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  • 27.07.2017 00:31 - Die Freimaurerei erklärt von einem Großmeister 27. Juli 2017
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Die Freimaurerei erklärt von einem Großmeister
27. Juli 2017


Großmeister des Großorients und der Großloge
Giuliano Di Bernardo, von 1990-1993 Großmeister des Großorients von Italien, von 1993-2001 Großmeister der Großloge von Italien, seither "im Aufbau neuer Initiations-Formen" tätig.

Von P. Paolo Maria Siano FI*

Am 11. April 2001 strahlte das italienische Staatsfernsehen RAI2 die zwölfte und letzte Ausgabe der Sendung Satyricon aus. Der Moderator Daniele Luttazzi interviewte darin als „Hauptgast“ den damaligen Großmeister der Regulären Großloge von Italien (GLRI), Prof. Giuliano Di Bernardo. Von 1990 – 1993 war Di Bernardo Großmeister des Großorients von Italien (GOI). 1993 verließ er den Großorient und gründete die Großloge, deren Großmeister er wurde.


Giuliano Di Bernardo in der Sendung Satyricon

Die Großloge von Italien erhielt die Anerkennung durch die englische Freimaurerei und der mit ihr verbundenen, anglophilen Großlogen. Von 1996 – 1998 wirkte Di Bernardo an der Gründung der Großloge der Ukraine und der Großloge von Moldawien mit. 2002 verließ Di Bernardo offiziell die Großloge, um sich „dem Aufbau anderer Formen der Initiation“ zu widmen.1)
Schauen wir uns einige Aussagen in jenem Interview von Di Bernardo an, der in den 22 Minuten Einblick in die initiatische und esoterische Natur der Freimaurerei gewährt.

Ungewollt hilft uns Prof. Di Bernardo dabei, die tieferen Gründe für die Unvereinbarkeit von Kirche und Freimaurerei zu verstehen. Auf Youtube kann das Interview, auf zwei Teile aufgeteilt, angeschaut werden (Teil 1 + Teil 2). Es ist interessant, manchmal beunruhigend, die Blicke, Gesten (Hände, Finger), Pausen und das Lachen des Großmeisters zu beobachten: eine hieratische und geheimnisvolle Gestalt. Auf die Frage: „Was ist die Freimaurerei?“ antwortet Di Bernardo:

„Die Freimaurerei ist ein Verständnis des Lebens und des Menschen. Freimaurer sind jene Männer, die sich an bestimmten Grundsätzen ausrichten, die sie verinnerlichen und zu den Beweggründen ihres eigenen Verhaltens machen. […] die Prinzipien der Freiheit, der Toleranz, der Brüderlichkeit, der Transzendenz und der initiatischen Grundlage.“


Reguläre Großloge von Italien

Luttazzi ahnt, daß in der Freimaurerei die Gefahr des „ethischen Voluntarismus“ lauert und nennt zum Vergleich die Französische Revolution, die von der „Freiheit“ ausging, aber im Terror endete. Di Bernardo bemüht sich, dadurch zu antworten, daß er die freimaurerischen Grundsätze von „Abirrungen“ unterscheidet.

Der „ethische Voluntarismus“ schimmert auch im Artikel „Bioetica“ (Bioethik) in der Zeitschrift De Hominis Dignitate (2002) der Großloge durch, in dem Di Bernardo sich auf die „Vernunft Kants“ beruft und den Ausschluß von Theologen und Religionsvertretern aus staatlichen Bioethik-Komitees fordert (S. 11–18).

Luttazzi nimmt in der Sendung eine Zeitschrift zur Hand und zeigt ein Bild, auf dem Di Bernardo in der Kleidung eines Großmeisters der Großloge zu sehen ist, wie er auf einem Fußboden mit freimaurerischem Schachbrettmuster steht.

Luttazzi hält das Bild in die Kamera und sagt:

„Es ist unter anderem schon etwas unheimlich für jemand, der Schach spielt, weil das Schachbrett ungerade ist. Es beginnt mit einem schwarzen Feld und endet mit einem schwarzen Feld, während bekanntlich ein Schachbrett gleich ist… Das will nichts bedeuten, aber es ist mir aufgefallen.“
Di Bernardo lächelt.

Etwas später im Interview erklärt der Großmeister, daß das Schwarz im freimaurerischen Schachbrettboden das Böse repräsentiert…

De Bernardo weist auf die freimaurerische Initiation hin:

„Freimaurer wird man durch eine Initiation. […] Die Initiation ist ein konstitutiver Akt, durch den dem Menschen eine Dimension verliehen wird, die er zuvor nicht hatte. Vergleichbares finden wir in der Taufe. Man wird nicht als Christ geboren, sondern wird Christ durch die Taufe. Ebenso wird man Freimaurer durch die Initiation. […] Das bedeutet, daß man, wenn man durch die Initiation Freimaurer wird, für den Rest seines Lebens Freimaurer bleibt.”
Di Bernardo wird noch deutlicher:

“Auch wer die christliche Religion ablehnt, bleibt Christ. Genauso bleibt man Freimaurer, auch wenn man die Freimaurerei ablehnt. Das ist der Sinn der Sakralität. […] Auch wenn man im Schlaf ist, auch wenn man zum Feind der Freimaurerei wird, bleibt man immer Freimaurer, weil man die Initiation empfangen hat, und die Initiation ist ein heiliger Akt.”
Dann sagt Di Bernardo:

„Warum versammeln wir Freimaurer uns im Tempel? Weil wir im Tempel die Sakralität zum Ausdruck bringen. Aber Vorsicht: Die Sakralität hat nichts mit Religiosität zu tun. Das sind zwei völlig verschiedene Konzepte. Es ist die Religion, die ab einem bestimmten Punkt Ausdruck der Sakralität ist.“
Der Großmeister erklärt dann, daß für den Eintritt in die Freimaurerei notwendig ist, an ein Höheres Wesen zu glauben. Auf die Frage: „Kann ein Atheist Freimaurer sein?“ antwortet Di Bernardo:


„Nein. Nein.“
Giuliano di Bernardo, Großmeister des Großorients und der Großloge
Giuliano di Bernardo
Was das Höhere Wesen anbelangt, an das zu glauben eine Grundvoraussetzung der Freimaurerei ist, so versteht es Di Bernardo als ein Ordnungsprinzip im Sinne Kants (also kein persönliches Wesen).

