Karl Leiner Jugend...Priester das unbekannte Wesen.
Es fällt schwer, jemanden zu finden, der uns kurz und knapp erzählt, was ein Priester von seinem Wesen her ist. Und wenn wir in einem amtlichen Dokument der Kirche nachlesen - beispielsweise im "Katechismus der katholischen Kirche" - finden wir zwar kurz und knapp: "Der Priester (des Neuen Bundes) handelt in der Person Christi" (so auch bei Thomas v. Aquin). Was aber soll das bedeuten?!?
Der Priester wurde nicht in der christlichen Religion erfunden; Priester gibt es in Religionen aller Zeiten und aller Kulturen. Manchmal nennen sich die religiösen Amtsträger anders ("Geistliche", "Rabbi", "Schamane", "Medizinmann", "Imam"), aber in vielen Religionen heißen sie sich tatsächlich "Priester" (oder in anderen Sprachen: "priest", "prete", "sacerdote", "prêtre", "ieros" - usw.).
Die Aufgaben der Priester in den verschiedenen Religionen sind zwar unterschiedlich, aber wenn man die verschiedenen Ausformungen auf Gemeinsamkeiten hin untersucht, so kann man das, was den Priester ausmacht, als "doppelte Vermittlung" beschreiben: Der Priester ist beauftragt, (1) stellvertretend für das Volk vor Gott zu treten und Opfer, Gebete und Bitten darzubringen; (2) stellvertretend für Gott vor das Volk zu treten und dem Volk Heil und Gnade, aber auch Ermahnung und Belehrung zu geben.
Das ist natürlich sehr stark verallgemeinert. In einigen Religionen und Kulturen bestand die Aufgabe des Priesters darin, Gott und Menschen zu verbinden - in vielen anderen Kulturen dagegen sollten sie die Menschen vor launischen Göttern schützen oder hatten lediglich die Aufgabe, für schönes Wetter und eine gute Ernte zu sorgen. Priester dienten bisweilen einem Orakel, andere kurierten kranke Menschen, indem sie geheimes Wissen anwendeten um Dämonen zu binden, wieder andere hielten nur ein lokales Heiligtum "in Schuss". Aber was auch immer die Aufgabe der Priester im Einzelnen beinhaltete: Sie waren stets Mittler zwischen der göttlichen und der irdischen Welt.
Der katholische Priester ist also keine Fortführung des alttestamentlichen Priesters, sondern gründet sich im neuen Priesteramt Jesu Christi und Seinem Wunsch, bei allen Menschen - an allen Orten - durch alle Zeiten - gegenwärtig zu sein. Dabei wird - das haben die Kirchen der Reformation ganz gut erkannt - dieser Auftrag durch alle Getauften erfüllt - dem allgemeinen Priestertum. Um das zu gewährleisten - die Getauften zu bestärken und zu befähigen - gibt es aber noch besondere Berufungen. Aber Vorsicht! Mit "besonders" ist nicht etwa "besser" oder "höherwertig" gemeint, sondern eher "speziell".
So ist zum Beispiel jeder Bürger für die Reinhaltung seiner Straße verantwortlich. Dennoch gibt es den besonderen Dienst der "Müllabfuhr" oder der "Straßenreinigung". Diese besonderen Dienste wollen die Menschen unterstützen - sie erheben sich nicht über den allgemeinen Dienst, sondern dienen ihm.
So ist auch die Ehe eine "besondere Berufung", die das allgemeine Priestertum konkretisiert. Das gleiche gilt auch für den geweihten Priester: Er ist und bleibt ein Getaufter und damit auch ein zum allgemeinen priesterlichen Dienst Aufgerufener.
Darüber hinaus stellt er sich jedoch in den besonderen - d.h. also "speziellen" - Dienst, allen Getauften in der Ausübung ihres gemeinsamen Priesteramtes zu Diensten zu sein.
Zusätzlich. Klar! Denn ein geweihter Priester ist nicht davon befreit, mit seinem alltäglichen Leben weiterhin Zeuge der Erlösung zu sein. Es wäre ja noch schöner, wenn die Priester nur noch im Gottesdienst im Dienste Gottes stehen - aber nach dem Gottesdienst vor der Kirche Drogen verkaufen würde. Geweihte Priester sind also doppelt Priester - allgemein und besonders. Ob man darin eine "Doppelbelastung" oder eine "doppelte Gnade" sehen sollte, mag Ansichtssache sein.
