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  • 10.11.2015 10:40 - Familiensynode: Pastoraler Neusprech als schleichende Veränderung der kirchlichen Lehre
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Familiensynode: Pastoraler Neusprech als schleichende Veränderung der kirchlichen Lehre
10. November 2015 09:02 | Mitteilung an die Redaktion


Kardinal Reinhard Marx
Die deutschsprachigen Synoden-Kardinäle Kasper, Schönborn und Marx haben ihre Maximalziele nicht erreicht. Doch die zweideutige Sprache der umstrittenen Synodenbeschlüsse lassen „alle Türen offen“. Für die Rechtgläubigkeit ist dieses Ergebnis ein Desaster.

Ein Gastbeitrag von Hubert Hecker.
▪ Schon vor der Bischofssynode zur Familie hat es Vorstöße gegeben, die Grundsätze der kirchlichen Lehre umzubiegen. Ein Debattenstrang ging um die Frage, ob es gute Handlungen und Haltungen unter schlechten Bindungen und Ordnungen gebe. In einer Diebesbande werden Verlässlichkeit, Solidarität, Gerechtigkeit bei der Beuteverteilung, Kameradschaft und Zusammenhalt gepflegt, sonst kann sie nicht effektiv sein. Ähnliches gilt für die Mafia-Gesellschaften. Müssen nun die oben genannten Haltungen als Werte anerkannt werden, auch wenn sie im Kontext von Unwerten stehen? Oder noch zugespitzter gefragt: Bleibt die Gerechtigkeit beim Beuteverteilen nicht etwas Gutes, auch wenn das Beutemachen etwas Schlechtes ist? Kann also nicht doch in einer Situation Gutes und Böses zu einem moralischen Grau vermischt sein?
Werte sind nicht intrinsisch gut

Sowohl die spontane als auch die ethisch reflektierte Antwort auf diese Fragen wird lauten: Das kann so nicht sein. Aber wo liegt der Fehler? Verlässlichkeit, Treue, Solidarität etc. sind tatsächlich Werthaltungen, die normalerweise mit guten oder mindestens ethisch neutralen Zielen verbunden sind. Sie sind aber nicht in sich gut (intrinsisch), sondern können auch zu bösen und verbrecherischen Zielsetzungen verkehrt werden. Mit dem SS-Wahlspruch: „Unsere Ehre heißt Treue!“ wurden die KZ-Schergen auf die mörderischen Befehle von Himmler und Hitler eingeschworen. Im Kontext der Mafia wechseln die genannten Tugendhaltungen komplett ihre Vorzeichen, indem sie als Instrumente zu einem verbrecherischen System beitragen. Sie fördern sogar die Effektivierung des Bösen.

Somit ergibt sich die Folgerung: Werthaltungen und Tugenden dürfen nicht ohne Berücksichtigung von Zielsetzungen und Bindungen ‚gut’ bewertet werden. Doch eben auf diese kontextlose Bewertung setzten die Neu-Ethiker: Wenn etwa in Homo-Partnerschaften oder ehebrecherischen Beziehungen solche Haltungen wie Verlässlichkeit und Verantwortungsübernahme praktiziert würden, dann würden diese intrinsisch „guten Elemente“ jene Beziehungen positiv aufwerten.

Gradualität: Gutes und Böses in moralischen Grautönen vermischt


Kardinal Christoph Graf Schönborn
▪ Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hatte bereits vor der Synode das Prinzip der Gradualität ins Gespräch gebracht. Gemeint ist mit diesem Begriff etwas Richtiges: Bei einem moralischen Urteil sind Abstufungen im Bereich des Guten wie des Bösen zu berücksichtigen. Die Theologie unterscheidet zwischen lässlichen und schweren Sünden, Todsünden und Sünden wider den Heiligen Geist. Auch bei guten Taten gibt es Abstufungen bis hin zur Vollkommenheit und Heiligkeit.

