28.04.2013 14:23 - Die Erschaffung der Engel
Ursachen, Hintergründe und Folgen Die Geschichte der Engel Der Engelsturz und seine Auswirkung auf uns Menschen,
Das Imprimatur hat das erzbischöfliche Ordinariat Salzburg am 31. Mai 1954, Zl. 1311 für das Gesamtwerk erteilt.
Die Lebensbeschreibung der Schwester Maria von Agreda sowie Einzelheiten über ihre erhaltenen Offenbarungen sind im ersten Buch des Gesamtwerkes (4 Bücher) welches auch einzeln bestellt werden kann enthalten.
Vorwort Der Inhalt dieser Broschüre ist zwar nicht der durchgehenden Reihenfolge entsprechend, jedoch wortgetreu übernommen, aus dem Offenbarungswerk „Leben der jungfräulichen Gottes- mutter Maria,“ geoffenbart der Schwester Maria von Agreda aus Spanien in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Es ist hervorragend dazu geeignet, den wirklichen Sinn und das wahre Ziel des menschlichen Lebens begreifbar zu ma- chen. Ein ausgewählter Teil davon ist in dieser Broschüre wie- dergegeben und kann niemals als zeitlich überholt betrachtet werden. Es wird darin berichtet, wie und warum der Sturz des einst- mals höchsten Engels Luzifer und seines Anhanges aus dem Himmel zustande gekommen ist. Da wir Menschen nach bestandener Prüfung dazu bestimmt sind diese Plätze im Himmel einzunehmen, die Satan und sein Anhang für immer verloren haben, sucht er nun seit Anbeginn der Welt dieses mit aller Macht aus Rache gegen Gott und aus Hass und Neid gegen die Menschen zu verhindern. Das ist der Grund für den unversöhnlichen Kampf des Satans gegen Gott und das ganze Menschengeschlecht, dessen Folgen wir tagtäg- lich immer wieder aufs Neue erfahren. Man will aber nicht erkennen, dass die Ursache davon vom Satan in der Welt – mit der Zustimmung und Beihilfe der Menschen – zu ihrer verderblichen Wirkung gebracht werden. Dieser größte Feind Gottes und der Menschen hat es sogar vermocht, vielen Menschen den Gedanken einzugeben, dass es einen persönlichen Gott, besonders aber ihn selbst, den Teufel als Persönlichkeit – und damit eine Hölle, vor der die Men- schen Angst haben müssten – überhaupt nicht gibt und alles nur symbolisch betrachtet werden muss. Einen Feind den man aber nicht kennt, beachtet man nicht. Durch den Unglauben, der Gleichgültigkeit und der Nichtbe- achtung der göttlichen Gebote, bekommt der Satan seinen Ein- fluss auf die Gedanken und Handlungen der Menschen, deren verheerende Folgen in zunehmendem Maße zu sehen sind. Bedingt durch die vergeblichen Bemühungen der Menschheit, Frieden und eine bessere und gerechtere Welt zu schaffen, die den Erfordernissen eines guten menschlichen Zusammenle- bens gerecht wird, sollte es doch allmählich begriffen werden, dass alle diesbezüglichen Bestrebungen ohne Gott und die An- erkennung und Befolgung Seiner Gebote zum Scheitern ver- urteilt sind. Um den rechten Weg sicher finden zu können und damit viel Leid nicht notwendig werden zu lassen, hat Gott der Mensch- heit immer wieder ganz besondere Hinweise und Gnaden zu- kommen lassen. Dazu gehören zweifellos die göttlichen Offen- barungen auf die eingangs hingewiesen wurde. Diese enthül- len in ganz besonderer Weise die Ursachen, Hintergründe und Folgen des satanischen Wirkens in der Welt. Darin wer- den die geheimsten Pläne und Absichten des Teufels und sei- ner höllischen Genossen gegen seinen Willen aufgedeckt – die Menschheit sollte dieses niemals erfahren – und schriftlich festgehalten. Es wird auch der wahre Grund enthüllt wie es möglich war, dass sich gerade nach dem Beginn des Christentums bis in die heutige Zeit hinein, eine Vielzahl der unterschiedlichsten Glaubensgemeinschaften und Sekten gebildet haben, wo jede für sich behauptet im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein. Es kann aber nicht nebeneinander mehrere der unterschiedlichs- ten Wahrheiten geben die sich gegenseitig widersprechen. Da es Satan mit aller Macht verhindern wollte, dass seine Ma- chenschaften zur Verwirrung, Irreführung und Vernichtung der ganzen Menschheit bekannt gemacht würden, begann durch seinen Einfluss verursacht, eine dreihundert-jährige Auseinandersetzung um die Anerkennung der geoffenbarten Wahrheit, bis diese endlich von der Kirche anerkannt und ver- öffentlicht werden konnte. Aus den vorgenannten Gründen ist es auch nach dieser Zeit, bis zum heutigen Tage einer breiten Öffentlichkeit unbekannt geblieben, was auch mit dazu beigetragen hat, dass sich die Geisteskrankheit des Unglaubens immer weiter verbreiten konnte. Es gibt wohl wenige Bücher, welche auf so allgemein ver- ständliche Weise, die Erkenntnis über die neid- und hasser- füllte Verfolgung des ganzen Menschengeschlechtes durch Sa- tan und seiner höllischen Genossen klarer und deutlicher zum Ausdruck bringen. Darum behält dieses berühmte Werk gera- de für die heutige Zeit seine besondere Bedeutung und sollte deshalb überall bekannt gemacht und allgemein verbreitet werden. Abschließend kann noch gesagt werden, alle ökumenischen Bestrebungen werden erst dann von Erfolg gekrönt sein, wenn unsere Gottesmutter Maria, ihrer gottgewollten Stellung ge- mäß als Fürbitterin und Gnadenvermittlerin erkannt und an- erkannt sein wird. L. W. im Jahre 2004
Inhaltsverzeichnis
1. Die Erschaffung und Prüfung der Engel 10 2. Luzifer geriet damals in eine sehr ungeordnete Selbstliebe, 11 3. In den Werken Gottes ist alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet. 12 4. Ferner offenbarte Gott den Engeln, 13 5. Luzifer aber, voll Neid und aufgeblasener Hoffart, widersetzte sich 14 6. Hier muss ich noch ein anderes Geheimnis erwähnen. 14 7. Diese aufgeblasene, eitle Hoffart reizte den Zorn des Herrn. 15 8. Auslegung des 12. Kapitels der Geheimen Offenbarung. 17 9. Es war als sage Gott den Engeln: 17 10. Noch ein anderes Zeichen erschien am Himmel: 18 11. Die zehn Hörner dieser Häupter 19 12. „Der Drache trat vor die Frau, 19 13. Fortsetzung der Auslegung des zwölften Kapitels der geheimen Offenbarung. 20 14. Er ist Gott, der Allerhöchste, König aller Geschöpfe. 21 15. Mit diesen Worten kämpften der Heilige Michael und sein Anhang. 22 16. Doch Michael erwiderte: „Wer ist wie der Herr, unser Gott, der in den Höhen wohnt? 22 17. So offenbarte sich aufs neue Gottes Macht und Gerechtigkeit. 23 18. So wurde der große Drache gestürzt, 24 19. So war nun der Himmel von den bösen Engeln gesäubert. 25 20. Schluss der Auslegung des zwölften Kapitels der Geheimen Offenbarung. 25 21. Der Fall von Adam und Eva im Paradies. 28 22. Luzifer betrog sich selbst. 29 23. An das Gebot anknüpfend, 30 24. Als Luzifer den Fall der Stammeltern gewahrte, 31 25. Im Augenblick der Menschwerdung des göttlichen Wortes 31 26. Alle tugendhaften und vollkommenen Frauen habe ich genau verfolgt, um unsere Feindin (Maria) zu finden, 33 27. Sie überlegten, wie sie die heiligste Jungfrau verfolgen könnten, 34 28. Luzifer will das Erlösungswerk verhindern. 35 29. Ich wusste, dass diese Ehre Ihm als Gott gebühre. 36 30. „Meine Verwirrung ist jetzt zu groß,“ 38 31. Nur gegen jenes Weib (Maria), unsere Feindin, trage ich tödlichen Hass, 39 32. Die Versammlung der bösen Geister nach dem Tode Jesu in der Hölle. 40 33. Von jenem Tage der Erschaffung der ersten Menschen an, habe ich danach getrachtet, den Gottmenschen und Seine Mutter zu vernichten 41 34. Oh ihr Menschen, wie seid ihr doch von Gott, den ich hasse, so sehr begünstigt 42 35. Oh wie stark ist dieser Gottmensch, 44 36. Sie waren sich einig, dass es unmöglich sei, die Person Christi anzugreifen, 44 37. „Die Menschen haben nun eine neue Lehre, 45 38. Einige Teufel machten es sich zur Aufgabe, die Neigungen der Kinder von ihrer Empfängnis und Geburt an in eine verkehrte
