Religionen-Gipfel: EU braucht in Flüchtlingskrise Werte
Flüchtlinge in einem Transitlager zwischen Griechenland und Mazedonien - REUTERS
09/11/2015 14:40SHARE: Ohne globale gerechtere Güterverteilung und ohne gelebte Werte wird die gegenwärtige Flüchtlingskrise nur der Beginn eines Prozesses sein, bei dem Europa nicht gewinnt. Diese Einschätzung gab der Sekretär des Päpstlichen Rates „Cor Unum“, Prälat Giampietro Dal Toso, am Wochenende beim ersten „Gipfel der Religionen“ im österreichischen St. Christoph am Arlberg in Tirol ab. Er hob die Gefahr hervor, dass Flüchtlinge in Europa mit Zynismus und Mainstream-Indifferenz konfrontiert sind und nicht mit Glauben: „Wir können erfülltes Leben anbieten. Das ist unsere Rolle heute auf der Bühne der Welt.“ Das gehe aber nicht ohne eine Wiederentdeckung des Gottes des Lebens und der Liebe, so der aus Leifers in Südtirol stammende Kurienmitarbeiter.
Damit der Kontinent ein „Platz für menschenwürdiges Leben“ bleibe, brauche es eine „allgemeine, von allen Bewohnern unseres Kontinents geteilte Basis an Werten und Idealen“. Denn bisher hätten sich die europäische Politik und Gesellschaft mehr um ein wirtschaftliches Vorankommen als um die „Seele Europas“ bemüht. Migration wertet Dal Toso als „Herausforderung, die uns Gutes tun kann“, wenn dabei die Gerechtigkeit nicht aus dem Blick gerate. Von einem humanitären und christlichen Standpunkt aus bestehe die Pflicht, „Formen der Hilfe für Leute zu finden, die selbst im Angesicht von Lebensgefahr zu uns kommen und einfach nichts haben“. Die kulturelle Dimension der Flucht wecke hingegen oft Ängste, „da wir uns nicht nur wirtschaftlich herausgefordert sehen, sondern weil sich hier verschiedene kulturelle Modelle begegnen, die jeweils eine andere Sicht von Menschen und Gesellschaft mit sich bringen“ . Dal Toso warnte über jede „plumpe Vereinfachung hinaus“ vor einer „Dämonisierung der Grenzen“. Territorial gesehen, brauche jeder Staat eine Grenze, um seine Funktion ausüben zu können. „Selbst im europäischen Bereich werden besonders sensible Fragen den nationalen Regierungen überlassen, im Bewusstsein, dass lokale Kultur und Tradition ebenso entscheidend prägen und zu berücksichtigen, wie europäische Interessen grenzüberschreitend sind.“ Dass eine Grenze passierbar ist, bedeute nicht, dass es überhaupt keine Grenzen brauche. (kap 09.11.2015 ma)
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