Papst kritisiert Schweigen zu Verbrechen gegen Christen
"Sie sind die Märtyrer von heute" - Erster Jahrestag der Flucht Tausender Christen vor IS-Milizen in der Ninive-Ebene
Vatikanstadt, 06.08.2015 (KAP) Papst Franziskus hat angesichts der Gewalt gegen Christen in aller Welt, vor allem im Nahen Osten, ein Schweigen der Welt kritisiert. "Ich erneuere meinen Wunsch, dass die Internationale Gemeinschaft nicht stumm und untätig bleibt angesichts solcher unakzeptabler Verbrechen", schreibt er in einem am Donnerstag vom Vatikan veröffentlichten Brief an den Patriarchalvikar für Jordanien, Bischof Maroun Lahham. Neben anderen religiösen Minderheiten würden vor allem Christen vor den Augen der ganzen Welt zu Opfern von Fanatismus, Intoleranz und Verfolgung. "Sie sind die Märtyrer von heute, gedemütigt und diskriminiert wegen ihrer Treue zum Evangelium", so Franziskus. Mit seinem Schreiben wolle er erneut ein Zeichen der Nähe und Solidarität mit den Verfolgten und den Hunderttausenden Flüchtlingen setzen, schreibt der Papst. Viele von ihnen leben in Lagern in Jordanien und somit in Lahhams Zuständigkeitsbereich. Die Kirche vergesse sie nicht, so Franziskus. Ausdrücklich dankte er auch den Helfern und Gemeinden, die sich der notleidenden Menschen annehmen. Übergeben wurde das Schreiben vom Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz, Bischof Nunzio Galantino. Er besucht Jordanien von Donnerstag bis Sonntag und trifft sich dabei unter anderem mit Flüchtlingen aus dem Irak. Ein Jahr IS-Angriff in Ninive-Ebene In der kurdischen Region des Irak, aber auch in anderen Gebieten, wohin es christliche Flüchtlinge verschlagen hat, wurde unterdessen am Donnerstag der dramatischen Flucht der Christen aus der Ninive-Ebene vor genau einem Jahr gedacht. Am 6./7. August 2014 hatten IS-Milizen mit Angriffen gegen christliche Dörfer in der Region begonnen, nachdem sie zuvor die Stadt Mosul angegriffen hatten. Mehr als 120.000 Christen mussten Hals über Kopf fliehen. Sie leben seither als meist mittellose Flüchtlinge inner- oder außerhalb des Irak. Das internationale katholische Hilfswerk "Kirche in Not" erinnerte am Donnerstag mit einer weltweite Gebetsaktion an die dramatischen Ereignisse. Im Vorfeld hatte auch der chaldäische Patriarch von Babylon und Vorsitzende der Irakischen Bischofskonferenz, Louis Raphael I. Sako, hat den Papst und die Bischöfe der Weltkirche aufgerufen, gemeinsam für die Flüchtlinge in der Ninive-Ebene zu beten. In der Region sind "Kirche in Not" wie auch mehrere andere katholische Hilfswerke aktiv, um den christlichen Flüchtlingen des Irak auf vielfältige Weise zu helfen. Im Fokus steht dabei die Unterbringung und Versorgung der Menschen, aber auch die Einrichtung von Schulen für Flüchtlingskinder. "Tag der Trauer und der Rettung" "Der 6. August ist ein Tag der Trauer, aber auch der Tag, an dem uns Gott gerettet hat. Schließlich sind wir noch am Leben. Vergessen können wir nicht, was geschehen ist. Wir werden Gott aber bitten, den Tätern zu vergeben und ihr Denken zu verändern", zitierte "Kirche in Not" am Donnerstag in einer Aussendung den chaldäischen Priester Douglas Bazi, der das Mar Elia-Centre in der Kurdenhauptstadt Erbil leitet, wo viele der Flüchtlinge leben. Mittlerweile sei das Leben im Mar Elia-Centre wohl organisiert. So böten etwa Wohncaravans 130 Familien ein würdevolleres Zuhause. Viele Familien hätten auch richtige Wohnungen gefunden und seien umgezogen, so Bazi. "Ich versuche die Leute, vor allem die Jugendlichen, zu beschäftigen. Wir bieten Sprachkurse an. Die Kinder erlernen auch Instrumente oder den Umgang mit dem Computer. Aber sie fragen mich: Was kommt als Nächstes? Das macht mir Angst. Vielleicht weiß ich es bald selbst nicht mehr. Und was dann?", fragt sich der Priester: "Die Leute verlieren jeden Tag mehr, die Hoffnung, zurückzukehren. Ich bin aber überrascht, wie ruhig die Menschen dennoch sind."
Dieser Text stammt von der Webseite http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/71659.html des Internetauftritts der Katholischen Presseagentur Österreich
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