Rekapitulieren wir kurz. Ein Atheist kann nicht Freimaurer sein? Und doch habe Di Bernardo, wie die Tageszeitung Libero im Februar 2016 berichtete, dem Journalisten Giacomo Amadori erklärt:

„Ich war immer Atheist und Darwinianer.“
Sollte die Nachrichten stimmen, stellt sich die Frage: Ist dann für die englische Freimaurerei die Initiation und das freimaurerische Großmeistertum von Di Bernardo gültig?

Was die Erkennungszeichen der Freimaurer angeht, sagt Di Bernardo mit einem Lächeln zu Luttazzi:

„Natürlich gibt es Zeichen. Das ist eine Art, sich zu erkennen. Das aber ist Teil des Rahmens, wenn wir so wollen, der alle Formen von Gesellschaften mit Initiations-Charakter kennzeichnet.“
Zu den philosophischen Ursprüngen der 1717 in London gegründeten Freimaurerei sagt Di Bernardo:

„Wenn wir die freimaurerischen Rituale lesen, die Rituale der englischen Freimaurerei, die die ältesten Rituale sind, finden wir Spuren von dem, was okkulte Philosophie genannt wird. Die okkulte Philosophie ist jene, die einen ihrer führenden Vertreter in Pico della Mirandola hatte und die aus der Hermetik, der christlichen Kabbala, der Alchemie, der Magie und dem Rosenkreuzertum besteht. Die englische Freimaurerei ist aus der Rezeption von all dem entstanden.“
Di Bernardo schreibt sich folgendes Verdienst zu:

„Ich habe eine neue Obödienz geschaffen, einfach deshalb, um Italien eine Freimaurerei traditionellen Typs zurückzugeben, und die Freimaurerei traditionellen Typs ist die englische. Ich habe von der englischen Freimaurerei Konstitutionen, Regeln und Rituale übernommen.“


Giuliano Di Bernardo
Di Bernardo erklärt, daß der Mensch und die Gesellschaft in diesem Moment eine „radikale“ Krise durchmachen, wie es sie zuvor vielleicht nie gegeben hat, weil der wissenschaftliche Fortschritt und seine Anwendungen die Welt auf tiefgreifende und abrupte Art verändern. Der Mensch fühlt sich fremd und bekümmert, weil er nicht schritthalten kann.

Der Mensch, der die Lösung nicht in der wirklichen Welt finden kann, löst sich schrittweise von ihr, er „fliegt“ in Richtung Utopie, dem Ideal. Indem er aus der Wirklichkeit hinaustritt, könne er diese besser sehen, und so könne der Mensch mit Hilfe der Utopie die Wirklichkeit neu gestalten.

Di Bernardo kommt dann erneut auf die Frage zurück, warum sich die Freimaurer im Tempel versammeln:

„Versammeln bedeutet im Tempel zusammenkommen, also an einem heiligen Ort. Im Tempel finden wir jenen berühmten, schachbrettartigen Fußboden in schwarz und weiß. Sie stellen das Gute und das Böse dar, den Konflikt zwischen dem Guten und dem Bösen. […] Wenn der Mensch in die Freimaurerei initiiert wird, bereitet er sich darauf vor, eben in diesem Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen. Nicht daß ihn die Initiation sofort gut macht, aber im Tempel erinnert er sich immer, daß es den Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen gibt, und daß er den freimaurerischen Grundsätzen zu folgen hat, damit das Gute über das Böse die Oberhand habe.“
Di Bernardo erklärt dem Publikum nicht die Symbolik, die der Verbindung der Gegensätze (Gut und Böse, Schwarz und Weiß, Licht und Finsternis …) zugrunde liegt, die den freimaurerischen Meistern in Sachen Initiation und Esoterik so kostbar ist …

In der Tat ist es ein zu „heikles“ Thema, um es im Fernsehen vor „Nichteingeweihten“ zu behandeln.

*Paolo Maria Siano ist katholischer Priester und gehört dem Orden der Franziskaner der Immakulata (FI) an. Der Kirchenhistoriker, dessen Forschungsschwerpunkt die franziskanischer Geschichte ist, gilt zudem als einer der fachkundigsten Kenner der Freimaurerei und anderer initiatischer Geheimgesellschaften. 2012 veröffentlichte er zwei Standarwerke über die Logen: „La massoneria tra esoterismo, ritualità e simbolismo“ (Die Freimaurerei zwischen Esoterik, Ritus und Symbolik) und „Un manuale per conoscere la massoneria“ (Ein Nachschlagewerk, um die Freimauererei zu kennen). Katholisches.info veröffentlichte zuletzt von ihm den Aufsatz: Baron Yves Marsaudon – Ein Hochgradfreimaurer im Malteserorden.

Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Lanfarte/Antimafia/Youtube (Screenshots)
http://www.katholisches.info/2017/07/die...m-grossmeister/



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