Was es nicht geben kann, ist eine Gradualität des Guten im Bösen. Eine Tat kann nicht in gleicher Hinsicht gut und böse sein, das besagt die Logik im Satz vom Widerspruch. Doch gegen diesen Grundsatz war Schönborns Begriffs-Initiative gerichtet.

Bei der Pressekonferenz nach der Schlussabstimmung der Bischofssynode wurde der Wiener Kardinal mit den Worten zitiert: „Es gibt (in moralischen Fragen) nicht nur Schwarz und Weiß“ – sondern auch viele Graustufen, ist zu ergänzen. Die suggestive Folgerung zu dieser Aussage lautet: So wie sich die Farbe Grau aus Schwarz und Weiß zusammensetzt, so sind im Zwischenbereich zwischen Vollkommenheit und Todsünde Gutes und Sündiges miteinander vermischt in verschiedenen Abstufungen.

Doch was für die Farbenlehre gilt, ist für den moralischen Bereich ganz und gar nicht zutreffend. Wie schon gesagt, gibt es Abstufungen bei schlechten Taten. Gegenüber einem Mord aus niederen Motiven steht ein Tötungsdelikt aus einem schwierigen Umfeld oder die fahrlässige Tötung. Doch kein Richter oder Ethiker würde in dem Fehlen eines Tötungsvorsatzes oder den mildernden Umständen etwas moralisch Gutes sehen, sondern eben nur eine Abstufung in der Schwere der bösen Tat.

Die kirchlichen Gradualisten dagegen wollen die gut-böse Handlung einführen: In einer weniger schlechten Tat sei schon das graduell Gute zu erkennen. Die Kirche sollte dieses Gute im Schlechten anerkennen und die Betroffenen ermutigen, weitere Schritte zum noch weniger Schlechten zu machen, was sie als ‚mehr Gutes’ hinstellen. Als Beitrag zur Gradualität des Guten im Schlechten kürte der Synoden-Sondersekretär, Erzbischof Bruno Forte, das Wort von der „unvollkomenen Positivität“. Dieses sich widersprechende Wortkonstrukt drückt die Widersprüchlichkeit der neuen Synoden-Ethik aus.

Von der defizitären zur positiven Positivität

▪ Auf dem Hintergrund dieser Gesichtspunkte sind die Beiträge zur Bischofssynode zu betrachten:

Kardinal Schönborn, der Moderator des deutschsprachigen Zirkels, erläuterte seine Positionen in einem Interview mit der Jesuiten-Zeitschrift Civiltà Cattolica am 26. September, also einer Woche vor dem Synodenbeginn: „… Wir sollten die zahlreichen Situationen des Zusammenlebens nicht nur aus dem Blickwinkel dessen betrachten, was fehlt, sondern auch unter dem Blickwinkel dessen, was bereits Versprechen ist, was bereits vorhanden ist.“ Jene Ehepaare, die in Gnade und Vertrauen in einer sakramentalen Ehe leben, „wissen in einem Paar, in einer eingetragenen Partnerschaft, in Zusammenlebenden die Elemente des wahren Heldentums, wirklicher Nächstenliebe, wirklicher gegenseitiger Hingabe zu sehen und zu unterscheiden. (…) Wer sind wir, um zu urteilen und zu sagen, dass es in ihnen keine Elemente der Wahrheit und der Heiligung gibt? (…) Es gibt Situationen, in denen der Priester, der die Personen innerlich kennt, dazu kommen kann zu sagen: Eure Situation ist so, dass ich laut Gewissen, eurem und meinem als Hirten, euren Platz im sakramentalen Leben der Kirche sehe. (…) Man kann immer etwas lernen von Personen, die objektiv in irregulären Situationen leben. Papst Franziskus will uns dazu erziehen. “

Demnach sind in allen irregulären Formen des Zusammenlebens Elemente des Guten zu finden. Entsprechend forderte Erzbischof Forte die Synodenväter auf, „Sympathie zu empfinden gegenüber einer unvollkommenen Positivität im Zusammenleben, um den Weg der Reifung zu begleiten“. Dieser pastorale Neusprech der Synode ist eine Verschleierungssprache, die die Realität der Sünde und die biblische Forderung nach Umkehr der Sünder den Menschen nicht mehr zumuten will. In der folgenden Formulierung wird die Widersinnigkeit der Wendung ans Tageslicht gebracht: Von der defizitären Positivität graduell fortschreiten zur positiven Positivität. Beide Pole dieses Satzes sind unsinnige Wortkonstrukte.

