Herzlich Willkommen, hier in diesem Forum....http://files.homepagemodules.de/b531466/avatar-4dbf9126-1.gif
  • 10.11.2015 10:15 - Ungeahndete Straftaten senden falsches Signal"
von esther10 in Kategorie Allgemein.

"Ungeahndete Straftaten senden falsches Signal"


© WDR/Dirk Borm âhart aber fair: Sendung vom 09.11.2015
Bei Frank Plasberg kommen zum Thema Flüchtlingskrise ehrenamtliche Helfer zu Wort, ohne deren Arbeit sie nicht zu bewältigen wäre. Die streitbare Polizistin Kambouri warnt erneut – und überrascht.

Die Flüchtlingsströme nach Europa sind das Thema dieser Generation. Tausende machen sich wöchentlich auf den beschwerlichen Weg in eine vermeintlich bessere Zukunft, viele von ihnen wollen nach Deutschland.

Die Berichte von den Flüchtlingsrouten auf dem Balkan, aus Auffanglagern und von den Krisensitzungen im politischen Berlin sind mittlerweile fester Bestandteil jeder Nachrichtensendung. Die Konflikte zwischen den Parteien füllen Tag für Tag aufs Neue die Kommentarspalten.

Fast in Vergessenheit geraten sind darüber diejenigen, die Tag und Nacht mit ihrem Engagement dafür sorgen, dass nicht vollends das Chaos ausbricht und den Geflüchteten so gut es geht helfen.

Plasberg trifft mit "No-Name-Runde" Nagel auf den Kopf

Ihnen gibt Frank Plasberg in "Hart aber fair" eine Stimme – und liefert ganz unerwartet eine Sendung ab, die sich vom gewohnten Talkshow-Einheitsbrei deutlich abhebt. Nichts von dem üblichen Gepolter und Rechtgehabe, keine vermeintlichen Experten und allzu eloquente Politiker, die gebetsmühlenartig ihre Positionen wiederholen, sondern eine Sendung, bei der man zuhört, anstatt nach der ersten Viertelstunde weg zuschalten.

Zu verdanken ist das nicht nur Plasberg, sondern auch seinen Gästen. "Sie werden vermutlich kaum einen unserer Gäste kennen" – mit dieser einleitenden Bemerkung trifft Plasberg den Nagel auf den Kopf, denn die Mehrheit der Studiorunde ist tatsächlich unbekannt.

Aber genau das ist gut so, denn die Sendung dreht die üblichen Verhältnisse um. Die dringenden Fragen in der Flüchtlingskrise werden von unten angesprochen, von denjenigen die im Alltag am nächsten dran sind – ein freiwilliger Helfer, ein Reporter, eine Polizistin, zwei Beamte.

Schafft der Staat das alleine?

Wie kommt man überhaupt dazu, Helfer zu werden, will Plasberg dann auch als Erstes von Holger Michel, einem PR-Berater wissen. Michel arbeitet als Helfer im Flüchtlingsheim Berlin-Wilmersdorf und seine Antwort ist ebenso einfach, wie treffend: "Man kommt dort hin, sieht, dass es viel zu tun gibt und dann bleibt man."

Michel ist auch optimistisch, dass die ehrenamtliche Hilfe noch eine ganze Weile bestehen bleibt, schließlich sei man straff organisiert. Seiner Ansicht nach kann und soll der Staat die Herausforderung auch gar nicht alleine in den Griff bekommen, eine Meinung, die Sozialdezernentin Heike Jüngling teilt.

"Ohne ehrenamtliche Hilfe würden wir ganz schlecht dastehen", gibt die Beamtin aus Königswinter offen zu. Eine Kommune könne mit ihren hauptamtlichen Mitarbeitern auch gar nicht die ganzen Maßnahmen bestreiten. Es habe aber trotz der ehrenamtlichen Helfer schon erste Kündigungen gegeben, weil Kollegen mit der Zusatzbelastung nicht klarkämen.

Helfer bemängeln schlechte Planungssicherheit

Das größte Problem aber, und da ist sie mit ihrem bayrischen Kollegen Lothar Venus einer Meinung, sei die fehlende Planbarkeit und die mangelnde Kommunikation. "Ich wünschte, ich könnte zuverlässig hochrechnen" klagt sie und auch der Journalist Sandro Poggendorf spart nicht mit Kritik. Die Bürokratie arbeite viel zu langsam, vielfach noch per Hand anstatt mit dem PC. "Es ist eine Katastrophe, was da passiert." Angesichts der ohnehin schon hohen Belastung der Ämter bringt die Runde dann auch kein Verständnis für die von Innenminister de Maizière geforderte Einzelfallprüfung des Familiennachzugs auf.

"Mein Wunsch wäre, dass wir uns erst mal um die großen Themen kümmern und nicht ein Detail nehmen und es zum politischen Spielball werden lassen", empört sich Jüngling und erntet dafür nicht nur verdienten Applaus, sondern auch die Zustimmung von Venus, zweiter Bürgermeister des Grenzortes Wegscheid.

Venus Statement in dieser Hinsicht gehört zu den besten des Abends. "Die brauchen sich auch als Familie", mahnt er "nicht nur bei der Flucht, sondern auch bei der Integration." Außerdem kämen doch ohnehin die meisten mit Familien – welcher Vater wolle schon Frau und Kind zurücklassen, wenn rundherum die Fassbomben fallen. Schnellere Abläufe, verbesserte Verfahren, das sei wichtig, nicht das Gerangel um ein kaum existierendes Problem. Der Streit um die Familiennachführung, eine politische Nebelkerze.

