Herzlich Willkommen, hier in diesem Forum....http://files.homepagemodules.de/b531466/avatar-4dbf9126-1.gif
  • 11.03.2013 10:26 - DAS PERSÖNLICHE GEBET
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

FASTENZEIT
4. WOCHE - MONTAG

27

DAS PERSÖNLICHE GEBET

Der Herr lehrt uns durch sein Beispiel die Notwendigkeit des Gebetes.
Aussprache vor Gott: niemals anonym, persönlich, konkret.
Voraussetzungen für die innere Sammlung.

I. Jesus betete einmal an einem Ort1. Das Evangelium zeigt uns immer wieder, wie Jesus sich zurückzieht, um allein zu beten2. Dies wird besonders deutlich in den wichtigen Augenblicken seines öffentlichen Wirkens, bei seiner Taufe3, bei der Berufung der Apostel4, beim Wunder der Brotvermehrung5 oder bei der Verklärung auf Tabor6. Beten war für den Herrn eine Selbstverständlichkeit: »Manchmal verbrachte er die ganze Nacht im innigen Gespräch mit seinem Vater. Mit welcher Liebe muß die Gestalt des betenden Christus die ersten Jünger erfüllt haben.«7 Auch uns kann die Betrachtung dieser Szenen helfen, betend ihn mehr zu lieben.

Die Fastenzeit rückt das Gebet des Herrn im Ölgarten in die Mitte unserer Betrachtung. Der Beginn seines Leidensweges steht jetzt kurz bevor. Die Apostel begleiten ihn zum letztenmal nach Getsemani. Jesus kennt den Ort, weil er sich oft dorthin zum Beten zurückgezogen hatte. Lukas deutet dies an einer Stelle seines Evangeliums an, wenn er schreibt: Dann verließ Jesus die Stadt und ging, wie er es gewohnt war, zum Ölberg8. Diesmal aber bekommt das Gebet des Herrn eine besondere Färbung: er tritt in sein Todesleiden ein.

Bevor sich der Herr von den Aposteln trennt, sagt er zu ihnen: Betet darum, daß ihr nicht in Versuchung geratet!9 Die Stunde des Leidens wird für die Jünger zur Stunde der Versuchung und des Ärgernisses. Schon im Abendmahlssaal hatte es ihnen der Herr angekündigt, doch nun erinnert er sie von neuem daran: nur wachend und betend werden sie bestehen können.

Das Gebet ist für jeden Christen notwendig. Der Herr lehrt uns, daß wir allezeit beten und nicht nachlassen sollen10, denn: getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen11. Nachlassender Umgang mit Gott läßt das geistliche Leben versiegen. »Wer aufhört zu beten, lebt noch eine Weile von seinen spirituellen Reserven - und danach vom Schwindeln.«12 Wir sollen Gottes Nähe eindringlich und in jeder Situation suchen. Gerade in der Fastenzeit, da wir Jesus auf seinem Weg nach Golgota begleiten, gilt: »wie schwer ist es, ihn zu begleiten, wenn man nicht betet.«13

Der heilige Thomas von Aquin »definiert das Gebet als >Ausdruck der Sehnsucht des Menschen nach Gott<. Damit ist das Gebet mehr als Einkehr und Besinnung, mehr als Hygiene und Kultur der Seele oder ein bloß psychologisches >Auftanken<. Im Gebet betrachtet der Mensch sich und seine Situation vor Gott, auf ihn hin und von ihm her. Dabei erfährt er, daß er ein hilfsbedürftiges Geschöpf ist, ohnmächtig, selbst sein Dasein und seine Hoffnung zu erfüllen. Allein Gott, der Grund und das Ziel des Menschen, ist groß genug, um das menschliche Herz ganz auszufüllen. Darum ist das Gebet Aufbruch zu Gott, Erhebung des Herzens zu Gott, Begegnung des Menschen mit Gott. Die tiefste Sehnsucht des Menschen ist das Einswerden mit Gott, d.h. die Gemeinschaft und die Freundschaft mit ihm. Die eigentliche Definition des Gebetes lautet deshalb: Das Gebet ist ein >Gespräch mit Gott<, Austausch der Freundschaft mit ihm (Theresia von Avila).«14

II. Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete: Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.15

Abgründiger Seelenschmerz und grenzenloses Vertrauen zum Vater. Christus spricht ihn mit der familiären Anrede an, die Kinder gebrauchen: Abba. Und er zeigt uns damit, wie das Gespräch mit Gott sein soll: voll kindlichem Vertrauen, in Zeiten inneren Friedens wie in Zeiten heftigen Ringens oder der Dunkelheit, und ganz besonders dann, wenn Hoffnungslosigkeit droht. Das Gebet, das vertrauliche Zwiegespräch mit dem Herrn, ist die gemäße Reaktion auf die Ohnmacht, die wir manchmal auf dem Weg der Nachfolge so deutlich spüren.

Gemäß dem Wort des Herrn - du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater16 - suchen wir Gott in der Einsamkeit des eigenen Herzens. Aber dies ist keine Einschränkung gegenüber dem Gebet in der Gemeinschaft, das auch persönliches Beten ist, wenn wir das gesprochene Wort im Geiste bedenken. Der Liturgie-Konstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils zufolge »ist die Liturgie der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt (...). Das geistliche Leben deckt sich aber nicht schlechthin mit der Teilnahme an der heiligen Liturgie. Der Christ ist zwar berufen, in Gemeinschaft zu beten, doch muß er auch in sein Kämmerlein gehen und den Vater im Verborgenen anbeten, ja ohne Unterlaß beten, wie der Apostel mahnt (1 Thess 5,17) «17.

Jetzt betrachten wir besonders das persönliche Gebet, in dem wir uns vor Gott aussprechen, so wie man sich mit einem Freund ausspricht. Wir wissen, daß er gegenwärtig ist, daß er uns aufmerksam zuhört, daß er uns erleuchtet. Wir beten ihn an, wir danken ihm, wir bitten ihn um Hilfe, wir versuchen - wie die Apostel damals - seine Lehre tiefer zu erfassen. »Du hast mir geschrieben: >Beten ist Sprechen mit Gott. Aber wovon?< - Wovon? Von ihm und von dir, von Freude und Kummer, von Erfolgen und Mißerfolgen, von hohen Zielen und alltäglichen Sorgen ... Von deinen Schwächen! Danksagungen und Bitten. Lieben und Sühnen. - Kurz, ihn erkennen und dich erkennen: Beisammen sein!«18

Beten darf niemals unpersönlich sein. Christus hat nicht eine anonyme Menschenmasse erlöst, sondern jeden einzelnen Menschen, Heil oder Verdammung sind individuell. Die eigenen Vorstellungen, Nöte, Sorgen und Freuden, die spezifischen Angelegenheiten dieses bestimmten Berufes, die Anliegen dieses oder jenes Freundes ... dies alles tragen wir vor unseren Vater Gott.

III. Nach dem Gebet stand er auf, ging zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend: denn sie waren vor Kummer erschöpft. Da sagte er zu ihnen: Wie könnt ihr schlafen? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet.19

Wieder einmal begegnen uns die Apostel in ihrer Schwäche, ihre Liebe zum Herrn war noch nicht genug gefestigt. Der Schlaf übermannt sie, sie lassen Jesus allein. Mit dem Schlaf, Sinnbild der menschlichen Schwachheit, bemächtigen sich ihrer Niedergeschlagenheit und Resignation.

Nur ein waches Gespräch mit dem Herrn kann solche Gefahren bannen. Nicht daß wir stets eigene Gedanken oder Regungen vortragen müßten. Häufig werden uns die Heilige Schrift, ganz besonders die Evangelien, oder ein geistliches Buch helfen, auf den Herrn zuzugehen. So haben es auch die Heiligen oft genug getan: »Vierzehn Jahre hindurch war ich in solcher Verfassung, daß ich niemals meditieren konnte, wenn ich nicht eine Lesung vor mir hatte« schreibt die heilige Theresia von Avila20.