Letztlich gibt es in diesem Konzept überhaupt keinen Bereich des Bösen oder der Sünde mehr: Auch im schlechtesten Menschen und seinem Verhalten wollen die Gradualisten noch Elemente von „Wahrheit und Heiligung“ hineinsehen – so der Wiener Kardinal –, etwa im Wunsch nach Stabilität und Verlässlichkeit. Von diesem Punkt aus erstreckt sich dann die Gradualität des mehr oder weniger unvollkommenen Guten bis hin zum „Ideal“ des Guten – etwa in einer sakramentalen Ehe.

Damit hat Schönborn seine ethische Farbenlehre noch einmal modifiziert: In seiner moralischen Schwarz-Grau-Weiß-Skala soll das tiefe Schwarz wegfallen, also die schwere Sünde. Die Gradualität fängt bei einem dunklen Grau an. Das wären Menschen in großer Unvollkommenheit, aber mit einem Ansatz von Positivität.

Liebe in Zeiten der Vielfalt sexueller Lebensformen


Kardinal Walter Kasper

▪ Bei dieser Argumentation wird allein auf die subjektiven Haltungen und Absichten der Zusammenlebenden abgehoben. Es ist allerdings bezeichnend, auf welche Einstellungen Schönborn fokussiert und welche er selektiert: Er hebt die heldische Nächstenliebe und die gegenseitige Hingabe hervor. Die Treue bis zum Tod und die Offenheit für das Leben, zwei der drei wesentlichen Güter der sakramentalen Ehe, lässt er unter den Tisch fallen.

Diese Unterschlagung der kirchlichen Ehelehre geschieht nicht zufällig. Denn Schönborn sucht den kleinsten gemeinsamen Nenner in den heute verbreiteten Formen sexuellen Zusammenlebens. Da findet er allerdings wenig lebenslange Treue oder die Offenheit für Kinder. Letztlich wird mit diesem Konzept auch der Status der sakramentalen Ehe degradiert. Schönborn schiebt dazu einen Wertewandel von Ehe und Familie in „geschichtlichen und sozialen Dimensionen“ nach. Auf der anderen Seite ordnet er die neuen Formen des Zusammenlebens „den positiven Entwicklungen der Gesellschaft“ zu, die von der Kirche aufzugreifen im Konzilsdokument Gaudium et Spes gefordert würde.

Als Ergebnis von Schönborns Aussagen bleibt festzuhalten: Für ihn haben die jeweiligen Kontexte einer Haltung keine ethische Relevanz. Auch die biblischen Weisungen, die objektiven Normen des Sittengesetzes oder des Naturrechts bleiben in dieser Perspektive ausgeblendet. Für die Bewertung der Zusammenlebenden wäre es demnach gleichgültig, ob sie in einer sakramentalen Ehe, Homo-Partnerschaft, dem ungebundenen Zusammenleben vor und neben der Ehe oder in einer Zweit- und Drittehe lebten.

Die Sängerin Zarah Leander hatte in einem Lied die rhetorische Frage gestellt: „Kann denn Liebe Sünde sein?“ – gemeint war Sex in allen Lebenslagen und –formen. Im positiven Neusprech der Synode will man auf jeden Fall das Wort „Sünde“ vermeiden. Daher würde die entsprechend positive Neuformulierung heißen: Liebe ist in allen Lebensformen etwas Gutes!
Kardinal Schönborn fördert mit seinem Ansatz ein Schema der Vielfalt von sexuellen Lebensformen, wie es die Gender- und Homo-Lobby propagiert: Die lebenslange Ehe mit Kindern als „traditionelle Familie“ wäre dabei nur eine von vielen gleichwertigen Lebens- und Familienformen neben der Zweit-Ehe, Patchworkfamilie, den Singles und Allein-Erziehenden, Homo-Paaren ohne und mit Kindern etc.

