Historische Serienmörder: Carl GroßmannDie Bestie vom Schlesischen Bahnhof: Niemand weiß, wieviele Frauen er zerstückelte
Serienmörder, Berlin, Geschichte, Verbechen, Gewalt
Zwischen 1918 und 1921 soll Carl Großmann bis zu 100 Frauen getötet und zerstückelt haben.
Sonntag, 20.08.2017, 20:30
Er war einer der brutalsten Serienmörder in Deutschland überhaupt: Zwischen 1918 und 1921 tötete er in Berlin zahlreiche Frauen, weil es ihn sexuell erregte. Die Leichen zerstückelte er und verstreute die Teile rund um den Schlesischen Bahnhof.
Im Sommer 1921 geht die Angst um am Engelbecken mitten in Berlin. Die Frauen im Viertel rund um den Schlesischen Bahnhof, dem heutigen Ostbahnhof, trauen sich kaum noch auf die Straße, wenn es dunkel wird. Aus gutem Grund, denn innerhalb von drei Jahren wurden an diesem Teich und im angrenzenden Luisenstädtischen Kanal zahlreiche Leichenteile gefunden - zuletzt fast täglich.
Die Polizei hat ermittelt, dass es sich dabei um Teile von 23 verschiedenen Frauen handelt, doch ansonsten ist sie ratlos. Die Ermittler gehen immerhin davon aus, dass es sich bei all den Morden um den selben Täter handelt. Allerdings haben Sie absolut keine Spur von ihm. Nur dass es ein Mann sein muss, da sind sie sich sicher.
Zwei abgetrennte Hände im Ofen
Eines Tages aber, es ist der 21. August 1921, gelingt ihnen urplötzlich der große Schlag. Am Nachmittag dieses Sonntags werden sie in eine Wohnung im Hinterhaus der Langen Straße 88/89 gerufen. Es handelt sich bei dieser Behausung nicht um viel mehr als eine Wohnküche. Alles ist hier ärmlich, so wie in der ganzen Gegend.
Berlin-Friedrichshain ist ein Arbeiterviertel, die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg herrscht hier die Armut mit all ihren Nebenerscheinungen wie Arbeitslosigkeit, Prostitution, Raub und eben auch Mord. Die "Vossische Zeitung" wird die Gegend um den Schlesischen Bahnhof einige Jahre später als das Chicago Berlins bezeichnen.
Die Nachbarn haben die Polizei gerufen, weil aus der Wohnung Schreie und das Stöhnen einer Frau dringen. Das ist zwar schon häufiger passiert, aber so schlimm wie heute war es noch nie. Als die Polizei die Tür aufbricht, sieht sie eine blutüberströmte unbekleidete Frauenleiche auf dem Bett liegen. Und daneben ein nackter Mann, ebenfalls mit Blut beschmiert: der Mieter Carl Großmann.
Bei der Durchsuchung der Wohnung werden die Beamten weiter fündig: Im Ofen liegen die abgetrennten Hände einer anderen Frau. Schnell sind sie sich sicher, dass sie den Frauenserienmörder gefasst haben. Die Presse hat schon bald einen Spitznamen für ihn: die "Bestie vom Schlesischen Bahnhof". Ein früheres Opfer war vier Jahre alt
Die Polizei beginnt damit, das Leben des Carl Großmann zu durchleuchten. Vor ihnen entwickelt sich eine Horrorgeschichte, die freilich, wie immer in solchen Fällen, auch ihre tragischen Momente hat.
Carl Großmanns Leben ist von Anfang an verkorkst. Eine Chance, sich zu einem normalen Menschen zu entwickeln, hat er nie gehabt. Geboren 1863 im brandenburgischen Neuruppin, reißt er mit 16 Jahren von zuhause aus und zieht ins 60 Kilometer entfernte Berlin.
Es ist eine Flucht vor seinem Vater, einem gewalttätigen Alkoholiker, der regelmäßig seine Frau grün und blau schlägt, während Carl und sein Bruder zitternd vor Angst im Bett liegen. Aber schon hier, so heißt es später, soll er bei den Schreien der Mutter eine sexuelle Erregung verspürt haben.
Carl, so sagen Zeitgenossen, war ein unansehnlicher Junge. Chancen bei den Mädchen hatte er nicht. Seine einzigen Freunde – und zwar auf jedem Gebiet – seien die Ziegen gewesen, wird kolportiert, nachdem er als Serienmörder aufgeflogen ist. In Berlin schlägt er sich 15 Jahre als Gelegenheitsarbeiter durch, arbeitet auch eine kurze Weile in einer Schlachterei.
1895 zieht er nach Süddeutschland und beginnt dort ein unstetes Leben. Er wandert durch die Lande, meist ohne festen Wohnsitz, und kommt immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Spätestens um diese Zeit müssen sich seine sexuellen Fantasien weiter entwickelt haben. Er vergewaltigt eine Frau und ein vierjähriges Mädchen. Bei der Kleinen geht er dermaßen brutal vor, dass sie an den Verletzungen stirbt. Er wird geschnappt und kommt für 15 Jahre ins Zuchthaus.
Seine Opfer: Junge Frauen auf der Suche nach Arbeit
Nach der Entlassung kommt er 1914 nach Berlin zurück. In den Ersten Weltkrieg ziehen muss er aufgrund seines Alters nicht. Er hat verschiedene Jobs, unter anderem arbeitet er als fliegender Händler, der billige Haushaltswaren verkauft. Auch betreibt er eine Zeit lang einen Wurststand am Schlesischen Bahnhof. Bei den Frauen hat der abgerissene, dürre Mann mit den fehlenden Zähnen keine Chancen.
