Pakistan: Hinter den Gesetzen wächst eine Ideologie
Proteste in Pakistan, weil ein religiöser Extremist verhaftet wurde - AFP
28/12/2015 09:29SHARE: Pakistan gehört zu den Ländern, in denen Christen am meisten zu leiden haben. In jüngster Zeit kommen zum Blasphemiegesetz, das Religionsausübung für Christen einschränkt, Angriffe von Fundamentalisten hinzu. Kirchen müssten in diesen Weihnachtstagen von Sicherheitskräften geschützt werden, berichtet gegenüber Radio Vatikan Paul Bhatti, Christ und ehemaliger Minister des Landes. „Die Menschen haben wahnsinnige Angst davor, dass etwas passieren könnte.“
Das zu Ende gehende Jahr 2015 habe sich was Gewalt gegen die christliche Minderheit angeht nicht positiv von seinen Vorgängern abgesetzt, im Gegenteil, berichtet Bhatti. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass auch viele Muslime umgebracht wurden. Natürlich sind wir am meisten betroffen wegen des Glaubens, den wir teilen, aber es trifft auch immer wieder Schiiten, dann auch Hindu und auch einige Sikh. Das Land leidet.“
Die die Religionsfreiheit beschränkenden Gesetze, Blasphemiegesetze genannt, sind immer noch die stärkste Gefahr für die Christen und andere Minderheiten, einmal durch das Gesetz selber, dann aber auch durch einen Mob, der immer sein Verständnis des Gesetzes auf der Straße und durch Terror durchsetzen will. Das Gesetz besagte ursprünglich, dass keine Bestimmung den Geboten des Islam zuwiderlaufen dürfe. Es stammt aus der Phase der Islamisierung des Landes unter dem Diktator Zia ul-Haq und wird als institutionalierte Unterdrückung wahrgenommen. „Wir haben immer wieder versucht, dieses Gesetz zu ändern.
Auch mein Bruder (Shabbaz Bhatti, ebenfalls ehemaliger Minister des Landes, 2011 ermordet) hat sich immer dafür eingesetzt, so dass es zumindest nicht mehr für persönliche Ziele missbraucht werden kann,“ sagt Paul Bhatti. „Dazu möchte ich aber sagen, dass es nicht nur das Gesetzt ist, sondern dass dahinter in den vergangenen Jahren eine Ideologie gewachsen ist, in deren Namen getötet und gestorben wird. Hier liegt der wirkliche Kampf.“ Man müsse sich vor allem für die nächste Generation dafür einsetzen, dass diese Ideologie nicht noch stärker werde. Denn das würde auch für 2016 noch mehr Tote bedeuten. Hintergrund: Das Gesetz verbietet bei Androhung der Todesstrafe abwertende Äußerungen über den Islam. Ursprünglich war es eine Bestimmung zum Schutz religiöser Stätten während der Kolonialzeit, in den 1980er Jahren wurde es während der Militärdiktatur Zia ul-Haqs zum Zwecke der Islamisierung des Landes erheblich verschärft.
Artikel 295c des pakistanischen Strafgesetzbuches lautet: “Whoever by words, either spoken or written, or by visible representation or by any imputation, innuendo, or insinuation, directly or indirectly, defiles the sacred name of the Holy Prophet Muhammad (peace be upon him) shall be punished with death, or imprisonment for life, and shall also be liable to fine. (Pakistan Penal Code, Act XLV, 1860: Art. 295c)." (rv 28.12.2015 ord)
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