Richtung zu bringen 46 39. Wir müssen sorgen, dass die Menschen die Frömmigkeit und den Geschmack an geistlichen und göttlichen Dingen verlieren, 47 40. Es ist unmöglich, alles darzulegen, 48 41. Leider sind diese höchst wichtigen Wahrheiten in unseren Tagen gar sehr dem Gedächtnis der Menschen entschwunden zu ihrem entsetzlichen Schaden. 49 42. Die Heilige Schrift und die Werke der heiligen Lehrer 49 43. Damit nun jene, die dieses Buch lesen, aus diesem Schlafe erwachen, 50 44. Da dieser Feind ein unkörperlicher Geist ist, den keine Wirksamkeit ermüdet, 51 45. Sobald der Satan die Tatsache der natürlichen Zeugung eines Menschen erkennt, 52 46. Die Mittel des Allerhöchsten, die Menschen gegen diese Bosheit des Drachens zu beschützen, sind verschiedener Art. 53 47. Zu dieser allgemeinen Vorsehung Gottes kommt dann noch der Schutz unserer heiligen Engel. 54 48. Er sucht es dahin zu bringen, dass die Kinder sich manche schlimme Handlungen angewöhnen, dass sie Böses sehen und hören, und dass ihre Eltern in dieser Zeit an solche Gefahren nicht denken und darum auch keine Vorsorge dagegen treffen. 54 49. Nicht geringer ist aber die Sorge und Wachsamkeit der heiligen Engel, 55 50. Die Engel hingegen führen zu Gunsten der Kinder die Tugenden der Eltern und Ahnen an, 56 51. Hat der Mensch den vollen Vernunftgebrauch erlangt, dann wird der Kampf zwischen den bösen und den guten Engeln noch heftiger. 56 52. Unaufhörlich kommen uns die Engel durch Eingebungen und Ermahnungen zu Hilfe. 57 53. Eine unzweifelhafte Offenbarung göttlichen Schutzes war die Bekehrung des Saulus. 59 54. Luzifer und die Seinen empfanden die Geißel der göttlichen Allmacht. 60 55. Was hatte Saulus getan, um ein so außerordentliches Glück zu verdienen? 61 56. Lehre der Himmelskönigin 63
1. Die Erschaffung und Prüfung der Engel Sie wurden von Gott im Himmel erschaffen und zwar im Stande der Gnade. Mit dieser sollten sie sich die Herrlichkeit als Lohn verdienen. Obwohl sie sich am Orte der Gnade be- fanden, schauten sie doch die Gottheit noch nicht von Ange- sicht zu Angesicht, bis sie es mit der Gnade durch Gehorsam gegen den göttlichen Willen verdient hätten. Die guten wie auch die abtrünnigen Engel blieben nur kurze Zeit im Zustand der Prüfung, denn die Erschaffung, Prüfung und Entscheidung erfolgten in drei ganz kurzen Zeitabschnit- ten. Im ersten Zeitraum wurden alle Engel erschaffen und mit Gnaden und den Gaben des Heiligen Geistes ausgerüstet, so dass sie überaus schön und vollkommen waren. Dann folgte eine kurze Weile, in der allen der Wille ihres Schöpfers kundgetan wurde. Sie empfingen das Gesetz und den Auftrag ihren Schöpfer als ihren höchsten Herrn anzuer- kennen und so den Zweck ihres Daseins zu erfüllen. In dieser kurzen Weile entbrannte zwischen dem Heiligen Mi- chael und seinen Engeln jener große Streit wider den Drachen und seinen Anhang. Die guten Engel verdienten durch Be- harrlichkeit in der Gnade die ewige Seligkeit. Die ungehor- samen hingegen verfielen durch ihre Auflehnung gegen Gott der ewigen Pein. Ich (Maria von Agreda) wünschte zu wissen, aus welchem Beweggrund und durch welche Veranlassung Luzifer und sein Anhang ungehorsam waren und fielen. Ich erkannte, dass die bösen Engel der Verschuldung nach, vielerlei Verbrechen be- gehen konnten, wenn sie auch der Tat nach nicht alle begin- gen. Jene Sünden aber, die sie mit ihrem bösen Willen tatsäch- lich verübten, erzeugten in ihnen einen Habitus, d. h. die Nei- gung zu allem Bösen. Auch zu jenem, das sie selbst nicht ver- üben konnten. Zu diesen Sünden aber verführen sie die Men- schen und freuen sich, wenn es ihnen gelingt. 2. Luzifer geriet damals in eine sehr ungeordnete Selbstliebe, denn er sah sich mit einer höheren Schönheit der Natur und Gnade ausgerüstet, als die übrigen Engel. In dieser Erkenntnis hielt er sich zu lange auf, und das Wohlgefallen an sich selbst hemmte ihn so, dass er Gott, der einzigen Ursache all seiner Vorzüge, den schuldigen Dank lässig und träge darbrachte. Wiederum betrachtete er sich selbst. Aufs neue gefielen ihm seine Schönheit und seine Gnaden. Er schrieb sie sich selbst zu und liebte sie als seine eigenen. Diese ungeordnete Selbstbetrachtung bewirkte, dass er sich mit den Kräften, die er von einer höheren Macht empfangen hatte, nicht nur nicht, wie er sollte, über sich selbst erhob, sondern sie verführte ihn auch zum Neid gegen andere und zur Be- gierde nach den Gaben und Vorzügen der anderen. Da er diese für sich nicht erlangen konnte, entbrannte er in tödlichem Zorn und Hass gegen Gott, der ihn aus dem Nichts erschaffen hatte, und gegen alle Seine Geschöpfe. Aus dieser Verfassung ent- sprangen Ungehorsam, Vermessenheit, Ungerechtigkeit, Treu- losigkeit, Gotteslästerung, ja, sogar eine Art Abgötterei, denn er begehrte für sich jene Anbetung, die man allein Gott schul- dig ist. Er lästerte Gottes Hoheit und Heiligkeit. Er verlor den Glauben und die schuldige Treue. Er nahm sich vermessentlich vor, alle Geschöpfe zu vernichten, und schmeichelte sich, dies und noch manches andere ausführen zu können. In dieser Geisteshaltung verharrte er. Seine Hoffart steigerte sich. Doch seine Vermessenheit war größer als seine Stärke, denn in die- ser konnte er nicht wachsen. Doch hinsichtlich der Sünde „ruft ein Abgrund dem anderen zu“, der erste sündige Engel war Luzifer, er verführte die anderen. Deshalb wird er der Fürst der bösen Geister genannt, also nicht vermöge Seiner Natur. Nicht wegen dieser, sondern nur um der Sünde willen konnte er diesen Titel behaupten. Die sündigen Engel sind nicht alle aus einem Chor, sondern aus allen fielen Engel ab, und zwar viele. Jetzt will ich, wie ich es schaute, berichten nach welchen Ehren und Vorzügen Luzifer voll Neid und Hoffart trachtete. 