4,2 Prozent Anstieg seit 2016 Syphilis kehrt zurück: Was die Krankheit so tückisch macht
Der Syphiliserreger Treponema pallidum PHILDer Syphiliserreger Treponema pallidum
Freitag, 16.11.2018, 10:27 Der Anstieg bei der Zahl der Syphilis-Infektionen in Deutschland setzt sich weiter fort. Im vergangenen Jahr wurden knapp 7500 Fälle der sexuell übertragbaren Krankheit gemeldet. Vor allem Großstädte sind von der Ausbreitung betroffen.
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Das Robert Koch-Institut prüft Syphilis-Meldungen seit 2017 mit einem Algorithmus, um Mehrfachmeldungen einzelner Fälle zu vermeiden. In der aktuellen Publikation wurde der Algorithmus einheitlich auch auf Werte früherer Jahre angewandt, dadurch kann es zu Abweichungen im Vergleich zu älteren Berichten kommen.
Das sei ein Anstieg um 4,2 Prozent im Vergleich zum Jahr 2016. Insbesondere in Berlin und Hamburg erkrankten laut dem Bericht im Verhältnis zur Einwohnerzahl überdurchschnittlich viele Menschen.
Syphilis kehrt zurück: Was die Krankheit so tückisch macht...Die Rückehr der Syphilis beim Sex...Im vergangenen Jahr wurden knapp 7500 Fälle der sexuell übertragbaren Krankheit gemeldet
Zahlen steigen auch international an Bereits seit 2010 beobachten die RKI-Experten wieder einen kontinuierlichen Anstieg der Fallzahlen, betroffen sind häufig schwule Männer. Insbesondere in den 80er Jahren war die bakterielle Infektion mit der Ausbreitung von HIV/Aids und Safer Sex zurückgedrängt worden.
Inzwischen ist eine HIV-Infektion wie eine chronische Krankheit behandelbar, wenn auch nicht heilbar. Die Rückkehr der Syphilis kann den Experten zufolge mit einem häufigeren Kondom-Verzicht beim Sex unter Männern zu tun haben. Das komme auch bei wechselnden Partnern vor, hieß es unter Berufung auf Befragungen.
Die Syphilis-Zahlen steigen auch international an. In ihrem Bericht betonen die Fachleute, Maßnahmen zur Vorbeugung, Diagnostik und Therapie sollten weiter ausgebaut werden. Der Anstieg gehe aber in Teilen auch auf bessere Testangebote zurück. HIV-Infizierte etwa wurden häufig diagnostiziert - wohl auch deshalb, weil ihnen regelmäßig ein Screening angeboten wird.
Früherkennung nur bei wenigen Patienten Oftmals verläuft Syphilis ohne Symptome. In anderen Fällen tritt meist wenige Tage oder Wochen nach der Ansteckung ein Geschwür zum Beispiel am Penis auf, das keine Schmerzen verursacht. Unbehandelt können weitere Anzeichen folgen - von Fieber, Müdigkeit, Kopf-, Gelenk- oder Muskelschmerzen und geschwollenen Lymphknoten bis hin zu Hautveränderungen.
Jahre nach der Infektion sind etwa Schädigungen des Gehirns und der Blutgefäße möglich. Bislang wird Syphilis nur bei einem Bruchteil der Patienten frühzeitig erkannt.
Ansteckung und Inkubationszeit In der Regel wird die Bakterienart Treponema palladium beim ungeschützten Geschlechtsverkehr, durch kleinste Verletzungen der Haut und der Schleimhäute übertragen. In selteneren Fällen kann die Syphilis während einer Schwangerschaft auf das ungeborene Kind über die Plazenta übertragen werden.
Die Inkubationszeit, jene Zeit, von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit, hängt von der Anzahl der aufgenommenen Erreger ab. In der Regel beträgt diese Zeit 14 bis 24 Tage.
Erste Symptome: Die Primäre Syphilis Das erste Stadion einer Syphilis Erkrankung (Lues I), ist die primäre Syphilis. Erst nach der Inkubationszeit entsteht ein schmerzloser dunkelroter Fleck oder ein hartes Knötchen an der Stelle, wo der Erreger in den Körper gelangt ist. Beim Mann ist dieses meist an der Eichel oder Vorhaut, bei der Frau tritt dieses Symptom meist an den Schamlippen auf.
