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  • 12.02.2013 09:55 - Das Vierte Gebot
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

JAHRESKREIS
5. WOCHE - DIENSTAG

38

Das Vierte Gebot

Hintergrund einer Auseinandersetzung.

Jesus und das vierte Gebot.

Aus der Sicht der Eltern.




I. Durch frühere Erfahrungen gewitzigt, treten die Pharisäer und Schriftgelehrten diesmal vorsichtig taktierend auf: sie fragen nur.1 Und sie sind listig genug, nicht Jesus selbst, sondern seine Jünger aufs Korn zu nehmen: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten? Jesus aber - Jesaja zitierend - entlarvt ihre Gesinnung: Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen. Denn sie nahmen daran Anstoß, daß seine Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen. Es geht um die Sicherung der rituellen Reinheit, einen Brauch, der nicht auf das Gesetz selbst, sondern auf die Autorität der alten Gesetzeslehrer zurückging und zweimal an den Fingerspitzen vorgenommen werden mußte, damit das zweite Wasser jede Spur des ersten, verunreinigten, fortspülte. »Aber diese rein äußerliche Übung durfte nicht zur Hauptsache werden. Die Propheten, Amos vor allem, waren gekommen, um die Reinheit des Herzens zu predigen, besonders die Liebe, die Gott wohlgefälliger ist als die Beobachtung äußerlicher Gebräuche.«2

Jesus verdeutlicht diese Entartung des Religiösen mit einem eindrucksvollen Beispiel: Mose hat zum Beispiel gesagt: Ehre deinen Vater und deine Mutter!, und: Wer Vater oder Mutter verflucht, soll mit dem Tod bestraft werden. Ihr aber lehrt: Es ist erlaubt, daß einer zu seinem Vater oder seiner Mutter sagt: Was ich dir schulde, ist Korbßn, das heißt: eine Opfergabe. Damit hindert ihr ihn daran, noch etwas für Vater oder Mutter zu tun. Jene also, die den Ernst der Gesetzeserfüllung bei den Jüngern bezweifeln, weil sie die Überlieferung der Alten nicht beachten, unterhöhlen selbst Gottes Gebot. Worin bestand die Praxis, die Jesus verurteilt?

Gottes Wille ist von Mose im Dekalog niedergelegt; er verlangt, daß die Kinder ihre Eltern ehren; wer dieses Gebot übertritt, verfällt der Todesstrafe. Nun setzten die Pharisäer durch ein Kultusgelübde dieses Gebot außer Kraft. »Das Korbangelübde konnte jedem anderen gegenüber angewendet werden. Und so konnte auch der Sohn, der mit seinen Eltern verfeindet oder ein habsüchtiger Egoist war, in Form eines Gelübdes erklären, daß jede Leistung, die seine Eltern von ihm beanspruchen konnten, für sie wie eine Opfergabe (Korban) sein sollte. Hier konnte sich die Herzenshärte oder die Undankbarkeit die Maske der Ehrfurcht vor Gott anlegen. Damit waren die Eltern aller Unterstützungsansprüche an den Sohn für immer beraubt, weil es jedermann verboten war, von einer Opfer- oder Weihegabe an den Tempel irgendwelchen Nutzen zu haben. Auf Grund dieser rabbinischen Lehre konnte der Sohn die auf seine Unterstützung angewiesenen Eltern dem bittersten Elend preisgeben, ohne dabei selbst von seinem Vermögen oder Einkommen etwas an den Tempel abgeben zu müssen. Denn das Korbangelübde war nichts als ein bloßes >Scheingelübde<, nämlich ein >Versagungsgelübde<, durch das der Gelobende sich selbst nicht zur geringsten Leistung verpflichtete.«3 Gott wird so zu einer Art Geschäftspartner degradiert, den man geschickt hintergehen kann.

Bitten wir den Herrn, er möge uns ein schlichtes Herz geben.



II. Das vierte Gebot hatte Gott mit feierlichen Segensverheißungen ausgestattet: damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt4. Diese Verheißungen klingen recht diesseitig; sie sollen wohl bedeuten, daß echtes Wohlergehen nur dann möglich ist, wenn man im Einklang mit dem Willen Gottes und mit den Forderungen der menschlichen Natur lebt. Im Katechismus heißt es dazu: »Die Beherzigung dieses Gebotes bringt neben geistlichen auch zeitliche Früchte, nämlich Frieden und Wohlergehen. Die Mißachtung dieses Gebotes hingegen zieht schwere Nachteile für menschliche Gemeinschaften und Einzelpersonen nach sich.«5

