DEUTSCHLAND NACH KRITIK AN AUFNAHMESTOPP
„Die Betreiber der Essener Tafel sind nicht gleich ausländerfeindlich“ Stand: 08:44 Uhr | Lesedauer: 4 Minuten
Kunden der Essener Tafel stehen vor der Ausgabestelle Quelle: dpa/Roland Weihrauch
Die Presse sieht in der Entscheidung der Essener Tafel Verteilungskonflikte durch die Zuwanderung, „die in den Brennpunktvierteln der Städte längst Realität sind“. Aber auch in den deutschen Medien gibt es scharfe Kritik an den Tafel-Betreibern. 32 Kommentare Anzeige Die Tafel in Essen nimmt keine ausländischen Neukunden mehr auf. Weil deren Anteil zuletzt 75 Prozent betragen habe, fürchtet der Chef der Tafel, dass deutsche Senioren abgeschreckt werden. Bundessozialministerin Katarina Barley (SPD) kritisierte die Entscheidung. Es müsse klar sein, dass Bedürftigkeit das Maß sei „und nicht der Pass“, sagte sie.
Die Kommentare in der deutschen Presse zeigen sich gespalten. Der „Münchner Merkur“ sieht Verteilungskonflikte durch die Zuwanderung, „die in den Brennpunktvierteln der Städte aber längst Realität sind“. Die „Rheinische Post“ nennt die Entscheidung die „die kälteste Nachricht des Winters“. Schuld trifft nach Meinung anderer Kommentatoren auch die Politik.
„Münchner Merkur“: Die Betreiber der Essener Tafel sind nicht gleich ausländerfeindlich
„Vorsicht vor eiligen Verallgemeinerungen. Die Betreiber der Essener Tafel sind nicht gleich ausländerfeindlich, nur weil sie darauf reagieren, dass alleinerziehende Mütter und Omas nicht mehr kommen, weil sie sich abgeschreckt fühlen von den vielen kräftigen und temperamentvollen jungen Ausländern, die neuerdings mit ihnen in der Schlange stehen.
In Essen sind sie Kleinen zu beobachten: die der Immigration hunderttausender Menschen folgenden Verteilungskonflikte, die es nach den Beteuerungen der Politik nicht gibt, die in den Brennpunktvierteln der Städte aber längst Realität geworden sind. Den Menschen nun Moralpredigten zu halten, sie gar des Rassismus zu bezichtigen, ist der sicherste Weg, der AfD noch mehr Leute in die Arme zu treiben. Lieber sollte sich die Politik fragen, ob es richtig ist, den Tafeln auch noch die Last der Flüchtlingshilfe aufzuhalsen.
„Rheinische Post“: In einem Land wie Deutschland darf niemand hungern
„Es ist die kälteste Nachricht des Winters: Die Ankündigung der Essener Tafel, Speisen vorerst nicht mehr an neue Migranten auszugeben, zeigt, wie Armut eine Gesellschaft spalten kann. In einem Land wie Deutschland darf eigentlich niemand hungern. Erst recht darf es keinen Streit um die Verteilung von Nahrung geben.
Bedürftigkeit kennt keine Nationalität. Und keine Ausgrenzung. Daher ist die Maßnahme ein Armutszeugnis. Die Verantwortlichen nun aber zu verteufeln, wie es gerade besonders in den sozialen Netzwerken geschieht, ist falsch. Sie haben sich die Entscheidung sicher nicht leicht gemacht. Hätten sie genug Essen zu verteilen gehabt, wäre es nicht so weit gekommen.
Irgendetwas mussten sie tun. Auch wenn der gewählte Schritt der falsche ist. Vielmehr sollte man sich die Frage stellen, wie es überhaupt soweit kommen konnte. Immer noch werden zu viele Lebensmittel weggeworfen, während man woanders Hunger leidet. Und dieses woanders ist längst nicht mehr nur irgendwo in Afrika, sondern direkt vor unserer Haustür. Auch das zeigt der Fall Essen.
LESEN SIE AUCH 23.02.2018, Nordrhein-Westfalen, Essen: Kunden der Essener Tafel stehen mit ihren Einkaufstrolleys vor dem Eingang der Ausgabestelle. Die Essener Tafel will keine nichtdeutschen Neukunden mehr aufnehmen. Foto: Roland Weihrauch/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ TAFEL IN ESSEN Es geht um „die deutsche Oma, die Alleinerziehende“
„Süddeutsche Zeitung“: Problematisch, Toleranz von denen zu verlangen, die um ihre Würde kämpfen
„Die alten Leute kamen nicht mehr, weil sie sich zurückgedrängt fühlten und auch zurückgedrängt wurden. (...) Es ist problematisch, Toleranz und Souveränität ausgerechnet von denen zu verlangen, die um ihre Würde, um einen Rest von Würde kämpfen müssen.
Es gab offenbar in Essen eine Konkurrenz der Bedürftigen; da obsiegen die Fitteren. (...) Die Tafeln zeigen, dass die Not zur empörenden Selbstverständlichkeit geworden ist in einem reichen Land. Sie sind Spiegel der Nöte der Gesellschaft; Tafeln sind nicht nur Fürsorgeeinrichtung, sie sind auch Anklage: eine Schande für den Sozialstaat, der nicht leistet, was er leisten soll: Grundsicherung für Menschen, die einer Grundsicherung bedürfen.“
„Der Tagesspiegel“: Ehrenamtlichen Helfer wie selbstverständlich zum Sozialarbeiter gemacht
„Die Reaktionen auf die Maßnahme der Tafel kamen ohne großes Zögern. Sie wurde unter Diskriminierungsverdacht gestellt, oder man riet ihr, Benimm- und Verhaltensregeln zu erlassen, um für Ordnung in der Schlange zu sorgen.
Die ehrenamtlichen Helfer würden damit nicht nur wie selbstverständlich für die ausbleibende staatliche Regelung von sozialen Notlagen herangezogen, sondern außerdem noch zum Sozialarbeiter gemacht. Nicht auszuschließen, dass sie dazu nicht auch noch bereit sind. Das mag man gern öfter mal in Betracht ziehen.
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