3. In den Werken Gottes ist alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet. Darum beschloss die göttliche Vorsehung, den Engeln unmit- telbar nach ihrer Erschaffung, - also bevor sie sich noch ande- ren Zielen zuwenden konnten - das Endziel zu offenbaren, zu dem sie erschaffen und mit einer so erhabenen und ausge- zeichneten Natur begabt worden waren. Gott erleuchtete sie auf folgende Weise: Zuerst empfingen sie eine sehr eindrucks- volle Erkenntnis von der Wesenheit Gottes, Seiner Einheit in der Natur, Seiner Dreifaltigkeit in den Personen. Zugleich er- hielten sie den Befehl, den unendlichen Gott als ihren Schöpfer und Herrn zu verehren und anzubeten. Alle folgten gehorsam, doch mit Unterschied, die guten Engel folgten aus Liebe und Gerechtigkeit. Sie unterwarfen sich mit bestem Willen, nahmen gläubig auf, was ihre Fassungskraft überstieg, und gehorchten freudig. Luzifer aber unterwarf sich nur, weil ihm das Gegen- teil unmöglich schien, darum auch nicht mit vollkommener Liebe. Er teilte seinen Willen zwischen sich und der untrügli- chen Wahrheit des Herrn. Deshalb fand er das Gebot schwer und lästig und er erfüllte es nicht mit vollkommener Liebe und nicht aus Gerechtigkeit. Darum geriet er in eine Verfassung, die seinen Ungehorsam herbeiführte. Diese Lässigkeit und Zu- rückhaltung, mit der er diese ersten Akte setzte, beraubten ihn noch nicht der Gnade, doch begann hier seine üble Verfassung. Er empfand eine gewisse Schwäche in der Tugend und ein Ab- sinken im Geiste, und seine strahlende Schönheit minderte sich. Er erfüllte Gottes Gebote lau und unvollkommen. Dies war sein erster Schritt zum Fall. 4. Ferner offenbarte Gott den Engeln, dass er Menschen, vernünftige Geschöpfe einer niederen Ord- nung, erschaffen wolle. Auch diese sollten Gott als ihren Urhe- ber und ihr ewiges Gut lieben, fürchten und ehren. Er werde diese Natur überaus begnadigen. Die zweite Person der Hei- ligsten Dreifaltigkeit selbst werde Mensch werden und in Ver- bindung die menschliche Natur mit der Göttlichen zu einer Person vereinigen. Diesen zukünftigen Gottmenschen sollten die Engel nicht nur wegen Seiner Gottheit, sondern auch we- gen Seiner Menschheit als ihr Oberhaupt anerkennen, verehren und anbeten. Als an Würde und Gnade Ihm untergeordnet, sollten sie Seine Diener sein. Zugleich ließ Gott die Engel er- kennen, wie geziemend, gerecht und vernünftig diese Unter- werfung sei. Wie alle übrigen zukünftigen Geschöpfe hätten auch sie die Aufgabe, den Gottmenschen zu verherrlichen, weil Er aller Wesen König sei. Alle vernünftigen Geschöpfe, die der Erkenntnis und des Genusses Gottes fähig seien, soll- ten Sein Volk werden und Ihn als ihr Haupt anerkennen und verehren. Dann wurde den Engeln das entsprechende Gebot erteilt. Die gehorsamen, heiligen Engel unterwarfen sich die- sem Befehle sofort mit ganzer Willenskraft, mit demütigem und liebesglühendem Eifer. 5. Luzifer aber, voll Neid und aufgeblasener Hoffart, widersetzte sich und trieb die gleichgesinnten Engel an, ein Gleiches zu tun. Auch sie gehorchten dem göttlichen Befehle nicht. Dafür ver- sprach Luzifer ihnen, dass er ihr Haupt sein und ein unabhän- giges Fürstentum gegen Christus aufrichten wolle. Neid und Hoffart und unordentliches Begehren verursachten in diesem einen Engel eine solche Verblendung, dass er unzählige mit der Pest der Sünde ansteckte. Nun erhob sich jener große Kampf im Himmel, von dem der Heilige Johannes berichtet. Die gehorsamen heiligen Engel entbrannten vor Eifer, die Ehre des Allerhöchsten und die Ehre des Gottmenschen, den sie in einem Gesichte schauten, zu verteidigen. Sie baten um die Er- laubnis und die Genehmigung des Herrn, gegen den Drachen zu streiten. Das wurde ihnen gewährt. 6. Hier muss ich noch ein anderes Geheimnis erwähnen. Als allen Engeln geboten wurde, dem menschgewordenen Wort zu gehorchen, empfingen sie als drittes Gebot jene Frau als Gebieterin anzuerkennen in dessen Schoß der Eingeborene des Vaters das menschliche Fleisch annehmen sollte. Diese Frau werde ihre Königin und die Herrin aller Geschöpfe sein und an Gnaden und Glorie alle Engel und Menschen überra- gen. Die guten Engel zeichneten sich durch Annahme dieses Befehles aus. Sie glaubten und priesen in tiefster Demut die Macht und Geheimnisse des Allerhöchsten. Luzifer und seine Anhänger aber erhoben sich infolge dieses Befehles bei der Of- fenbarung dieses Geheimnisses mit wachsendem Hochmut. In tobsüchtiger Wut begehrte Luzifer für sich die Auszeichnung, Haupt aller Engel und des ganzen Menschengeschlechtes zu werden. Wenn dies nur durch die Verbindung der höheren mit der niederen Natur möglich sei, so solle sie an ihm geschehen. Im Hinblick auf die niedere Natur der Mutter des menschge- wordenen Wortes (Maria) widersetzte sich Luzifer unter schauerlichen Lästerungen. In unbändigem Zorn empörte er sich gegen den Urheber solch großer Gnadenwunder. Er reizte seine Genossen auf und rief: „Diese Befehle sind unbillig! Mei- ne Hoheit wird dadurch beleidigt! Darum will ich diese Natur die Du mit so großer Liebe anblickst und ferner noch so reich- lich begnadigen willst, verfolgen und ausrotten. Dazu will ich meine ganze Macht und List aufbieten. Dieses Weib, die Mut- ter des Wortes, will ich von der Höhe, auf der Du sie zu erhe- ben gedenkst, herabstürzen. Ich will Deine Pläne zuschanden machen!“ 7. Diese aufgeblasene, eitle Hoffart reizte den Zorn des Herrn. Zur Beschämung Luzifers sagte Er: „Diese Frau, die du nicht ehren willst, wird dir den Kopf zertreten, dich überwinden und zunichte machen. Wenn durch deinen Stolz der Tod in die Welt kommen wird, so wird durch ihre Demut das Leben und Heil der Menschen kommen. Sie werden jenen Lohn und jene Kronen empfangen, die du samt deinem Anhang verloren hast.“ Luzifer widerstrebte mit tollsinnigem Stolze allem, was er vom göttlichen Willen und Seinen Entschlüssen verstanden hatte. Er drohte dem ganzen Menschengeschlecht. Die guten Engel erkannten den gerechten Zorn des Allerhöchsten wider Luzifer und seinen Anhang. Sie stritten wider sie mit den Waffen des Verstandes, der Gerechtigkeit und der Wahrheit. Darauf wirkte der Allerhöchste ein anderes geheimnisvolles Wunder. Nachdem Er den Engeln die hypostatische Union der zweiten Person mit der Menschheit durch Erleuchtung geof- fenbart hatte, zeigte Er ihnen die allerseligste Jungfrau in ei- nem visionären Bilde. Er ließ sie die reine menschliche Natur in einer höchst vollkommenen Frau schauen. In dieser werde Seine Allmacht viel wunderbarer wirken als in allen übrigen bloßen Geschöpfen, da Er in dieser Frau in unvergleichlich ho- hem Grade alle Gaben und Gnaden Seiner Rechten hinterlegen werde. Die Schau dieses Bildes der Himmelskönigin und Mut- ter des wirklichen Wortes wurde allen Engeln, den Guten und den Bösen, gewährt. Dieses Gesicht erfüllte die Guten mit Be- wunderung. Sie sangen Loblieder und begannen gleich, mit inbrünstigem Eifer und dem unüberwindlichen Schild jenes Zeichens bewaffnet, die Ehre des Mensch gewordenen Gottes und Seiner Allerheiligsten Mutter zu verteidigen. Der Drache und sein Anhang hingegen flammten auf in einem unversöhn- lichen Hass gegen Christus und Seine jungfräuliche Mutter. Dann erfolgte, was ihm 12. Kapitel der Geheimen Offenbarung enthalten ist. 8. Auslegung des 12. Kapitels der Geheimen Offenbarung. Und es erhob sich ein großer Kampf im Himmel, Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und der Drache und seine Engel kämpften. Aber sie vermochten nicht standzuhal- ten, und ihr Platz im Himmel ging verloren. So wurde der große Drache gestürzt, die alte Schlange, die Teufel und Satan heißt und die ganze Welt verführt. Er wurde auf die Erde ge- stürzt, und mit ihm wurden seine Engel gestürzt. Der Evangelist sagt: „Ein großes Zeichen erschien am Himmel, eine Frau, mit der Sonne umkleidet, den Mond unter ihren Fü- ßen und eine Krone von zwölf Sternen auf ihrem Haupte.