12.08.2015 15:10 Eucharistie und Ehesakrament
In beeindruckender Dichte legt der Theologe Leo Scheffczyk die Lehre der Kirche dar – Die Ausführungen des 2005 verstorbenen Kardinals sind auch heute aktuell
Leo Kardinal Scheffczyk wurde am 21. Februar 1920 in Beuthen, Oberschlesien geboren und starb am 8. Dezember 2005 in München. Papst Johannes Paul II. berief den renommierten Dogmatiker 2001 in das Kardinalskollegium. kna
http://www.die-tagespost.de/Eucharistie-...t;art456,162851
Die folgende Abhandlung hat zum Kernanliegen, die Frage des Eucharistieempfangs für geschiedene Wiederverheiratete dogmatisch zu prüfen. Leo Scheffczyk sie erstmals 1976 und nahm sie dann 1980 in den zweiten Band seiner Gesammelten Schriften zur Theologie (Glaube als Lebensinspiration, Johannes-Verlag Einsiedeln, Seiten 171-193) auf. Der zeitliche Abstand von fast 40 Jahren zeigt, dass die Diskussionslage in vielem dieselbe geblieben ist. Scheffczyks Ausführungen haben an Aktualität nichts eingebüßt und bieten eine tiefgründige theologische Begründung für den Standpunkt der Kirche. Besonders bereichernd bleiben Scheffczyks Gedanken darin, dass überhaupt die Ebene geklärt wird, auf der die Wirklichkeit der sakramentalen Ehe angesiedelt ist: Es ist der übernatürliche Glaube der Kirche. Die Konsequenzen für den Stellenwert des Gewissens und jeglicher praktischer Erwägungen, die Scheffczyk zur Sprache bringt, werden heute vielfach zu wenig beachtet. Die Abhandlung wird hier ungekürzt wiedergegeben. Ausdrücke, die einer breiteren Leserschaft weniger zugänglich sind, werden in zusätzlichen Fußnoten kurz erklärt. I. Der zeitnahe Anlass der Frage Zu den Problemen, die in dem gegenwärtigen Wandlungsprozess der Kirche eine besondere Dringlichkeit angenommen haben, zählen die Fragen bezüglich des Sakramentes der Ehe. (1) Dass die Fragen in diesem Bereich besonders dringlich werden, hat einen einsichtigen Grund: Die Ehe ist nämlich jenes Sakrament, das am tiefsten in die biologischen, geschichtlichen und sozialen Gegebenheiten des menschlichen Daseins hinabreicht. Unter dieser Rücksicht ist das Ehesakrament als das "natürlichste" aller Sakramente zu verstehen, weil in ihm ein menschlicher Lebensvollzug selbst (unter Einschluss wesentlicher anthropologischer, soziologischer und rechtlicher Bezüge) zum Zeichen einer besonderen Gnade erhoben wird. Unter dem Eindruck der "Geschichtlichkeit" (2) aller natürlichen Ordnungen und Situationen kann sich leicht die Annahme einstellen, dass das ganze Sakrament einem Wandel unterworfen sei, der ein verändertes Verständnis seines Wesens und seiner Wesenseigenschaften zutage fördern müsse. (3) Etwas von diesem Wandel ist auch im Bereich ökumenischer Fragestellungen bezüglich des Gegenstandes festzustellen, wo unter der zunächst unverfänglich erscheinenden Behauptung, dass die Ehe ein Sakrament "sui generis" (3a) sei, die Auffassung von dem bereits überwundenen Gegensatz in der Ehelehre der christlichen Kirchen propagiert wird. (4) Wenn man einerseits die tiefreichende Natürlichkeit dieser menschlichen Ordnung gewahrt, andererseits an ihrem übernatürlichen Charakter als eines Sakramentes festhält, wird man von der Ehe auch umgekehrt sagen können, dass sie eigentlich das geheimnisvollste Sakrament sei; denn eine so intensive Bindung der Gnadenwirklichkeit an die Natur, eine so innige Vereinigung des sichtbaren natürlichen mit dem unsichtbaren übernatürlichen Leben bedeutet für das gläubige Denken, welches um das "ganz andere" des Göttlichen weiß, tatsächlich eine ähnliche Herausforderung wie etwa das Geheimnis der Menschwerdung Gottes selbst, das ja nicht von ungefähr im Hintergrund auch des Ehesakramentes steht. (5) Dieses Geheimnis droht dem von der einen, monistisch verstandenen Wirklichkeit (5a) überzeugten Menschen (6) so vom "Natürlichen" überdeckt oder verstellt zu werden, dass es als Mysterium nahezu entschwindet. Dem entspricht in der gegenwärtigen Glaubenssituation ein weitgehend geschwundenes Verständnis für die besondere Sakramentalität und die Unauflöslichkeit der christlichen Ehe. (7) Dieser Ausfall sakramentalen Denkens muss sich in den konkreten Fällen besonders bemerkbar machen, wo es um die mit der menschlichen Wirklichkeit der Ehe gegebenen Grenzprobleme geht. Ein solcher Grenzfall liegt heute im besonderen in der Frage der Zulassung geschiedener Wiederverheirateter zu den Sakramenten vor. Wenn man die Vielzahl der Stellungnahmen überblickt, (8) so gehen dem Betrachter an der Diskussion zwei charakteristische Merkmale auf: ihr weithin pragmatischer Charakter und (damit zusammenhängend) die überstarke Tendenz zur Herbeiführung einer praktischen Lösung, die sich aus dem hier zum Zuge kommenden lebensmäßigen Interessendruck verstehen lässt, aber damit noch nicht legitimiert ist. Dabei treten neben den pastoral-theologischen Begründungen (die gelegentlich nur noch als pastoral, aber kaum noch als theologisch zu erkennen sind) dogmatische (8a) Beweisführungen weithin zurück. Für den Dogmatiker selbst wird dieses Verfahren in jenen Fällen besonders problematisch, in denen von den Befürwortern einer neuen, milderen Praxis der Kirche vorausgehend der Grundsatz geltend gemacht wird: An der Unauflöslichkeit der Ehe ist nicht zu rütteln! Weil dieser dogmatische Glaube unangegriffen feststehe, brauche – so meinen die betreffenden Autoren – die Unauflöslichkeit der Ehe nicht mehr erörtert zu werden. Die neue Praxis solle deshalb auch nicht als Ausnahme von dem göttlichen Recht der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe angesehen werden, sondern nur als ein barmherziges Entgegenkommen der Kirche in menschlichen Härtefällen. Diese Argumentation ist aber aus vielerlei Gründen angreifbar. Hinter ihr steht die Auffassung, dass eine Lösung, die an der Unauflöslichkeit der Ehe verbal festhält, dem Glauben der Kirche nicht mehr widersprechen könne. Hier wird nicht mehr mit der Möglichkeit gerechnet, dass eine praktische Lösung oder Regelung der zuvor festgehaltenen Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe durchaus widersprechen und sie aushöhlen könne. Es ist, als wenn mit einer rein formalen Absichtserklärung am Anfang der Problemerörterung die dogmatische Stringenz des Ergebnisses schon gesichert werden solle. Man beachtet hierbei nicht, dass selbst aus wahren Prämissen bei Nichteinhaltung der Folgerichtigkeit durchaus ein falscher Schluss zustande kommen kann. Aber man setzt bei einem solchen Anfang (mit einer verbalen Behauptung der Unauflöslichkeit der Ehe) auch voraus, dass es heute einen ungebrochenen Glauben an die Sakramentalität und Unauflöslichkeit der Ehe gebe und dass das theologische Denken diesbezüglich alle Implikationen und Konsequenzen schon erfasst hätte. Weil man sich des dogmatischen Befundes dieser Art völlig sicher weiß, kommt es am Schluss angesichts der gefundenen praktischen Lösungen häufig auch gar nicht mehr zu der Rückfrage, ob das Ergebnis dem dogmatischen Befund entspricht, was z.T. daraus zu erklären ist, dass man das Gewicht dieses Befundes, seine Folgenschwere und auch seine Strenge nicht bedacht hat. Deshalb wäre bei der Erstellung aller solcher Lösungen im Nachhinein erst noch einmal zu prüfen, ob sie sich wirklich aus der dogmatischen Wahrheit ableiten lassen und durch sie gedeckt sind. Aber methodisch am einwandfreiesten wäre ein Vorgehen, das mit der Erörterung der dogmatischen Wahrheit über die Sakramentalität der Ehe und ihrer Konsequenzen hinsichtlich der Wesenseigenschaften beginnt. Bei einem solchen Vorgehen könnte sich freilich ergeben, dass die Möglichkeiten zu wirklichen