Bischof Schneider zum Fall Seifert, Kardinal Caffarra und der Pflicht, zu widerstehen – Interview von Maike Hickson 18. September 2017
Weihbischof Athanasius Schneider im Gespräch mit Maike Hickson: "Wenn Priester und Laien der unveränderlichen und ständigen Lehre und Praxis der ganzen Kirche treu bleiben, sind sie in Gemeinschaft mit allen Päpsten, den rechtgläubigen Bischöfen und den Heiligen von zweitausend Jahren."
(Washington/Astana) „Die Strafmaßnahmen gegen Prof. Seifert im Auftrag eines kirchlichen Amtsträgers sind nicht nur ungerecht, sondern stellen letztlich eine Flucht vor der Wahrheit dar.“ Mit diesen Worten kommentierte Bischof Schneider die Entlassung des bekannten, österreichischen Philosophen wegen dessen kritischer Analyse des umstrittenen nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia von Papst Franziskus. Maike Hickson führte mit Weihbischof Athanasius Schneider von Astana, einem der international profiliertesten Kirchenvertreter, ein Interview für OnePeterFive, das Katholisches.info für die deutsche Veröffentlichung zur Verfügung gestellt wurde.
Bischof Schneider war vor der zweiten Bischofssynode über die Familie, im Herbst 2015, zusammen mit Prof. Josef Seifert Unterzeichner des Treuebekenntnisses zur unveränderlichen Lehre der Kirche über die Ehe und ihrer ununterbrochenen Disziplin. Den Gründungsrektor der Internationalen Akademie für Philosophie (IAP) im Fürstentum Liechtenstein und Philosophieprofessor am spanischen Zweig der Akademie, der Academia Internacional de Filosofía-Instituto de Filosofía Edith Stein IAP-IFES, kostete seine kritische Analyse von Amoris laetitia inzwischen seine Professur auf dem Dietrich von Hildebrand-Lehrstuhl am IAP-IFES.
Die Strafmaßnahme wurde vom zuständigen Erzbischof von Granada damit begründet, daß Prof. Seifert durch seine Analyse die „Einheit“ der Kirche bedrohe und „Verwirrung“ unter den Gläubigen stifte. Genau diesen Vorwurf hatte Prof. Seifert zuvor gegenüber Amoris laetitia erhoben und davor gewarnt, das Dokument unverändert in der bisherigen Form stehenzulassen. Zum Fall Seifert befragt, dem jüngsten Fall, wo ein Verteidiger der überlieferten kirchlichen Lehre über die Ehe und die Sakramentenordnung bestraft wurde, sagte Weihbischof Schneider nun:
Bischof Athanasius Schneider: Professor Seifert hat mit der öffentlichen und respektvollen Formulierung kritischer Fragen zu offensichtlich zweideutigen Aussagen im päpstlichen Dokument Amoris laetitia einen dringend notwendigen und sehr verdienstvollen Schritt gesetzt in Anbetracht dessen, daß diese Aussagen im Leben der Kirche eine moralische und disziplinäre Anarchie verursachen, eine Anarchie, die vor aller Augen steht, und die niemand leugnen kann, der noch seine eigene Vernunft gebraucht und den wahren Glauben und Ehrlichkeit besitzt. Die Strafmaßnahmen gegen Professor Seifert seitens eines kirchlichen Amtsträgers sind nicht nur ungerecht, sondern stellen letztlich eine Flucht vor der Wahrheit dar, eine Ablehnung einer objektiven Debatte und eines Dialogs, während gleichzeitig heute die Kultur des Dialogs als eine Hauptpriorität im Leben der Kirche verkündet wird.