“ Dieses Zeichen ist durch Gottes Willen vor allen Engeln, den guten und den bösen, im Himmel wirklich erschienen. Im Schauen sollten sie ihren Willen entweder zum Gehorsam oder zum Ungehorsam gegen die Gebote des göttlichen Wohlgefal- lens entscheiden. Dieses Zeichen offenbarte ihnen auch, wie wunderbar Gott die menschliche Natur erschaffen würde. Wohl war sie ihnen schon bei der Offenbarung des Geheim- nisses der Menschwerdung zu erkennen gegeben, doch Gott wollte sie ihnen auch noch in einem rein menschlichen, ganz vollkommenen, ganz heiligen Geschöpfe kundtun, das Er nächst Christus erschaffen werde. 9. Es war als sage Gott den Engeln: „Ich will die Menschen nicht so wie euch züchtigen, weil aus ihnen eine Frau hervorgehen wird, in dessen Schoß Mein Ein- geborener Fleisch annehmen soll. Er wird ihnen Meine Freundschaft wieder erwerben, Meine Gerechtigkeit versöh- nen und den Weg zur Seligkeit, den die Sünde verschlossen hat, wieder eröffnen.“ Er ließ die Engel erkennen, dass Er durch Vermittlung Christi und Seiner Mutter jene Gnaden und Gaben in den Menschen niederlegen wolle, die die abtrünnigen Engel durch ihre Treu- losigkeit verloren hatten. Die Engel erkannten in diesem Zei- chen auch viele Geheimnisse der Menschwerdung, der strei- tenden Kirche und ihrer Glieder, und dass sie, die Engel, beru- fen seien, den Menschen zu helfen, sich gegen ihre Feinde zu verteidigen und sie zur ewigen Seligkeit zu führen. 10. Noch ein anderes Zeichen erschien am Himmel: Ein großer, feuerroter Drache mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und sieben Kronen auf seinen Köpfen. Sein Schweif fegte den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Nach dem Luzifer gegen diese im Zei- chen dargestellte Frau seine Lästerungen ausgestoßen hatte, ward er sogleich aus einem überaus schönen Engel in einen fürchterlichen, abscheulichen Drachen verwandelt, so dass er in äußerer Gestalt als ein wahrnehmbares Zeichen erschien. Wütend erhob er sieben Köpfe, nämlich die sieben Legionen oder Heerscharen seines ganzen Anhanges. Jeder einzelnen Rotte setzte er ein Haupt vor und befahl ihnen, zu sündigen und zu den sieben Hauptsünden anzureizen und zu verfüh- ren. Diese werden Hauptsünden genannt, weil sie alle übri- gen in sich schließen und sie gleichsam Hauptstandarten sind, die sich gegen Gott aufrichten. Es sind Hoffart, Neid, Zorn, Unkeuschheit, Unmäßigkeit, Trägheit, Geiz. Sie werden durch die sieben Kronen versinnbildlicht, mit denen Luzifer nach seiner Verwandlung in einen Drachen gekrönt wurde. Der Allerhöchste selbst hatte sie zur Strafe für die entsetzliche Bosheit dem Luzifer und den übrigen abtrünnigen Engeln durch Seinen heiligen Zorn geschmiedet. Jeder empfing seine besondere Strafe, die zugleich ein Merkmal war, das ihre Bos- heit andeutete, durch die sie die Urheber der sieben Haupt- sünden geworden waren. 11. Die zehn Hörner dieser Häupter sind die Triumphe der Ungerechtigkeit und Bosheit des Dra- chens und bedeuten seine Ruhmsucht und aufgeblasene, stolze Vermessenheit, in der er die Ausübung der Laster sich selbst zuschreibt. In dieser bösen Gesinnung bot er, um das Ziel sei- nes Stolzes zu erreichen, den unglücklichen Engeln seine las- terhafte, giftvolle Freundschaft an und stellte ihnen erdichtete Fürstentümer und Belohnungen in Aussicht. Diese Verspre- chen voll teuflischer Dummheit und Täuschung waren der Schwanz mit dem der Drache den dritten Teil der Sterne vom Himmel fegte. Die Engel waren helle Sterne, und wenn sie be- harrt hätten, würden sie mit den übrigen Engeln und Gerech- ten wie Sonnen in alle Ewigkeit leuchten. Aber ihre wohlver- diente Strafe schleuderte sie auf die Erde, und zu ihrem Un- glück gar bis in den Mittelpunkt derselben, nämlich in die Höl- le, wo sie in Ewigkeit des Lichtes und der Freude entbehren müssen. 12. „Der Drache trat vor die Frau, die gebären sollte, um ihr Kind gleich nach der Geburt zu ver- schlingen.“ Luzifers Stolz war so ungeheuer, dass er voll An- maßung begehrte, seinen Thron über alle Sterne Gottes zu set- zen. In Gegenwart der im Zeichen dargestellten auserwählten Frau fabelte der Tor: „Jener Sohn, den dieses Weib gebären wird, ist von Natur aus geringer als ich. Ich will Ihn verschlin- gen und vernichten. Meinen Anhang will ich gegen Ihn führen und wider Seine Gedanken und Gesetze meine Lehren aus- streuen. Einen ewigen Krieg will ich wider Ihn führen und in ewiger Feindschaft gegen Ihn verharren!“ Maria aber steht einzig da. Obwohl Adamstochter, überragt sie weit alle Engel an Gnaden, Gaben und Verdiensten. 13. Fortsetzung der Auslegung des zwölften Kapitels der geheimen Offenbarung. Und es erhob sich ein großer Kampf im Himmel, Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und der Drache und seine Engel kämpften. Nach dem der Herr obige Geheimnisse den guten und bösen Engeln geoffenbart hatte, begann der Heilige Michael mit den Seinen unter Zustimmung Gottes ge- gen den Drachen und seinen Anhang zu kämpfen. Dieser Streit war wunderbar. Er wurde nur mit den Waffen des Verstandes und des Willens geführt. Entflammt von Eifer für die Ehre Got- tes, ausgerüstet mit der ihm von Gott verliehenen Macht und bewaffnet mit seiner eigenen Demut, widerstand Michael dem eitlen Hochmut des Drachens, indem er sagte: „Würdig ist der Allerhöchste aller Ehre, alles Lobes, aller Ehrfurcht. Er ist wür- dig der Ehrfurcht, der Liebe und des Gehorsams aller Ge- schöpfe. Er ist allmächtig und kann tun, was Er will. Nichts kann er wollen, was nicht vollkommen gerecht ist. Er, der Un- erschaffene und von keinem andern Wesen Abhängige, gab uns aus Gnade alles, was wir besitzen. Er erschuf uns aus dem Nichts. Er kann auch andere Wesen erschaffen, wann und wie es Ihm gefällt. Darum ist es höchst geziemend, dass wir uns vor Seinem göttlichen Thron niederwerfen und Seine göttliche Majestät und wesenhafte Hoheit anbeten, kommet also, ihr Engel, folget mir! Lasset uns Ihn anbeten. Seine wunderbaren geheimen Gerichte und Seine heiligen, vollkommenen Werke lobpreisen. 14. Er ist Gott, der Allerhöchste, König aller Geschöpfe. Er wäre es nicht, wenn wir Seine großen, machtvollen Werke begreifen könnten. Seine Weisheit und Güte sind unendlich. Er ist reich an Schätzen und Segnungen, Herr aller Dinge. Keines andern bedürftig, kann Er Seine Schätze mitteilen, wem Er will. In Seiner Wahl kann Er nicht irren. Er kann lieben und sich dem Geliebten mitteilen. Er kann lieben, wen Er will, und erschaffen, erhöhen, bereichern nach Seinem Wohlgefallen. In allem ist Er stets der Weise, der Heilige, der Allmächtige. Las- set uns Ihn mit tiefster Dankbarkeit anbeten wegen der Wun- derwerke der Menschwerdung und der Auserwählung Seines Volkes. Auch wegen dessen Erlösung, wenn es fallen sollte. Jenem Vorhergeschauten wollen wir in beiden Naturen, der göttlichen und der menschlichen, anbeten und verehren, Ihn als unser Haupt anerkennen und freimütig bekennen, dass Er, der Urheber aller Gnade und Glorie, aller Ehre, alles Lobes und aller Herrlichkeit würdig sei. Lasset uns Ihm zurufen: „Du bist der Starke, der Mächtige, Du bist Gott!