Lösungen solcher Grenzprobleme auf dem Boden eines ungeschmälerten dogmatischen Glaubens geringer und subtiler sind, als sie einem experimentierenden Denken vorschweben. Aber dadurch könnten die Bemühungen um solche Lösungen, deren Angemessenheit und Bedeutung nicht bestritten werden soll, von vornherein der Gefahr eines gewissen kirchlichen Irrealismus entzogen werden. Vor allem aber könnte am Ende der Verdacht ausgeschlossen werden, dass mit der verbalen Behauptung der Unauflöslichkeit der Ehe und der "milderen kirchlichen Praxis" doch eine gewisse "doppelte Wahrheit" etabliert werde, bei welcher Theorie und Praxis nur noch vordergründig zusammenzuhalten sind. 2. Geschichtliche Voraussetzungen Die hier beabsichtigten Überlegungen haben einen dogmatischen Skopus und verfolgen nur die begrenzte Absicht, aus dem Zusammenhang der sakramentalen Wirklichkeiten "Eucharistie", "Ehe" und "Kirche" (gleichsam aus dem "nexus mysteriorum inter se") (9) eine Einsicht in die theologischen Gründe der Unauflöslichkeit der Ehe zu vermitteln, die auch in Grenzfällen grundsätzlich nicht aufgegeben werden kann (es sei denn, die Begründung hätte in demselben dogmatischen Zusammenhang ihren Anhalt). Trotzdem soll der "traditionsgeschichtliche"9a Hintergrund der dogmatischen Erörterung wenigstens andeutungsweise umschrieben werden, und dies in der zugegebenermaßen mehr negativ-sichernden Absicht, dass den dogmatischen Erhebungen nicht gravierende Argumente aus der Tradition entgegengehalten werden. Da die glaubensverbindliche Tradition selbst eine dogmatische Instanz ist, müsste ein aus ihr erhobener gegenteiliger Befund natürlich den dogmatischen Beweis erschüttern. Wegen der hier vorgenommenen Begrenzung auf den eigentlich dogmatisch-systematischen Aspekt soll aber die geschichtliche Problematik nur auswahlweise und an jenen Punkten aufgegriffen werden, wo sie schwierig ist und dem dogmatischen Befund gewisse Widerstände zu bieten scheint. Was das Neue Testament selbst angeht, so ist es für das in Frage stehende Problem der Zulassung geschiedener Wiederverheirateter zur Eucharistie nicht direkt und unmittelbar heranzuziehen. Jedoch ist die Tatsache nicht zu übergehen, dass die synoptischen Jesusworte über Ehe- und Ehescheidung (Mk 10,2-12; Mt 5,27-32; 19,3-12; Lk 16,18) durchaus bestimmt gehalten sind und eine entschiedene Forderung nach der Unauflöslichkeit der Ehe in der neuen Heilszeit an sich tragen. Obgleich natürlich auch hier Unterschiede in der Interpretation dieser Texte aufleuchten, sind doch manche entschärfenden Deutungen, die etwa nur an ein "theologisches Postulat" (10) Jesu denken oder an einen "Appell", dessen Erfüllung "dem gläubigen Gewissen überlassen" (11) bleibt, oder an einen Aufruf zur "freien Treue"‚ (12) als unzureichende Erklärungsvorschläge anzusehen, welche Vorstellungen der eigenen Zeit und Situation in die Texte hineintragen. (13) Es gibt aber auch hier bemerkenswert positive Urteile, wie etwa bei R. Schnackenburg bezüglich der entscheidenden Markusaussage (Mk 10,11f.) deutlich wird: "… Markus hat das Ehescheidungsverbot Jesu auf die Verhältnisse der heidenchristlichen Gemeinde angewendet und damit zu verstehen gegeben, dass er das Wort Jesu in einem strikten Sinn, als wirkliches, in den Verhältnissen dieser Welt zu Verwirklichendes Gebot Jesu auffasst." (14) Problematischer scheint die Situation bezüglich der Deutung der sogenannten "Unzuchtklauseln" beschaffen zu sein (Mt 5,32; 19,9), bei deren Interpretation die Meinungen bezüglich des Grundes für die faktische Lösung eines ehelichen Verhältnisses auseinandergehen. Auch wenn man sich dogmatisch die Lösung nicht dadurch erleichtern sollte, dass man hier (mit manchen Exegeten) alles auf die Einfügung durch Matthäus abstellt, die eben nicht von Jesus stamme, so ist doch die Auffassung durchaus begründbar, dass "jedenfalls von Matthäus keine wirkliche Ausnahme vom Ehescheidungsverbot beabsichtigt" (15) war, auch wenn man sich nicht auf die dazu sehr passende Theorie von H. Baltensweiler (16) beruft. Auch das paulinische Zeugnis ist nicht als Gegeninstanz zu verstehen. (17) Auch wenn bezüglich der Deutung der neutestamentlichen Ehegebote manche Interpretationsprobleme bestehen bleiben, so ist das ein normaler Befund, der mit dem Wesen der historisch-kritischen Methode zusammenhängt. (18) Sie ist weder dazu geschaffen noch dazu befähigt, endgültige Glaubensentscheide zu treffen und bezüglich der Schrift Glaubensgewissheit zu vermitteln. Das ist die Aufgabe der lehrenden Kirche und ihrer lebendigen Tradition. Der Traditionsbefund scheint aber, besonders im Hinblick auf die ersten Jahrhunderte, eindeutig für eine strenge Unauflöslichkeitsauffassung der Kirche zu sprechen. Demgemäß hat G. Pelland (mit H. Crouzel) darauf aufmerksam gemacht, dass kein vornizänischer (18a) Vater Mt 19,9 zitiert, die Stelle damals offensichtlich also nicht im Sinne einer Milderung der strengen Praxis gedeutet wurde. Diesbezüglich wird hier dann sogar die Vermutung ausgesprochen, dass es sich bei diesem Text um eine Interpolation handeln könne. (19) Ein Problem bietet innerhalb dieses Zeitraums nur eine Aussage des Origenes, der davon spricht, dass einige Bischöfe "gegen das Geschriebene" (!) auf Grund der Matthäusklausel die Praxis der Wiederverheiratung zuließen. (20) Aber es ist bezeichnend, dass der alexandrinische Theologe diese Praxis nicht etwa theologisch rechtfertigt, sondern sie nur menschlich verständlich findet. Im griechischen Bereich, in dem die Entwicklung etwa seit dem 4. Jh. eine andere Richtung nahm, (21) scheint Epiphanius v. Salamis († 403) in der Frage der Wiederverheirateten ein gewisses dogmatisches Entgegenkommen zu zeigen, wenn er von demjenigen, "der sich von seiner Frau wegen Unzucht, Ehebruch oder aus einem anderen Grunde getrennt hat", erklärt, "das Wort Gottes klage ihn nicht an und schließe ihn weder aus der Kirche noch vom Leben aus, sondern dulde sein Verhalten wegen seiner Schwäche". (22) Aber dieses Urteil ist offensichtlich ohne theologische Begründung vorgetragen. (23) Auch die gelegentlich als ein solches Entgegenkommen gedeutete Aussage Basilius' d. Gr. († 379), dass man eine Frau, die mit einem von seiner ersten Frau im Stiche gelassenen Mann zusammenlebt, nicht einfach als Ehebrecherin bezeichnen solle, (24) ist kein Argument für eine neue dogmatische Lehre; denn sonst treten Chrysostomus im Morgenland, (25) genauso wie Ambrosius, (26) Hieronymus (27) und Augustinus (28) im Abendland angesichts der von der kaiserlichen Gesetzgebung herkommenden Schwierigkeiten entschieden gegen die Erlaubtheit einer Ehescheidung und gegen die Ermöglichung einer Wiederverheiratung auf. Im Abendland gibt es davon, soweit zu sehen ist, eine gewisse Ausnahme nur im Ambrosiaster, der im Anschluss an eine offensichtliche Überinterpretation von 1 Kor 7,11 dem von einer ehebrecherischen Frau verlassenen Mann eine Wiederverheiratung zugesteht. (29) Aber die Beschränkung dieser Möglichkeit allein auf den Mann zeigt doch deutlich das Einwirken noch nicht ganz überwundener antiker Vorstellungen, so dass dieser Aussage keine besondere dogmatische Relevanz zukommt. Deshalb darf bis einschließlich zum 5. Jh. das Urteil J. Auers Geltung beanspruchen: "Sonst stimmen Ost- und Westkirche in der Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe überein." (30) Allerdings scheint die nachfolgende praktische Entwicklung zumal im fränkisch-germanischen Bereich seit der Merowingerzeit in der synodalen Praxis Entwicklungen gefördert zu haben, die der dogmatischen Auffassung der ersten fünf Jahrhunderte widersprechen. Während in der Zeit zuvor die Partikularsynode von Elvira (etwa um 303) den Ehebruch als Scheidungsgrund ausschließt und der Frau, die dem zuwiderhandelt, die Kommunion verweigert (DH 117), und das Konzil von Karthago (418) ebenfalls keinerlei Möglichkeit zur Wiederverheiratung (im c. 8) (31) eröffnet, machte sich in der fränkischen Landeskirche naturgemäß der Einfluss der alten Stammesgesetzlichkeit geltend, die in ihrer Pragmatik Ehescheidung und Wiederverheiratung nicht ausschließen konnte. Diese Pragmatik drang auch in die (nicht als offizielle Schriften der Kirche anzusehenden) Pönitentialbücher ein. