Wer trennt sich von der Kirche? – Roberto de Mattei zur Entlassung von Prof. Josef Seifert wegen Kritik an Amoris laetitia 7. September 2017
Der bekannte Philosoph Josef Seifert wurde aus der von ihm selbst mitgegründeten Internationalen Akademie für Philosophie entlassen, weil er Kritik an Papst Franziskus gewagt hatte. Die "Misericordina" der Bergoglianer hinterläßt eine Spur der Verwüstung in der Kirche. Der bekannte Philosoph Josef Seifert wurde aus der von ihm selbst mitgegründeten Internationalen Akademie für Philosophie entlassen, weil er Kritik an Papst Franziskus gewagt hatte. Die "Misericordina" der Bergoglianer hinterläßt eine Spur der Verwüstung in der Kirche. Von Roberto de Mattei*
Die Nachricht wurde von Maike Hickson gemeldet. Am 31. August hat Msgr. Javier Martinez Fernández, Erzbischof von Granada, den österreichischen Philosophen Josef Seifert, nachdem er ihn bereits vom Lehrauftrag suspendiert hatte, ganz aus der Internationalen Akademie für Philosophie (IAP) ausgeschlossen, zu deren Gründern Seifert gehörte, die heute aber vom Erzbistum abhängt.
Prof. Josef Seifert gilt als einer der großen katholischen Philosophen unserer Zeit. Sein Curriculum und seine Bibliographie füllen zahlreiche Seiten. Vor allem aber ist er für seine Treue zum päpstlichen Lehramt bekannt, die zu seiner Ernennung zum Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben führte. Jede katholische Universität würde sich geehrt fühlen, ihn zum Lehrkörper zählen zu dürfen. Aus welchem Grund wurde also die drastische Maßnahme gegen ihn ergriffen?
Erzbischof Javier Martinez Fernà ndez
Laut einer Pressemitteilung des Erzbistums ist der Grund seiner Entlassung ein Artikel, in dem Prof. Seifert im Zusammenhang mit dem nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia von Papst Franziskus eine Bitte äußerte. Im inkriminierten Artikel bittet Seifert Papst Franziskus, eine Aussage aus Amoris laetitia zurückzunehmen, aus der, einer zwingenden Logik folgend, die Auflösung der gesamten katholischen Morallehre abgeleitet werden kann. Seifert zitiert die Behauptung von Amoris laetitia der Nummer 303 zum Gewissen ehebrecherischer Paare oder anderer sogenannter „irregulärer“ Paare:
„Doch dieses Gewissen kann nicht nur erkennen, dass eine Situation objektiv nicht den generellen Anforderungen des Evangeliums entspricht. Es kann auch aufrichtig und ehrlich das erkennen, was vorerst die großherzige Antwort ist, die man Gott geben kann, und mit einer gewissen moralischen Sicherheit entdecken, dass dies die Hingabe ist, die Gott selbst inmitten der konkreten Vielschichtigkeit der Begrenzungen fordert, auch wenn sie noch nicht völlig dem objektiven Ideal entspricht.“
Mit anderen Worten, so Seifert, definiert Amoris laetitia nicht nur den objektiven Stand der schweren Sünde als „noch nicht völlig dem objektiven Ideal“ entsprechend, sondern behauptet, daß wir mit „einer gewissen moralischen Sicherheit“ wissen können, daß Gott selbst von uns verlangt, in sich schlechte Handlungen zu begehen wie den Ehebruch oder die aktive Homosexualität. Seifert dazu:
„Man könnte in Amoris Laetitia einen gewissen Fehlschluß feststellen, wenn es um die Annahme geht, viele ‚Paare in irregulären Situationen‘, die objektiv in schwerer Sünde leben, seien aus subjektiven Gründen unschuldig. Man könnte den Fehlschluß so formulieren:
Eine schwere Sünde zu begehen setzt die Erkenntnis voraus, daß es sich beim eigenen Verhalten um eine schwere Sünde handelt. Viele geschiedene Wiederverheiratete erkennen nicht, daß sie eine schwere Sünde begehen, wenn sie (ohne Annullierung der ersten Ehe) wieder heiraten. Also begehen viele geschiedene Wiederverheiratete keine schwere Sünde, indem sie wieder heiraten.
(Also leben sie, wenn sie keine andere schwere Sünde begangen haben, im Stand der Gnade und man soll sie zu den Sakramenten zulassen.) Der Fehlschluß gründet in einer Äquivokation des Ausdrucks ‚Erkenntnis‘ in der ersten und des Ausdrucks ‚erkennen nicht‘ in der zweiten Prämisse sowie um den Fehlschluß einer stillschweigenden (falschen) Voraussetzung.“
Schließlich formuliert Seifert seine Bitte an Papst Franziskus:
„Wenn es nicht möglich ist, wie es nicht möglich scheint, die genannten und andere Erklärungen in AL in Kontinuität mit dem beständigen Lehramt der Kirche zu interpretieren, bitten wir demütig, aber stark und entschieden den Papst Franziskus, den Stellvertreter Jesu Christi auf Erden, Sätze, die fast jeder Leser von AL in irrigem Sinn, der der Heiligen Schrift und der Lehre der Kirche widerspricht, verstehen muß, richtigzustellen und verheerende Interpretationen der Aussagen von AL entschieden zurückzuweisen. Geschieht dies nicht, werden immer mehr Bischofskonferenzen (wie die philippinische) zwangsläufig recht bald AL schlecht oder falsch interpretieren oder irrige Sätze ihrer Pastoral und ihrem Lehramt zugrundelegen.