Ein solches klerikales Verhalten gegen einen wirklichen katholischen Intellektuellen, wie es Professor Seifert ist, erinnert mich an die Worte, mit denen Basilius der Große eine ähnliche Situation im 4. Jahrhundert beschrieb, als die arianischen Kleriker eindrangen und die Mehrheit der Bischofssitze besetzten: „Nur ein Vergehen wird jetzt energisch bestraft – eine genaue Einhaltung der Traditionen unserer Väter. Aus diesem Grund werden die Frommen aus ihren Ländern vertrieben und in Wüsten befördert. Religiöse Menschen schweigen, aber jede lästerliche Zunge ist losgelassen“ (Ep. 243).“
„Brüderliche Zurechtweisung war in der Kirche jederzeit gültig“
Maike Hickson: Wenn wir über die Einheit der Kirche sprechen: Was ist die Grundlage für diese Einheit? Müssen wir jede begründete und bedachte Debatte zu Themen des Glaubens und der Doktrin opfern – wenn verschiedene und unvereinbare Lehren auftreten –, um nicht einen möglichen Riß innerhalb der Kirche zu verursachen?
Bischof Athanasius Schneider: Die Grundlage der wahren Einheit ist die Wahrheit. Die Kirche ist „die Säule und das Fundament der Wahrheit“ (1 Tim 3,15). Dieser Grundsatz ist seit der Zeit der Apostel gültig und ist ein objektives Kriterium für die Einheit: Es bedeutet die „Wahrheit des Evangeliums“ (vgl. Gal 2,5.14). Papst Johannes Paul II. sagte: „Neben der Einheit in der Liebe, ist die Einheit in der Wahrheit immer dringend für uns“ (Ansprache an die Dritte Generalversammlung des Lateinamerikanischen Eposkopats, Puebla, 28. Januar 1979). Der heilige Irenäus lehrte: ‚Die Kirche glaubt auf dieselbe Weise an diese Wahrheiten, als ob sie nur eine Seele und dasselbe Herz hätte; in voller Übereinstimmung verkündigt, lehrt und überliefert sie diese Wahrheiten, als ob sie nur einen Mund hätte‘“ (Adv. haer. I,10,2).
Am Anfang der Kirche lehrte uns Gott die Pflicht, die Wahrheit zu verteidigen, wenn sie in Gefahr ist, im Namen eines Mitgliedes der Kirche entstellt zu werden, auch wenn dies seitens des Obersten Hirten der Kirche geschehen sollte, wie es beim heiligen Petrus in Antiochien der Falle war (vgl. Gal 2,14). Dieser Grundsatz der brüderlichen Zurechtweisung innerhalb der Kirche war jederzeit gültig, auch gegenüber dem Papst, und so sollte er auch in unserer Zeit gültig sein. Unglücklicherweise wird jeder, der in unseren Tagen wagt, die Wahrheit zu sagen – auch wenn er es mit Respekt gegenüber den Hirten der Kirche tut –, als Feind der Einheit eingestuft, wie es auch dem heiligen Paulus widerfahren ist, denn er hatte gesagt: „Bin ich also euer Feind geworden, weil ich euch die Wahrheit sage?“ (Gal 4,16).
„Der Papst ist kein absoluter Monarch“
Maike Hickson: Viele Prälaten haben in der jüngsten Vergangenheit aus Angst geschwiegen, ein Schisma in der Kirche zu verursachen, wenn sie öffentlich Fragen aufwerfen oder Einwände gegenüber Papst Franziskus und seiner Lehre über die Ehe erheben. Was würden Sie ihnen zu dieser Entscheidung, zu schweigen, sagen?
