Seit 1950 Zwei Konflikte machen Nordkorea zu einer der gefährlichsten Gegenden des Erdballs
NNordkorea testet auch Raketen, die von U-Booten aus starten können.
FOCUS-Online-Experte Volker Depkat Montag, 14.08.2017, 23:50
Wird uns zum gefährlichsten Feind... http://www.focus.de/politik/videos/bunke...id_7470517.html
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Alle Welt schaut zurzeit auf Korea. Die unter kompletter Missachtung der Weltgemeinschaft fortgesetzten und für die USA immer bedrohlicher werdenden Provokationen aus Pjöngjang und die martialische Kriegsrhetorik des US-Präsidenten Donald Trump haben den seit langem schon schwelenden Konflikt auf der ostasiatischen Halbinsel auf bislang unvorstellbare Weise eskalieren lassen.
Plötzlich taucht das Gespenst eines atomaren Konflikts, der für die Zeit des Kalten Krieges stets erwartet worden war, aber zum Glück dann doch nicht kam, wieder am Horizont auf. Gleichzeitig haben sich beide Seiten rhetorisch in eine Sackgasse manövriert, aus der sie ohne internationale Vermittlung und den Willen zum Kompromiss schwerlich wieder herauskommen.
Gefährliches Cowboy-Gerede von Donald Trump
Dies gilt insbesondere für Trump, der sich mit seinem wilden Cowboy-Gerede seine außenpolitischen Handlungsoptionen ohne Not selbst beschnitten und sich die Möglichkeit eines gesichtswahrenden Rückzugs selbst genommen hat. So leichtfertig und unberechenbar hat noch kaum ein amerikanischer Präsident vor ihm außenpolitisch agiert.
Die jüngsten Ereignisse haben eine Weltregion in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt, die seit 1950 Jahren zu den gefährlichsten Gegenden des Erdballs gehört. Deren Gefährlichkeit resultiert daraus, dass sich in Korea zwei ganz unterschiedliche Konfliktschichten komplex überlagern, nämlich zum einen der Systemkonflikt des Kalten Krieges und zum anderen der postkoloniale Kampf um einen unabhängigen koreanischen Nationalstaat. Über den Experten
Volker Depkat, geboren in El Paso (Texas/USA), ist Professor für Amerikanistik an der Universität Regensburg. Dort lehrt er die Geschichte der USA von ihren kolonialen Anfängen bis in die Gegenwart. Im Frühjahr 2016 ist seine "Geschichte der USA" im Kohlhammer Verlag erschienen. Sicherheitsgefühle, die auf dem Ziel beruhten, die andere Seite völlig zu zerstören
Dass Korea das letzte Schlachtfeld des Kalten Krieges sei, der 1991 mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion eigentlich an sein Ende kam, ist schon oft gesagt worden, und das ist ja auch richtig. Der Kalte Krieg war bekanntlich nicht nur ein Kampf zwischen Staaten, also den beiden Supermächten USA und Sowjetunion und ihren jeweiligen Bündnispartnern, sondern ein Konflikt zwischen ganz unterschiedlichen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Systemen. In ihm stand die liberale parlamentarische Demokratie gegen die bolschewistische Diktatur, die freie Marktwirtschaft gegen die kommunistische Planwirtschaft und die im liberalen Grundrechtekonsens gründende offene Gesellschaft gegen die sozialistische Gesellschaft, in der die Diktatur der Arbeiter und Bauern den idealen Endzustand der kommunistischen Ordnung vorbereiten sollte.
Dieser Systemgegensatz war weltumspannend, und seine Gefährlichkeit beruhte darauf, dass sich die jeweils eine Seite erst dann so richtig sicher fühlen konnte, wenn das andere System restlos zerstört war. Eine langfristige friedlich Koexistenz der Systeme war im Denken der damals agierenden Politiker undenkbar, weshalb beide Supermächte gezielt und mit verschiedenen Mitteln daraufhin arbeiteten, das jeweils andere System zu vernichten.
Im Video: Trump macht Guam befremdliches Versprechen
Trump macht Guam befremdliches Versprechen
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FOCUS Online/WochitTrump macht Guam befremdliches Versprechen Mit der Gründung der Volksrepublik China durch Mao Zedong am 1. Oktober 1949 und dann vor allem mit dem Koreakrieg, der zwischen 1950 und 1953 tobte, kam der Kalte Krieg, der in Europa seinen Anfang genommen hatte, auch nach Asien. Doch liegen die Ursachen des Koreakonflikts nicht eigentlich im Kalten Krieg, sondern vielmehr tief in der Geschichte des Kolonialismus in Asien.
Bis zum Jahr 1910 war Korea ein eigenständiger Staat, dann wurde er von Japan annektiert, das ein brutales Kolonialregiment über die Halbinsel errichtete. Nach der Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg besetzten sowjetische und amerikanische Truppen in einer improvisierten Aktion das Land, um ein Absinken der Region in Chaos und Instabilität zu verhindern. Die Demarkationslinie zwischen den beiden Besatzungszonen verlief entlang des 38. Breitengrades.