Heldische Nächstenliebe in Homo-Partnerschaften?

▪ Aber der Wiener Kardinal geht noch einen Schritt weiter. Er stellt ausdrücklich die Haltungen von Homosexuellen in „eingetragenen Partnerschaften“ als Vorbilder für Ehegatten in der sakramentalen Ehe hin. Bei Homopaaren würden „Elemente des wahren Heldentums“ verwirklicht als „wirkliche Nächstenliebe und Hingabe“. Er fügt hinzu: Man könne immer etwas lernen von solchen Personen in objektiv irregulären Situationen, also in defizitärer Positivität. Leben in Homo-Partnerschaften die besseren Christen?

Seinen Kritikern schleudert der Kardinal das abgemünzte Zitat von Papst Franziskus entgegen: „Wer sind wir, um zu urteilen und zu sagen, dass es in ihnen (den eingetragenen Partnerschaften) keine Elemente der Wahrheit und der Heiligung gibt?“ Doch Schönborn missbraucht das Papst-Zitat, indem er den falschen Bezug zu Homopartnerschaften herstellt. Papst Franziskus dagegen wollte homosexuell veranlagte Einzelpersonen nicht richten, wenn sie Gott suchen würden und guten Willens seien.

Zwischen Homopartnerschaft und Ehe gibt es keinerlei Ähnlichkeiten…

▪ Mit solchen frechen Behauptungen und Verdrehungen konnte Kardinal Schönborn jedoch bei der Synode nicht durchkommen. Was Papst Franziskus von Homo-Partnerschaften hält, hatte er nach dem irischen Homo-Referendum durch seinen Staatssekretär verlauten lassen: Die Einführung der Homo-Ehe sei eine „Niederlage für die Menschheit“. Die Bischofssynode hatte schon bei der ersten Sitzungsperiode die Einschätzung vom damaligen Kardinal Ratzinger festgehalten und wiederholte die kirchliche Lehre im Schlussdokument: Es gibt „kein Fundament dafür, zwischen homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Schöpfungsplan Gottes für Ehe und Familie Ähnlichkeiten oder Analogien herzustellen“. Daher sei es „nicht hinnehmbar“, die Kirche in Richtung Einführung und Akzeptanz der vermeintlichen „Homo-Ehe“ unter Druck zu setzen.

… auch nicht bei unvollkommener Positivität

Entscheidend ist an dieser kirchlichen Lehraussage, dass der institutionelle Kontext christlicher Haltungen hervorgehoben wird, also Form und Inhalt des Ehe-Versprechens und der Ehe-Güter in der Bipolarität von Mann und Frau. Erst in diesem Rahmen der sakramentalen Ehe werden Liebe, Treue und Offenheit für Kinder naturrechtlich fundiert zu erfüllenden Werten für die Ehegatten. Verlässlichkeit und Verantwortung, womit die Homo-Partnerschaften angepriesen werden, stehen dazu in keiner Analogie, „auch nicht im weitesten Sinne“, wie Kardinal Ratzinger betont hat. Mit dieser Lehraussage wird somit das Konzept der Gradualisten von der „unvollkommene Positivität“ zurückgewiesen.

Den Synodentext auf Optimismus trimmen – christliche Abgrenzung nur implizit


Die Kardinäle Marx und Kasper in Rom
▪ Mit seinen Thesen zu den Bereichen des vor-, neben- und nachehlichen Zusammenlebens konnte der Wiener Kardinal allerdings eher Einfluss nehmen auf die Synode. Als Leiter des deutschsprachigen Zirkels tragen die drei Berichte seine Handschrift, wenngleich auch andere deutsche Bischöfe ihre Positionen eingebracht haben.