“ 15. Mit diesen Worten kämpften der Heilige Michael und sein Anhang. Wie mit heftigen Blitzen stritten sie wider den Drachen und seinen Anhang. Diese hingegen kämpften mit Gotteslästerun- gen. Luzifer aber konnte vor dem Antlitz des heiligen Engels- fürsten nicht bestehen. Er verging vor Wut und wollte vor Qual entfliehen allein der Göttliche Wille gebot, dass er nicht nur gestraft, sondern auch überwunden werde und die Wahr- heit und Allmacht Gottes erfahre, er mochte wollen oder nicht. Trotzdem lästerte er: „Gott ist ungerecht, wenn Er die Natur der Menschen über die Natur der Engel erhebt. Ich bin der er- habenste und schönste Engel, mir gebühren Triumph und Huldigung. Ich will meinen Thron über die Sterne setzen und gleich sein dem Allerhöchsten. Keinem einzigen von niederer Natur werde ich mich unterwerfen und niemals zugeben, dass ein anderer mir vorgehe oder sich über meine Hoheit er- schwinge!“ Dasselbe wiederholten seine abtrünnigen Anhän- ger. 16. Doch Michael erwiderte: „Wer ist wie der Herr, unser Gott, der in den Höhen wohnt? Schweige, Feind, mit deinen ungeheuren Lästerungen! Du bist ganz von Bosheit besessen, darum fort aus unserer Gesell- schaft, du Unglückseliger! Fahre hinab mit deiner blinden Unwissenheit und deiner Bosheit in die finstere Nacht und in das Chaos der höllischen Pein! Wir hingegen, o Geister des Herrn, wollen Gott anbeten und verehren. Die glückselige Frau aber, die dem ewigen Wort die menschliche Natur schenken wird, wollen wir als unsere Herrin und Königin anerkennen.“ Jenes >große Zeichen< der Himmelskönigin war in diesem Streit für die guten Engel wie Schild und Waffe gegen die bö- sen Abtrünnigen. Dem gegenüber waren die Streitgründe Lu- zifers kraftlos. Er wurde verwirrt und sprachlos und konnte die in diesem Zeichen dargestellten Wahrheiten nicht ertragen. Wie dieses geheimnisvolle Zeichen durch Gottes Kraft erschie- nen war, so wollte Gott auch, dass ein anderes Zeichen, der ro- te Drache, sichtbar werde und Luzifer in dieser Gestalt zum Entsetzen und Erschrecken seines Anhanges und zur Verwun- derung der heiligen Engel mit Schande aus dem Himmel ver- stoßen werde. 17. So offenbarte sich aufs neue Gottes Macht und Gerechtigkeit. Den Verlauf dieses Streites kann man mit Worten schwerlich schildern, weil der Abstand zwischen unserem Begreifen und der Tätigkeit so vieler erhabener Engel zu groß ist. Die Bösen wurden nicht Herr, denn Ungerechtigkeit, Lügenwerk, Unwis- senheit und Bosheit können Gerechtigkeit, Wahrheit, Licht und Güte nicht überwältigen, noch können diese Tugenden von den Lastern überwunden werden. Deshalb sagt der Evangelist: „Aber sie vermochten nicht standzuhalten, und ihr Platz im Himmel ging verloren.“ Die unglückseligen Engel machten sich durch ihre Sünde der ewi- gen Anschauung und Gesellschaft Gottes unwürdig. Ihr An- denken wurde aus dem göttlichen Geiste ausgelöscht, wo sie vor ihrem Fall durch ihre Gnadengaben gleichsam einge- schrieben waren. Sie verloren ihr Recht auf die im Falle ihres Gehorsams ihnen zubereiteten Plätze. Dieses Anrecht ging nun auf die Menschen über. Von den abtrünnigen Engeln wurde jede Spur so vollständig ausge- löscht, dass nichts mehr von ihnen im Himmel zu finden war. Oh unglückselige Bosheit, unbeschreibliches Unglück, würdig einer so entsetzlichen Strafe! 18. So wurde der große Drache gestürzt, und mit ihm wurden seine Engel gestürzt. Der heilige Erzengel Michael verstieß den elenden, in einen Drachen verwandelten Luzifer mit jenem unüberwindlichen Wort: „Wer ist wie Gott?“ Es war so kräftig, dass es jenen stolzen Riesen samt sei- nen Rotten niederschmetterte und mit unvergleichlicher Schande in den tiefsten Abgrund der Erde hinunterschleu- derte. Nun empfing er zu seinem Unglück und zur Strafe auch noch neue Namen, wie Drache, Schlange, Teufel, Satan. Na- men, die der heilige Erzengel ihm im Streite beigelegt hatte, um dadurch seine Bosheit und Ungerechtigkeit auszudrücken. Wie er durch seine Tücke alles Glück und alle Ehre verwirkt hatte, so ward er auch aller Ehrentitel beraubt und statt dessen mit Schandnamen bezeichnet. Übrigens legte schon sein Bos- heitsplan, den er seinen Bundesgenossen vorschlug und be- fahl, nämlich die Erdenbewohner zu betören und zu verfüh- ren, seine Arglist mehr als genügend an den Tag. So ward also jener, der in seinen Gedanken schon alle Völker zerschmet- terte, hinabgeschleudert in die Hölle. Von ihm sagt Isaias: „In die Unterwelt wirst du hinabgestürzt, in die Tiefe des Pfuhles. Dein Leichnam wird übergeben den Motten und dem Wurme deines bösen Gewissens“ (Is. 14, 15). Es erfüllte sich an Luzifer alles, was Isaias im 14. Kapitel seines Buches berichtet. 19. So war nun der Himmel von den bösen Engeln gesäubert. Für die guten und gehorsamen aber fiel der Vorhang der Gott- heit. Triumphierend gingen sie in ihre Glorie ein, während die Abtrünnigen ihre Strafe empfingen. Gott offenbarte den Engeln einen Teil der göttlichen Be- schlüsse und sprach: „Luzifer hat sein Banner der Hoffart und der Sünde aufgepflanzt. Mit vollendeter Bosheit und starkem Grimm wird er das menschliche Geschlecht verfolgen und vie- le durch Arglist verführen und so verleiten, dass die Men- schen sich gegenseitig selbst umbringen. In der Blindheit der Sünden und Laster werden sie zu verschiedenen Zeiten in un- heilvoller Unwissenheit sich empören, aber Hoffart, Lüge und alle Arten von Sünden sind Meinem Wesen und Willen unend- lich fern. Wir wollen darum der Tugend und Heiligkeit den Triumph verleihen.“ 20. Schluss der Auslegung des zwölften Kapitels der Geheimen Offenbarung. Wehe der Erde und dem Meere, denn der Teufel ist zu euch mit gewaltigem Grimm herabgestiegen. Er weiß, wie kurz sei- ne Frist ist. Wehe der Erde, dem zukünftigen Schauplatz so vieler Übeltaten! Wehe dem Meere, weil es so entsetzlichen Lastern gegenüber sich nicht in tosenden Strömen ergoss, die Übeltäter zu ertränken und die Unbilden wider Gott, Seinen Schöpfer, zu rächen. Doch noch viel mehr wehe dem uner- gründlichen, in aller Bosheit verhärteten Meere, das sind jene, die dem Teufel nachfolgen. Er ist herniedergestiegen, euch in großem Zorn und unerhörter Grausamkeit mit Krieg zu über- fallen. Die Wut dieses grimmigen Drachens, der ärger ist als ein blutgieriger Löwe, will alles verschlingen. Alle Tage der gesamten Weltzeit dünken ihm eine kurze Frist, seinen Grimm zu befriedigen. So groß ist sein Durst und seine Gier, die Men- schen zu verderben, dass ihm ihre ganze Lebenszeit nicht ge- nügt. Seine Tobsucht wünscht ewige Zeiten, wenn sie möglich wären, um gegen die Kinder Gottes einen ewigen Krieg führen zu können. Vor allem kehrt sich sein Grimm gegen jene gott- selige Frau, die ihm den Kopf zertreten wird. Als der Drache sich auf die Erde herabgestürzt