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  • 30.06.2017 00:12 - Der Tod des kleinen Charlie und das Drama der Kirche
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Der Tod des kleinen Charlie und das Drama der Kirche
30. Juni 2017 3


Charlie Gard, die Unkultur des Todes und das Drama der Kirche

(London) Heute werden für den kleinen Charlie Gard die Maschinen abgeschaltet, die ihn am Leben erhalten. Charlie, der erst vor zehn Monaten, am 4. August 2016, das Licht der Welt erblickt hat, wird hingerichtet wie ein zum Tode Verurteilter. Er stirbt mit der Zustimmung der Bischöfe, die zu feig sind sich einer Wissenschaft entgegenzustellen, die sich für allmächtig hält und einer verbreiteten Gleichgültigkeit, die von der Kultur des Todes infiziert ist und ein Menschenleben nicht mehr zu schätzen weiß.

Die Mitteilung vom bevorstehenden Tod ihres Sohnes kam von den Eltern Chris Gard und Connie Yates, die mit vorbildlicher Entschlossenheit und unerschrocken, das Menschenmögliche unternommen haben, damit ihr Sohn leben kann.

Charlie befindet sich im Great Ormond Street Hospital von London für seltene Krankheiten. Er leidet an einer bislang unheilbaren Erbkrankheit. Die britischen Ärzte weigern sich, dem Kind weitere Hilfe zukommen zu lassen. Die Eltern wollten ihn deshalb in die USA bringen, um ihn dort einer experimentellen Behandlung zu unterziehen. Dank einer Spendensammlung konnten sie das Geld für die Überstellung des Kindes und die Behandlung zusammenbringen. Bisher sind nur 16 Fälle dieser Erbkrankheit bekannt. Daher läßt sich wenig Aussagekräftiges in die eine noch in die andere Richtung sagen.

Dann geschah das Unglaubliche. Die Ärzte des Londoner Kinderkrankenhaus Großbritannien verweigerte dem Kind die Ausreise. Die Eltern konnten es nicht fassen und zogen vor Gericht, um den sicheren Tod ihres Kindes abzuwenden. Der Rechtsstreit wurde bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausgetragen. Die Eltern haben den Rechtsstreit verloren. Richter haben über das Leben des kleinen Charlie entschieden und sein Todesurteil unterzeichnet.

Kann sich die Unkultur des Todes von einer häßlicheren Seite zeigen? Kann der Staat unerbittlicher das Elternrecht vernichten?

Doch die Kirche bleibt stumm. Nicht die ganze, um genau zu sein. Erzbischof Peter Smith von Southwark meldete sich zu Wort, doch es wäre besser gewesen, er hätte geschwiegen.

Das aussagekräftige Schweigen und das mißtönende Reden der Kirche

Smith ist Vorsitzender der Abteilung Christliche Verantwortung und Staatsbürgerschaft in der Bischofskonferenz von England und Wales. Am 5. Mai veröffentlichte er eine Presseerklärung. Die Bischofskonferenz hat ihn zum Teil übernommen und am vergangenen Mittwoch auf ihrer Internetseite publiziert. Smith wurde in Sachen Klein-Charlie zum Sprecher der Bischöfe bestellt. Als solcher erteilte er dem britischen Gesundheitswesen einen Persilschein. „Die Verantwortlichen für die ärztliche Versorgung des Vereinigten Königreiches sind der Ansicht, alles was möglich war, getan zu haben, um ihm zu helfen.“ Die Ausreise in die USA, um sich dort noch einem Heilungsversuch zu unterziehen, wurde vom Erzbischof nicht als „Möglichkeit“ benannt. Welche Rolle spielte der Erzbischof also? Er erteilte primär den Ärzten des Great Ormond Street Kinderkrankenhauses, den Politikern, Beamten und Richtern eine öffentliche Absolution. Ähnliche bischöfliche Auftritte sind aus der Abtreibungsdebatte bekannt.