Bischof Athanasius Schneider: Zuallererst sollten wir bedenken, daß der Papst der erste Diener der Kirche ist (servus servorum). Er ist der Erste, der auf vorbildliche Weise allen Wahrheiten des unveränderlichen und beständigen Lehramtes gehorchen muß, weil er nur ein Verwalter und kein Besitzer der katholischen Wahrheiten ist, die er von allen seinen Vorgängern empfangen hat. Der Papst darf sich niemals gegenüber den beständig überlieferten Wahrheiten und der diesbezüglichen Disziplin verhalten, als wäre er ein absoluter Monarch, und sagen: „Ich bin die Kirche“ (wie der französische König Ludwig XIV.: „L‘état c‘est moi“). Papst Benedikt XVI hat die Sache treffend formuliert: „Der Papst ist kein absoluter Herrscher, dessen Denken und Willen Gesetz sind. Im Gegenteil:
Sein Dienst garantiert Gehorsam gegenüber Christus und seinem Wort. Er darf nicht seine eigenen Ideen verkünden, sondern muß – entgegen allen Versuchen von Anpassung und Verwässerung sowie jeder Form von Opportunismus – sich und die Kirche immer zum Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes verpflichten“ (Predigt vom 7. Mai 2005). Die Bischöfe sind nicht Angestellte des Papstes, sondern göttlich konstituierte Kollegen des Papstes, wenn auch ihm jurisdiktionell untergeordnet, aber dennoch Kollegen und Brüder. Wenn der Papst selbst eine Verbreitung von offensichtlichen Glaubensfehlern und schwerwiegenden Mißbräuchen der Sakramente toleriert (wie die Zulassung von unbußfertigen Ehebrechern zu den Sakramenten), sollten sich die Bischöfe nicht wie sklavische Angestellte verhalten, die sich in Schweigen hüllen.
Eine solche Haltung würde eine Gleichgültigkeit gegenüber der schweren Verantwortung des Petrusamtes beweisen und dem kollegialen Charakter des Bischofsamtes und der wahren Liebe zum Nachfolger Petri widersprechen. Man muß sich an die Worte des heiligen Hilarius von Poitiers erinnern, die er in der Zeit der allgemeinen doktrinellen Verwirrung des 4. Jahrhunderts sagte: „Unter dem Vorwand einer Frömmigkeit, die falsch ist, unter dem täuschenden Schein der Predigt des Evangeliums, versuchen heute manche Leute, den Herrn Jesus zu leugnen. Ich spreche die Wahrheit, damit die Ursache der Verwirrung, die wir leiden, allen bekannt sei. Ich kann nicht schweigen“ ( Contra Auxentium, 1, 4).
Maike Hickson: Lassen Sie uns zu Prof. Seifert und seiner respektvollen Kritik an Amoris laetitia zurückkehren. In seinem neuen Artikel vom August 2017 wirft er die Frage auf, ob die Behauptung, daß geschiedene und „wiederverheiratete“ Paare manchmal die sexuellen Beziehungen im Interesse der Kinder dieser neuen Verbindung beibehalten könnten, nicht zu dem Schluß führen muß, daß es keine absolute Moral mehr gibt, das heißt, daß eine Todsünde in gewissen Situationen in Gottes Augen nicht mehr sündhaft sein könnte. Prof. Seifert sieht diese Logik als eine potentielle „moralische Atombombe“, die zu einem moralischen Relativismus führen wird. Würden Sie mit ihm darin übereinstimmen?
Bischof Athanasius Schneider: Ich stimme mit Professor Seifert in diesem Punkt völlig überein und empfehle wärmstens, seinen maßgeblichen Artikel mit dem Titel „Droht die reine Logik die ganze Morallehre der katholischen Kirche zu zerstören?“ zu lesen. In seinem Buch „Athanasius und die Kirche unserer Tage“ schrieb Bischof Rudolf Graber von Regensburg 1973: „Was damals vor über 1600 Jahren geschah, wiederholt sich heute, nur mit dem zweifachen oder dreifachen Unterschied: Alexandrien ist heute die ganze Weltkirche, die in ihrem Bestand erschüttert ist, und was damals an physischer Gewalt und Grausamkeit erfolgte, verlagert sich auf eine andere Ebene. Verbannung wird durch Totschweigen und die Tötung durch Rufmord ersetzt.“ Diese Beschreibung gilt auch für den aktuellen Fall von Professor Seifert.