Wie in jedem der zehn Gebote drückt sich auch im vierten der geoffenbarte Wille Gottes aus, der zugleich eine Forderung des natürlichen Sittengesetzes ist: »Mit dem vierten Gebot beginnt die zweite Tafel des Dekalogs. Es weist auf die Ordnung der Liebe hin. Gott hat gewollt, daß wir nach ihm auch unsere Eltern ehren, denen wir das Leben verdanken und die uns den Glauben vermittelt haben.«6

Gott ist der einzige, nach dessen Namen jedes Geschlecht im Himmel und auf Erden benannt wird7. So ist die Vaterschaft Gottes die Quelle der menschlichen Elternschaft und diese ein Widerschein des göttlichen Schöpfertums; darauf gründet die Ehre der Eltern: »Die Achtung der Kinder vor den Eltern entspringt der Dankbarkeit gegenüber denen, die ihnen das Leben geschenkt und durch ihre Liebe und Arbeit ihnen ermöglicht haben, an Größe, Weisheit und Gnade zu wachsen.«8

Es ist ein Gesetz des Lebens, daß sich im Laufe der Zeit die konkrete Gestalt der Beziehung zu den eigenen Eltern ändert: jene, die einmal als kleine Kinder unter der Pflicht des Gehorsams standen, treten in eine neue Lebenssituation ein, heiraten, gründen eine Familie und werden selbst Eltern. Dennoch bleiben die Pflichten gegenüber den eigenen Eltern bestehen: »In Dankbarkeit, Ehrfurcht und Vertrauen müssen die Kinder das erwidern, was die Eltern ihnen Gutes tun, und ihnen, wie es Kindern ziehmt, im Unglück und in der Einsamkeit des Alters beistehen.«9 Dieser Beistand ist auch darin besonders notwendig, wenn sich die Eltern dem Glauben entfremdet haben und die Kinder darauf bedacht sein müssen, ihnen zu helfen, den Umgang mit Gott wieder zu entdecken oder neu zu beleben. Freilich ist eine Bekehrung nicht die Frucht einer Belehrung, die Kinder gegenüber ihren Eltern nur schwer vornehmen können, sondern zuallererst die Frucht von Gebet und Opfer.

Beispiel und Lehre Jesu bekräftigen die Bedeutung des vierten Gebotes. Wir können nur ahnen, wie aufmerksam und liebevoll er sich Maria und Josef gegenüber verhielt. Sein Wort im Tempel: Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, das meinem Vater gehört?10 ist kein Aufbegehren, es soll lediglich die Rangordnung des Gehorsams deutlich machen. Denn im Anschluß daran heißt es: Dann kehrte er mit ihnen nach Nazaret zurück und war ihnen gehorsam. Später, als der Herr schon sein öffentliches Leben begonnen hat, vernehmen wir zwischen den Zeilen etwas von seiner Wertschätzung für die Familie: die Leute sehen in ihm den Sohn des Zimmermanns11, der bei Josef das Handwerk erlernt hat; selbst beim ersten Wunder schimmert etwas von dieser familiären Verbundenheit durch, denn er wirkt es auf die Bitte seiner Mutter hin12; er kümmert sich um die Mutter vom Kreuze herab und vertraut sie Johannes an13; und er ist stets bereit, auf die Not einer Mutter oder eines Vaters einzugehen14.

Gleichzeitig vermitteln uns Beispiel und Lehre des Herrn eine tiefere Sicht des vierten Gebotes, indem sie zeigen, wie sich jede menschliche Liebe dem absoluten Vorrang der Liebe zu Gott unterordnen muß: Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig.15 Dies ist der Maßstab, damit die Bindung an die eigene Familie nicht zur Fessel wird.



III. »Das vierte Gebot wendet sich ausdrücklich an die Kinder und betrifft ihre Beziehungen zu Vater und Mutter, denn diese ist die grundlegendste aller Beziehungen.«16 So haben wir es als Kinder erfahren. Als Erwachsene auf die eigene Kindheit zurÜckblickend, weitet sich dieser Blick und erfaßt auch - neben den Eltern -jene anderen Menschen, denen wir Dankbarkeit und Wertschätzung schulden, weil sie zu unserer Erzieh= 16 So haben wir es als Kinder erfahren. Als Erwachsene auf die eigene Kindheit zurückblickend, weitet sich dieser Blick und erfaßt auch - neben den Eltern - jene anderen Menschen, denen wir Dankbarkeit und Wertschätzung schulden, weil sie zu unserer Erzieung beigetragen haben: die Großeltern, vielleicht auch ledig gebliebene Geschwister der Eltern, die immer für uns da waren, Lehrer oder Lehrerinnen oder einen Priester, der uns väterlich zu einer Zeit beraten hat, da wir mit uns selbst nicht zurechtkamen. Wieviele Menschen haben uns durch ihre natürliche Autorität - Weisheit, Erfahrung und Beispiel - geprägt! »Wir sind verpflichtet, alle zu ehren und zu achten, die Gott zu unserem Wohl mit seiner Autorität ausgestattet hat.«17 Lassen wir diese Zeit der Betrachtung in ein Gebet für sie alle einmünden. Die Gemeinschaft der Heiligen verbindet uns mit ihnen - mit den Lebenden wie mit den bereits Verstorbenen.