Salbungsvoll sinnierte Msgr. Smith, daß es „verständlich“ sei, wenn die Eltern „jede Chance“ nützen möchten, Charlies „Leben zu verlängern, auch wenn ein Erfolg nicht garantiert“ sei. „Beide Seiten bemühen sich, meines Erachtens, mit Integrität und für das Wohl von Charlie zu handeln.“ Was will der Erzbischof damit sagen? Daß sich die Eltern verrannt und verbissen haben, und es in diesem Wettlauf gegen die Zeit keine „Wahrheit“ gibt, sondern nur moralisch gleichwertige Optionen? Die Eltern handeln gut, wenn sie das Leben ihres Kindes zu retten versuchen, doch sei „nicht garantiert“, daß die Behandlung in den USA Erfolg haben würde. Gut handeln aber auch die Ärzte, die Charlie nicht länger behandeln wollen, obwohl das garantiert den Tod Charlies bedeutet. Erzbischof Smith exerzierte die feine Welt der „Ausgewogenheit“ vor, die in Wirklichkeit nichtssagend ist, weil sie nichts sagen will. Im konkreten Fall stellte sich Smith damit auf die Seite des Todes, denn die Frage ist nicht abstrakt, sondern ist eine Frage über Leben oder Tod.

Man müsse manchmal anerkennen, versuchte Smith die Eltern zu trösten, daß die Medizin ihre Grenzen habe. Angesichts eines noch möglichen Behandlungsversuchs in den USA klingt das so, als wollte er einem angeketteten Gefangenen, der nicht zum Wassertrog kann, weil die Kette zu kurz ist, erklären, daß man anerkennen müsse, daß Ketten eben zu kurz sein können und der Wassertrog unerreichbar bleibt, anstatt ihm die Kette zu lösen oder ihm den Wassertrog näher hinzustellen. Der Strafgefangene verdurstet, Charlie stirbt.

Msgr. Paglias Kampf für das Leben von Charlie? Fehlanzeige


Dann trat Kurienerzbischof Vincenzo Paglia auf den Plan, bis August 2016 „Familienminister“ des Vatikans, seither Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben. Würde er für die Kultur des Lebens Partei ergreifen und wie ein Löwe um das Leben des kleinen Charlie kämpfen? Fehlanzeige.

Paglia machte sich die Position von Erzbischof Smith und damit der Bischofskonferenz von England und Wales zu eigen. Die Betonung liegt auf der Einsicht, die Charlies Eltern zu haben hätten, daß die Medizin eben Grenzen kenne. Natürlich, so der Kurienerzbischof, müsse die Versorgung des Patienten „bis zum natürlichen Tod fortgesetzt werden“, was die britischen Ärzte gewährleisten würden. Mit keinem Wort ging Paglia darauf ein, daß es sich in Wirklichkeit um Euthanasie handelt. Der elterliche Wille sei „zu respektieren“, so Paglia, um gleichzeitig Richtung Eltern zu sagen, sie sollten aber einsehen, daß es für Charlie keine Hilfe mehr gebe. Schließlich scheint Paglia noch jenen einen Seitenhieb verpaßt zu haben, die sich in den vergangenen Wochen an die Seite von Charlies Eltern stellten und gegen den Staat den Vorwurf des „Staatsmordes“ erhoben. Jedenfalls klingt es so, wenn Paglia vom „Medienrummel“, spricht, „der zum Teil auf traurige Weise oberflächlich“ sei.

Wären die Eltern nicht an die Öffentlichkeit gegangen und hätten viele Menschen mobilisiert, wäre Charlie bereits tot. Die Ärzte hätten ihn stillschweigend sterben lassen. Niemand hätte davon erfahren.

Was will Msgr. Paglia also sagen? Bedauert er, daß der Fall öffentlich wurde, daß die Sache nicht still und leise abgewickelt werden konnte, sondern durch richterlichen Entscheid zur lästigen, weil nicht imagefördernden Exekution wurde? Geht es um das öffentliche Image des Staates, der Richterschaft, der Ärzteschaft des Krankenhauses? Oder geht es um das Leben eines Menschen, und sei eines erst zehn Monate alten Kindes. Tatsache nämlich ist, und daran kann kein Zweifel bestehen, daß Charlie leben will, so wie jedes neugeborene Kind unbändig leben will. Charlie hat gerade erst das Licht der Welt erblickt, die ihn bereits verzehrt.

Ängstliches Versagen?


Wer den beiden Erzbischöfen besonders wohlwollend gesinnt ist, könnte ihre Stellungnahmen als „ängstlichen Versuch“ werten, sich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen, eine „ausgewogene Mitte“ zu wahren und doch für Charlie zu sprechen. Wer die Dinge nüchterner betrachtet, kommt zum Schluß, daß die beiden Kirchenvertreter – andere haben nicht Stellung genommen – in Sachen Euthanasie kapituliert haben. Die Kapitulation kommt am deutlichsten darin zum Ausdruck, daß sie – darin ganz den Euthanasiebefürwortern folgend – sie nicht als solche erkennen und beim Namen nennen.