Verhärtung der Fronten im Kalten Krieg
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Eigentlich hatten sowohl die USA als auch die Sowjetunion in mehreren Erklärungen die Unabhängigkeit Koreas garantiert, doch als sich die Fronten des Kalten Krieges nach 1945 rasch herauszubilden und zu verfestigen begannen, installierte die Sowjetunion in ihrer Besatzungszone eine kommunistische Regierung unter Führung von Kim Il Sung, dem Großvater des jetzigen nordkoreanischen Staatschefs Kim Jong Un. Während sich Nordkorea am 4. Dezember 1947 eine sozialistische Verfassung gab und knapp ein Jahr später die Demokratische Volksrepublik Korea ausrief
, fanden in der amerikanisch besetzten Zone am 10. Mai 1948 Wahlen zu einer koreanischen Nationalversammlung statt, aus denen der autoritäre Nationalist Syngman Rhee als Sieger hervorging.
Unter seiner Führung wurde im August 1948 die Republik Korea gegründet, die zwar alles andere als eine mustergültige Demokratie war, aber dafür stramm antikommunistisch und ihrem Bekenntnis nach ein Teil der „Freien Welt.“ Das genügte den USA, um die Existenz Südkoreas fortan militärisch, finanziell und wirtschaftlich zu garantieren. Damit war Korea geteilt und die beiden Teile des Landes in die Fronten des Kalten Krieges eingeordnet.
Für die weitere Entwicklung entscheidend war nun, dass weder Syngman Rhee noch Kim Il Sung simple Marionetten der Supermächte waren. Bei allen weltanschaulichen Unterschieden waren sie beide entschiedene Nationalisten, die danach strebten, einen unabhängigen Nationalstaat Korea zu gründen. Zur Verfolgung dieses Zieles bedienten sie sich des Gegensatzes zwischen den Supermächten; der Schwanz wedelte hier gewissermaßen mit dem Hund. Im Video: Trump reagiert auf Merkel-Rüge
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Trump reagiert auf Merkel-Rüge
FOCUS Online/WochitTrump reagiert auf Merkel-Rüge
Der erste, der die Initiative ergriff, war Kim Il Sung, der sich seit dem Frühjahr 1949 so beharrlich wie unbeirrt und am Ende erfolgreich um die Rückendeckung der Sowjetunion und Chinas für seinen geplanten Angriff auf Südkorea bemühte, der das Land zu den Bedingungen des Nordens vereinigen sollte. Das Ergebnis ist bekannt: Am 25. Juni 1950 überschritten nordkoreanische Verbände den 38. Breitengrad, der Koreakrieg begann und kam nach drei blutigen Jahren mit einem Waffenstillstand zu einem Ende, der die Situation vor dem Krieg wiederherstellte und das Land entlang des 38. Breitengrades teilte. Der Traum vom einem in Unabhängigkeit vereinten Korea ist jedoch bis heute lebendig – und Kim Jong Un verfolgt diesen Traum genauso wie sein Vater und Großvater vor ihm.
Während des Kalten Krieges war der Koreakonflikt ironischerweise durch den globalen Systemgegensatz gebändigt, weil Moskau, Peking und Washington mäßigend auf Seoul und Pjöngjang einwirkten, um eine Eskalation des Kalten Krieges in einen heißen zu verhindern. Washington vertraute 20 Jahre lang auf die prekäre Lage in Nordkorea
Diese Konstellation des Kalten Krieges gibt es seit 1991 nun nicht mehr. Geblieben sind allerdings das kommunistische Regime in Nordkorea, seine ideologische Gegnerschaft zu den USA, und sein postkolonialer koreanischer Nationalismus, der weiterhin auf ein vereintes Korea zielt. Auf diese explosive Gemengelage haben die US-Präsidenten seit Bill Clinton keine wirkliche Antwort gefunden. Militärschläge wurden von allen US-Regierungen erwogen, seitdem 1994 bekannt wurde, dass Nordkorea dabei sei, Atomwaffen zu entwickeln. Allerdings wurden diese Pläne dann doch immer wieder zugunsten von diplomatischen Lösungsversuchen verworfen. Sanktionen wurden verhängt, rote Linien gezogen, aber insgesamt wartet Washington seit rund zwanzig Jahren zu, vertraut auf die prekäre Stabilität der Lage in Korea und tat dies bislang in der Gewissheit, dass kein rationaler Mensch ernsthaft einen Atomkrieg wollen kann.
Mit Donald Trump, der Großmäuligkeit, unberechenbare Alleingänge und irrationales Irrlichtern zum Kern seines Politikstils gemacht hat, ist das nun anders. Er trifft dabei auf ein Gegenüber in Pjöngjang, der nicht nur als Kommunist, sondern auch als Nationalist zu ganz eigenen Formen irrationalen Verhaltens fähig ist.
Im Video: Wenn Kim Jong Un die USA angreift, bleiben Trump nur zehn Minuten http://www.focus.de/politik/experten/nor...id_7468667.html +
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Wird uns zum gefähröichsten Feind.
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