Der geweihte Priester ist also kein Gegensatz zum gemeinsamen Priestertum aller Getauften, sondern dessen Ausfaltung. Der Priester dient allein dem Zweck, allen Christen die Ausübung des allgemeinen Priestertums zu ermöglichen - und dadurch selbst heilig zu werden.
Das ist das Wunderbare am priesterlichen Wirken: Es ist zunächst ein Wirken für den anderen - niemand sollte Priester werden, um dadurch etwas für sich zu gewinnen. Wenn er aber in diesem Sinne zu einer wirklichen Pro-Existenz wird - also zu jemandem, der nicht mehr für sich lebt, sondern für die anderen - heiligt er sich selbst.
Ich habe im Zusammenhang mit dem Beichtsakrament den Priester mit einem Telefonhörer verglichen - der Beichtende spricht hinein und die Antwort, obwohl sie aus dem Hörer kommt, stammt von Gott. Noch schöner wäre es, den Priester mit einem Wasserrohr zu vergleichen; denn obwohl der Priester nur den Wasserfluss ermöglichen soll - also den Gnadenfluss - wird er selbst dadurch gereinigt.
Das gilt ja auch schon für die Ehe: Wer versucht, ein wirklich Liebender zu sein und sogar bereit ist, sein Leben für den Ehepartner hinzugeben, wird gerade dadurch sein Leben erst gewinnen. Diese Parallele zur Ehe ist nicht zufällig: Der Priester ist in einem ganz hohen Maße Abbild der ehelichen Liebe.
Wenn wir im Alltag Mönchen oder Nonnen begegnen, so hört man manchmal als Antwort auf die Frage, warum diese denn nicht heiraten, dass sie "mit Gott verheiratet" seien. Nun - in einem mystischen Sinne gilt das für jeden Christen; Gott hat einen eheähnlichen Bund mit uns geschlossen; "Glauben" heißt deshalb nichts anderes, als in diese Beziehung zu Gott einzutreten (siehe: Glaube ist Beziehung). Allerdings steht die Vollendung der Hochzeitsfeier noch aus; zur Zeit befinden wir uns eher in der Verlobungszeit. Wir sind die Braut, die Jesus Christus sich erwählt hat und die er sich bewahrt und bereitet bis zu dem Tag, an dem wir zum himmlischen Hochzeitsmahl geladen sind. An unzähligen Stellen im Alten und Neuen Testament wird dieses Bild aufgegriffen; vor allem Jesus freut sich sehr, uns immer wieder auf das noch ausstehende Hochzeitsmahl einzustimmen.
Mönche und Nonnen leben nun die allgemeine Berufung aller Christen in einem ausdrücklicheren und radikaleren Sinne, der dazu führt, dass sie sich ausschließlich der Vorbereitung auf dieses Hochzeitsmahl widmen wollen.
Der Priester gehört natürlich, weil er getauft ist, ebenfalls zu denen, die von Gott zur Braut erkoren wurden - aber das ist nicht der Grund, weshalb er (wie die Mönche und Nonnen) auf die Ehe verzichtet.
Im Gegenteil: Der Priester geht - wie die Eheleute - eine lebendige Liebesbeziehung in dieser Welt ein. Während ein Ehemann sich an seine Frau bindet (und umgekehrt), um diese zu lieben und zu heiligen und so in den Himmel zu führen (und ganz nebenbei sich auch dadurch selbst zu heiligen), so bindet sich der Priester an die Kirche, um diese zu heiligen.
Der Priester lebt im wahrsten Sinne des Wortes "in Ehe mit der Kirche" (in der speziellen Erscheinung seiner Gemeinde oder geistlichen Gemeinschaft). So, wie ein Ehepartner die Ehe nicht als Job ansieht, sondern als Lebensform, so ist der Priester auch nicht nur ein Kirchenfunktionär, sondern der "Ehemann" der Gemeinde.
hier geht es weiter http://www.k-l-j.de/025_priester.htm
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