Nachrichten Politik Ausland Nordkorea-Krise: Warum Schweiz zwischen Kim Jong Un und USA vermitteln könnte Nordkorea-Krise „Wenn überhaupt jemand vermitteln kann, dann die Schweiz“
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FOCUS Online/WochitDas eigentliche Problem an Kims Atomtest ist nicht die gigantische Sprengkraft
Montag, 04.09.2017,
Seitdem Nordkorea am Sonntag offenbar eine Wasserstoffbombe getestet hat, droht der Konflikt mit dem Land endgültig zu eskalieren. Die USA drohen mit einer militärischen Antwort, zur Not auch mit Atomwaffen. Wer kann verhindern, dass es tatsächlich so weit kommt? „Wir!“, rufen nun die Schweizer. Bundespräsidentin Doris Leuthard bot ihr Land laut der Nachrichtenagentur Reuters als Vermittler zwischen den USA und Nordkorea an: „Wir brauchen einen Ort, an dem sich die Außenminister (der USA und Nordkorea, Anm. d. Red.) treffen können“, sagte sie.
Die größte Schweizer Boulevard-Zeitung „Blick“ hatte schon vor ein paar Tagen dafür geworben, dass sich die Eidgenossen einschalten sollten, um den wilden Diktator zu besänftigen. „Wenn überhaupt jemand vermitteln kann, dann die Schweiz“, schrieb die Zeitung in einer Analyse mit dem Titel "Kim und wir". Das hat mehrere politische Gründe.
Warum die Schweiz der beste Vermittler sein könnte
Als eines von wenigen Ländern leistet die Schweiz seit 1995 Entwicklungshilfe in Nordkorea.
Die Eidgenossen haben eine lange Tradition der außenpolitischen Neutralität.
Die Schweiz überwacht seit Ende des Koreakrieges im Rahmen einer UN-Mission den Waffenstillstand zwischen Nord- und Südkorea.
Gerade letzterer Punkt ist für den Schweizer Militärexperten Mauro Mantovani entscheidend. „Die durchgehende Präsenz in der Neutralen Überwachungskommission seit 1953 unmittelbar an der Grenze kann nur ein Vorteil sein“, sagt der Dozent für Strategische Studien an der Militärakademie der ETH Zürich zu FOCUS Online.
Der Schweizer findet es vor diesem Hintergrund gut, dass sein Land sich jetzt einmischt. „Ich halte das für sehr sinnvoll und angesichts der Zuspitzung der Lage für geboten“. Früher einmal gab es das Verhandlungsformat 5+1: Nordkorea und die USA sprachen also mit China, Südkorea, Japan und Russland. Das komme für Nordkorea offenbar „aus Gründen der Gesichtswahrung nicht mehr in Frage“, erklärt Mantovani. Daher brauche es alternative Plattformen – wie etwa einen Verhandlungstisch in der Schweiz.
VIDEO Im Video: Warum Kims neuer Nuklear-Test die gefährlichste Provokation für Trump ist http://www.focus.de/politik/ausland/nord...id_7552599.html
Warum Kims neuer Nuklear-Test die gefährlichste Provokation für Trump ist FOCUS Online/WochitWarum Kims neuer Nuklear-Test die gefährlichste Provokation für Trump ist Kim lebte mehrere Jahre in der Schweiz – und liebte die Kultur dort
Doch es gibt nicht nur streng politische Gründe dafür, warum speziell die Schweiz das geeignete Land sein könnte, um Vertreter Nordkoreas an einen Tisch zu holen. Die anderen Gründe sind eher persönlicher Art: Schließlich lebte Kim Jong Un als Jugendlicher mehrere Jahre lang in der Schweiz.
Medienberichten zufolge spielte Kim in der Schweiz gern Basketball und zeichnete Comics; Klassenkameraden erinnerten sich an einen schüchternen Jungen mit einer Vorliebe fürs Skifahren, den Actionhelden Jean-Claude Van Damme – und für die Schweizer Kultur.
Sein früherer Lehrer erinnert sich: „Kim sang Berner Volkslieder aus voller Kehle mit“
„Kim sang Berner Volkslieder und Polo Hofers ‚Alperose‘ (Song des bekanntesten Schweizer Mundart-Rock-Sängers, mittlerweile verstorben, Anm. d. Red.) jeweils aus voller Kehle mit“, erinnert sich ein ehemaliger Schweizer Lehrer Kim Jong Uns gegenüber der Zeitung „Blick“.
Von 1991 bis 2002 soll der spätere Diktator – getarnt als Sohn eines nordkoreanischen Botschaftsangestellten – in Bern gelebt haben und zur Schule gegangen sein. Die Lehrer erlebten ihn dem Bericht zufolge als „sehr guten Matheschüler und interessiert im Erlernen der deutschen Sprache“. Regelmäßig soll der spätere Diktator am Freitagabend in einem Berner Club gefeiert haben.
„Vielleicht weckt das ja schöne Kindheitserinnerungen bei ihm“
Denkbar, dass Kim Jong Uns persönliche Erinnerungen an die Schweiz dabei helfen könnten, Nordkorea dort an den Verhandlungstisch zu bekommen, sagt Sicherheitsexperte Mantovani. „Der Mann soll Berndeutsch verstehen, einen sehr angenehmen, melodischen Dialekt!
Vielleicht weckt das ja schöne Kindheitserinnerungen bei ihm.“
Dass Kim sich von der Schweiz beeinflussen lassen könnte – das glaubt der Experte dennoch nicht. Der nordkoreanische Machthaber höre wohl höchstens auf sein persönliches Umfeld und auf die Spitzen seines Machtapparats.
Der Schweizer Vorstoß sei dennoch eine „Riesen-Chance“, sagt Mantovani, um „aus erster Hand zu erfahren, was die nordkoreanische Regierung eigentlich antreibt und was sie anstrebt.“ Möglicherweise geht es ihr ja bloß um einen formellen Friedensvertrag mit Garantie des Regimeerhalts, mutmaßt der Militär-Experte. Das einzige Risiko des Schweizer Angebots sei demnach, dass es abgelehnt werde – ein Risiko, das angesichts der Chancen zu vernachlässigen sei.
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Im Video: UN-Botschafterin bei Dringlichkeitssitzung: Kim Jong Un "bettelt um Krieg" http://www.focus.de/politik/ausland/nord...id_7552599.html
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