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass einige fränkische Synoden (u.a. die Synoden von Agde [506], Verberie [756], Compiègne [757]) sich unter dem Druck der Verhältnisse den staatlichen Gepflogenheiten anpassten. (32) Aber dass hier keine dogmatischen Überzeugungen bestimmend waren, zeigt in der Folgezeit das beharrliche Bemühen um die Reform dieser Missbildungen gemäß der abendländischen Tradition und dem römisch-kirchlichen Recht, das vor allem in der Karolingerzeit auch auf synodaler Ebene zum Erfolg führte (Friaul 796, Paris 829). (33) Symptomatisch für diese Entwicklung ist der Streitfall zwischen Papst Nikolaus I. († 867) und König Lothar II. († 869), in dem jener unter dramatischen Umständen (die sogar die Absetzung der Erzbischöfe von Köln und Trier einschlossen) die alte kirchliche Lehre und Disziplin verteidigte. (34) Überblickt man diese Entwicklungen, (35) so wird man zwar nicht die großen Schwierigkeiten übersehen können, die sich der Durchsetzung der kirchlichen Lehre in der Praxis entgegenstellten. Aber auf keinen Fall wird man daraufhin der von manchen konstruierten "Traditionslinie" für eine mildere Praxis zustimmen können, die angeblich als schwächere Parallele neben der "amtlichen" und eindeutigen Linie einherging. Im Lichte dieser Entwicklung ist dann auch (unter Übergehung der nicht problematischen lehramtlichen Zeugnisse von Innozenz I. [† 417] bis zum Armenierdekret von 1430 [DH 1327]) der heute vielerörterte Befund des Tridentinums in Sess. XXIV c. 7 zu interpretieren. Die ausgiebig geführte Diskussion, in der bis auf weiteres die Argumente beider Seiten ausgeschöpft erscheinen, (36) hat ein Ergebnis zutage gefördert, das, rein unter geschichtswissenschaftlichem Aspekt betrachtet (und abgesehen von dem Urteil des Glaubens, das mit dem Ergebnis der historischen Forschung nicht einfach identisch ist), einer restriktiven Deutung des c. 7 wenig Anhalt bietet. Die Auffassung, dass das Tridentinum die Unauflöslichkeit der Ehe nicht definiert, sondern nur die Leugner der kirchlichen Disziplinargewalt über die Ehe habe ausschließen wollen, (37) ist mit der Berufung auf das "iuxta evangelicam et apostolicam doctrinam" (37a) nicht vereinbar. Eine gewisse verbleibende Unschärfe bezüglich der vom Konzil verwandten Terminologie von "Häresie" und "Dogma" erlaubt nicht den Schluss‚ dass hier vom Konzil nur die Forderung nach einer "fides ecclesiastica" erhoben worden wäre. (38) "Der Verlauf der Debatte um den Zusatz zu 'ecclesiam errare' (38a) in Can. 7‚ die stets unangefochten gebliebene Forderung des Can. 5 und die Begründung der Unauflöslichkeit der Ehe im Proömium sprechen dafür, dass das Konzil diese als eine in der göttlichen Offenbarung begründete Lehre der Kirche betrachtete." (39) Auch die neuerdings eingeführte Unterscheidung, wonach das "iuxta evangelicam et apostolicam doctrinam" (im Zusammenhang mit der Tatsache der Nichtverurteilung der griechischen Praxis gesehen) nur die Schrift- und Offenbarungsgemäßheit der katholischen Lehre behaupte, aber die Schriftgemäßheit einer anderen Auffassung nicht negiere, ist zwar formal zutreffend. Aber es ist falsch, daraus zu folgern, dass es noch eine andere schriftgemäße Praxis geben könne; (40) denn dann hätte zunächst historisch betrachtet das Konzil eine Verurteilung der reformatorischen Auffassung nicht vornehmen können (die Reformatoren hätten sich ja auf diese andere, von der Schrift gebotene Möglichkeit berufen und damit die kirchliche Lehre ins Unrecht setzen können). Aber es ist auch theologisch ausgeschlossen, dass die Offenbarung in einer entscheidenden Frage, in der es um einen kontradiktorischen Gegensatz geht (Eingehen einer neuen Ehe bei Ehebruch oder Nichteingehen einer solchen Ehe), mehrere Möglichkeiten offenlasse. Auch die nachfolgende Interpretation des Tridentinums durch die Päpste schließt eine solche Möglichkeit aus. Auch wenn der Traditionsbefund hinsichtlich der Frage nach Unauflöslichkeit und Wiederverheiratung objektiv keinen Grund für die Annahme einer Unsicherheit der Kirchenlehre bietet, so ist damit der theologische Beweis für die innere Stringenz dieser Lehre noch nicht erbracht, der von der Dogmatik zu leisten ist. 3. Dogmatische Grundgedanken aus der Einheit von Ehe – Kirche – Eucharistie a) Es genügt für die Erkenntnis der Sakramentalität der Ehe nicht, sie als im "Grundsakrament (40a) der Kirche verwurzelt" zu bezeichnen, von woher den Eheleuten "die unverbrüchliche Treue Gottes zugesprochen ist". (41) Es ist auch nicht vollauf genügend, zur Erklärung der eigentümlichen Sakramentalität der Ehe darauf hinzuweisen, dass sich in ihr das Leben und Wirken der Kirche verdichte. Unter Ausschöpfung der tiefsten neutestamentlichen Aussagen über die Ehe in Eph 5,21-33 (42) (eine Stelle, die heute bezeichnenderweise nur wenig herangezogen wird) ist vielmehr zu ersehen: Die Ehe bildet das ganze generelle Sakrament "Kirche" nach, sie formt es in spezieller Weise in eine personal-individuelle Geschlechtsgemeinschaft aus. Da das "Ganzsakrament" Kirche aber wesentlich in der mysterienhaften und doch auch zeichenhaften Verbindung zwischen Christus und seinem Leib (den Gläubigen) besteht, ist die Ehe näherhin eine wirklichkeitserfüllte Abbildung dieses Christus-Kirche-Mysteriums. Sie ist "das Bild und die Teilhabe an dem Liebesbund Christi und der Kirche". (43) Ehe ist so nach katholischem Glaubensverständnis eine besondere Ausformung und Ausgliederung der Heilsgemeinschaft zwischen Christus und Kirche. Sie kann deshalb vom Zweiten Vatikanischen Konzil, besonders sofern sie ihre Fruchtbarkeit in der Familie entfaltet, auch als "Hauskirche" (44) bezeichnet werden. Darin tritt der ekklesiologische Charakter der Ehe hervor, der im Vergleich zur ekklesiologischen Bedeutung der anderen Sakramente einzigartig ist; denn kein anderes Sakrament ist in seiner Struktur ein zwischenmenschlicher, personaler Bund. Keines kann deshalb die Vollendung des Erlösungswerkes, die in der bleibenden Vereinigung Christi mit der Kirche besteht, so realistisch und intensiv ausbilden, wie es die Ehe als Gemeinschaft vermag. Unter diesem Aspekt ist sie eine besonders subtile Ausformung der in der Kirche Christi weitergehenden Erlösungswirklichkeit. Diese im Sakrament ausgefaltete Erlösungswirklichkeit kommt wie bei jedem Sakrament "objektiv" zustande, d.h. letztlich durch das Tun Christi, durch welches das sakramentale Geschehen gültig wird, sofern die Empfänger auf dieses Tun mit ihrem Willen eingehen. So ist ein einmal gültig empfangenes Sakrament auf Grund seiner Wirksamkeit "ex opere operato" (44a) immer gültig. Das hat nun für die Ehe, die nicht nur ein "sacramentum in fieri", sondern auch ein solches "in esse" (44b) ist, eine besonders tiefgehende Bedeutung. Die Wirkung Christi bezieht sich im vollen Umfang auch auf die weitergehende Ehe. Dies ist aber nicht allein aus der "objektiven" Wirksamkeit auch dieses Sakramentes zu erweisen, sondern auch