Revolution der Zärtlichkeit“ gegen kritische Nachrichtenseite
Vatikan verlangt Aus von InfoVaticana 8. März 2018 1
(Rom) Die „Revolution der Zärtlichkeit“ fordert neue Opfer. Zuerst machte sich P. Antonio Spadaro SJ, Papst-Vertrauter und Chefredakteur der römischen Jesuitenzeitschrift La Civiltà Cattolica, am 17. Februar die Forderung zu eigen, gegen EWTN eine Kirchenstrafe zu verhängen, bis sich der Sender von seinem Reporter Raymond Arroyo trennt. Nun will das vatikanische Staatssekretariat das spanische Nachrichtenportal InfoVaticana zum Schweigen bringen. Der Grund ist derselbe: Beide haben Kritik an der Amtsführung von Papst Franziskus gewagt. Es geht um Zensur.
Das Nachrichtenportal, das mit Papst Franziskus entstanden ist
InfoVaticana wurde 2013 wenige Monate nach der Wahl von Papst Franziskus von den beiden Journalisten Gabriel Ariza und Fernando Beltrán gegründet. Mit dem Nachrichtenportal wollen sie in Spanien und für die spanischsprachige Welt „eine Lücke in der Berichterstattung und Analyse über das füllen, was in der Kirche geschieht“, wie sie damals auf Facebook schrieben. Mehrere bekannte katholische Blogger sind mit dem Portal verbunden, darunter der bekannte Kolumnist Francisco Fernandez de la Cigoña.
Wegen seiner Unabhängigkeit von der kirchlichen Hierarchie konnte das Portal über einzelne Entscheidungen der Spanischen Bischofskonferenz, aber auch über Aspekte der Amtsführung von Papst Franziskus kritisch berichten.
Heute gab Herausgeber und Chefredakteur Gabriel Ariza bekannt:
„Der Vatikan beauftragt Baker & McKenzie, um InfoVaticana zu schließen“.
InfoVaticana Wie Ariza berichtet, fordert das vatikanische Staatssekretariat, das Aus für InfoVaticana und „hat deshalb eine der mächtigsten Rechtsanwaltskanzleien beauftragt, die keinen Kompromiß akzeptiert außer die Schließung dieses Portals und die Übergabe der Internet-Domain Infovaticana.com an seinen Mandanten“. Die Kanzlei Baker & McKenzie gehört zu den globalen TOP 10 der International Business law firms.
InfoVaticana, so Ariza, „hat viele Male die Worte von Papst Franziskus für eine ‚arme Kirche für die Armen‘ und gegen den ‚Klerikalismus‘ veröffentlicht.“ Nun werde InfoVaticana selbst Opfer von Machtdenken und diesem Klerikalismus. „Ein Journalist sollt nie selbst Nachricht sein, doch das kann man sich nicht immer selbst aussuchen.“ So ergehe es derzeit InfoVaticana.
„Fordert vielleicht die Stadt New York das Aus für die New York Times?“ Das vatikanische Staatssekretariat ließ InfoVaticana vor einigen Monaten die „Aufforderung“ zukommen, „auf unsere Internet-Domain zu verzichten“. Dem Schreiben waren Dokumente beigelegt, daß der Heilige Stuhl die „exklusiven Rechte“ über den Namen Vatikan, dem physischen Mittelpunkt der Christenheit, besitze. Dazu Ariza:
„Man stelle sich die Reaktion des Publikums vor, wenn die Stadtverwaltung von New York eine solche Forderung der bekannten New York Times zukommen ließe, oder die Republik Italien der vom großen Franziskus-Freund Eugenio Scalfari geleiteten Tageszeitung La Repubblica.“
Der Unterschied?
„Wir sind natürlich weder die einen noch die anderen. Eigentlich sind wir ziemlich klein und unbedeutend, daß es verwundert, die Aufmerksamkeit eines Staatssekretariats zu finden, das eigentlich damit beschäftigt ist, die Kirche zu lenken.“
Die Erklärung sei wahrscheinlich aber „recht einfach“, so Ariza.
„Der Spanischen Bischofskonferenz hat es nicht gefallen, was wir ihr gesagt haben“ (z.B. im Zusammenhang mit dem Fernsehsender 13tv und der Radiosenderkette Cope, beide im Besitz der Bischofskonferenz). „Und sagen wir auch das: Religion Digital kann den ‚kühnsten‘ und ‚rebellischsten‘ theologischen Positionen eine Stimme verleihen, ohne Probleme zu bekommen. Die Bischofskonferenz, die Caritas, Manos Unidas, das Erzbistum Madrid, sie alle inserieren dort. Für unsere Bischöfe scheint doktrinelles Dissidententum weniger schwerwiegend, als klerikalen Mißbrauch aufzuzeigen.“
Religion Digital ist das führende progressive, spanische Nachrichtenportal im kirchlichen Bereich.