Da der Papst selbst, und nicht bösartige Journalisten oder Interpreten diese und andere Dinge gesagt oder geschrieben haben, halte ich es für die Pflicht aller Katholiken, den Papst demütig, aber dringendst zu bitten, ja anzuflehen, Irrtümer durch die Wahrheit, falsche Interpretationen durch richtige, verworrene durch klare Aussagen zu ersetzen. So daß das Wort der Heiligen Schrift und der Dogmatischen Konstitution Lumen Gentium, daß die Kirche die „feste Säule der Wahrheit“ ist und der Papst, wenn er in Einklang mit dem Evangelium und der Kirche lehrt, unser höchster Lehrer der Wahrheit ist, in ihrem Glanz neu aufleuchten.“
Die Haltung des Erzbischofs von Granada entspricht dem Verbot, Fragen stellen zu dürfen, die laut dem Philosophen Eric Voegelin das Charakteristikum totalitärer Regime ist. Nach demselben Kriterium sind alle der kirchlichen Orthodoxie treuen Katholiken aus der Päpstlichen Akademie für das Leben entfernt worden, darunter auch Seifert. Nach demselben Kriterium werden die rechtgläubigsten Dozenten aus den katholischen Schulen und Universitäten und die der Tradition treuesten Priester aus ihren Pfarreien entfernt und in einigen Fällen sogar a divinis suspendiert.
Was wird den Kardinälen widerfahren, wenn von ihnen eine correctio fraterna erfolgen sollte? Diese repressive Logik öffnet den Weg zu einem Schisma in der Kirche. Das einzige Argument, das die Amoris-laetitia-Fanatiker imstande sind, den Kritikern dieses Dokumentes entgegenzuhalten ist mehr als schwach, nämlich der „Bruch der Einheit“. Jene aber, die Einspruch gegen das päpstliche Schreiben vorbringen, berufen sich auf die unveränderliche Lehre der Kirche und haben nicht die geringste Absicht, diese zu verlassen. Wenn sie dennoch wegen ihrer Treue zum Lehramt offiziell bestraft werden, begeht der, der sie straft, einen Akt der Auto-Separierung von diesem Lehramt. Er ist es, der sich dadurch vielmehr selbst von der Kirche trennt.
Die Artikel von Prof. Seifert sind von der Liebe für die Kirche und vor allem für die Wahrheit geleitet. Der Bischof, der ihn bestraft, trennt sich vom göttlichen und natürlichen Gesetz, das den Ehebruch, den Mord und andere schwere Sünden verbietet und ohne Ausnahmen und Kompromisse. Indem er ihn beschuldigt, die Einheit mit dem Papst verlassen zu haben, belegt der Prälat die Existenz eines Lehramtes von Papst Franziskus, das unvereinbar ist mit dem immerwährenden Lehramt der Kirche. Msgr. Martinez Fernández hat Prof. Seifert bestraft, weil er mit demütigem und respektvollem Ton den Papst ersucht hat, eine Aussage zurückzunehmen, die zum Ehebruch und zur Auflösung der Moral führt.
Um also in der Diözese von Granada, ebenso auf Malta, in der Kirchenprovinz Buenos Aires und anderen Orten der Christenheit in Einheit mit Papst Franziskus zu sein, muß man – zumindest in einigen Fällen – die Rechtmäßigkeit des Ehebruches und anderer Verletzungen des Moralgesetzes zugeben. Papst Franziskus ist der Nachfolger des Petrus, aber Unser Herr sagt nicht: Wer mich liebt, muß blind dem Nachfolger des Petrus folgen. Er sagt vielmehr: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“ (Joh 14,15–21). Wenn der oberste Hirte von den Göttlichen Geboten abrücken sollte und die Herde auffordern sollte, ihm dabei zu folgen, müßten die Gläubigen von ihm abrücken, denn „man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apg 5,29). Wenn man gezwungen wird, um in der Gemeinschaft mit Papst Franziskus zu sein, sich den Irrtum zu eigen zu machen, sind jene, die der Wahrheit Christi treu bleiben wollen, gezwungen, sich von Papst Franziskus zu trennen. Das behauptet Msgr. Martinez Fernández, der Erzbischof von Granada, öffentlich.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschienen: Vicario di Cristo. Il primato di Pietro tra normalità ed eccezione (Stellvertreter Christi. Der Primat des Petrus zwischen Normalität und Ausnahme), Verona 2013; in deutscher Übersetzung zuletzt: Das Zweite Vatikanische Konzil – eine bislang ungeschriebene Geschichte, Ruppichteroth 2011.
Übersetzung: Giuseppe Nardi Bild: Corrispondenza Romana
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