„Paradoxon, daß die Freiheit jenen in der Kirche verwehrt wird, die die Wahrheit verteidigen“
Maike Hickson: Sie sind selbst in einem totalitären Land aufgewachsen, was sind Ihre eigenen Überlegungen in Bezug auf die akademische Freiheit in Spanien, wenn ein international renommierter Professor aus seinen akademischen Positionen entfernt werden kann, nur weil er Fragen, höfliche Fragen, über ein päpstliches Dokument gestellt und auf die möglichen Gefahren einiger seiner Aussagen hingewiesen hat?
Bischof Athanasius Schneider: Seit Jahrzehnten wurde es innerhalb der Kirche politisch korrekt und gehört es zu den „gute Manieren“, die Freiheit der theologischen Rede, Diskussion und Forschung zu proklamieren und praktisch zu fördern, sodaß Freiheit im Denken und Sprechen ein Slogan wurde. Gleichzeitig kann man nun das Paradoxon beobachten, daß diese Freiheit denjenigen in der Kirche verwehrt wird, die in unseren Tagen ihre Stimmen mit Respekt und Höflichkeit zur Verteidigung der Wahrheit erheben. Diese bizarre Situation erinnert mich an ein berühmtes Lied, das ich in meiner Kindheit in der kommunistischen Schule singen mußte, und dessen Wortlaut wie folgt lautete: „Die Sowjetunion ist meine geliebte Heimat, und ich kenne kein anderes Land auf der Welt, wo der Mensch so frei atmen kann.“
Maike Hickson: Können Sie uns ein Wort sagen, das Kardinal Carlo Caffarra Ihnen persönlich zur aktuellen Kirchenkrise sagte, Worte, die eine Art Erbe darstellen könnten?
Bischof Athanasius Schneider: Ich habe nur zweimal mit Kardinal Caffarra gesprochen. Auch diese kurzen Treffen und Gespräche mit Kardinal Caffarra haben mir einige tiefe Eindrücke hinterlassen. Ich sah in ihm einen wahren Mann Gottes, einen Mann des Glaubens, einer übernatürlichen Sichtweise. Ich bemerkte in ihm eine tiefe Liebe zur Wahrheit. Als ich mit ihm über die Notwendigkeit sprach, daß die Bischöfe ihre Stimmen im Zusammenhang mit dem weitverbreiteten Angriff gegen die Unauflöslichkeit der Ehe und die Heiligkeit des sakramentalen Ehebandes erheben, sagte er:
„Wenn wir Bischöfe dies tun, müssen wir niemanden und nichts fürchten, denn wir haben nichts zu verlieren.“ Einmal sagte ich zu einer zutiefst gläubigen und hochintelligenten, katholischen Dame aus den Vereinigten Staaten den von Kardinal Caffarra geäußerten Satz, nämlich, daß wir Bischöfe nichts zu verlieren haben, wenn wir die Wahrheit sagen. Darauf sagte sie die unvergeßlichen Worte: „Sie werden alles verlieren, wenn Sie das nicht tun.“
„Die Sakramente der Ehe, der Buße und der Eucharistie trivialisiert und profaniert“
Maike Hickson: Halten Sie es für gerechtfertigt, daß andere Kardinäle – wie Kardinal Christoph Schönborn und Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga – die vier Kardinäle für die Dubia verurteilt haben?
Bischof Athanasius Schneider: Die Formulierung und die Veröffentlichung der Dubia seitens der vier Kardinäle war ein sehr verdienstvoller und in gewissem Sinne auch ein historischer Akt, der das Heilige Kollegium der Kardinäle wirklich ehrt. In der gegenwärtigen Situation werden die Unauflöslichkeit und die Heiligkeit der sakramentalen Ehe untergraben und in der Praxis durch die normative Zulassung von unbußfertigen Ehebrechern zu den Sakramenten geleugnet. Damit werden die Sakramente der Ehe, der Buße und der Eucharistie trivialisiert und profaniert.
Auf dem Spiel steht letztlich die Gültigkeit der Göttlichen Gebote und des ganzen Moralgesetzes, wie Professor Seifert zu Recht in seinem oben erwähnten Artikel festgestellt hat und für den er schwer bestraft wurde. Wir können diese Situation mit einem Schiff in einem stürmischen Meer vergleichen, in dem der Kapitän die offensichtlichen Gefahren ignoriert, während die Mehrheit seiner Offiziere sich in Schwiegen hüllt und sagt: „Alles ist gut auf dem sinkenden Schiff“.