aus seiner inneren gnadenhaften Ausstattung, wobei nicht sogleich und ausschließlich an die heiligmachende Gnade als die spezifische gratia sacramentalis (44c) zu denken ist (die tatsächlich auch fehlen kann). Weil nämlich in diesem Sakrament das Abbild der Einheit von Christus und Kirche ausgeformt wird, der Abbildcharakter aber durchaus realistisch als Übertragung des unauflöslichen Verhältnisses Christi zu seiner Kirche verstanden werden muss, ergibt sich daraus als erste Wirkung die Unauflöslichkeit des Ehebandes. Diese stark rechtlich gehaltene Formulierung hat einen durchaus theologisch-heilshaften Sinn. Sie besagt, dass Christus hier dem Bunde zweier Menschen eine objektive Qualifikation mitteilt, die die Ehegatten mit ihrem freien Willen übernehmen. (45) Die Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe resultiert also nicht allein und erstlich aus einem intersubjektiven Geschehen zwischen den beiden Partnern, sondern aus der Schaffung der Gleichbildlichkeit der Christus-Kirche-Einheit, sofern diese von den betreffenden Personen in Freiheit angenommen wird. Es ist nun vonseiten Christi unmöglich, diese Gleichbildlichkeit, die auf der Ebene der Realität von "res et sacramentum" (45a) liegt, jemals zurückzunehmen. Es ist aber genauso unmöglich, dass sie legitimerweise von den Eheleuten zurückgenommen werden könnte. An dieser Stelle gewinnt nun auch der interpersonale Akt des Konsensaustausches (45b) oder des ehelichen Treuegelöbnisses seine anthropologische und theologische Bedeutung. Mit der Notwendigkeit dieses Konsenses und der dahinterstehenden Intention ist zunächst der heute oft erhobene Einwand abgewehrt, dass es für christliche Brautleute einen Automatismus zwischen Ehe und Taufe gebe. Auch ein Getaufter empfängt das Ehesakrament nicht, wenn er keine qualifizierte Intention und keine eindeutige Willenserklärung setzt. Bezüglich der Bedeutung dieses Willensentscheides ist nun ebenfalls zu erkennen, dass er legitimerweise niemals mehr zurückgenommen werden kann und dass die Unauflöslichkeit der Ehe auch "von unten her", d.h. auch anthropologisch begründet ist. Allen personalen Entscheidungen, die den Mitmenschen in seinem Wesen und in seinem Kern betreffen, ist nämlich ein Ausschließlichkeits- und ein Totalitätsmoment eingesenkt, das solche Entscheidungen sittlich unwiderrufbar macht. Die ethische Entscheidung zur totalen Hingabe an den anderen kann weder sachlich noch zeitlich begrenzt sein, sonst wäre sie nicht total. Von hier aus lässt sich auch schon der Widerspruch nachweisen, der in der Behauptung liegt, dass bei einer Wiederverheiratung (immer unter der Voraussetzung des noch lebenden früheren Ehepartners verstanden) ein ethisch gleichwertiger Akt der Hingabe geleistet werden könne wie bei der ersten Eheschließung; denn ein Akt der Totalhingabe an einen Menschen kann nicht ein zweites Mal und nicht gegenüber einem zweiten Menschen geleistet werden. Die Behauptung von der gleichwertigen oder gar tieferen Bindung einer zweiten "Ehe" scheitert am Totalitäts- und Ausschließlichkeitsanspruch des ersten Ehegelöbnisses. So wird eine Verschränkung der Seinsgründe für die Unauflöslichkeit der Ehe sichtbar, in der sich die von der Heilsordnung und von Christus herkommende Motivation mit der aus der anthropologischen Ordnung kommenden Begründung (die ja von vornherein auf die Heilsordnung ausgerichtet ist) innerlich verknüpft. (46) Beide Motivationen sind aus dem Wesen des Christusereignisses und seiner bleibenden Vergegenwärtigung auch im Ehesakrament abzuleiten: Die unauflösliche Entscheidung Christi für die Menschheit und zumal für seine Kirche findet ihre Ausweitung in der Entscheidung zweier Menschen füreinander. An dieser Stelle wird etwas vom Wesen des katholischen Christentums deutlich, zu dem an hervorstehenden Punkten unaufhebbare Entscheidungen gehören, so in der Taufe, im Lebenszeugnis für Christus, aber auch in den sogenannten Standessakramenten des Priestertums und der Ehe. Freilich wird dieser Argumentation heute häufig widersprochen mit dem Hinweis auf die personale Liebe der Eheleute, die zum Wesen der Ehe gehöre und die auch "sterben" könne. (47) Diese Auffassung (die im Grunde in der Kirche, welche die Unauflöslichkeit der Ehe festhalten möchte, nicht diskutiert werden müsste) verkennt jedoch gänzlich den spezifischen Charakter der ehelichen Liebe, die von wesentlich anderer ontologischer Qualität und Dignität ist als sinnliche Zuneigung und seelische Affinität. Diese Liebe ist ein hoher sittlicher Akt der Hingabe an die andere Person in ihrer gottgesetzten Einmaligkeit und Würde. Je höher aber die Qualität und Dignität eines Liebesaktes in der Ordnung der Liebe steht, umso mehr ist dieser Akt mit der Treue zur anderen Person verknüpft. So gehört die Treue zur Substanz der ehelichen Liebe. Sie findet ihren Ausdruck in den Gütern der Ehe (vor allem in der "fides" und im "sacramentum"). (47a) Das ist ein objektiver Ausdruck, der auch dann sittlichen Bestand hat und verpflichtend bleibt, wenn die sinnlich-seelische Zuneigung schwindet. So wichtig die menschliche Liebe für die vollkommene natürlich-übernatürliche Ehe auch ist, so kann sie doch nicht als Wesen der Ehe, zumal nicht der sakramentalen Ehe ausgegeben werden. Sie ist ein integrierender Teil, bei dessen Ausfall das Wesen als solches nicht zerstört wird. Anders würde nicht nur das natürliche Ethos der Ehe verletzt, sondern auch die sakramentale Gabe Gottes in Jesus Christus in die Verfügung der Menschen gestellt, was dem sakramentalen Denken völlig widerspräche. Diese spezifische Ausgliederung (47b) des universalen Christusgeheimnisses "Kirche" ist gewiss nicht als staunenerregendes Wunder göttlicher Heilsmöglichkeiten erdacht. Es hat selbst heilsökonomische (47c) Bedeutung. Es soll das Heil in einer den Menschen besonders angepassten, in der Natur vorgegebenen und wegen ihrer Subtilität besonders verletzlichen (durch die Sünde tatsächlich auch verletzten) Ordnung fortzeugen. Deshalb liegt der Sinn der Ehe nicht in einer zweiten Darstellung des Geheimnisses der Kirche (mit den sich daraus ergebenden Gnadenwirkungen für die Ehepartner), sondern in der Fortführung der Heilswirklichkeit, im Aufbau des Gottesreiches von einzelnen kleinsten Gemeinschaften und Zellen her. So ergibt sich eine innige Verschränkung von Ehe und Kirche, die sowohl seinshaften wie auch tathaften Charakter besitzt: Die Kirche trägt die Ehe seinshaft, indem sie ihr als Urwirklichkeit zugrunde liegt, sie wird aber auch ihrerseits von der sakramentalen Ehe getragen, insofern sie ohne jene eine Vollkommenheit entbehrte. Die Kirche erfüllt die Ehe aber auch tathaft mit der aus ihrer Lebensverbindung mit Christus fließenden Gnade; sie erfährt jedoch auch umgekehrt durch die Ehe eine Vervollkommnung, die dem sich vollendenden Leibe Christi notwendig ist. Ehe und Kirche sind demnach als spezifische "Bundes"- und "Gemeinschaftssakramente" in einer unzertrennbaren Weise ineinander verschränkt. Das Band, das Christus und die Kirche umschließt, schlingt sich in Form einer verkleinerten Schleife auch um die Ehe. Das hat nun eine einschneidende Konsequenz für die faktisch aufgegebene Ehe. Wenn die Gemeinschaft zerstört ist (was in formeller Weise durch eine Wiederverheiratung geschieht), reißt beim katholischen Christen auch das [sakramentale] Band zur Kirche (im Bereich der tätigen Gliedschaft)‚ weil das eine Band wesentlich mit dem anderen zusammenhängt, so dass jede Störung der ehelichen Gemeinschaft sich auch auf die Verbindung mit der Kirche auswirkt. Für den ehelichen Menschen ist