Machtpoker statt konkrete Handlungen

Venus ist es auch, der den Schlingerkurs der Politik einen ganz realen Kontext gibt. Der Mann, der kürzlich davor warnte, dass, wenn man nicht aufpasse, bald das erste Kind erfriere erzählt von einer besonders chaotischen Ankunft von Flüchtlingen in seiner Heimat. "Sie stehen hier auf der Brücke zwischen Deutschland und Österreich und dann hören sie das Wimmern, das Klagen, das Schreien kleiner Kinder. Das überrollt sie nachts um halb drei wie ein D-Zug. Wenn man selber Kinder hat, weiß man, was das bedeutet."

Untätig sein und sich lieber mit Machtspielen aufzuhalten könne keine Lösung sein. Sandro Poggendorf sieht die gleichen Probleme. Die Lösung könne seiner Meinung nach nicht darin bestehen, dass sich die Politiker Mittwochs vertrügen und Sonntags bekriegten. "Wir geben als System ein trauriges Bild ab", konstatiert er schonungslos unter Applaus des Publikums.

Umso besser sind dagegen die Leistungen der Ehrenamtlichen organisiert. Ein eingespielter Tagebucheintrag Holger Michels zeigt eindrucksvoll, wie leidenschaftlich die Helfer bei der Sache sind. Helfen mache auch Spaß und solle auch Spaß machen, so der Berliner. Von Plasberg gefragt nach seiner Freizeit erwidert er: "Ich bin dazu übergegangen, meine Freunde in die Unterkunft einzuladen. Mit ein bisschen Glück hat man einen neuen Helfer gewonnen."

Wie weit die Hilfsbereitschaft gehen kann, demonstriert er auch mit Schilderungen von Helfern, die freimütig Geld für Babynahrung vorstreckten, um schnell Hilfe leisten zu können. "Babys haben die Angewohnheit, dass man sie nicht 24 Stunden auf Essen warten lassen kann" gluckst er, woraufhin Plasberg noch einen obendrauf setzt: "Die können nicht einmal einen Antrag stellen." Alle brechen in herzhaftes Lachen aus – zumindest kurz zeigt sich da, dass selbst ein so ernstes Thema durchaus mit Humor betrachten werden kann.

Kambouri warnt vor Parallelgesellschaft

Frank Plasberg zeigt sich in dieser Ausgabe ohnehin von seiner besten Seite. Ohne seinen üblichen Biss zu verlieren, zeigt er sich als guter Zuhörer, der alle Gäste gleichermaßen zu Wort kommen lässt, ohne dabei den Faden zu verlieren. Auch der sonst wesentlich kontroverser argumentierenden Polizistin und Buchautorin Tania Kambouri entlockt er einige unerwartete Aussagen. Angesprochen auf ihre Erlebnisse mit Flüchtlingen im Dienstalltag macht diese eine wesentlich bessere Figur, als noch vor Kurzem bei Sandra Maischberger. "Mir tut das weh und auch ich habe Mitleid", gesteht sie.

Man müsse aber auch die Problemfälle ansprechen. "Ich habe Angst, dass diese Menschen in eine Parallelgesellschaft abdriften." Natürlich sei nicht jeder Terrorist und mit der großen Mehrheit gäbe es keinerlei Probleme. Das größte Problem sei jedoch die mangelnde Registrierung, durch welche Straftaten nicht geahndet werden könnten. "Das sendet das falsche Signal", warnt sie.

Dass viele Einwohner wegen der Flüchtlinge besorgt sind, darüber will die Sendung nicht hinwegtäuschen. Eine Zuschauermeinung, die den Flüchtlingen vorwirft, doch ihren "eigenen Dreck wegzumachen", da sie sowieso schon eine "Versorgungsmentalität" entwickelt hätten, wird dennoch von der Runde schnell zerpflückt und das zu recht.

Politik sollte auch mehr Zuversicht vermitteln

Dennoch, alle Gäste sind sich darüber im Klaren, dass eine gesellschaftliche Spaltung stattgefunden hat, ein Umstand, an dem auch die Politik eine erheblich Mitschuld trage. Nicht mit den Leuten zu reden, die betroffen sind, sei dabei keine Lösung, sondern "eine gefährliche Entwicklung", die nur den Frust steigere, so Poggendorf.

Die Gretchenfrage nach der Obergrenze stellt Plasberg während der Sendung nicht. Was er stattdessen wissen will: Was muss anders laufen, damit es nicht zu noch mehr Problemen kommt? Für Kambouri ist es die Integration: "Wir dürfen damit nicht warten, wir müssen jetzt anfangen." Der sieht die Politik im Zugzwang. "Wir brauchen eine klare Kante", fordert Michel. Die Politik müsse Klartext reden über die wirklichen Probleme, eine Ansicht die alle teilen.

"Wir haben zugehört", sagt Frank Plasberg zum Ende der Sendung und es stimmt. Doch die Schlussworte die nachklingen gehören Michel: "Aufgabe der Politik ist es auch mehr Zuversicht zu vermitteln. Wir können über uns hinauswachsen."
http://www.msn.com/de-de/nachrichten/pol...tY?ocid=U270DHP




Beliebteste Blog-Artikel:

Melden Sie sich an, um die Kommentarfunktion zu nutzen
Danke für Ihr Reinschauen und herzliche Grüße...
Xobor Xobor Blogs
Datenschutz