sah, verfolgte er die Frau, die den Knaben geboren hatte. Nachdem die alte Schlange, der Teufel, den unseligen Ort und Zustand, in den er geraten war, erkannte, entbrannte er in noch heftigerem Grimm und Neid. Er hätte sich selbst wie ein wütendes Tier zerreißen mögen. Gegen die Frau, die Mutter des menschge- wordenen Wortes, fasste er einen solchen Groll, dass ihn kein Mensch zu begreifen vermag. Als Luzifer und sein teuflischer Anhang in der Hölle ange- kommen war, hielt er gleich mit allen eine Ratsversammlung. In dieser Zeit bot Luzifer seinen Verstand und seine ganze teuflische Bosheit auf, mit seinen höllischen Genossen zu über- legen, wie sie Gott am ärgsten beleidigen und sich an Ihm für die über sie verhängte Strafe rächen könnten. Das Endergebnis dieser Versammlung war kurz folgendes: Weil Gott aller Voraussicht nach die Menschen sehr lieben werde, würde die ärgste Rache und schwerste Unbill darin be- stehen, dass sie die Wirkungen der göttlichen Liebe verhin- derten, indem sie die Menschen betörten, verführten und so viel wie möglich aufreizten, gegen Gott undankbar und rebel- lisch zu sein. Dadurch würden sie Seine Gnade und Freund- schaft verlieren. Luzifer sagte: „Nach dieser Erkenntnis müssen wir arbeiten, und alle Kräfte und Sorgen aufbieten. Wir wollen die Men- schen unseren Einsprechungen und unserem Willen unterwür- fig machen und sie dadurch verderben. Wir wollen das ganze Menschengeschlecht verfolgen und es um seinen verheiße- nen Lohn bringen. Wir wollen unsere ganze Wachsamkeit aufbieten, dass die Menschen nicht zur Anschauung Gottes ge- langen, weil diese uns ungerechter Weise verweigert wurde. Großen Triumph werde ich über sie feiern. Alles werde ich verheeren und meinem Willen unterwerfen. Ich will Irrtümer und Sekten und meine den Gesetzen Gottes zuwiderlaufen- den Gesetze verbreiten. Ich selbst werde aus den Menschen Propheten und Anführer erwecken, in sie meine Irrlehren säen, die sie überall verbreiten sollen. Darauf will ich aus Rache ge- gen ihren Schöpfer sie zu mir in die Qualen der Hölle hinab- ziehen. Die Armen will ich bedrängen, die Notleidenden unterdrü- cken, die Verlassenen verfolgen. Ich will Zwietracht säen, Kriegsflammen entzünden, Völker gegen Völker hetzen, Hochmütige und Freche hervorbringen, die das Gesetz der Sünde überall ausbreiten. Alle die mir folgen, will ich im ewi- gen Feuer vergraben. Jene die sich mir am engsten anschließen, will ich in den Ort der größten Qualen versenken. Daraus wird mein Reich sein, das ist der Lohn, den ich meinen Knechten gebe. Dem menschgewordenen Wort will ich einen blutigen Krieg ankündigen. Wenn Er auch Gott ist, so wird Er doch auch Mensch sein, also von einer niedereren Natur als ich. Ich will meinen Thron und meine Würde über die Seinige erheben, durch meine Macht und Arglist Ihn überwinden und stürzen. Die Frau, die Seine Mutter wird, soll unter meinen Händen vergehen. Denn was sollte für meine Macht und Größe eine einzige Frau bedeuten? Ihr Dämonen aber, die ihr mit mir ver- gewaltigt worden seid, folgt mir nach und gehorcht mir jetzt in der Rache, wie ihr mir damals im Ungehorsam gefolgt seid. Heuchelt Liebe zu den Menschen und richtet sie dadurch zugrunde. Dienet ihnen betrüglich, um sie zu stürzen. Macht sie schlecht und zieht sie zu mir hinab in die Hölle.“ Keine menschliche Zunge vermag den Grimm und die Bosheit dieser ersten höllischen Ratsversammlung gegen das Men- schengeschlecht zu schildern, das noch gar nicht erschaffen war. Damals wurden alle Laster und Sünden der Welt ausgedacht. Von dorther entspringen alle Lügen, Irrtümer und Glaubens- spaltungen. Alle Ungerechtigkeit hat in dieser chaotischen Versammlung ihren Ursprung. Alle die Bosheit verüben, die- nen dem Fürsten der Hölle. 21. Der Fall von Adam und Eva im Paradies. Der glückliche Gnadenstand des ersten Elternpaares dauerte nur kurze Zeit, weil bald der Neid der Schlange gegen sie er- wachte. Sie hatte immer mit Spannung auf die Erschaffung der ersten Menschen gelauert. Luzifer sah die Entstehung aller üb- rigen Geschöpfe. Die Erschaffung Adams aber sowie die Ges- taltung Evas aus seiner Rippe wollte ihm Gott nicht offenba- ren. Dies alles blieb ihm verborgen, bis beide beisammen wa- ren. Als nun Luzifer die alle anderen Geschöpfe überragende wun- derbare Gestaltung der menschlichen Natur sowie die leibliche und seelische Schönheit Adams und Evas erblickte und die vä- terliche Liebe erkannte, mit der der Herr sie ansah und zu Her- ren der ganzen Schöpfung machte und ihnen die Hoffnung auf das ewige Leben verlieh, entflammte sein Zorn mehr denn je. Unbeschreiblich ist der Grimm, in dem die stolze Schlange sich wand und ihren Neid anfeuerte, um Adam und Eva wie ein reißender Löwe ums Leben zu bringen. Er hätte es getan, wenn eine höhere Macht ihn nicht gehindert hätte. Er überlegte, wie er beide der Gnade Gottes berauben und sie gegen den Aller- höchsten aufwiegeln könne. 22. Luzifer betrog sich selbst. Der Herr hatte ihm gleich im Anfang geoffenbart, dass das Göttliche Wort im reinsten Schoße Mariä Mensch werde, aber wann und wie verbarg Er ihm wie die Erschaffung Adams und die Bildung Evas. Luzifer sollte sofort seine Unwissenheit be- züglich des Geheimnisses und der Zeit der Menschwerdung empfinden. Da seine Wut und Wachsamkeit vorzüglich auf Christus und Maria gerichtet waren, mutmaßte er, Adam sei aus Eva geboren, sie sei seine Mutter, und Adam könnte das fleischgewordene Wort sein. Diese Ansicht verstärkte sich, als er jene göttliche Kraft verspürte, die ihn zurückhielt, sie zu tö- ten. Seine Mutmaßung verlor sich nach und nach, als er Adam und Eva über das Gebot sprechen hörte, das Gott ihnen gege- ben hatte. Er fing an ihre Gespräche zu belauschen und ihre Anlagen auszuspähen. Er umschlich sie wie ein hungriger Löwe, um durch ihre Nei- gungen, die er in ihnen erkannte, in sie einzudringen. Bevor er alles ausgekundschaftet hatte, schwankte er ständig zwischen dem Zorn gegen Christus und Maria und der Sorge, von ihnen überwunden zu werden. Am meisten jedoch fürchtete er die Schande, von der Himmelskönigin besiegt zu werden, da sie ja nur ein Geschöpf war und nicht Gott. 23. An das Gebot anknüpfend, das Gott Adam und Eva gegeben hatte, bewaffnete sich Luzifer mit einer verführerischen Lüge und begann, mit aller Gewalt sich dem Willen Gottes zu widersetzen. Nicht den Mann, son- dern die Frau fiel er zuerst an, weil er erkannte, dass sie zarter und schwächer von Natur sei. Auch hatte er dabei die Gewiss- heit, dass er nicht Christus angreife. Dazu kam, dass er wieder in größten Zorn geriet wegen des Zeichens, das er im Himmel gesehen hatte, als Gott ihm im Hinblick auf diese Frau drohte. Dies alles brachte ihn heftiger gegen Eva auf als gegen Adam. Bevor er sich ihr zeigte, erdreistete er sich, ihr allerlei unge- ordnete Gedanken und lebhafte Vorstellungen einzuflößen, um sie so einigermaßen verwirrt und unvorbereitet zu finden. Ich will jetzt nur sagen, dass der Satan Eva gewaltig, ja un- menschlich versuchte. Es genügt hier zu wissen, was die Hei- lige Schrift darüber berichtet, dass nämlich Luzifer in Gestalt einer Schlange mit Eva geredet hat. Sie hörte auf das Gespräch, was sie nicht hätte tun sollen, denn durch das Anhören und Antworten kam sie dazu, dem Satan zu glauben und das Ge- bot zu übertreten. Darauf überredete sie auch ihren Mann, der zu seinem und aller Menschen Unheil auch das Gebot übertrat. Dadurch verloren sie für sich wie auch für uns den Stand der Gnade. 