deshalb Gemeinschaft mit der Kirche nicht anders möglich als unter grundsätzlicher Wahrung des ehelichen Bandes. b) Das über das Ganzsakrament "Kirche" in seiner Gemeinschaftsstruktur Gesagte empfängt eine weitere Überhöhung durch den Aufweis des inneren Bezuges zwischen Kirche und Eucharistie. Die Kirche kann nach der gesetzten Ordnung nur deshalb als mystisch-zeichenhafte Einheit zwischen Christus und den Gläubigen bezeichnet werden, weil es die Eucharistie und den eucharistischen Leib Christi gibt. Der eucharistische Leib, in dem Christus sich realsakramental der Kirche hingibt, bewirkt erst die vollkommene Einigung der Kirche als dem "mystischen" Leib Christi. Es ist eine ursprüngliche Glaubensüberzeugung der Kirche, dass die Eucharistie die in der Taufe und im Glauben geschlossene Gemeinschaft der Kirche aufs Neue bezeichnet, aber auch von neuem bewirkt. Immer galt die Eucharistie als das "sacramentum unitatis" und als "vinculum caritatis" (48) schlechthin. Das neuerliche Bewirken der Gemeinschaft ist als höchste Steigerung der Einheit der Gläubigen zu verstehen, als intensivstes Zusammenwachsen der Glieder des Leibes untereinander wie mit ihrem Haupt. Die Lebensverbundenheit der Gemeinde muss verständlicherweise ihre höchste Intensivierung in dem Geschehen erfahren, in dem sich Christus als Opfer der Kirche hingibt und die Kirche selbst, mit dem Haupt verbunden, sich ebenfalls zum Opfer darbringt; denn "euer eigenes Geheimnis empfanget ihr. Ihr antwortet Amen zu dem, was ihr selbst seid und unterschreibt es durch diese Antwort." In der Eucharistie wird "das Geheimnis unserer Einheit und unseres Friedens auf seinem Tisch konsekriert". (49) Deshalb ist die Eucharistie nicht nur unter individuellem Aspekt "Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens". (50) Sie wird auch unter sozialem Aspekt zum Brennpunkt des christlichen Daseins, in dem sich alle Linien sammeln und zum höchstmöglichen sichtbaren Ausdruck der Gemeinschaft verbinden. Im Vollzug der Eucharistie wird deutlich, dass die Kirche vorzüglich Kommuniongemeinschaft ist. In diesem Geschehen tritt ihr Gemeinschaftscharakter nicht nur der Intensität, sondern auch dem Umfang nach am vollkommensten in Erscheinung; denn in der Feier der Eucharistie wird die Kirche auch in der Einheit ihrer Ordnungen sichtbar, als Einheit des Glaubens, des allgemeinen und besonderen Priestertums wie als Einheit des Amtes und der Leitung. So ist die Eucharistie der höchstmögliche diesseitige Ausdruck der inneren und sichtbaren (sakramentalen) Einheit der Kirche. Da die Gnade dieser Einheit vom Gläubigen auch die höchstmögliche Disposition erfordert und die fundamentale Einheit mit der Kirche voraussetzt, war es beständiger Glaube der Kirche, dass an dieser Feier weder die Sünder noch die Schismatiker oder Häretiker teilnehmen könnten, ein Gedanke, der heute dort zu verblassen beginnt, wo die Eucharistie in unklarer Weise als ein per se sündentilgendes Sakrament ausgegeben wird. Dagegen ist es eine aus dem Wesensverständnis der Eucharistie kommende Wahrheit, dass nur die würdigen Glieder der Gemeinschaft am Tisch des Herrn teilnehmen können. Deshalb war in der alten Kirchenbuße der Ausschluss von der Eucharistie ein wesentlicher Bestandteil des Bußverfahrens. Aber vor allem galt dieser Ausschluss gegenüber den Häretikern und Schismatikern, die wegen des Mangels an dem rechten Glauben oder der Nichtanerkennung der hierarchischen Führung von der aktiven Kirchengemeinschaft getrennt waren. Es war und ist der Glaube der Kirche, dass das höchste Zeichen der Gemeinschaft, die Eucharistie, von denen nicht gesetzt werden kann, die auf der Ebene des sichtbar Zeichenhaften nicht die fundamentale und volle Kirchengliedschaft besitzen. Derselbe Grundsatz verwehrt es auch, die Eucharistie etwa als Mittel zur Erreichung einer noch nicht vorhandenen höheren Einheit zu benutzen. Das Höchste innerhalb einer Ordnung kann nicht Mittel zum Zweck für etwas angeblich Höheres werden, das es in der sichtbar zeichenhaften Ordnung nicht mehr geben kann. c) Wenn die Eucharistie der höchste Gemeinschaftsakt der Kirche ist, wenn sich die Kirche in ihr gleichsam zusammenfasst und in höchster Konzentration verwirklicht, so gilt das auch für die Kirche als Organismus, der aus vielen Teilorganismen und kleineren Gemeinschaften gebildet ist. Deshalb hat es einen theologischen Grund, wenn kirchliche Teilgemeinschaften (Orden, religiöse Kommunitäten u.ä.) ihr Lebenszentrum in der gemeinsamen Eucharistiefeier suchen; denn als höchstem Gemeinschaftsausdruck eignet der Eucharistie naturgemäß auch die Fähigkeit, jede kirchliche Gemeinschaft (und nicht nur den einzelnen) zu adeln, in ihrer Würde zu erhöhen, in ihrem Bestand zu festigen und zu verinnerlichen. Das gilt in besonderer Weise von einer Gemeinschaft, die selbst im engsten Sinne ekklesiologischen Charakter besitzt, die eine Ausformung des Universalsakramentes Kirche und ein wesensnotwendiges Organ der Kirche darstellt. Deshalb ist die Wesensbeziehung von Eucharistie und Ehe immer gesehen worden. Sie hat auch einen gewissen äußeren Ausdruck gefunden in dem früher geübten Ritus der Eheschließung in Verbindung mit der Brautmesse, dessen heutiges Zurückgehen auch nicht nur auf soziologische Änderungen zurückzuführen ist. Die wesentliche Verbindung, die zwischen Eucharistie und Ehe besteht, kann außer der schon genannten ekklesiologischen Begründung noch mit anderen Argumenten aufgewiesen werden. So besteht eine tief innere Affinität zwischen der Verleiblichung des geistförmigen Christus in der Eucharistie und der Verleiblichung der Liebe in der Ehe, die aus der Kraft des Sakramentes zugleich auch zur Vergeistigung des Leiblichen führen soll. Der Opfercharakter der Vergegenwärtigung Christi prägt sich auch im Opfercharakter der Ehe aus, die so über die Anerkennung des Kreuzes zu einem Heilsgeschehen für die Gatten wie für die Kirche und Welt werden soll. Aus solchen seinshaft ontischen (und nicht nur aszetischen) Gründen hat das Glaubensbewusstsein die Eucharistie immer als den entscheidenden Kraftquell der sakramentalen Ehe betrachtet, aber auch umgekehrt daran festgehalten, dass die sakramentale Ehe zur lebendigen Realisierung des eucharistischen Opfers beiträgt; denn in der sakramentalen Ehe findet sich nicht nur ein realistisch-lebensmäßig erfülltes Abbild der Hingabe Christi an seine Braut, sondern die freud-, aber auch opfervolle Hingabe der Gatten in Ehe und Familie strahlt auch auf die Realität des eucharistischen Opfers der Kirche zurück. In diesem Rückbezug wird das Opfer der Gläubigen von einem bestimmten Stand der Kirche mit lebensmächtiger Realität erfüllt, so dass hier in besonders realistischer Weise ein Stück menschlichen Lebens mitgeopfert wird. So ist gerade die Teilnahme christlicher Eheleute am Opfer der Kirche ein unersetzlicher Beitrag zur lebensmäßigen Realisierung des eucharistischen Opfergeschehens, dessen Ausbleiben die Kirche um einen spezifischen Beitrag ärmer machen müsste. Vor allem aber von der Darstellungsfunktion der Eucharistie lässt sich für die innere Verbindung beider Sakramente ein wesentliches Argument gewinnen. Weil die Eucharistie die Kirche als den Leib Christi insgesamt realsymbolisch bezeichnet und darstellt, muss sie dies auch gegenüber der sakramentalen Ehe tun, zumal wenn die Eheleute selbst am Opfer teilnehmen. Im eucharistischen Opfergeschehen wird dann auch die "Hauskirche", welche die Ehe bildet, als Gnadenzeichen dargestellt, real versinnbildlicht und – weil es sich immer um eine wirksame Darstellung handelt – genauso wie die