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  • 25.02.2019 00:40 - Ich habe niemandem davon erzählt, bis ich 21 Jahre alt war" (VIDEO)
von esther10 in Kategorie Allgemein.

"Ich habe niemandem davon erzählt, bis ich 21 Jahre alt war"
Im EWTN-Interview erzählt Shaun Young, wie er den Mut fand, über seinen Missbrauch durch einen Priester öffentlich zu sprechen - Und warum er dem Täter vergeben hat, aber nicht der Kirche




VATIKANSTADT , 24 February, 2019 / 7:06 AM (CNA Deutsch).-
Shaun Dougherty wurde als Heranwachsender von einem Priester sexuell missbraucht. Er hat dem Täter verziehen. Doch die Vertuschung der Kirche kann er nicht verzeihen, betont er im Interview mit dem Programmdirektor von EWTN.TV, Martin Rothweiler. Shaun Dougherty fordert die Kirche auf, alle Akten offenzulegen.

MARTIN ROTHWEILER: Shaun, Sie sind hier in Rom wegen der Konferenz über den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in der katholischen Kirche. Sie sind eines der Opfer, die den Mut hatten, zu enthüllen, was mit ihm passiert ist. Was gab Ihnen den Mut, den sexuellen Missbrauch, den Sie erlitten haben, öffentlich zu machen?

SHAUN DOUGHERTY: Zwei Dinge: Als ich 21 Jahre alt war, trat ich der US Navy bei. Und wenn man zur Marine geht, leistet man einen Eid darauf, die amerikanische Verfassung gegen Feinde im In- und Ausland zu verteidigen. Seit ich diesen Eid geschworen hatte, hatte ich in mir immer die Verpflichtung gespürt, über meinen Missbrauchstäter auszusagen, um andere Kinder zu schützen.

Als 2016 die Altoona-Johnstown Grand Jury ihre Ermittlungssergebnisse veröffentlichte, in der mein Name geschwärzt wurde, und ich die Tragweite sah, wusste ich, dass ich nicht mehr schweigen konnte. Ich musste etwas sagen. Ich musste alles tun, was ich konnte, um sicherzustellen, dass dies nicht mehr geschieht.

Was geschah dann? Wurden Sie interviewt?

SHAUN DOUGHERTY: Ich kontaktierte das Büro des Abgeordneten im Repräsentantenhaus des Bundesstaates Pennsylvania, Mark Rozzi, als ich hörte, dass er als Kind auch missbraucht wurde und er sich für dieses Verfahren einsetzte. Ich kontaktierte die "Patriot News" in Harrisburg, in Pennsylvania, und traf mich mit einem Journalisten im Büro des Abgeordneten Rozzi. Es wurde ein zweieinhalbstündiges Interview. Es dauerte drei Tage, bis es gedruckt wurde. Das waren die längsten drei Tage in meinem Leben.

Was ist mit Ihrer Familie geschehen? Wusste Ihre Familie davon?

SHAUN DOUGHERTY: Ich habe niemandem davon erzählt, bis ich 21 Jahre alt war. Ich habe es meinen Eltern gesagt, als ich aus dem Boot Camp nach Hause kam. Aber 1991 war es noch ziemlich schwierig für mich – als Teenager hatte ich einige schlimme Jahre. Meine Eltern gingen jeden Donnerstagabend zum Kegeln mit meinem Missbrauchstäter, in der Kirchen-Liga. Es war einfach zu schwierig.

So wurde ich 2012 sehr überrascht: Ich war gerade nach New York City gezogen und wollte mein Restaurant aufmachen. Meine Mutter rief an und sagte: "Vater Koharchiks Bild ist auf der Titelseite der Zeitung 'Johnstown Tribune Democrat'. Er wurde als Priester versetzt. Und es tut mir leid, Shaun, er war ein Kinderschänder."

Die Staatsanwaltschaft von Cambria County forderte in diesem Artikel die Betroffenen auf, sich zu melden.

Ich bin mit der Staatsanwältin von Cambria County und ihrer Schwester und ihrem Mann aufgewachsen. Ich hatte mich entschieden und fand einen alten Freund, der mit mir ein gemeinsames Erlebnis mit diesem Priester hatte. Wir hatten nie darüber gesprochen. Aber ich rief ihn an. Und er sagte: "Ich habe mich gefragt, wie lange es dauern wird, bis du anrufst."

Ich sagte: "Du weißt es also." Er fragte: "Geht es um Koharchik?" ... "Ja!" ... "Der Zeitungsartikel?"

Ich sagte: "Erinnerst du dich?"

Er sagte: "An die Dusche, das Auto, das Haus, das Pfarrhaus?

"Ja, ich erinnere mich an alles. Also, was machen wir?"

Zu diesem Zeitpunkt hatte er es niemandem in seiner Familie gesagt. Er hatte eine Frau, ein neugeborenes Baby.

Wir beschlossen, die Nacht darüber zu schlafen. Und er rief mich - als erstes - am nächsten Morgen an. Er hatte sich entschieden und es seiner ganzen Familie erzählt. Dann gingen wir zu einer Organisation namens "Victim Services". Unsere Namen hatten aufgrund unseres Alters zu diesem Zeitpunkt geschützt werden können. Deshalb wurden unsere Namen auch im Bericht geschwärzt. Wir gaben unsere Erklärungen ab und eine Woche danach wurden wir von der Bezirksanwaltschaft angerufen, die uns mitteilte, dass unser Fall an die Staatsanwaltschaft übergeben wurde. Vier Jahre später erschien der Grand Jury Report.