= 17 Lassen wir diese Zeit der Betrachtung in ein Gebet für sie alle einmünden. Die Gemeinschaft der Heiligen verbindet uns mit ihnen - mit den Lebenden wie mit den bereits Verstorbenen.Eine besondere Sehweise des vierten Gebotes ergibt sich für die Eltern: Sie »sollen ihre Kinder als Kinder Gottes ansehen und sie als menschliche Personen achten. Sie erziehen ihre Kinder dazu, das Gesetz Gottes zu erfüllen, indem sie selbst gegenüber dem Willen des Vaters im Himmel gehorsam sind.«18 Wieviele Anregungen in so wenigen Worten! Die eigenen Kinder um ihrer selbst willen lieben, ihre Eigenart respektieren und fördern, sie nicht als eigenen Besitz betrachten... Wenn man sich schon früh in diese Selbstverständlichkeit einübt, wird es leichter, sie behutsam zu begleiten, wenn sie später ihre eigenen Entscheidungen treffen. Und wenn ein Sohn oder eine Tochter den Weg der Gotteshingabe in Ehelosigkeit gehen will, dann gilt es zu bedenken: »Es ist kein >Opfer<, die Kinder hinzugeben, damit sie Gott dienen - es ist Ehre und Glück.«19 Geraten sie in eine Glaubenskrise, dann ist es an der Zeit, sie spüren zu lassen, daß man - einfühlsam und verstehend - für sie da ist; oder sollten sie sich ganz vom Glauben entfernen, gilt es die Brücke der menschlichen Verbundenheit um so mehr zu fes= 19 Geraten sie in eine Glaubenskrise, dann ist es an der Zeit, sie spüren zu lassen, daß man - einfühlsam und verstehend - für sie da ist; oder sollten sie sich ganz vom Glauben entfernen, gilt es die Brücke der menschlichen Verbundenheit um so mehr zu fetigen. Es ist ein schöner Gedanke, stellvertretend für sie all das zu tun, was zum Christsein gehört.

Ein Angelpunkt der elterlichen Liebe ist die Sorge um die Erziehung: »Die Eltern sind die Erstverantwortlichen für die Erziehung ihrer Kinder. In erster Linie erfüllen sie diese Verantwortung, indem sie ein Zuhause schaffen, wo Zärtlichkeit, Vergebung, gegenseitige Achtung, Treue und selbstlose Dienstbereitschaft herrschen. Die Erziehung zu den Tugenden beginnt zu Hause. Hier müssen die Kinder Opferbereitschaft, gesundes Urteil und Selbstbeherrschung lernen, die Voraussetzung zu wahrer Freiheit sind. (...) Die Eltern sollen die Kinder dazu erziehen, sie vor falschen Zugeständnissen und dem Verlust der Würde zu bewahren, die jede menschliche Gesellschaft in Gefahr bringen.«20

Das vierte Gebot ist ein Geben und Nehmen, das den einzelnen bereichert, die Familie beseelt, die Gesellschaft vermenschlicht. Jene Mutter hatte das gut verstanden, die in einem Abschiedsbrief ihre Kinder bat, auch über ihren Tod hinaus das gegenseitige Geben und Nehmen fortzusetzen, und die dann fortfuhr: »Vergebt mir alles, worin ich gefehlt habe! Vergeßt nicht, immer für mich zu beten! Vor allem: Haltet immer fest am Glauben! Im Himmel erwarte ich euch.«



1 Mk 7,1-13. - 2 M.-J. Lagrange, Das Evangelium von Jesus Christus, Heidelberg 1949, S.255. - 3 Regensburger Neues Testament, Bd.2, Regensburg 1958, S.136-137. - 4 Ex 20,12. - 5 Katechismus der Katholischen Kirche, 2200. - 6 ebd., 2197. - 7 Eph 3,15. - 8 Katechismus der Katholischen Kirche, 2215. - 9 II. Vat. Konz., Konst. Gaudium et spes, 48. - 10 Lk 2,49. - 11 Mt 13,55. - 12 vgl. Joh 2,1-11. - 13 vgl. Joh 19,26-27. - 14 vgl. Lk 7,11-17; Mt 9,18-26; 15,22-28; 17,14-20. - 15 Mt 10,37. - 16 Katechismus der Katholischen Kirche, 2199. - 17 ebd., 2197. - 18 ebd., 2222. - 19 J. Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.22. - 20 Katechismus der Katholischen Kirche, 2223-2224.



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