Wenn in so eine Situation ein kleiner Teil der Schiffsoffiziere ihre Stimmen für die Sicherheit aller Passagiere erheben, ist es grotesk und ungerecht, von ihren Kollegen als Meuterer oder als Spielverderber kritisiert zu werden. Auch wenn der Kapitän die Stimmen der wenigen Offiziere im Augenblick störend findet, wird er ihre Hilfe später dankbar erkennen, wenn er sich mit den Gefahren konfrontieren muß, indem er ihnen ins Gesicht schaut, und wenn er einmal vor dem Göttlichen Richter erscheinen wird. Und so werden auch sowohl die Passagiere als auch die Geschichte ihnen dankbar sein, wenn die Gefahr vorbei sein wird.
Die mutige Handlung und die Namen dieser wenigen Offiziere werden als wirklich selbstlos und heroisch erinnert werden, aber sicherlich jedoch nicht jene Offiziere, die aus Unwissenheit oder aus Opportunismus, oder auch aus Servilismus, sich sich in Schweigen gehüllt oder sogar absurderweise diejenigen kritisiert haben, die das sinkende Schiff retten wollten. Dies entspricht in gewisser Weise der aktuellen Situation um die Dubia der vier Kardinäle. Man muß sich daran erinnern, was der heilige Basilius während der arianschen Krise beobachtet hat: „Die Vorgesetzten wagen nicht zu reden.
Denn wer durch Menschenhilfe zur Herrschaft gekommen ist, ist Sklave derer, die ihm diese Gefälligkeit erwiesen haben. Einige sind auf den Gedanken gekommen, die Verteidigung des Wahren Glaubens auch als Waffe im Kampfe gegen andere zu benützen: Unter dem Vorwande, als kämpften sie für die Religion, kämpfen sie verhohlen persönliche Feindschaften aus. Dabei lachen die Ungläubigen und wanken die Kleingläubigen. Der Glaube ist zweifelsüchtig (geworden) und Unwissenheit über die Seelen ausgegossen, weil die, die in Bosheit die Lehre fälschen, die Wahrheit nachahmen. Es schweigt der Mund der Gottesfürchtigen, losgelassen ist jede Lästerzunge, entweiht ist das Heilige. Die Vernünftigen unter den Laien fliehen die Kirchen als Lehrstätten der Gottlosigkeit und erheben in den Einöden unter Seufzern und Tränen ihre Hände zum Herrn im Himmel empor“ (Ep. 92, 2).
Maike Hickson: Nun, da nach dem Tod von Kardinal Joachim Meisner und Kardinal Carlo Caffarra nur mehr zwei Dubia-Kardinäle übrig sind, was sind Ihre Hoffnungen bezüglich anderer Kardinäle, die jetzt eintreten und die Lücken füllen könnten?
Bischof Athanasius Schneider: Ich hoffe und wünsche mir, daß mehr Kardinäle wie die Offiziere dieses Schiffes in einem stürmischen Meer nun ihre Stimmen mit den Stimmen der vier Kardinäle vereinen – unabhängig von Lob oder Anschuldigungen.
„Die wahre Tradition, die ‚Demokratie der Verstorbenen‘ bedeutet die Mehrheit der Stimmen“
Maike Hickson: Generell, was sollten Katholiken – Laien wie Geistliche gleichermaßen – jetzt tun, wenn sie unter Druck gesetzt werden, gewisse umstrittene Aspekte von Amoris laetitia zu akzeptieren, zum Beispiel in Bezug auf die „wiederverheirateten“ Geschiedenen und dem ihnen möglicherweise erlaubten Zugang zu den Sakramenten?
