Finanzkrise: Radikaler Umbruch – sonst knallt’s! Veröffentlicht am: 4. Mai 2017
Die Bestsellerautoren Weik und Friedrich bringen ihr viertes Buch heraus. Haben die nicht schon alles über die Finanz- und Systemkrise geschrieben? Im Grunde ja, doch es fehlten noch gewisse unbequeme Schlussfolgerungen, die man so klar nur aus dem bisherigen Verlauf und dem aktuellen Stand der Krise ziehen kann. Vor allem lassen die Autoren diesmal keinen Zweifel mehr: jetzt ist das Handeln jedes Einzelnen gefragt. Wer nun immer noch die Bequemlichkeit an erste Stelle setzt, ist Teil des Problems und nicht der Lösung. Die gute Nachricht ist, dass sie sich auch mit eben dieser Lösung befassen.
„Sonst knallt´s!: Warum wir Wirtschaft und Politik radikal neu denken müssen“ – so der vollständige Titel des neuen Werks des Crashpropheten-Duos. Mit Götz Werner, dem Gründer des Unternehmens dm-drogerie markt, haben sie sich zusätzlich einen prominenten Co-Autor mit Insiderkenntnissen und Weitblick in Sachen Lösungen ins Boot geholt.
„Unbequem“ an Weik und Friedrich war schon immer, dass sie nicht allein mit abstrakten ökonomischen Argumenten hantieren, sondern uns auch und vor allem mit den sozialen oder gar humanitären Aspekten der Krise „behelligen“. Meist lassen wir uns ja nur ungern daran erinnern, dass wir mit jedem Cent aus unserer Brieftasche überall mitentscheiden. Und dass es dabei relativ egal ist, ob wir große oder kleine Beträge umsetzen, wollen wir erst recht nicht hören:
„Wenn jemand für 8 Euro eine Jeans bei Primark kauft, darf er sich nicht wundern, wenn die Näher aus Pakistan irgendwann hier vor der Türe stehen. Wir müssen den Wohlstand gerecht verteilen und die Menschen fair bezahlen.“
Die Aussage allein kann man populistisch und sozialistisch finden, doch sobald man sich auf bestimmte, menschenwürdige Maße für Kategorien wie „gerecht“ einigt, sind diese Forderungen nur fair und vernünftig. Zugleich ist es aber vollkommen richtig, dass sich jedeR vor allem um sich selbst und seine ihm nahe stehenden Menschen kümmern sollte und dabei auch die größtmögliche Autarkie und Systemunabhängigkeit anstreben muss. Nur leben wir dabei nicht in einer Blase und werden es auch niemals tun – denn das ist weder möglich noch wünschenswert. Oder wollen Sie in einer archaischen Agrargesellschaft leben, in der Ihre Welt an der nächsten Hecke endet?
Doch damit genug der „philosophischen“ Überlegungen – sie sollen nur deutlich machen, dass wir nur mit Ökonomie und Rechnerei bei der Krisenlösung nicht weit kommen. Deshalb sind auch die umstrittenen und scheinbar nebensächlichen Ausführungen von Weik und Friedrich rund um das bedingungslose Grundeinkommen sinnvoll und richtig – egal ob man das Konzept nun für ein Allheilmittel hält oder furchtbar ungerecht findet. Bei allen Mängeln sollte man auch bedenken, dass der „Markt der Krisenlösungen“ zur Zeit nicht gerade viele gedanklich ausgereifte und „einsatzbereite“ Konzepte bereit hält. Und besser als ein bürgerkriegsähnliches Chaos ist ein „ungerechtes durchfüttern“ auch von Schmarotzern allemal. Außerdem: befindet sich das jetzige System nicht gerade deshalb so dicht vor dem Crash, weil es gewisse Schmarotzer mit „bedingunslosen Grundeinkommen“ von weit mehr als 1000 Euro monatlich durchfüttert? …
Doch „Kapitalfehler“ wie diesen hat kaum (noch) jemand auf dem Schirm. Kein Wunder, denn man bekommt ja in Deutschland nicht mal mehr mit, dass der Euro- und Schuldenwahnsinn immer noch auf den Abgrund zusteuert. Oder haben Sie es irgendwo in den Schlagzeilen gesehen, dass derzeit wieder die nächste „Hilfstranche an Griechenland“ genehmigt wird, für die die dortige Bevölkerung wieder mit Rentenkürzungen und Steuererhöhungen zahlt? Auch die Nachricht, dass die EU schon wieder eine Beteiligung der Steuerzahler an der Bankenrettung „prüft“, bekommt man eigentlich nur noch mit, wenn man gezielt nach dem Thema sucht. Und dass Ökonomiepapst Hans Werner Sinn angesichts dessen erneut vor dem „wachsenden Druck im Kessel“ und dem „Platzen des Euro“ warnt, geht am Großteil der Öffentlichkeit wohl schlicht vorbei.
Doch diese Leichtfertigkeit ändert nichts daran, dass der Spuk fast schon aus mathematischer Notwendigkeit bald an sein Ende geraten muss. Hier eine Alles-unter-Kontrolle-Normalität vorzugaukeln, hält zwar den vermeintlichen sozialen Frieden aufrecht, ist aber mindestens genauso gefährlich wie eine permanente Alarmstimmung. Denn die große Mehrheit der Menschen neigt dazu, sich dem bequemen Sicherheitsgefühl hinzugeben. Dabei versäumt sie es jedoch nicht nur, sich auf die notwendigen und kommenden Umwälzungen vorzubereiten, sondern „trainiert“ sich zu allem Übel auch noch eine Trägheit an, die dann, wenn schnelles Denken und Handeln gefragt ist, zu einer Extra-Bremse und Last wird.
Da ist es wohl schon durchaus hilfreich, wenn Autoren mit großem Bekanntheitsgrad einen gelegentlichen Hallo-Wach-Ruf mit großer öffentlicher Reichweite abgeben. Doch selbst die meisten Leser der Weik- und Friedrich- oder anderer Bücher machen anscheinend den Fehler, sich nach dem Wachrütteln-lassen sozusagen wieder hinzulegen. Denn sonst hätte ja angesichts der hohen Verkaufszahlen jedes einzelne der bisherigen Bücher schon eine kleine Sozialrevolution hervorgerufen – und nebenbei unser Thema Krisenvorsorge in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Wie es ebenso oft ist mit Büchern: auch der lauteste Weckruf ist nur dann von Wert, wenn der Leser sich davon konkret und persönlich angesprochen fühlt und die seinem neuen Kenntnisstand entsprechenden Taten folgen lässt. Laut Weik und Friedrich müsste das zu einem Umbruch wie 1989 führen:
„Wer sich auf die Politik verlässt, ist verlassen. Wenn wir jetzt etwas machen, kann es noch friedlich ablaufen so wie 1989 in Leipzig, ansonsten wird es enden wie 1789 in Paris. Wir haben die Wahl!“ http://www.krisenvorsorge.com/finanzkris...-sonst-knallts/
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