Im ersten Text stellt die deutsche Sprachgruppe die Forderung auf, im Synodendokument sollte die kirchliche Lehre in einer „positiven, die christliche Position entfaltenden Sprache“ dargestellt werden. Außerdem bittet der deutsche Zirkel die Synoden-Endredaktion, „nicht zu sehr in eine Überbewertung der eher pessimistischen Wahrnehmung unserer Gesellschaft zu verfallen“. Soso, die Synode soll auf bedingungslosen Optimismus getrimmt werden und auch die katholische Lehre nur in positiver Form aussagen, keinesfalls in „normativer und negativ abgrenzender Sprache“. Schönborns Gradualität des Positiven scheint hier im Text durch; auch vor dem Wort und der Realität der (negativen) „Sünde“ sollen die Katholiken abgeschirmt werden; es sollen keine klaren Abgrenzungen der katholischen Positionen gesetzt werden. Nur „implizit“ könnte die „christlich inkompatiblen Positionen“ zur Sprache gebracht – d. h. versteckt – werden. Der bischöfliche Welt-Optimismus soll nicht durch die Erwähnung der hässlichen Fehlformen menschlicher Sexualität gestört werden – wie Pornographie, Prostitution, Pädophilie, Sado-Masochismus, Fetischismus, Vergewaltigungen und auch die ungeordnete Homosexualität.

Dieser Ansatz der „positiven Sichtweise“ ist in das Enddokument der Synode in den Kapiteln 69 bis 71 übernommen worden – ein Erfolg von Schönborns Gradualismus: In jeder Form des Zusammenlebens seien die „positiven Elemente“ zu entdecken, die zwar noch nicht die „Fülle“ enthielten, aber auf dem Weg dorthin gesehen und geführt werden sollten – dem Weg von der unvollkommenen zur vollkommenen Positivität!

Entschuldigung für die Verkündigung der kirchlichen Lehre

▪ Im dritten Text des deutschen Zirkels wird dieser Faden wieder aufgenommen. Die Bischöfe entschuldigen sich zunächst für die angebliche Unbarmherzigkeit ihrer Vor-Vorgänger. Sie klagen sie gleichzeitig an, dass sie mit der (abgrenzenden) Verkündigung der kirchlichen Lehre viel Leid über die Menschen gebracht hätten – z. B. über vor- und nicht-eheliche Lebensgemeinschaften, geschiedene Wiederverheiratete oder Homo-Partnern, bei denen doch so viel vorbildlich Positives zu entdecken sei.

Nachdem sich die heutigen Bischöfe von der unbarmherzigen kirchlichen Lehre wie auch von der Verkündigung derselben distanziert haben, wenden sie sich wieder optimistisch-positiv der menschlichen Sexualität zu, nunmehr in rein soziologischer Diktion: Sie stellen die „humane Gestaltung der menschlichen Sexualität“ in den Vordergrund. Eine „sachgerechte und erneuerte Sprache“ (noch ein Neusprech!) soll insbesondere Heranwachsende „zu einer gereiften menschlichen Sexualität“ heranführen. Diese Neu-Sprache müssten die Eltern, Seelsorger und Schullehrer selbst erst noch lernen.

Obwohl damit der Bereich von Predigt und Katechese angesprochen ist, äußern sich die deutschen Synodenbischöfe an keiner Stelle von der Hinführung zur katholischen Ehelehre und der sakramentalen Ehe . Wie soll sich bei einer solchen Praxis der beklagte Zustand ändern, dass heiratswillige Katholiken kaum Grundwissen über Wert und Bedeutung des Ehesakraments haben?