24. Als Luzifer den Fall der Stammeltern gewahrte, und sah, dass die innere Schönheit der Gnade und Gerechtig- keit der Abscheulichkeit der Sünde gewichen war, frohlockte und triumphierte er unbeschreiblich vor den höllischen Geis- tern. Doch sein Jubel verstummte sogleich, als er erkannte, dass ganz gegen seinen Wunsch und seine Erwartung die gött- liche Liebe und Barmherzigkeit die beiden Übeltäter be- gnadigte, ihnen Zeit zur Buße und Hoffnung auf Verzeihung gewährte, für die sie sich durch wahre Reue empfänglich machten. Luzifer sah, wie ihnen die Schönheit der Gnade und die Freundschaft Gottes wieder hergestellt wurde. Die großen Wirkungen der vollkommenen Reue erschreckten und verwirrten aufs neue die ganze Hölle. Luzifers Bestürzung wuchs noch, als er das Urteil Gottes gegen die Schuldigen ver- nahm, das er sich ganz anders gedacht hatte, besonders aber, als er aufs neue die Drohung hörte: „Die Frau wird dir den Kopf zertreten!“ 25. Im Augenblick der Menschwerdung des göttlichen Wortes hatten Luzifer und alle bösen Geister die Kraft des allmächti- gen Gottes gespürt, der sie in die tiefsten Höhlen der Hölle hinabstürzte. Sie lagen dort einige Tage machtlos niedergewor- fen, bis der Herr in Seiner wunderbaren Vorsehung ihnen er- laubte, von diesem Schlag, dessen Ursache sie nicht erkannten, sich zu erheben. Der große Drache stand nun auf und begab sich auf die Welt, um überall auf Erden umherzugehen und auszuforschen, ob sich etwas Neues vorfinde, das Ursache der Wirkung sein könnte, die er und alle seine Diener an sich erfahren hatten. Der stolze Fürst der Finsternis wollte diese Untersuchung sei- nen Genossen nicht allein überlassen. Er selbst kam mit ihnen herauf, streifte mit höchster Arglist und Bosheit über den gan- zen Erdkreis und forschte und spähte drei Monate umher. Dann kehrte er ebenso unwissend, wie er sie verlassen hatte, in die Hölle zurück. Er konnte solche göttlichen Geheimnisse nicht verstehen. Seine Bosheit war ja so schwarz, dass er solche göttlichen Früchte nicht genießen, noch den Schöpfer dafür verherrlichen und preisen konnte wie wir, denen die Erlösung gilt. Der Feind Gottes wusste in seiner Verwirrung nicht, wem er sein neues Missgeschick zuschreiben sollte. Darum berief er alle höllischen Banden zur Beratung zusammen, ohne auch nur einen einzigen bösen Geist auszunehmen. Er ließ sich auf ei- nem erhöhten Platz nieder und hielt folgende Rede: „Ihr wisst, meine Untertanen, mit welcher Sorgfalt ich, seitdem Gott uns aus seinem Hause verstoßen und unsere Macht gebrochen hat, auf Rache gesonnen und an der Zerstörung seiner Macht gear- beitet habe. Freilich kann ich Ihn nicht selbst erreichen. Aber bei den Menschen, die Er liebt, habe ich weder Zeit noch Gelegenheit verloren, sie meiner Herrschaft zu unterwerfen. So habe ich durch meine Stärke mein Reich bevölkert. Zahlreich sind die Völker und Nationen, die mir folgen und gehor- chen. Jeden Tag gewinne ich unzählige neue Seelen und bringe sie ab von der Erkenntnis und dem Dienste Gottes, damit sie nicht einst genießen, was wir verloren haben. Ich will sie in diese ewigen Qualen stürzen, die wir erleiden, da sie meinen Lehren und meinen Fußstapfen gefolgt sind. An ihnen werde ich den Zorn auslassen, den ich gegen ihren Schöpfer hege. Doch dies alles halte ich für gering, und ich bin immer in Schrecken wegen des ungewöhnlichen Ereignisses, das wir erlebten. Eine solche überwältigende und zermal- mende Stärke erfuhren wir noch nie, seitdem wir vom Himmel gefallen sind. Ich erkenne, dass eure und meine Macht gewal- tig erschüttert ist, und es bemächtigt sich meiner eine große Furcht, dass unsere Herrschaft zerstört sein möchte. Wir brau- chen jetzt außerordentliche Wachsamkeit. Ich bin voll Wut, und der Zorn meiner Rache ist nicht befriedigt. Ich durchzog den ganzen Erdkreis, beobachtete sorgfältig alle seine Bewoh- ner, und doch habe ich nichts Außergewöhnliches gefunden. 26. Alle tugendhaften und vollkommenen Frauen habe ich genau verfolgt, um unsere Feindin (Maria) zu finden, die wir im Himmel kennen gelernt haben. Keine Anzeichen künden mir, dass sie geboren ist. Keine von allen Frauen hat jene Eigenschaften, die die Mutter des Messias nach meinem Urteil haben müsste. Ein Mädchen, das ich wegen seiner hohen Tugenden fürchtete und im Tempel verfolgte, ist bereits ver- heiratet. Sie kann also die Gesuchte nicht sein, denn Isaias hat gesagt, dass sie Jungfrau sein werde. Trotzdem fürchte und hasse ich sie. Da sie tugendhaft ist, könnte von ihr die Mutter des Messias oder ein großer Prophet geboren werden. Bis jetzt konnte ich sie noch nie überwinden, und ich verstehe von ihrem Leben weniger als von dem der andern. Sie hat mir immer unüber- windlichen Widerstand geleistet. Sie schwindet mir leicht aus dem Gedächtnis, und wenn ich mich ihrer erinnere, so kann ich ihr nicht recht nahe kommen. Ich weiß nicht, ob diese Ver- gesslichkeit geheimnisvoll ist, oder ob sie von der Verachtung kommt, die ich gegen ein armseliges Weib hege. Ich werde darüber nachdenken. In diesen Tagen hat sie mir zweimal Befehle erteilt. Wir konn- ten der Gewalt der Hoheit nicht widerstehen, mit der sie uns aus jenen von uns besessenen Personen vertrieb. Das ist aller Beachtung wert, und wegen eines solchen Auftretens gegen mich verdient sie meinen Zorn. Ich beschließe also, sie zu ver- folgen und zu unterwerfen. Ihr werdet mich mit allen euren Kräften und eurer ganzen Verschlagenheit unterstützen. Wer sich in diesem Kampf auszeichnet, wird von meiner großen Macht bedeutende Belohnung erhalten.