Was ist mit den Priestern, die sich weigern, diesen „wiederverheirateten“ Paaren die heilige Kommunion zu spenden? Was ist mit den katholischen Laienprofessoren, die wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Kritik an Amoris laetitia mit der Entfernung von ihren Lehraufträgen bedroht sind? Was können wir alle jetzt tun, wenn wir in unserem Gewissen mit den Alternativen konfrontiert sind, die Lehre unseres Herrn zu verraten oder in einen entschlossenen Ungehorsam gegenüber unseren Vorgesetzten zu gehen?
Bischof Athanasius Schneider: Wenn Priester und Laien der unveränderlichen und beständigen Lehre und Praxis der ganzen Kirche treu bleiben, sind sie in Gemeinschaft mit allen Päpsten, den rechtgläubigen Bischöfen und den Heiligen von zweitausend Jahren. Sie stehen in einer besonderen Gemeinschaft mit dem hl. Johannes dem Täufer, dem heiligen Thomas Morus, dem heiligen John Fisher und mit den unzähligen verlassenen Ehegatten, die ihrem Eheversprechen treu geblieben sind und ein Leben der Enthaltsamkeit angenommen haben, um Gott nicht zu beleidigen.
Die beständige Stimme in demselben Sinn und derselben Bedeutung (eodem sensu eademque sententia) und die entsprechende Praxis von zweitausend Jahren sind mächtiger und sicherer als die mißtönende Stimme und Praxis der Zulassung von unbußfertigen Ehebrechern zur heiligen Kommunion, selbst wenn diese Praxis von einem einzelnen Papst oder Diözesanbischof gefördert wird. In diesem Fall müssen wir der ständigen Lehre und Praxis der Kirche folgen, denn hier wirkt die wahre Tradition, die „Demokratie der Verstorbenen“ bedeutet die Mehrheit der Stimmen derer, die uns vorausgegangen sind.
Der heilige Augustinus antwortete auf die falsche, nichttraditionelle Praxis der Donatisten bezüglich der Wiedertaufe und Re-Ordination, indem er bekräftigte, daß die ständige und unveränderliche Praxis der Kirche seit den Zeiten der Apostel dem wahren Urteil der ganzen Welt entspricht:
„Die ganze Welt urteilt richtig“, d.h. „Securus judicat orbis terrarum“ (Contra Parmenianum III, 24). Es bedeutet, daß sich die gesamte katholische Tradition sicher und mit Gewißheit gegen eine konstruierte und kurzlebige Praxis richtet, die in einem wichtigen Punkt dem gesamten Lehramt aller Zeiten widerspricht. Diese Priester, die nun von ihren Vorgesetzten gezwungen werden, den öffentlichen und unbußfertigen Ehebrechern oder anderen bekannten und öffentlichen Sündern die heilige Kommunion zu geben, sollten ihnen mit einer heiligen Überzeugung antworten: „Unser Verhalten ist das Verhalten der gesamten katholischen Welt durch zweitausend Jahre“.
„Die ganze Welt urteilt richtig“,“Securus judicat orbis terrarum“! Der selige John Henry Newman sagte in der Apologia pro sua vita: „Das überlegte Urteil, in dem die ganze Kirche über einen langen Zeitraum ruht und ihm zustimmt, ist eine unfehlbare Vorschrift und ein endgültiges Urteil gegen eine zeitliche Neuheit“. In diesem unseren historischen Kontext sollten die Priester und Gläubigen ihren kirchlichen Oberen und Bischöfen sagen, sie sollten dem Papst liebevoll und respektvoll sagen, was der Heilige Paulus einst gesagt hat: “ Denn wir können unsere Kraft nicht gegen die Wahrheit einsetzen, nur für die Wahrheit. So ist es uns eine Freude, wenn wir schwach dastehen, ihr aber euch als stark erweist. Das ist es, was wir erflehen: eure vollständige Erneuerung“ (2 Kor 13,8).
http://www.katholisches.info/2017/09/bis...-maike-hickson/ Übersetzung: Giuseppe Nardi Bild: Adelante la Fe
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