Man hört hier auf der Konferenz sehr oft den Ausdruck "Überlebende" - mehr als "Opfer". Was halten Sie von dem Begriff "Überlebende"?

SHAUN DOUGHERTY: Jeder Überlebende beziehungsweise jedes Opfer ist anders. Manchmal betrachte ich mich selbst als Opfer. Manchmal betrachte ich mich als Überlebenden. Ich habe mit 24 Jahren versucht, mich umzubringen. Und ich habe diesen Versuch überlebt. Zum Beispiel weigert sich der Abgeordnete Mark Rozzi, sich selbst als "Überlebender" zu bezeichnen. Er ist ein Opfer. Denn es gibt entweder drei oder fünf seiner engsten Freunde - ich glaube, es sind fünf -, die mit ihm aufgewachsen sind und Selbstmord begangen haben. Also kann er sich nicht dazu durchringen, zu sagen, er sei ein "Überlebender". Denn er sagt: "Ich weiß es noch nicht. Fünf meiner Freunde haben sich selbst umgebracht. Was ist, wenn ich mich entscheide, das nächste Woche zu tun?"

Auf der Missbrauchskonferenz hielt Kardinal Tagle eine Rede. Er hat das Thema der Vergebung angesprochen. Wir können die Opfer um Vergebung bitten, aber wir können nicht von ihnen erwarten, dass sie vergeben. Er sagte aber auch: Wenn ein Opfer in der Lage ist, zu vergeben, wird das für das Opfer selbst zum eigenen Heilungsprozess beitragen. Dies mag in den Ohren eines Opfers hart klingen. Was sagen Sie dazu?

SHAUN DOUGHERTY: Nun, es ist für die Ohren des Opfers schwierig, das zu hören. Ich würde es begrüßen, wenn die Person, die so etwas sagt, selbst ein Opfer wäre. Vielleicht hätte sie dann ein besseres Verständnis. Aber es ist etwas Wahres daran. Ich habe Pater Koharchik schon vor langer Zeit vergeben. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass er ein kranker Mensch ist. Ich glaube, er ist genauso gebrochen wie ich. Ich denke, er braucht eine Behandlung.

Allerdings kann ich der Kirche die Vertuschung nicht verzeihen. Für mich ist das schlimmste Verbrechen die Vertuschung. Ich kann einfach nicht so weitermachen, wenn wir nicht das Problem der Verschleierung angehen. Denn: Wie kannst du jemandem vergeben, der dir etwas immer wieder antut. Sollst du am Tag jemandem vergeben und dann wieder am Abend missbraucht und erneut zum Opfer werden, um dann am nächsten Morgen aufzuwachen und wieder zu vergeben? So funktioniert Vergebung nicht.

Wie hat der Missbrauchstäter reagiert, als Sie ihm sagten: Ich vergebe Ihnen?

SHAUN DOUGHERTY: Es wurde nicht viel gesprochen. Ein einfaches "Danke". Aber er ist gebrochen, er ist ein kaputter Mensch. Ich habe seinen Namen an die Öffentlichkeit gebracht. Er ist dadurch gedemütigt. Und ich denke, es quält ihn nach wie vor, dass er sich zu Minderjährigen sexuell hingezogen fühlt. Ich denke, er lebt mit seiner Psyche in seinem eigenen Kerker.

Was sind Ihre Erwartungen an das Ergebnis dieser Konferenz, die hier im Vatikan stattfindet?

SHAUN DOUGHERTY: Nun, meine Erwartungen und meine Hoffnungen sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Meine Erwartungen sind nicht sehr hoch - vor allem, wenn einer der 21 eingebrachten Punkte, nämlich die Erhöhung des notwendigen Alters für eine Ehe von 14 auf 16 Jahre, die bemerkenswerte große Nachricht sein soll, die wir vom Gipfel erwarten. Dann bleiben die Teilnehmer dieses Treffens weit hinter dem zurück, was sie tun sollten.

Was ich am Ende des Gipfels sehen möchte? Ich möchte, dass jeder Bischof und Kardinal, auch der Papst, am Ende des Gipfels zum Petersplatz kommt, sich in der Mitte des Petersplatzes niederwirft, von ganzem Herzen die Welt um Vergebung bittet, sich von ganzem Herzen entschuldigt, - wirklich von ganzem Herzen – und erklärt: "Wir sind eine riesige Organisation. Wir stellen jedoch fest, dass wir die ganze Zeit falsch gehandelt haben. Wir lenken ein, und von heute an, von diesem Zeitpunkt an, wird jedes Dokument, das sich im Besitz der katholischen Hierarchie befindet und sich auf Verbrechen bezieht, die an Kindern sexuell begangen wurden, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Und was auch immer zutage tritt, tritt zutage.

Von diesem Augenblick an werden wir als katholische Kirche voranschreiten und die Welt vom sexuellen Missbrauch Minderjähriger wegführen. Wir werden von den schlimmsten Tätern der Menschheitsgeschichte zu den Vorreitern der Heilung für künftige Generationen.

Vielen Dank, Shaun, für Ihre Zeit.
https://de.catholicnewsagency.com/story/...hs-gipfels-4333

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https://de.catholicnewsagency.com/story/...der-kirche-4264



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