Protest gegen die hochpolitisch-brisante Vereinnahmung von Papst Franziskus. Dabei hatte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin erst am 22. Februar mitgeteilt, das Image des Papstes schützen und den „Gebrauch von Bildern des Papstes überwachen“ zu wollen. Gilt das nur, wenn in Rom einige anonyme Plakate gegen die Amtsführung des Papstes auftauchen, aber nicht, wenn die unvergleichlich einflußreichere New York Times den Papst einseitig als „Anti-Trump“ vor den Karren einer durchsichtigen Kampagne spannt?
Ebensowenig gab es gegen den Artikel eine Intervention des Apostolischen Nuntius in den USA. Schon gar nicht gab es eine Richtigstellung von Vatikansprecher Greg Burke.
Interessiert es den Vatikan nicht, was die New York Times über den Papst schreibt? Oder hat dieses Schweigen damit zu tun, daß es vielleicht sogar stimmt, was die New York Times insinuiert?
* hier geht es weiter http://www.katholisches.info/2017/03/new...gen-im-vatikan/
Der vollständige Artikel der New York Times „Is the Pope the Anti-Trump?“ vom 5. März 2017.
Text: Giuseppe Nardi Bild: New York Times (Screenshots)
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