So sind wir nicht!"
Attacke auf deutschen Schüler – Canterbury ist fassungslos Von Christiane Link, Canterbury
11.06.2019, 19:19 Uhr
Angriff auf deutschen Austauschschüler: Hier ist es passiert, so geschockt reagierte die britische Abgeordnete für Canterbury. (Quelle: t-online.de)
Obwohl das Ziel zunächst war, 5.000 Pfund zu erreichen, hatten bis zum Dienstag fast 500 Spender mehr als 7.400 Pfund (rund 8.300 Euro) gespendet. Sollte das Geld nicht vollständig gebraucht werden, soll es an die Luftrettung gespendet werden, die in Großbritannien ausschließlich durch Spenden finanziert wird.
“Unsere Stadt heißt Besucher seit Jahrhunderten willkommen” schreibt der Initiator der Spendenaktion im Spendenaufruf. Canterbury sei auf der ganzen Welt für seine Gastfreundschaft bekannt und die lokale Wirtschaft sei massiv vom Tourismus und von Gastschülern, die nach Canterbury kommen, um Englisch zu lernen, abhängig. Canterburys Lebensart heiße, dass man jetzt zusammenstehen und Unterstützung zeigen müsse.
Anstieg an rassistischen Straftaten nach Brexit-Referendum Das lokale Nachrichtenportal Kent Online berichtet, die Familie habe sich für die Unterstützung aus der Bevölkerung sowie durch die Parlamentsabgeordnete Rosie Duffield und den britischen Innenminister Sajid Javid bedankt. Sie seien bewegt von der großen Anteilnahme.
Großbritannien: Deutscher Schüler bei Angriff lebensgefährlich verletzt
Bridget Chapman, Vorsitzende des Anti-Rassismus-Netzwerks der Grafschaft Kent, wo Canterbury liegt, hat der Familie des Opfers geholfen, einen Anwalt zu finden, da es erst Probleme gab, für die Mutter ein Visum für das Königreich zu bekommen. “Ich bin vor fünf Jahren von London nach Kent gezogen und war teilweise schockiert, auf was für Einstellungen ich hier gestoßen bin”, sagt sie. “Ich möchte aber betonen, dass das in Kent eine Minderheit ist, die sich rassistisch verhält.”
Ob die Tat rassistisch motiviert war, darüber möchte sie nicht spekulieren, aber seit dem Brexit-Referendum habe es einen Anstieg an rassistischen Straftaten in Kent gegeben. Die Region habe in den vergangen Jahren ökonomisch gelitten und es gebe überall immer weniger Mittel. Eine Minderheit mache dafür nun Ausländer verantwortlich. Dennoch repräsentiere das nicht die Stadt Canterbury. “Eigentlich ist Canterbury eine Pilgerstadt, die eine lange Geschichte hat, Fremde willkommen zu heißen.”
Die südenglische Stadt steht nach der brutalen Attacke auf einen deutschen Austauschschüler unter Schock. Noch ist unklar, ob die Tat rassistisch motiviert war.
Umringt von einer französischen Schulklasse genießt der Straßenmusiker in der Fußgängerzone von Canterbury sichtlich seinen Auftritt. Die Sonne scheint, viele Touristen haben in den Straßencafes der südenglischen Stadt Platz genommen und genießen das gute Wetter. Nichts deutet darauf hin, dass nur wenige Meter von den Cafés entfernt vor wenigen Tagen ein deutscher Austauschschüler lebensgefährlich zusammengeschlagen wurde.
Er wurde so schwer verletzt, dass er mit einem Rettungshubschrauber ins rund 100 Kilometer entfernte London geflogen werden musste, wo er seitdem um sein Leben kämpft. Nur ein Wassereimer voller Blumensträuße und Genesungskarten, die Bürger abgelegt haben, ist ein Hinweis auf den Tatort.
“Erst Brexit und jetzt das!” “Mit großer Anteilnahme und Bedauern. Unsere Gedanken sind bei Dir und Deiner Familie. Nur Liebe” hat jemand auf eine Karte geschrieben, die neben der Primark-Filiale abgelegt wurden. Auch die Mitarbeiter vom Supermarkt gegenüber haben eine Karte geschrieben, um ihr Mitleid auszudrücken.
Canterbury ist nach dem Angriff auf den deutschen Schüler geschockt: Am Ort der Tat wurden Blumen aufgestellt. (Quelle: t-online.de/Christiane Link)Canterbury ist nach dem Angriff auf den deutschen Schüler geschockt: Am Ort der Tat wurden Blumen aufgestellt. (Quelle: Christiane Link/t-online.de)
Eine ältere Frau bleibt entsetzt vor den Blumen stehen. “Oh mein Gott, das war hier wo sie den Jungen attackiert haben.” Sie lebe gerne in Canterbury, es sei eigentlich eine friedvolle Stadt”, sagt sie. “Aber wie stehen wir denn jetzt da als Land?”, klagt die Frau weiter. “Erst Brexit und jetzt das!” Canterbury lebe vom Tourismus. “So sind wir nicht,” sagt sie empört. Was sie anspricht ist der Verdacht, dass es sich bei der Tat um einen rassistischen Übergriff handeln könnte. Das Opfer hat libanesische Wurzeln.
Spenden für Reisekosten und Unterbringung der Angehörigen Die Anteilnahme in der Bevölkerung ist auch Tage nach der Tat groß. In lokalen Gruppen auf Facebook und auf Twitter zeigen sich die Menschen empört. Um die Reisekosten und die Unterbringung für die Angehörigen des Opfers zu finanzieren, hat Paul M. Johnson, ein Bürger Canterburys, eine Spendenseite für die Familie ins Leben gerufen.
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