Kardinal Blázquez, der Erzbischof von Valladolid und Vorsitzende der Bischofskonferenz, den Papst Franziskus zum Kardinal erhob, erstattete im Namen einiger Bischöfe bei der Apostolischen Nuntiatur Anzeige gegen InfoVaticana. Dazu Ariza:
„Weil dieses Portal sich nicht wie andere kirchliche Medien darauf beschränkt, über bunte Vögel und Blumen zu berichten und zu erzählen, daß alles gut sei, sondern berichtet, was wirklich passiert, auch dann, wenn Personen verwickelt sind, deren Identität man lieber verschweigen möchte.“
Vatikan hetzt eine der mächtigsten Anwaltskanzleien auf InfoVaticana
Vatikan
Das Staatssekretariat dieses Pontifikats „einer armen Kirche für die Armen“ beauftragt „nicht eine bescheidene Anwaltskanzlei, sondern eine der mächtigsten Anwaltskanzleien der Welt, den multinationalen Kanzleigiganten Baker & McKenzie“. Die Kanzlei schickte ein Fax, in dem InfoVaticana aufgefordert wurde, die Domain Infovaticana.com an das vatikanische Staatssekretariat abzutreten, und zwar innerhalb von sieben Tagen. Gleichzeitig wurde „freundlicherweise“ mitgeteilt, daß es andernfalls zu einem teuren Rechtsstreit kommen werde.
„Die Absicht ist offensichtlich. Man wollte uns zu verstehen geben, daß wir uns das, was dann im Namen des Vatikans auf uns zukäme, nicht leisten können. Hinzukam der kleine Hinweis, daß wir lieber klein beigeben sollten, denn eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs käme allein schon wegen der Anwaltshonorare sehr teuer. Daß wir verlieren würden, so der Tenor, sei ohnehin klar.“
InfoVaticana hat „natürlich“ die Domain nicht abgetreten, so Ariza.
„Unser Anwalt teilte Baker & McKenzie mit, daß wir zu einem Kompromiß bereit sind, weshalb man miteinander reden sollte. Wir sind bereit auf alles zu verzichten, was in irgendeiner Weise Anlaß für Mißverständnisse sein könnte, um herauszustreichen, daß wir in keiner anderen Beziehung zum Vatikan stehen außer, daß der Vatikan ein Schwerpunkt unserer Berichterstattung ist und wir treue Kinder der Kirche sind.“
Die internationale Anwaltskanzlei ließ darauf wissen, daß ihr „Klient“, das vatikanische Staatssekretariat, davon nichts wissen wolle. Entweder oder. Verhandlungen werde es nicht geben. Man gewährte uns „großzügig“ ein Moratorium von sechs Monaten, um auf eine andere Domainadresse umzuziehen. Es werde aber keine Vereinbarung zur Domain Infovaticana.com und zum Markennamen geben.
InfoVaticana „muß verschwinden“ Im vergangenen Dezember war damit das Gespräch zu Ende, bevor es überhaupt begonnen hatte, so Ariza:
„Baker & McKenzie teilte mit, daß InfoVaticana zu verschwinden habe“.
„Für uns ist ein Umzug ein Problem, denn er bedeutet einen unabsehbaren Schaden“, so der Gründer von InfoVaticana. Die Sache sei jedenfalls eigenartig, weil die Kombination Info für Nachrichtenseiten mit einer Gegend, einer Stadt, einem Land, über das berichtet werde, sehr verbreitet sei.
„Das Erzbistum Madrid betreibt beispielsweise die Seite InfoMadrid. Die Stadtverwaltung könnte demnach die Löschung verlangen?“
Derzeit ist die Sache beim Spanischen Patent- und Markenamt anhängig. Die Kanzlei Baker & McKenzie hat dort im Namen des Vatikans eine Eingabe gegen InfoVaticana gemacht. Ob bereits eine Anzeige wegen „unlauteren Wettbewerbs“ eingebracht wurde, weiß Ariza derzeit nicht zu sagen.
Was kommt auf InfoVaticana zu?
„Kurz gesagt: Wir müssen Geld in Anwälte und Verwaltungsprozesse stecken. Gott sei Dank haben wir die Unterstützung unserer Leser, um weiterhin der Kirche in der Wahrheit dienen zu können“.
Der Vatikan schießt scharf gegen mißliebige Stimmen. Die „Revolution der Zärtlichkeit“ hat einen neuen Exekutor gefunden: Baker & McKenzie. https://www.katholisches.info/2018/03/va...n-infovaticana/ Text: Giuseppe Nardi Bild: InfoVaticana/Twitter (Screenshot)
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