Ein Freibrief zur sakramentalen Beliebigkeit mit subjektiven Gewissensentscheidungen

▪ Der umstrittenste Punkt wird am Schluss des dritten Zirkel-Dokuments verhandelt. Die Bischöfe stellen zu Anfang ausdrücklich ihr Ziel vor, die nach erster bleibender Ehe getrennt Lebenden und in zweiter Ehe Wiederverheirateten „unter bestimmten Voraussetzungen zu den Sakramenten der Buße und der Eucharistie“ zulassen zu wollen. Dieser Ansatz ist von Papst Paul II. in seiner Enzyklika „Familiaris consortio“ grundsätzlich verneint worden:

„Die Kirche bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht.“

Auf diesem Hintergrund war es ein geschickter Schachzug, den Angriff gegen die aufgezeigte Position der päpstlichen Enzyklika mit einem unverfänglichen Zitat derselben einzuleiten: Der Papst hatte darin von der Unterscheidung gesprochen, dass es bei Trennungen oftmals schuldige und unschuldige Ehegatten gebe. Diese ethische Unterscheidung ist zutreffend, kann aber nicht die objektive Gültigkeit der eingegangenen Ehe aufheben oder einen subjektiven Anspruch auf eine zweite Ehe und den Kommunionempfang legitimieren.

Doch eben zu jener Zielsetzung sollte dieses Zitat hinführen. Der Weg dazu wird mit dem „forum internum“ angegeben. Damit ist die persönliche Gewissensprüfung nach einem Beratungsgespräch mit dem Beichtvater gemeint. Mit dem Wort: „Jeder muss sich selbst prüfen“, wird der Zugang zum Sakramentenempfang der Eucharistie der subjektiven Entscheidung überlassen. Das würde auf einen Freibrief der sakramentalen Beliebigkeit hinauslaufen, denn das Gewissen der meisten Katholiken ist nicht mehr an dem Wissen über die biblische und kirchliche Normenlehre orientiert.

Schönborn bzw. der deutsche Zirkel argumentierten zum Gewissen ähnlich wie Martin Luther, als er vor der Frage stand, ob er dem protestantischen Kurfürsten Johann Friedrich eine Zweitehe erlauben sollte. Der hatte „auf Gott und sein Gewissen genommen“, dass er ohne seine Konkubine nicht leben könnte. Daraufhin gab Luther dem Kurfürsten „beichtweise die Erlaubnis zur Bigamie, um das Gewissen zu retten“
.
Kardinal Schönborn hatte in seinem vor-synodalen Interview ausdrücklich Fälle konstruiert, in denen er wiederverheiratet Geschiedenen bei gültiger Erst-Ehe empfahl, den Leib des Herrn zu empfangen. Damit hatte er provokativ gegen die Lehraussagen von Papst Johannes Paul II. verstoßen. Auch bei einem nach-synodalen Gespräch schlug er in die gleiche Kerbe: Für den Kommunionempfang von Katholiken in ungültiger Zweitehe sei die Bedingung der Enthaltsamkeit, wie sie in „Familiaris consortio“ aufgestellt wird, nicht mehr notwendig.
Die Reformer haben den Fuß in der Tür – für ihre progressive Agenda


Die Kardinäle Marx und Schönborn bei der Synode

▪ Das Enddokument der Synode hat in den Kapiteln 85 und 86 die aufgeführten Überlegungen und Formulierungen des deutschsprachigen Zirkels weitgehend übernommen. Es sind allerdings einige Abschwächungen vorgenommen worden. So wird von dem „recht gebildeten Gewissen“ statt dem ungebundenen „persönlichen Gewissen“ gesprochen. Die subjektive Gewissensentscheidung könne auch nicht von den Erfordernissen der Wahrheit und den evangeliumsfundierten Vorgaben der Kirche absehen. Statt „Zugang zu den Sakramenten“ sollen die Möglichkeiten „einer vollen Teilnahme am Leben der Kirche“ ausgelotet werden.
Trotzdem äußerten sich die Kasperianer zum Synodenergebnis im Abschlusspapier mit vorsichtigem Optimismus. Die Kardinäle Kasper, Schönborn und Marx konnten mit den Kapiteln 69 bis 71 sowie 85 und 86 den „Fuß in die Tür“ setzen, um nach der Synode

gradualiter ihre progressive Agenda zu vollenden. Denn die abgeschwächten Inhalte jener Kapitel verweisen auf das weitergehende Original der Beschlüsse aus dem deutschsprachigen Zirkel. Darin aber wurde unter der Hand (des pastoralen Ansatzes) die Lehre der Kirche zu dem Bereich Sexualität und Ehe verändert. Zusammenfassend ergibt sich aus den folgende Eckpunkten ein neues Paradigma für die kirchliche Ehelehre:

