DEUTSCHLAND
Kardinal Müller wettert gegen deutsche Bischöfe
Von Christian Eckl | Veröffentlicht am 04.09.2015 | Lesedauer: 4 Minuten
Glaubenspräfekt Müller warnt vor einer Spaltung der katholischen Kirche. Die Gefährder sieht er an der Spitze der deutschen Bischöfe. Vehement untertützt ihn Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. Er führt einen Kampf um die Ausrichtung der katholischen Kirche: Glaubenspräfekt Gerhard Ludwig Kardinal Müller ist einer der mächtigsten Männer im Vatikan und gilt als äußerst konservativ. Nun hat er mit einer Wutrede unter Gleichgesinnten eine neue Debatte ausgelöst.
Müller sprach am vergangenen Dienstag bei einer Buchvorstellung im Schloss St. Emmeram in Regensburg – dem Hauptsitz der Fürsten von Thurn und Taxis; ein Ort, der Symbolkraft für den Katholizismus hat. Geladen hatte die strenggläubige Hausherrin Gloria von Thurn und Taxis, um das Interview-Buch des Kardinals Robert Sarah aus Guinea vorzustellen: „Gott oder nichts. Ein Gespräch über den Glauben“. Zum Kreise der Gleichgesinnten gehörte auch Georg Ratzinger, der Bruder des ehemaligen Papstes Bendikt XVI.
Gerhard Ludwig Müller nutzte das Heimspiel, um die liberalen Kräfte der Deutschen Bischofskonferenz heftig zu kritsieiern. Und vor allem deren Vorsitzenden Reinhard Kardinal Marx, seinen Intimfeind – ohne ihn freilich beim Namen zu nennen. Müller attestierte den Oberhirten hierzulande, sie versuchten „ein Klima des deutschen Führungsanspruchs für die ganze Weltkirche“ zu schaffen. Dezidiert berichtete zuerst die katholische Tageszeitung „Tagespost“ darüber, ein Sprachrohr Müllers, der zuvor mehr als ein Jahrzehnt die Regensburger Diözese geleitet hatte.
Schon lange sind Müller und Marx Gegner
Müller stellte die provokative Frage, warum denn ausgerechnet die Deutschen in Fragen der Glaubensausrichtung für die Weltkirche sprechen wollten. Dabei gibt es nach seiner Diagnose doch gerade hierzulande einen dramatischen Niedergang in Fragen der Sexualmoral und der katholischen Ehelehre, die diese Führungsrolle geradezu ausschließe. Nur eine „nachhaltige Neuevangelisierung mit allem apostolischen Freimut und Eifer“ könne dazu führen, dass „dem Schalwerden des Christentums in Deutschland“ entgegengewirkt werde.
Derzeit befindet sich die katholische Kirche in einer Phase des Übergangs: Papst Franziskus fordert die Kirche auf, sich zu wandeln, was zusehends die Konservativen aufbringt. Der konservative Flügel, zu dem auch Gerhard Ludwig Müller gehört, verfolgt eher die Linie des zurückgezogen lebenden, emeritierten Papstes Benedikt XVI. Müller war in seiner Zeit als Bischof von Regensburg immer wieder durch markige Worte gegen die – aus seiner Sicht – Anpassung kirchlicher Lehren an den „Zeitgeist“ aufgefallen.
Müllers Gegenspieler: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, versucht eine Liberalisierung der katholischen Kirche Quelle: dpa/ve axs
Müller ging in seinem Vortrag während der Buchvorstellung noch weiter: Der liberale Weg würde zu einer Glaubensspaltung führen. Er warnte deutlich, man müsse hierzulande „sehr wachsam sein und die Lektion der Kirchengeschichte nicht vergessen“, zitiert ihn die „Tagespost“ weiter. Was einst eine falsche Interpretation des Ablasshandels gewesen wäre, die zur Reformation führte, seien heute beispielsweise Zweifel an der Sakramentalität der Ehe.
Anzeige Der liberale Kardinal Marx ist schon seit Langem ein Gegenspieler Müllers, spätestens seit der Papst einen Kardinalsrat mit neun Kardinälen einrichtete, der die Römische Kurie reformieren soll. Marx ist dort Mitglied und hat sich in der Vergangenheit immer wieder vehement gegen Müller gestellt – beispielsweise, als er bemerkte, dass deutsche Diözesen keine „Filialen Roms“ seien. „Wenn ich Freiheit will, muss ich verschiedene Lebenswege akzeptieren und bunte Biografien“, sagte Marx im vergangenen Jahr bei der Vollversammlung der deutschen Bischöfe – deutlicher könnte der Widerspruch zu Müller nicht sein.
Konservative feiern Müller für seine Worte
Seit die „Tagespost“ Müller nun auch damit zitierte, dass er eine neuerliche Kirchenspaltung wie im Jahr 1517 befürchte, feiern konservativ-katholische Kreise den Kardinal. „Das ist der Hammer!“, schreibt etwa eine Kolumnistin des erzkonservativen Blogs „Kath.net“ auf Facebook. Auch auf Twitter werden Blog-Einträge über den Abend in Regensburg weiterverbreitet – mit großem Staunen über die deutlichen Worte des Kardinals. Bis in die USA, wo der Katholizismus derzeit ebenfalls eine tiefe Spaltung zwischen Weltoffenen und Erzkonservativen erlebt.
Auch Fürstin Gloria ist begeistert über die Warnung vor einer Kirchenspaltung. Für sie gibt es diese sogar schon. „Wir haben längst ein Schisma in Deutschland! Es gibt eine dem Zeitgeist folgende Kirche von Leuten, die eine Protestantisierung wollen, und es gibt die andere Fraktion, die sagt: Nein, das ist der Grund, warum wir überhaupt katholisch sind“, sagte sie der „Welt“.
DAS IST IN ETWA SO, ALS WÜRDE MAN DIE REGELN DES FUSSBALLS VERÄNDERN WOLLEN, ABER NIE ZU DEN SPIELEN GEHEN FÜRSTIN GLORIA VON THURN UND TAXIS
Die Fürstin kritisiert „aus Kirchensteuern bezahlte Funktionäre, die gegen Rom stänkern“. Sie findet es gut, dass Müller klare Kante zeigt. „Das Interessante dabei ist doch, dass die meisten Leute, die Veränderung wollen, ja gar nicht die regelmäßigen Kirchenbesucher sind. Das ist in etwa so, als würde man die Regeln des Fußballs verändern wollen, aber nie zu den Spielen gehen.“
Müller machte bei der Buchvorstellung zudem klar, auf welcher Seite er angesichts der bevorstehenden Synode im Oktober in Rom steht. Dort will Papst Franziskus zum zweiten Mal darüber diskutieren lassen, ob es beispielsweise eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen geben könnte. Müller dazu:
„Wir dürfen die Menschen nicht täuschen, was die Sakramentalität der Ehe, ihre Unauflöslichkeit, ihre Offenheit auf das Kind und die fundamentale Komplementarität der beiden Geschlechter angeht. Pastorale Hilfe muss das ewige Heil im Blick haben.“ https://www.welt.de/politik/deutschland/...-Bischoefe.html
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