Kirche aufs höchste konkretisiert, in ihrer Einheit bestärkt und in ihrer Christusverbindung intensiviert. Es ist ein theologisch folgerichtiger Gedanke, dass jenes Geschehen, welches die "Großkirche" zur höchsten Selbstverwirklichung erhebt, auch die "Hauskirche" zu ihrer vollkommensten übernatürlichen Selbstverwirklichung führen muss. Wegen des innerwesentlichen Zusammenhangs von Kirche, Eucharistie und Ehe müssen alle Vorzüge, die das Verhältnis von Kirche und Eucharistie qualifizieren, auch auf das Ehesakrament übertragen werden, und dies nicht in metaphorischem Sinne, sondern in sakramental-seinshafter Weise, die objektiv zur Wirkung kommt, selbst wenn christliche Eheleute um diese Zusammenhänge nur in einer Art von fides implicita (50a) wissen. d) Diese seinshaften Zusammenhänge gelten natürlich nur für die sakramentale Ehe, die in ihrem Bestand unangetastet ist, und nicht für ein nichtsakramentales "eheähnliches" Geschlechtsverhältnis. Von diesem sakramentalen Zusammenhang her kann nun aber auch umgekehrt die innere Unmöglichkeit eines Eucharistieempfanges von geschiedenen Wiederverheirateten erwiesen werden. Die Eucharistie kann keine Geschlechtsgemeinschaft bezeichnen, konkretisieren und festigen, die keine sakramentale Ehe ist. Wenn ihr das faktisch dennoch zugemutet wird, vollzieht sich ein Vorgang, der einer "simulatio sacramenti" (50b) ähnlich ist; denn die Eucharistie kann in diesem Falle das nicht vorhandene Eheband nicht bezeichnen, darstellen oder intensivieren; aber auch die in einer ungültigen "eheähnlichen" Verbindung Lebenden können diese ihre nichtkirchliche Gemeinschaft nicht in der Eucharistie darbringen oder in das Opfer Christi einbeziehen. Es ist auch nicht zu sehen, wie ihnen (oder einem von ihnen) diese Teilnahme an der Eucharistie die Gnade des Sakramentes spenden soll; denn schon nach patristischer Auffassung (Augustinus) ist die letztintendierte Wirkung der "caro Christi" der "spiritus Christi", (50c) d.h. die geistige Gemeinschaft mit Christus und seinem mystischen Leibe. Da aber die betreffenden Menschen die vorausgehende Einheit mit der Kirche nicht besitzen, kann ihnen auch die Vertiefung und Intensivierung der Einheit durch den Empfang der "caro Christi" nichts nützen. Sie empfangen, unter dogmatischer Perspektive gesehen, die "caro Christi" in einem nur materialen Sinne. Einen solchen Empfang kann die Kirche aus dogmatischen Gründen nicht erlauben. Sie würde damit in einem ontologischen Sinn unwahrhaft handeln und die sakramentale Ordnung, die sie in ihrem Wesen nicht ändern kann, umstoßen. 4. Einwände gegen die dogmatische Lehre a) Nun scheint die dogmatische Argumentation an Kraft zu verlieren, wenn sie auf die subjektive Ebene verlagert und mit der persönlichen Situation der betreffenden Gläubigen in Zusammenhang gebracht wird. Hier kann zunächst der Einwand aufkommen, dass die Sünde oder Schuld der zurückliegenden Auflösung der Ehe wie jede Sünde bereut und damit vor Gott aufgearbeitet werden kann, woraus sich dann die Zulassung zur Eucharistie wie von selbst ergibt. Vor allem, wenn zu dieser Reue der gute Vorsatz hinzutritt, allen Schaden bezüglich der menschlich gescheiterten ersten Ehe nach Kräften wiedergutzumachen (auch wenn dies faktisch, wie in vielen anderen Fällen, nicht gelingt), scheint die Disposition für den Kommunionempfang gegeben und die Zurückweisung nicht mehr gerechtfertigt. Aber das eigentliche Problem liegt nicht in dem moralischen Verhältnis des Wiederverheirateten zu seiner ersten Ehe, deren Zerrüttung ja sogar völlig schuldlos zustande gekommen sein kann, so dass gar keine Reue gefordert ist. Die Sünde, die das eigentliche Problem bildet, besteht für einen katholischen Christen in der gegen das Gesetz Gottes und das Gebot der Kirche geschehenen Wiederverheiratung und der Usurpierung einer zweiten Ehe. Nun gibt es freilich auch hier die Möglichkeit einer wirklichen Bereuung und Wiedergutmachung. Diese müsste aber als inneres Wesensmoment die bewusste Abkehr von der gegenwärtigen geschlechtlichen Gemeinschaft in sich schließen, weil nur so das Wesen dieser spezifischen Sünde getroffen werden könnte. Aber die Befürworter der Zulassung zur Eucharistie halten eine solche Konsequenz aus menschlich-psychologischen Gründen für unzumutbar. Sie führen gelegentlich auch ins Feld, dass die Kirche eine solche Forderung gar nicht verantworten könne, weil sie damit die neue eheähnliche Gemeinschaft gefährde. Damit ist aber das Argument von der Möglichkeit einer Reue, die sich auf die in diesem Zusammenhang spezifische Sünde des Eingehens und der Fortführung einer neuen Geschlechtsgemeinschaft bezieht, aufgegeben. Die Behauptung der "Unzumutbarkeit" der Forderung nach Auflösung dieser Gemeinschaft trägt in sich auch die Feststellung der Unzumutbarkeit der für diese bestimmte Sündhaftigkeit geforderten tätigen Reue. Die Kirche, die dieser Argumentation auch nur faktisch nachgeben würde, müsste den theologischen Widerspruch einbeziehen, dass es Kommunionempfang trotz schwerer unbereuter Sünde gibt. b) Ein weiterer Einwand erfolgt aus dem Bereich der Gewissensproblematik. Hier wird behauptet, dass das Gewissen des einzelnen Gläubigen über Sündhaftigkeit oder Rechtheit des neuen ehelichen Verhältnisses und damit auch über den Kommunionempfang entscheiden könne. Hinter diesem Argument verbirgt sich die heute weitverbreitete tiefe Unsicherheit über Wesen und Funktion des Gewissens. Bei der Bestimmung des Wesens und der Funktion des Gewissens ist davon auszugehen und streng im Blick zu behalten, dass es sich beim Gewissen um ein natürliches, aktuelles und subjektives (praktisches) Urteilen handelt. (51) Von der Natürlichkeit des Gewissens her ist die Folgerung unabweislich, dass das Gewissen nicht bezüglich übernatürlicher Wahrheiten und Ordnungen (wozu auch die Ehe gehört) urteilen kann. Bei der Vorlage einer übernatürlichen, geheimnishaften Wahrheit kann zwar ein Urteil über die Sittlichkeit der Annahme erfolgen, d.h. es kann etwa darüber befunden werden, ob die Annahme aus lauteren oder unlauteren Motiven erfolgt. Die Stellungnahme der Glaubenswahrheit gegenüber erfolgt aber im Glauben oder im Unglauben, nicht im Gewissen. Das Gewissen kann die Glaubenseinsicht nur auf der Ebene menschlicher Sittlichkeit konkretisieren und befestigen. Ebenso ist auf den Charakter des Gewissens als aktuelle und subjektive Funktion des praktischen Urteils zu achten. Seine Aktualität ernst nehmend, muss man bezüglich der Eheproblematik folgern: Es kann durchaus den Fall geben, dass sich ein geschiedener Verheirateter beim Eingehen seines neuen "eheähnlichen" Verhältnisses auf einen positiv lautenden Gewissensentscheid stützt und dass er diesen Entscheid "aktuell" dann und wann wiederholt. Sobald ihm aber von der Kirche bedeutet wird, dass dieser Entscheid gegen die natürliche wie gegen die übernatürliche Ordnung verstößt, so tritt beim Festhalten an der eigenen subjektiven Überzeugung etwas völlig Neues zutage: Ein solcher Mensch folgt nicht mehr einem Gewissensspruch, der ja immer nur aktuell ergeht, er folgt einer bleibenden Wertordnung‚ die er für sich als die angemessene erkennt. Wenn die Kirche dieser Haltung stattgeben und die Kommuniongemeinschaft erlauben würde, gäbe es in der Kirche Eheleute, die die Unauflöslichkeit der Ehe mit allen ihren bisweilen bis zur menschlichen Tragik reichenden Konsequenzen um der göttlichen Wertordnung willen festhalten, und andere, die überzeugt einer anderen Wertordnung folgen. Hier stehen sich tatsächlich nicht mehr zwei verschiedene Gewissensentscheidungen gegenüber (was