»Die äußeren Bedingungen können die innere Sammlung erleichtern oder auch erschweren. Suchen wir deshalb einen geeigneten Ort, möglichst in der Nähe des Tabernakels, und eine günstige Zeit. Und wenn sich störende Erinnerungen oder Vorstellungen aufdrängen wollen, dann hilft uns der Geist der Abtötung, um zu vermeiden, daß »deine Sinne wach sind und deine Seele schläft«21.

»Die geistlichen Lehrer sprechen immer wieder von der Zerstreuung, dem Zustande, in welchem der Mensch nicht Mitte noch Einheit hat, seine Gedanken von diesem zu jenem Gegenstand schweifen, sein Fühlen unbestimmt und sein Wille der eigentlichen Möglichkeiten nicht mächtig ist. Hier gibt es eigentlich keinen richtigen >Jemand<, der redet und angeredet werden kann, sondern ein Gewirre von Gedanken, einen Fluß von Empfindungen, einen Durchgang von Eindrücken. So heißt Sammlung, daß der Betende sich >zusammennimmt<, wie das Wort sehr anschaulich sagt; die überallhin entgleitenden Gedanken zurückholt - eine mühselige Arbeit! - und so dem Gebete ein geeintes Gemüt zur Verfügung stellt. Es ist der Zustand, aus dem heraus er mit dem Angerufenen der Schrift sagen kann: >Hier bin ich<«22.

Wenn wir entschieden gegen Zerstreuungen ankämpfen, wird es uns mit der Gnade des Herrn und der Hilfe unseres Schutzengels gelingen, daß das Gespräch mit ihm nicht abreißt, auch wenn es hier und dort stockt.

Ungewollte Ablenkungen, die uns eher stören und die wir abzuwehren suchen, sobald wir sie bemerken, mindern weder Sinn noch Wert des Betens. Eltern macht schließlich auch das unzusammenhängende Gestammel des kleinen Kindes Freude.

Gelegentlich wird uns das Beten schwer, ja unfruchtbar vorkommen. Aber »Beten ist keine Frage des Redens oder Fühlens, sondern der Liebe. Und allein schon das Bemühen, dem Herrn etwas sagen zu wollen, ist ein Zeichen dieser Liebe - auch wenn man gar nichts sagt«23.

Das Gebet macht uns reicher, fester, entschiedener. Es »klärt und läutert die Grundhaltung des Menschen, entlarvt bloßen Schein, mit dem wir uns und den anderen etwas vormachen. Es gibt uns die Kraft, von unseren Lebenslügen zu lassen und die Wahrheit über uns und unser Leben anzuerkennen.«24

Niemand auf dieser Welt hatte einen so liebevollen Umgang mit Jesus wie seine Mutter. Auf ihre Fürsprache hin werden wir es immer besser verstehen, Jesus nahe zu sein.

1 Lk 11,1-3. - 2 vgl. Mt 14,23; Mk 1,35; Lk 5,16; etc. - 3 vgl. Lk 3,21. - 4 vgl. Lk 6,12. - 5 vgl. Mk 6,46. - 6 vgl. Lk 9,29. - 7 J. Escrivá, Christus begegnen, 119. - 8 Lk 22,39. - 9 Lk 22,40. - 10 vgl. Lk 18,1. - 11 Joh 15,5. - 12 J. Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr. 445. - 13 ders., Der Weg, Nr. 89. - 14 Katholischer Erwachsenen-Katechismus, Bonn 1985, S.87. - 15 Lk 22,41-42. - 16 Mt 6,6. - 17 II. Vat. Konz., Konst. Sacrosanctum Concilium, 10 u. 12. - 18 J. Escrivá, Der Weg, Nr. 91. - 19 Lk 22,45-46. - 20 Theresia von Avila, Weg zur Vollkommenheit, 17,4. - 21 vgl. J. Escrivá, Der Weg, Nr. 368. - 22 R. Guardini, Vorschule des Betens, Mainz 1986, S.21. - 23 J. Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr. 464. - 24 Katholischer Erwachsenen-Katechismus, Bonn 1985, S.87.



Beliebteste Blog-Artikel:

Melden Sie sich an, um die Kommentarfunktion zu nutzen
Danke für Ihr Reinschauen und herzliche Grüße...
Xobor Xobor Blogs
Datenschutz