- Es soll nicht mehr in negativ-abgrenzender Sprache von Sünde, Verboten und Schlechtem gesprochen werden – etwa dem 6. Gebot: Du sollst nicht ehebrechen, dem Jesus-Wort von Wiederverheiratung als Ehebruch oder der Nicht-Erlaubtheit von Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe. Der kirchliche Realismus zu Sünde und Vergehen wird als „pessimistische Weltsicht“ denunziert.

- Darüber hinaus soll das moraltheologische Prinzip des intrinsisch Schlechten gekappt werden. Demnach sollen Abtreibung, Ehebruch etc. nicht mehr als in sich schlechte Handlungen gelten, sondern nach Situation, Motiv, Umständen und Konsequenzen auch positiv gedeutet werden können.

- Gegenüber der bisherigen Unterscheidung von gut und schlecht soll die Kirche ganz auf eine positiv-optimistische Sicht der Menschen umgepolt werden. In allen schlechten Haltungen und Handlungen hätte man immer schon eine Beimischung von guten Absichten und Ansätzen zu sehen. Daher bräuchte es keine Umkehr der Sünder mehr. Es gäbe nur ein gutes Fortschreiten vom Ausgangspunkt der unvollkommenen Positivität zur positiveren Positivität. Die bisherige Norm der sakramentalen Ehe wird dabei zu einem kaum erreichbaren „Ideal“ für die Frommen marginalisiert.

- Die Anwendung dieses neuen Paradigmas bedeutet eine substantielle Veränderung der kirchliche Lehre zu Sexualität und Ehe: Alle sexuellen Beziehungen vor, neben und außerhalb der Ehe sollen grundsätzlich als Vielfalt der Lebens- und Liebesformen akzeptiert sowie von ihren positiven Elementen her gesichtet und bewertet werden. Insbesondere wird die Verantwortungsübernahme in einer Zweit-Ehe als in sich gut und unumkehrbar hingestellt.
- Die kirchlich-disziplinarischen Folgen dieser Lehr-Änderung skizzierte Kardinal Schönborn so: Der Eintritt in die Zweitehe bei gültiger Erst-Ehe könnte als Vergehen der Vergangenheit im Beichtgespräch bereut und vergeben werden. Die eingegangenen Verpflichtungen und Verantwortungsübernahme in der Zweitehe (besonders bei Kindern) wären aber grundsätzlich positive Elemente, die nach persönlicher Gewissensprüfung den Zugang zur Kommunion ermöglichen sollten. Ausdrücklich wendet sich der Wiener Kardinal gegen die Ausnahmeformel von „Familiaris consortio“, wonach Kommunionsempfang nur bei Enthaltsamkeit in der Zweitehe zu erlauben sei.

In diesem Sinne betrachten die Kasperianer den Synodenbeschluss als Anfang einer Agenda, die sich nicht an den Wortlaut hält, sondern – analog zum Konzil – den Geist der Synode fortführen will und die Tür zur Akzeptanz der Vielfalt von Zusammenliebenden ganz aufstoßen sowie deren volle „Integration“ in die sakramentale Kirche betreiben soll. Der schwache Trost für die Verteidiger der Rechtgläubigkeit, dass im Synoden-Enddokument nichts entgegen der Lehre der Kirche drinstehe, ist praktisch schon überholt