Kein Wort des Protestes kam aus bischöflichem Mund, kein Mitgefühl für Charlie. Kein Oberhirte stellte sich an die Seite der vielen Laien, die für Charlie gekämpft haben, Petitionen unterzeichnet und Mahnwachen abgehalten haben, die gebetet und Unterschriften gesammelt haben. Der Fall wurde von den zuständigen „Sprechern“ ohne jede Anteilnahme abgehandelt. Kein Aufruf zum Gebet, kein Aufruf zur Buße. Kein Aufschrei! Die Bischöfe haben lediglich den institutionellen Standpunkt flankiert.

Besteht die Kirche nur aus feigen Führern, die das Richtige denken, aber aus Menschenfurcht für sich behalten, oder solchen, die selbst das Denken der Welt inhaliert haben und ihr nach dem Mund reden?

Heute gibt es drei Typen von Bischöfen

Der katholische Publizist Tommaso Scandroglio, Assistent für Rechtsphilosophie und Theoretische Philosophie an der Europäischen Universität Rom, schrieb dazu:

„Derzeit gibt es in der Kirche drei Typen von Persönlichkeiten. Jene, die offen sagen, daß der Kaiser nackt ist. Sie landen dafür in der Verbannung, vielleicht auf einer kleinen Pazifikinsel, oder es wird ihnen eine Zielscheibe umgehängt, so groß wie ein Haus, oder sie werden in empörter Gleichgültigkeit bis zum Hals im Morast versenkt.


Andere verharren stimmlos wie im Fall des kleinen Charlie. Ihr Schweigen ist in Wirklichkeit sehr eloquent, denn es handelt sich um eine gerissene Form, die Pro-Choice-Haltung zu stützen, die selbst in Fragen von Leben und Tod gleichberechtigte Optionen behauptet, zwischen denen man wählen kann. Dieses Schweigen ist eine stillschweigende Zustimmung zum Bösen. Wer schweigt, macht sich zum Komplizen.
Schließlich gibt es noch jene, die – wie der Fall in England gezeigt hat – nicht schweigen, sondern bewußt Euthanasie mit ‚therapeutischer Verbissenheit‘ verwechseln.


Schlußfolgerung: Das wahre Drama der Kirche heute ist nicht die Pädophilie, sind nicht zu ehrgeizige Priester, ist nicht mangelnde Aufmerksamkeit für die Armen. Das sind alles wahre Dinge, die es gibt, und die zu bekämpfen sind. Das wirkliche Drama aber ist die Häresie.“
Charlie könnte vielleicht auch in den USA nicht geheilt werden. Mag sein. Beweisen können das weder die Londoner Ärzte, die sich auf den „Stand der Wissenschaft“ berufen, noch die Richter. Die Kostbarkeit des Lebens ist den Versuch allemal wert. Keine Erfolgsgarantie kann kein Grund sein, „im Namen einer Wissenschaft“, die sich für allmächtig hält, getötet zu werden.

Und was zählt nach dem Fall Charlie in England noch das Elternrecht? Wieviel Staat ist für den Menschen verträglich, wieviel erträglich? Für den kleinen Charlie ist die Frage beantwortet. Die elterliche Liebe wird durch einen gnadenlosen Staat besiegt, und sein Leben ausgelöscht.

Was zählt nach dem Fall Charlie das erste und grundlegendste aller Menschenrechte, das nackte Recht auf Leben? Was taugt ein Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte?


Die Perversion in der Annullierung des Elternrechts: Die Eltern dürfen Charlie nicht einmal zum Sterben nach Hause nehmen. Die Ärzte wollen das nicht, sonst müßten sie zugeben, daß er auch in die USA gebracht werden hätte können. Die tötende Haltung wird unerbittlich bis zur letzten Konsequenz durchgezogen.

Das ist inhumane Humanität. Das ist die „Kultur des Todes“.


http://www.katholisches.info/2017/06/der...ama-der-kirche/
Kleiner Charlie, leb wohl.
Mögen Chöre der Engel Dich empfangen und Dich geleiten in die heilige Stadt Jerusalem.
http://www.katholisches.info/2017/06/pri...-mehr-klugheit/



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