auch schon für das Wesen der Kirche manche peinliche Frage zuließe), sondern zum zwei verschiedene Wert- und Glaubensordnungen. Es stehen sich im Grunde Glaube und Unglaube (oder Glaubensmangel) gegenüber. Die Kirche kann es nicht zulassen, dass in ihr völlig verschiedene Wertordnungen Geltung haben und verschiedene Glaubensauffassungen gleichberechtigt nebeneinander stehen. Es ist dann nicht nur die Gefahr gegeben, dass die leichtere Praxis zahlenmäßig die Oberhand gewinnt, sondern dass aus dem materiellen Unglauben ein formeller wird. Die Kirche könnte sich aber auch bei Gleichstellung des Glaubens mit dem materiellen Unglauben nicht mehr als Gemeinschaft der Glaubenden‚ der an einem Glauben Festhaltenden (vgl. Eph 4,5), bezeichnen. c) Um den menschlich harten Konsequenzen der dogmatischen Lehre zu entgehen, erfolgt in diesem Zusammenhang vielfach der Rekurs auf die "Barmherzigkeit Gottes", die nicht durch die starre institutionelle Ordnung der Kirche gebunden werden könne. Ein ähnlich gehaltenes Argument beruft sich auf die im orthodoxen Bereich verwendete "oikonomia" (Zuteilung; angewandte Barmherzigkeit), ein Begriff, der wegen seiner Unschärfe besser außerhalb der Diskussion bleiben sollte. Was den Rekurs auf die göttliche Barmherzigkeit angeht, so kann er nicht als sakramentstheologisches Argument anerkannt werden. Rein formal schon wäre dagegen geltend zu machen, dass die sakramentale Ordnung insgesamt ein Werk der göttlichen Barmherzigkeit ist und dass sie nicht mit Berufung auf die gleiche göttliche Barmherzigkeit aufgehoben werden kann. Zudem ist gerade nach katholischem Verständnis die Heilsökonomie so geordnet, dass sie immer auch an das Mittun der Menschen, an ihre Disposition wie an gewisse objektive Bedingungen gebunden ist. Eine bedingungslose Berufung auf die göttliche Barmherzigkeit könnte die Existenz einer Heilsordnung und einer Kirche insgesamt zur Bedeutungslosigkeit degradieren. Es ist an dieser Stelle der Erwähnung wert, dass in der patristischen Theologie, und zwar sogar in sakramentstheologischem Zusammenhang, an einem bestimmten Problempunkt ebenfalls die Berufung auf Gottes Barmherzigkeit erfolgte. Das geschah an der Stelle, wo die Kirche mit ihren Mitteln dem Sünder nicht mehr beizukommen vermag, wie im Falle derjenigen, die sich nicht der öffentlichen Buße stellten und womöglich noch kommunizierten. Diese Kirchenglieder überließ die alte Kirche der "harten Barmherzigkeit Gottes" (Augustinus). Das war aber gerade kein Appell an die Kirche zwecks Zulassung zum Sakrament, sondern die Kundgabe eines Vertrauens auf eine (wenn auch harte) außersakramentale Wirksamkeit Gottes in Fällen, wo die sakramentale Ordnung und ihre Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Die heutige Berufung auf die "Barmherzigkeit Gottes" zum Zwecke der Zulassung zur Eucharistie ist aber nicht nur von der Sakramentenlehre her abzuweisen, sondern auch vom Gottesglauben her. Hinter dieser Berufung steht nämlich ein (auch in der heutigen Frage nach Buße und Gericht und letztlich auch nach dem endgültigen Heil zutage tretendes) "hominisiertes"51a Gottesbild, nach welchem Gott im Grunde nichts anderes vermag als zu verzeihen. Hier kommt ein reduzierter Gottesglaube zum Vorschein, der die geheimnishafte Größe Gottes auf das Mitleid beschränkt. Demgegenüber ist daran festzuhalten, dass zum Geheimnis Gottes auch seine fordernde Heiligkeit und Gerechtigkeit gehört. Wer diese "Attribute" nicht beachtet, kann im Grunde den Menschen auch die Barmherzigkeit Gottes nicht nahebringen. Die genannten Einwände sind nicht der Art, dass sie den inneren Zusammenhang zwischen gültiger Ehe und Eucharistie (und d.h. auf der Gegenseite die Nichtzulassung zur Eucharistie bei Vorhandensein eines zweiten "eheähnlichen" Verhältnisses) entkräften könnten. Sie vermögen dies schon deshalb nicht zu leisten, weil sie nicht dogmatischer Natur sind. Sie bedenken aber auch den moraltheologischen Wesensbefund nicht, dass es in der katholischen Kirche keine legitime Geschlechtsgemeinschaft außerhalb der gültigen Ehe geben kann. (52) Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die beste subjektive Disposition der in einer solchen Gemeinschaft lebenden Partner paralysiert werden, es sei denn, dass in diese Disposition der Verzicht auf die Geschlechtsgemeinschaft aufgenommen ist. Dieser dogmatische Befund scheint vor allem gegenüber den betroffenen Christen hart und pastoral wenig situationsgemäß zu sein. Aber andererseits ist auch zu erkennen, dass das pastorale Bemühen um diese Gläubigen dadurch nicht verunmöglicht oder gar unnütz wird. Im Gegenteil: Die pastorale Aufgabe wird hier erst in ihrer ganzen Dringlichkeit und Weite offenbar. Das gleiche kann man von engagiert vorgetragenen pastoralen Erwägungen nicht sagen, die für die betreffenden Gläubigen die Zulassung zu den Sakramenten fordern. Dann wären diese ja den anderen Gläubigen in allem gleichgestellt und nicht mehr Adressaten einer besonderen pastoralen Sorge. Man kann daran ersehen, wie sehr die rein pragmatischen Lösungen in die Gefahr des Selbstwiderspruches geraten. Die Problematik der betreffenden Gläubigen und ihrer Situation lässt sich nicht pragmatisch lösen. Die "Lösung", die auf weite Sicht anzustreben ist (die aber, wie bei vielen menschlich-religiösen Existenzproblemen, keine vollkommene Ausmerzung von Last und Not erbringen kann), liegt in einer tieferen Verkündigung des Geheimnis-‚ des Erlösungs-‚ aber auch des Kreuzcharakters christlicher Ehe. Vor der Gefahr "praktischer" Lösungen sollte man die Augen nicht verschließen. Zumal wenn die Zahl solcher "eheähnlicher" Verhältnisse in Zukunft größer werden sollte (wie von den Statistikern immer wieder gesagt wird), müsste die Zulassung der geschiedenen Wiederverheirateten zur Eucharistie eine tiefgehende Dissoziierung in den Glauben und das Glaubensleben der Kirche hineintragen. Freilich wird diese Gefahr nur von denjenigen als solche gesehen und empfunden werden, die die Integrität auch des dogmatischen Lehrglaubens als ein wesentliches Gut der Kirche verstehen und hier keine Abstriche gelten lassen. So weist diese Fragestellung auf ein tiefer liegendes Problem hin, das heute untergründig viele Auseinandersetzungen in der Kirche bestimmt. Es liegt genauerhin in der Frage, welcher Wert dem lehrhaften Glauben und seiner Durchsetzung in der Praxis zukommt. Wenn an dieser Stelle Konzessionen gemacht werden, erledigt sich natürlich auch das hier behandelte Problem. Wenn man dazu bereit ist, sollte man aber auch weiterfragen und zusehen, wie vieles andere im Glauben und Leben der Kirche "erledigt" werden wird. Anmerkungen: (1) Aus der reichhaltigen Literatur seien nur einige neuere Untersuchungen genannt: P. Adnès, De Indissolubilitate matrimonii apud Patres. Opiniones recentiores et observationes, in: Periodica 61 (1972) 196-223; W. Aymans‚ Die Sakramentalität christlicher Ehe in ekklesiologisch-kanonisrischer Sicht, in: TThZ 83 (1974) 323-333; A. Hopfenbeck‚ Privilegiurn Petrinum. Eine rechtssprachliche und rechtsbegriffliche Untersuchung, München 1975; P. F. Palmer, Was not tut: eine Theologie der Ehe, in: "Communio" 5 (1974) 402-420; J. Pohlschneider, Sittliche Normen christlicher Sexualerziehung in Schule und Elternhaus, Donauwörth 1976; G. Pelland‚ De controversia recenti relativa ad Testimonium Traditionis de divortio, in: Periodica 62 (1973) 413-421; ders.