Wandlungsworte: „Für alle“ auf Kuba, „für viele“ in den USA – Papst Franziskus und ein Sowohl-als-auch
21. September 2015 00:32 | Mitteilung an die Redaktion
Papstmesse in Havanna: Katholiken mit Transparenten „Viva Cristo Rey“ (Havanna/Washington) Hat Christus sein Blut „für alle“ oder „für viele“ vergossen? Papst Franziskus zelebrierte am Sonntag auf der Plaza de la Revolucion in Havanna die erste Heilige Messe seiner Pastoralreise nach Amerika und demonstrierte dabei, daß er in der Frage der Wandlungsworte ein Sowohl-als-auch vertritt. Damit macht er die Bemühungen seines Vorgängers Benedikts XVI. für eine liturgische Erneuerung zwar nicht rückgängig, friert sie jedoch auf halbem Weg ein. Insgesamt wird der Papst auf Kuba und in den USA sieben Heilige Messen zelebrieren. Die Wandlungsworte werden dabei jedoch nicht identisch sein. Die Zelebrationen erfolgen in spanischer und englischer Sprache sowie – zumindest teilweise – das Hochgebet in der Kirchensprache Latein. Wandlungsworte nicht identisch
„Schaut man sich in allen diesen Messen die Wandlungsworte an, wird man feststellen, daß sie nicht gleich sind“, so der Vatikanist Sandro Magister. Die erste Messe auf dem Revolutionsplatz mit der überdimensionalen Che Guevara-Darstellung im Rücken, auf die das Castro-Regime bei Papst-Besuchen so besonderen Wert legt, zelebrierte Papst Franziskus am Sonntag vollständig auf spanisch. Vor einer halben Million Gläubigen sprach der Papst bei der Konsekration des Weines in das Blut Christi die Worte „por vosotros y por todos los hombres para el perdón de los pecados“, wörtlich, „für euch und für alle Menschen zur Vergebung der Sünden“. Vollständig auf spanisch zelebriert Franziskus auch am Montag, den 21. September in Holguin und am Dienstag in Santiago de Cuba. Die Wandlungsworte werden jedoch etwas variieren. Statt „por vosotros“ wird das Kirchenoberhaupt „por ustedes“ (Höflichkeitsform) sagen, während die übrigen Wandlungsworte wie in Havanna gesprochen werden. Anderes Land, gleiche Sprache, andere Wandlungsworte
Dann wird Papst Franziskus von der Karibikinsel auf das amerikanische Festland weiterreisen und in der US-Bundeshauptstadt Washington die erste Heilige Messe in den Vereinigten Staaten zelebrieren. Trotz des Staatenwechsels wird er dieses Meßopfer in spanischer Sprache feiern, der Muttersprache einer schnell wachsenden Zahl von US-Bürgern. Die Wandlungsworte lauten – im Gegensatz zu Kuba – aber nicht mehr „por todos los hombres“, sondern „por muchos“, für viele. So wird es auch bei den drei weiteren Heiligen Messe in den USA der Fall sein, bei denen der Papst das Hochgebet auf Latein sprechen wird: „pro vobis et pro multis effundetur in remissionem peccatorum“, für euch und für viele. In den USA wird kein „für alle“ zu hören sein. „Was läßt sich aus diesem Schwanken zwischen ‚für alle‘ und ‚für viele‘ schließen?“
Heiliges Meßopfer „Was läßt sich aus diesem Schwanken zwischen dem „für alle“ auf Kuba und dem „für viele“ in den USA in den Wandlungsworten schließen?“, fragte sich am vergangenen Samstag Sandro Magister. „Es läßt sich daraus schließen, daß die langjährige Frage, die Benedikt XVI. 2012 weltweit einer endgültigen und einheitlichen Lösung zuführen wollte, von Papst Franziskus in der Schwebe gehalten wird“, so der Vatikanist. Die von Benedikt XVI. angeordnete originalgetreue Übertragung der Wandlungsworte in die Volkssprachen lehnt sich direkt an die offizielle lateinische Formel an. Wegen anhaltender Widerstände mancher Bischofskonferenzen schrieb Benedikt XVI. am 14. April 2012 einen Brief an alle Bischöfe, um diese zu überwinden. Das „pro multis“ des Römischen Kanons sollte nach den vorschnellen Übersetzungen im Zuge der Liturgiereform 1965/1969 einheitlich in die Volkssprachen übertragen werden. Damit wollte der deutsche Papst einer mißverständlichen Allerlösungslehre entgegenwirken, die sich unter Katholiken breitmacht. Das Schreiben verfaßte er in deutscher Sprache, womit er verdeutlichte, wo er den größten Widerstand verortete. „Neue Barmherzigkeit“ versus Wandlungsworte?
Die Anweisung Benedikts XVI. gilt für die gesamte Kirche. Als Papst Benedikt zurücktrat, waren einige Bischofskonferenzen, darunter die italienische und die deutsche, noch säumig und hatten keine Neuausgabe des Missale vorgenommen. Die Korrektur der Formel „für alle“, die sich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil einbürgert hatte, durch das originalgetreue „für viele“ wird als „Einschränkung“ der „Barmherzigkeit“ gesehen. „Mit dem Amtsantritt von Franziskus, hat sich die Idee verbreitet, daß diese Diktion [für alle] mehr der universalen Ausweitung der ‚Barmherzigkeit‘ entspreche, die vom neuen Papst ununterbrochen gepredigt wird“, so Magister. Wie es scheint, vertritt der argentinische Papst zu diesem Punkt „keine strenge Position“ (Magister) und scheint auch nicht daran interessiert, eine bestimmte Position durchsetzen zu wollen. Seine Position ist vielmehr ein Sowohl-als-auch, indem er sowohl die eine wie die andere Diktion verwendet „auch bei dieser Reise nach Kuba und in die USA“. Text: Giuseppe Nardi Bild: Nuova Bussola Quotidiana http://www.katholisches.info/2015/09/21/...owohl-als-auch/
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