Die kirchliche Ehelehre ist bei den Gläubigen schon lange verdunstet

▪ Doch auch noch die defensive These, dass kein Verstoß gegen die Kirchenlehre vorliege, hat für die Klarheit und Binnenwirkung der kirchlichen Verkündigung desaströse Auswirkungen angesichts der bisherigen Verdunstung der kirchlichen Lehre über Ehe und Familie:
In einem Beitrag der Limburger Kirchenzeitung vom 20.09.2015 unter der Überschrift: „Geschiedenen eine zweite Chance geben“ berichtete Der Sonntag über eine Umfrage unter Ehejubilaren zu der Frage, wie die Kirche sich zur Wiederverheiratung von Geschiedenen verhalten solle. Alle drei befragten Paare stellten die Trennung von Eheleuten unter die Gesichtspunkte: Der Mensch irrt sich. Es passiert halt, dass man bei der Wahl des Partners daneben liegt. Dann macht man es eben beim zweiten Mal besser. Auf jeden Fall sollten Geschieden eine zweite Chance erhalten und wieder kirchlich heiraten dürfen.

In einer solchen säkularen Eheauffassung nach dem Muster von Versuch, Irrtum und zweiter Chance hat sich die kirchliche Ehelehre vollständig verflüchtigt. Wenn bei vermeintlich gut-katholischen Goldhochzeitspaaren schon diese Verdunstung der Glaubenslehre vorherrscht, wird man bei Heranwachsenden und jungen Paaren erst recht keinen Ansatz mehr finden für die Ansprüche und Gaben des Ehesakraments. Dass die Katholiken von alt bis jung vielfach keine Kenntnisse mehr haben von den christlichen Glaubensgrundsätzen, müsste Bischöfe und Pfarrer, Religionslehrer und auch die kirchliche Publizistik aufschrecken. Denn sie sind offensichtlich ihrer Pflicht zur Darlegung der biblisch-kirchlichen Ehelehre bisher nicht genügend nachgekommen. In dieser Situation wäre eine Kehrtwende auf allen Ebenen der Verkündigung not-wendig. Insofern ist die Feststellung, die Synode hat nichts gegen die Lehre der Kirche geäußert, eine Bankrott-Erklärung des Weiter so mit den kirchlichen Defiziten bei der Glaubensverkündigung, insbesondere zur Ehelehre.

Die Lehre von der defizitären Positivität ist in der Provinz angekommen

▪ Das zeigt ein Treffen des derzeitigen Bistumsleiters in Limburg, Weihbischof Manfred Grothe, mit „zwanzig Praktikern aus der Familienpastoral und -beratung, von der Familienbildung und den Kindertagesstätten“. Erstaunlich schnell wurden dabei die progressiven Tendenzen der Kaperianer-Fraktion der Synode aufgenommen. Wenn Bischof Bode im Frühjahr die Kluft zwischen Lehre und Lebenswirklichkeit beklagte, so lautet heute die Sprachregelung: „Spannungsfeld von (Ehe-)Ideal und Wirklichkeit“ – so Grothe laut Limburger Kirchenzeitung vom 1. Nov. Es gebe nun mal eine „Vielfalt von Lebensformen, in denen nur Elemente dieses Ideals verwirklicht“ würden. Man sieht, die aus Rom verbreitete Lehre von der Gradualität einer defizitären Positivität ist in der Provinz angekommen.


Auch Kardinal Schönborns Theorie, dass solche Haltungen wie „Verantwortung übernehmen“ kontextlos, also unter allen Umständen (intrinsisch) gut zu heißen seien, sogar evangeliengemäß, fand die Zustimmung des Limburger Weihbischofs. Verräterisch war allerdings, wie die katholischen Berater/innen in ihren Praxisberichten dazu standen: „Die Paare, egal in welcher Lebensform, wollen, dass ihr Miteinander gelingt“. Die Menschen würde die professionelle Beratung schätzen. Dabei sei „die Marke Katholisch kein Hemmnis (!) und kein Problem“. Diese Aussage ist entlarvend: Das ‚Katholische’ wird als äußerliche Marke angesehen, die dann nicht als hemmend und hinderlich für die Beratung angesehen wird, wenn das Inhaltlich-Katholische hintan steht.
http://www.katholisches.info/2015/11/10/...chlichen-lehre/




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