Aber er kennt die Gegend um den Schlesischen Bahnhof und er weiß, dass hier täglich junge Frauen aus der Provinz ankommen, die zwar ohne Geld sind, aber voll der Hoffnung, in der Vier-Millionen-Metropole ein neues, besseres Leben beginnen zu können. Die wenigsten erreichen ihr Ziel. Was folgt ist nicht selten Hunger, Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und auch Obdachlosigkeit.
Das sind genau die Frauen, die Großmann sucht. Er spricht sie auf der Straße an und bietet ihn an, mit zu ihm zu kommen - ein bisschen Brot mit Speck und ein heißer Kaffee habe er doch immer für so eine nette Dame übrig. Und wenn sie sich erkenntlich zeige, lasse er doch gerne auch ein bisschen Geld springen. Viele Frauen sagen in ihrem verzweifelten Zustand schon an dieser Stelle ja und gehen mit. Andere brauchen noch ein weiteres Lockmittel und so erzählt Großmann ihnen, dass er gerade eine Hauswirtschafterin sucht und sie würde gut für den Job passen. Ein Job und Lohn - da sagt fast keine dieser Frauen nein, scheint sich doch ihr Traum zu erfüllen. Auch wenn dieser fremde Mann sicher nicht gerade vertrauenswürdig aussieht. Frauen zu quälen, erregt ihn sexuell
Bei Großmann angekommen, geht es ziemlich schnell zur Sache. Die Frauen müssen nun feststellen, dass ihr Gastgeber und angeblicher Wohltäter spezielle Sexpraktiken bevorzugt. Er mag es, Frauen zu fesseln und hart anzugehen. Und es erregt ihn besonders, wenn es sich dabei nicht um ein Spiel handelt, sondern er die Frauen tatsächlich quält, bis sie stöhnen, schreien und sich verzweifelt und vergeblich versuchen, zu wehren.
Längst nicht alle seine Opfer tötet er. Er ist sich ziemlich sicher, dass sie nach der Misshandlung nicht zur Polizei gehen. Denn schließlich sind sie freiwillig mit in die Wohnung gekommen. Und die Zeiten sind andere als heute - eine Frau, die eine Misshandlung meldet, muss damit rechnen, schief angesehen zu werden. Großmann soll Recht behalten: Keine der Frauen zeigt ihn an.
In vielen Fällen aber bekommt er seinen Kick erst, wenn er die Frauen solange quält, bis sie tot sind. Wie viele seiner Opfer er ermordet hat, wird nie aufgeklärt. Die Polizei geht von 23 aus - mindestens. Sie hält es aber für möglich, dass die „Bestie vom Schlesischen Bahnhof“ in Wahrheit mehr Frauen ermordet hat. Viel mehr - bis zu 100. Zugeben wird er allerdings nach seiner Verhaftung selbst nur drei Morde.
Die Taten bleiben lange unbemerkt
Großmann hat aber ein Problem: Wie soll er die Leichen unbemerkt aus seiner Wohnung bekommen? Bei den Vernehmungen der Polizei betont er nach seiner Festnahme zwar, dass er nicht, wie alle Welt behaupte, Schlachter sei. Aber eine entsprechende Ausbildung hat er ja - und so erscheint ihm die Lösung naheliegend: Er zerstückelt die Leichen und verteilt die Teile in der Gegend rund um das Engelbecken und den Luisenstädtischen Kanal.
Dort werden sie über Monate und Jahre aufgefunden, ohne dass die Polizei sich erklären kann, wer diese Frauen sind und warum sie ermordet und zerstückelt wurden. Auch das Gerücht, Großmann habe Teile der Leichen als Konservenfleisch an seinem Wurststand verkauft, hält sich hartnäckig. Bewiesen ist das aber nicht.
Unglaublich eigentlich, dass das Treiben des Mannes in seiner Nachbarschaft so lange unbemerkt bleibt. Die Nachbarn wundern sich zwar manchmal über die vielen verschiedenen Frauen, die bei Großmann zu Besuch sind. Und manchmal auch über das Gewimmer, das sie in seiner Wohnung durch die Wände hören. Aber niemand hat den Verdacht, dass etwas Schlimmes passieren könnte, zumal Großmann ansonsten als ruhiger Mieter gilt. Bis zu jenem 21. August, als sich sein letztes Opfer so heftig wehrt und sich trotz des geknebelten Mundes bemerkbar machen kann, dass eine Nachbarin die Polizei ruft.
Am Ende nicht verurteilt
Großmann kommt in Untersuchungshaft und wird vor Gericht gestellt. Die Berliner Zeitungen verfolgen den Prozess, all die gruseligen Geschichten von Misshandlungen, Morden, Zerstückelungen sind ein Fest für die Hauptstadt-Blätter. Im Juli 1922, knapp ein Jahr, nachdem Großmann aufgeflogen ist, soll das Urteil gesprochen werden. Doch kurz vor dem Ende der Hauptverhandlung erhängt er sich in seiner Zelle mit Hilfe eines Bettlakens - die letzte sensationelle Wendung in dieser Aufsehen erregenden Geschichte. So können die Richter kein Urteil fällen. Wegen des Selbstmords gilt Carl Großmann heute als der deutsche Serienmörder mit der höchsten Zahl an Opfern, der nicht verurteilt wurde.
http://www.focus.de/wissen/mensch/serien...id_7476549.html +
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