“ Die aufmerksamen höllischen Rotten lobten und billigten Luzi- fers Pläne. Sie sagten, er möge nicht fürchten, dass seine Tri- umphe durch jenes Weib zerstört oder vermindert würden, da seine Macht so groß und ihm beinahe die ganze Welt un- terworfen sei. 27. Sie überlegten, wie sie die heiligste Jungfrau verfolgen könnten, die sie als eine Frau von ausgezeichneter Tugend und Heilig- keit, nicht aber als die Mutter des menschgewordenen Wortes erkannten. Dann folgte für Maria ein langer Kampf mit Luzifer und seinen Dienern der Bosheit. Sie sollte oft dem höllischen Drachen den Kopf zertreten. Gott kann Satan immer bezwingen und niederhalten, allein Er ordnet alles in einer Weise, die Seiner unendlichen Güte am besten entspricht. Darum verbarg der Herr diesen Feinden die Würde Mariä, die wunderbare Art ihrer Mutterschaft und ihre jungfräuliche Unversehrtheit, vor und nach der Geburt des göttlichen Kindes. Auch erkannten die bösen Geister die Gott- heit Christi vor Seinem Tod nicht mit zweifelloser Sicherheit. Erst von da an verstanden sie viele Geheimnisse der Erlösung, über die sie sich getäuscht und geirrt hatten. Sie verstanden nie das Geheimnis der Demut des Erlöses. Ihr aufgeblasener Stolz verblendete sie. 28. Luzifer will das Erlösungswerk verhindern. Seit der Menschwerdung des göttlichen Wortes konnte Luzifer seine tyrannische Herrschaft auf der Welt nicht mehr so unge- stört ausüben wie in den früheren Jahrhunderten. Schon in der Stunde der Verkündigung fühlte dieser stark Bewaffnete eine andere stärkere Macht, die ihn überwältigte und nieder- schmetterte. Dasselbe widerfuhr ihm, als das Jesuskind und seine Mutter in Ägypten einzogen. Noch bei vielen anderen Gelegenheiten war der höllische Drache von Maria durch ü- bernatürliche Macht überwunden worden. Nun begannen die ungewöhnlichen Werke Jesu. Das alles zu- sammen flößte der alten Schlange unsägliche Angst und Be- sorgnis ein, es möchte sich eine andere große Macht auf Erden befinden. Doch das Geheimnis der Erlösung war dem in seiner Wut ver- blendeten Luzifer so verborgen, dass er die Wahrheit nicht entdecken konnte, obschon er seit seinem Sturz vom Himmel immer in Unruhe und auf der Lauer gewesen war, um auszu- forschen, wann und wie das ewige Wort Fleisch annehmen würde. Dieses Wunderwerk flößte seinem Stolz am meisten Furcht ein. Darum hatte er so oft Ratsversammlungen gehal- ten. Bestürzt über das, was ihm und seinen Dienern von Seiten Jesu und Mariä begegnet war, dachte er nach, mit welcher Macht diese ihn zurückgeworfen und überwältigt hatten. Er vermochte das Geheimnis nicht zu ergründen. Er beschloss, seine höchsten, in Bosheit und Arglist am meisten hervorragenden Diener der Finsternis zu Rate zu ziehen und ließ ein ganz furchtbares Gebrüll in der Hölle vernehmen. - Das Zeichen, wodurch die bösen Geister sich gegenseitig ver- ständlich machen. - Nachdem sie alle versammelt waren, sprach er: „Meine Diener und Gefährten, die ihr allzeit meiner gerechten Partei gefolgt seid, ihr wisset wohl, dass wir in dem ersten Stande, in dem der Schöpfer aller Dinge uns versetzte, Ihn als den Urheber unseres Daseins anerkannten und ehrten. Da Er aber mit Hintansetzung unserer gottähnlichen Schönheit und Erhabenheit uns das Gebot gab, die Person des Wortes in der menschlichen Gestalt, die es annehmen wollte, anzubeten und ihr zu dienen, haben wir uns Seinem Willen widersetzt. 29. Ich wusste, dass diese Ehre Ihm als Gott gebühre. Da Er aber zugleich Mensch sein sollte, also von einer gerin- gen, tief unter uns stehenden Natur, so konnte ich es nicht er- tragen, Ihm unterworfen zu sein, da mir verweigert wurde, was Gott für diesen Menschen tun wollte. Und nicht nur die- sen Menschen anzubeten hat uns Gott geboten, sondern auch ein Weib als Herrin anzuerkennen, das ein bloß irdisches Ge- schöpf und Seine Mutter sein sollte. Diese so beleidigende Zu- rücksetzung haben wir alle tief empfunden. Wir haben uns widersetzt und diesem Befehle widerstanden. Dafür wurden wir mit dem unglücklichen Zustand und den Qualen gestraft, die wir jetzt tragen. Wir kennen diese Wahrheiten und beken- nen sie hier unter uns mit Beben. Doch vor den Menschen dürfen wir das nicht tun, dies ver- biete ich euch, damit sie nicht unsere Unwissenheit und Schwäche erfahren.“ „Wenn aber jener Gottmensch und Seine Mutter uns verderben sollen, so wird Ihre Ankunft in der Welt unsere größte Qual und unser größtes Unglück sein. Darum muss ich all meine Macht aufbieten, sie zu vernichten, müsste dabei auch die ganze Welt zugrunde gehen. Ihr kennt die bisherige Unüberwindlichkeit meiner Macht. Ein so großer Teil der Welt gehorcht mir und ist meinem arglistigen Willen unterworfen. Doch seit einigen Jahren seid ihr bei vielen Gele- genheiten überwunden worden und sind eure Kräfte ge- schwächt. Ich selbst verspürte eine höhere Macht, die mich bindet. Schon einige Male habe ich mit euch die ganze Welt durchstreift, um zu sehen, ob in ihr etwas Neues zu finden sei, dem unsere Niederlage zuzuschreiben wäre, oder ob etwa der verheißene Messias gekommen sei. Wir haben Ihn auf der ganzen Erde nicht gefunden und ent- deckten nicht einmal sichere Zeichen Seiner Ankunft, nämlich die Pracht und das Aufsehen, mit denen Er unter den Men- schen auftreten wird. Trotzdem fürchte ich, die Zeit könnte nahe sein, dass Er vom Himmel auf die Erde kommen wird. Wir wollen Ihn samt dem Weibe, dass Er zu Seiner Mutter er- wählen wird, mit großer Wut vernichten. Wer darin mehr leis- tet, dem werde ich zum Dank größere Belohnungen erteilen. Bis jetzt finde ich an allen Menschen Sünden und Wirkungen der Sünde. Nirgends entdecke ich die Majestät und Größe, in der sich der menschgewordene Gott den Menschen offenbaren wird, um sie zu bewegen, Ihn anzubeten und Ihm Opfer dar- zubringen. An diesem unfehlbaren Zeichen werden wir Ihn erkennen, aber auch an Seiner Sündenlosigkeit.“ 30. „Meine Verwirrung ist jetzt zu groß,“ fuhr Luzifer fort. „Wenn das ewige Wort noch nicht in die Welt gekommen ist, so weiß ich die Ursache der außerordent- lichen Dinge, die wir erfahren, nicht zu finden. Ich kenne die Kraft nicht, die uns niederschmettert. Wer hat uns aus Ägyp- ten verjagt? Wer hat die Tempel und Götzenbilder dieses Lan- des umgestürzt, in denen wir von allen Bewohnern angebetet wurden? Wer überwältigt uns jetzt in Galiläa und in der Um- gegend und hindert uns, manche Sterbende ins Verderben zu bringen? Wer bewirkt, dass sich so viele von ihren Sünden und unserer Herrschaft losmachen, und dass andere tugendhafter werden und vom Reiche Gottes sprechen? Geht es so fort, so kann durch diese unbekannte Macht großes Verderben über uns kommen. Wir müssen dem vorbeugen und aufs neue nachforschen, ob es in der Welt einen großen Propheten oder Heiligen gibt, der uns zu vernichten beginnt. Ich entdecke keinen, dem solche Kraft zuzuschreiben wäre. 31. Nur gegen jenes Weib (Maria), unsere Feindin, trage ich tödlichen Hass, besonders seit wir sie im Tempel und später in ihrem Haus zu Nazareth verfolgt haben. Immer wurden wir von der sie schützenden Kraft besiegt und niedergeschmettert. Unserer Bosheit überlegen, hat sie uns unüberwindlichen Widerstand geleistet. Nie gelang es mir, ihr Inneres zu durchschauen oder ihrer Person etwas anzutun. Sie hat einen Sohn (Jesus). Als dessen Vater starb (Josef), stand sie mit ihm dem Sterbenden bei. Wir alle aber konnten ihnen nicht nahen. Es sind arme, verachtete Leute, sie ist ein unbekanntes, schwa- ches Weiblein. Doch steht es zweifellos fest, dass Sohn und Mutter gerecht sind. Ich wollte sie immer zu den gewöhnli- chen Lastern der Menschen verleiten, allein ich konnte bei Ih- nen nie die geringste ungeordnete Regung hervorrufen. Ich sehe wohl, dass der allmächtige Gott mir den Stand dieser bei- den Seelen verbirgt. Dem liegt sicher irgendein Geheimnis ge- gen uns zu Grunde. Wenn aber dieser Mensch auch nicht der Messias ist, so sind Mutter und Sohn jedenfalls Gerechte und unsere Feinde. Das ist Grund genug, sie zu verfolgen und a
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