Innerhalb weniger Tage wandelt sich das Knötchen zu einem flachen und schmerzfreien Geschwür. Gleichzeitig schwellen die benachbarten Lymphknoten an. Da diese Symptome nach vier bis sechs Wochen von allein abheilen, wird die Syphilis in diesem Stadium oft nicht erkannt.
Sekundäre Syphilis: Das Treponema pallidum breitet sich aus Unbehandelt verbreitet sich das Treponema pallidum in den folgenden vier Wochen durch das Blut im Körper. Die Phase der sekundären Syphilis (Lues II) kennzeichnet verschiedene Haut- und Schleimhautveränderungen. Zudem treten grippeähnliche Symptome auf, wie Fieber, Gelenkschmerzen, Lymphknotenschwellungen.
Nach etwa zehn Wochen bekommt der Patient ein Hautausschlag. Es kann auch zu Haarausfall kommen. Besonders an Stellen mit starker Schweißbildung und in Hautfalten bilden sich nässende Pusteln, sogenannte Condylomata lata. Diese sind, wenn sie zerfallen, sehr ansteckend. Nach etwa zwei bis drei Monaten heilen alle Hautveränderungen gänzlich ab.
Latenzstadium: Symptomfreier Zeitraum Auf das zweite Stadium folgt in der Regel ein symptomfreier Zeitraum. Bis zu fünf Jahren kann die Syphilis hier in einem Stillstand ohne erkennbare Symptome schlummern. Das Ansteckungsrisiko nimmt mit der Zeit langsam ab.
Im Fall von etwa 30 bis 40 Prozent der Erkrankten zeigen sich Symptome der Syphilis erst nach drei bis fünf Jahren wieder. In einigen Fällen sogar erst nach zehn Jahren. In anderen Fällen ist es ein lebenslang anhaltendes Erkrankungsstadium ohne äußere Krankheitszeichen.
Tertiärstadium: Befall von Muskeln, Haut und Organen Beim Durchbrechen der Latenzzeit beginnt die tertiäre Syphilis (Lues III). Das Treponema palladium befällt Organe und zerstört Muskeln und Haut.
Der Erreger breitet sich im ganzen Körper aus und befällt innere Organe wie Magen, Leber, Knochen, Muskeln und die Blutwege. Es bilden sich Knoten, die oftmals gummiähnlich verhärten. Auf der Haut können sich mitunter große Geschwüre bilden, die auch Knochen durchbrechen können.
Neurosyphilis: Im vierten Stadium Zerstörung des Gehirns Bei etwa 20 Prozent der Betroffenen treten zehn bis 20 Jahre nach Beginn der Syphilis schwere neurologische Symptome auf. Dieses Endstadium (Lues IV) heißt auch Neurosyphilis, da hier auch das Nervensystem, Gehirn und Rückenmark betroffen sind. Die Neurosyphilis beginnt mit einer Entzündung der Hirnhäute. Es kommt zu Sehstörungen. Unbehandelt kennzeichnen Sprachprobleme, Amnesie, Demenz, und Lähmungen diese Phase. Die Neurosyphilis endet mit dem Tod.
Auf Grund der ausgereifteren Behandlungsmethoden kam es viele Jahrzehnte immer seltener zu einem vierten Stadium der Syphilis. In den letzten Jahren tritt das Endstadium jedoch wieder vermehrt auf. Der Grund dafür ist, dass eine Lues-Erkrankung nicht selten mit einer HIV-Infektion zusammentrifft. Denn HIV-positive Syphilispatienten erreichen häufiger Lues IV.
Die Behandlung der Syphilis Nach wie vor wird Syphilis hauptsächlich mit Penicillin behandelt. Nur im Fall einer Penicillin-Unverträglichkeit ist es erforderlich auf andere Antibiotika auszuweichen. Die Dosis und die Dauer der Behandlung richten sich nach dem Stadium der Krankheit.
Je früher die Behandlung einsetzt, desto schneller kann eine Heilung der Syphilis eintreten. Die Syphilis zählt zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Sobald ein Arzt eine Syphilis-Erkrankung feststellt, ist er dazu verpflichtet, eine anonyme Meldung an das Robert-Koch-Institut zu verschicken. Das ermöglicht eine gute Dokumentation der Krankheit und ihrer Ausweitung.
Im Video: Damit Nasenspray nicht zur Keimschleuder wird – drei Fehler sollten Sie vermeiden https://www.focus.de/gesundheit/news/syp...id_9922676.html
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