‚ De Contextu Canonis Tridentini et Argumenta Traditionis de Divortio, in: Periodica 63 (1974) 509-534; Fr. Reckinger, Wiederverheiratete Geschiedene eucharistiefähig?, in: MThZ 24 (1975) 36-54; H. Schauf, Die Zulassung der geschiedenen Wiederverheirateten zu den Sakramenten‚ in: Theologisches Nr. 67, Nov.1975. Zum Ganzen vgl. auch: Anprache Pauls VI. an die Mitglieder der Römischen Rota vom 9. Februar 1976, in: AAS 68 (1976) 204-208. (2) Zu diesem in der katholischen Theologie (trotz der einschlägigen Untersuchungen von G. Bauer [1963], L. v. Renthe-Fink [21968], R. Lauth [1966]) weithin unpräzise gebrauchten Begriff vgl. die kritischen Anmerkungen von A. Günthör, Wider die Aufweichung der Moral, in: H. Pfeil (Hrsg.), Unwandelbares im Wandel der Zeit, Aschaffenburg 1976, 277ff. (3) Zu welchen extremen Auffassungen es dabei bezüglich der Unauflöslichkeit der Ehe kommt, zeigt paradigmatisch V. Steininger, Auflösbarkeit unauflöslicher Ehen, Graz 1968, 46ff. [3a Ein Sakrament 'eigener Art'.] (4) So Fr. Böckle, Sakramentaler Charakter der Ehe?: Sexualität ohne Tabu und christliche Moral. Gespräche der Paulusgesellschaft (hrsg. von E. Kellner), München 1970, 167f. (5) Vgl. dazu H. Doms, Dieses Geheimnis ist groß. Eine Studie über theologische und biologische Sinnzusammenhänge, Köln 1960, 105f.; M. Schmaus, Der Glaube der Kirche II, München 1970, 508ff.; H. Volk‚ Christus alles in allen, Mainz 1975. 70-95. [5a Eine Weltsicht, in der die Vielheit (z.B. Geist und Materie, übernatürliches Geheimnis und erfahrbare Natur etc.) auf eine einzige Dimension reduziert wird.] (6) Die Formulierung dieses monistisch-naturalistischen Wirklichkeitsverständnisses und seine Verbindlichkeit auch für das christliche Denken ist u. a. zu finden bei H. Braun, Gesammelte Studien zum Neuen Testament und seiner Umwelt, Tübingen 31971, 302f. (7) Wie sich dies selbst in qualifizierten theologischen Arbeiten geltend macht, zeigt etwa die Frage bezüglich der gescheiterten (und doch nicht auflösbaren) Ehe: "Besteht eine solche 'Ehe' nicht nur noch in dem Umstand, dass die Partner keine andere Ehe eingehen können?" Vgl. J. G. Gerhartz, Grundfragen kirchlicher Eherechtsreform, in: Zum Thema Ehescheidung, Stuttgart 1970, 8. (8) Einen Überblick über die Diskussion bietet Kl. Reinhardt in: Kl. Reinhardt/H. Jedin, Ehe-Sakrament in der Kirche des Herrn, Berlin 1971, 111, Anm. 1; ähnlich Fr. Reckinger, in: MThZ 24 (1973) 39ff. [8a Die Glaubenslehre betreffend.] (9) [Der "Zusammenhang der Glaubensgeheimnisse untereinander"]; vgl. dazu Vatikanum I: DH 3016. [9a Die kontinuierliche Entwicklung der Glaubenslehre in der Tradition.] (10) So P. Hoffmann, Jesu Wort von der Ehescheidung und seine Auslegung in der neutestamentlichen Überlieferung, in: Concilium 6 (1970) 331. (11) So R. Pesch, Die neutestamentliche Weisung für die Ehe, in: Zum Thema Ehescheidung, 36. (12) Ders.‚ Freie Treue. Die Christen und die Ehescheidung, Freiburg 1971. (13) Das ist besonders bezüglich des Begriffes der "freien Treue" zu sagen, der weder mit der neutestamentlichen Freiheit als Haltung der je größeren Hingabe und Liebe zu vereinbaren ist noch mit einer logischen Begriffsbildung; denn entweder handelt es sich logisch um einen Pleonasmus [Doppelausdruck] (insofern Treue nie ohne Freiheit sein kann) oder um einen widersprüchlichen Begriff, wenn in ihm das Moment der Abkehr von dem Treueversprechen angelegt gesehen wird. (14) R. Schnackenburg, Die Ehe nach dem Neuen Testament, in: Theologie der Ehe, Regensburg 21972, 16. Zur Eheauffassung im Neuen Testament vgl. auch: A. Sand, Die Unzuchtklausel in Mt 5,32.33 und 19,3-9, in: MThZ 20 (1969) 118-129; H. Baltensweiler, Die Ehebruchsklausel bei Matthäus, in: ThZ 15 (1959) 340-356; K. Haacker, Ehescheidung und Wiederverheiratung im Neuen Testament, in: ThQ 151 (1971) 28-38; R. Schnackenburg, Die Ehe nach der Weisung Jesu und dem Verständnis der Urkirche, in: Ehe und Ehescheidung. Diskussion unter Christen, Münchener Akademie-Schriften Bd. 59, München 1972, 11-34. (15) Ebd., 18. (16) Die Ehe im Neuen Testament, Zürich 1967, 100f. Die Kritik dieser Theorie bei A. Sand, Die Unzuchtklausel in Mt 5,3.32 und 19,3-9, in: MThZ 20 (1969) 126ff. (17) Vgl. dazu R. Schnackenburg, a.a.O., 18. (18) Vgl. Kl. Reinhardt, a.a.O., 9. [18a Aus der Zeit vor dem Konzil von Nizäa (325 n. Chr.).] (19) [Also um eine nachträgliche Abänderung]; G. Pelland, a.a.O., 413-421. (20) Origenes, In Mt 14,23 (PG 13, 1245). (21) Vgl. H. Crouzel, L'église primitive face au divorce. Du premier au cinquième siècle, Paris 1971, 127-248 (Kap. über Epiphanius 219-228). (22) Epiphanius, Haereses, 59, 4 (PG 41, 1926). (23) Zur dogmatischen Tragweite der Aussage des Epiphanius vgl. M. Schmaus, a.a.O., II, 520. (24) Basilius, Ep. 188 ad Amphilochium (PG 32, 674). (25) De libello repudii c. 2 (PG 51, 220). (26) In Lc. VIII, n. 2 (PL 15, 1765). (27) Ep. 55, n. 3 (PL 22, 562f.). (28) De nupt. et conc. I, c. 10, n. 11 (PL 44, 420). (29) In 1 Kor c. 7‚ V. 11(PL 17, 230). (30) J. Auer‚ Die Sakramente der Kirche (Kl. Kath. Dogmatik von J. Auer und J. Ratzinger Bd. VII), Regensburg 1972, 256. (31) Vgl. C. J. von Hefele, Conziliengeschichte nach den Quellen bearbeitet I, Freiburg 1873, 815; II, Freiburg 1875, 101. (32) Vgl. dazu J. Fahrner, Die Geschichte der Ehescheidung im kanonischen Recht I, Freiburg 1903, 81ff. (33) Ebd. 82f. (34) Vgl. dazu E. Ewig‚ Kulmination und Wende der Karolingerzeit: Handbuch der Kirchengeschichte (hrsg. von H. Jedin) III/I, Freiburg 1966, 149f. (35) Zum umstrittenen Brief Gregors II. an Bonifatius vgl. J. Auer‚ a.a.O., 256f. (36) Vgl. dazu Kl. Reinhardt/H. Jedin, Ehe-Sakrament in der Kirche des Herrn, Berlin 1971, mit den reichen Belegen 111ff. (37) So P. Huizing‚ La Dissolution du Mariage depuis le Concile de Trente, in: Revue de Droit Canonique 21 (1971) 127-145. [37a = gemäß der dem Evangelium und dem apostolischen Glauben entsprechenden Lehre.] (38) [Also die Forderung nach einer rein kirchlichen (nicht göttlichen) und daher veränderlichen Überzeugung]; vgl. P. Fransen, Réflexions sur l'Anathème au Concile de Trente, in: Ephemerides Theologiae Lovanienses 29 (1953) 657-672. [38a = ob die Kirche irren könne.] (39) H. Jedin‚ a.a.O.‚ 109. (40) Vgl. dazu Fr. Reckinger, a.a.O., 39. [40a Der sakramentale Charakter, der der Kirche als solcher zukommt.] (41) So der Beschluss der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland "Christlich gelebte Ehe und Familie", Heftreihe: Synodenbeschlüsse Nr. 11‚ hrsg. v. J. Homeyer‚ 7. (42) Vgl. dazu R. Schnackenburg, Die Ehe nach dem Neuen Testament, a.a.O.‚ 28ff., und H. Schlier, Der Brief an die Epheser, Düsseldorf 71971, 252-280. (43) II. Vatik. Gaudium et spes, 48. (44) Lumen gentium, 11. [44a Dank der Objektivität des rituellen Vollzugs selbst.] [44b Die Ehe 'wird' (= fieri) nicht nur ein Sakrament, sondern sie 'ist' (esse) Sakrament mit der Eheschließung.] [44c = sakramentaler Gnadenbeistand.] (45) Vgl. dazu M. Schmaus, a.a.O.‚ 522f.; H. Volk‚ Von der sakramentalen Gnade der Ehe, a.a.O., 77; I. Fr. Görres‚ Was Ehe auf immer bindet, Berlin 1971, 52. [45a Die scholastische Begrifflichkeit unterscheidet bei den Sakramenten zwischen [1] "nur Sakrament" ("sacramentum tantum": nur das äußere sichtbare Zeichen), [2] "nur Realität" ("res tantum": nur die unsichtbare göttliche Wirklichkeit/Gnade) und [3] "Sache und Sakrament" ("res et sacramentum": die zwischen [1] und [2] liegende mittlere Realität, die einerseits bezeichnet wird und andererseits zugleich selbst bezeichnet. Dies ist bei Taufe, Firmung und Weihe das der Seele eingeprägte unauslöschliche Merkmal (weshalb diese Sakramente nie mehrfach empfangen werden können), beim Bußsakrament die Wiederversöhnung mit der Kirche, bei der Ehe das unaufl
Beliebteste Blog-Artikel:
|