Priesterzölibat „nach dem Vorbild Christi“ – Kardinalstaatssekretär: „Man kann darüber reden, aber ohne Eile“ 10. Februar 2016 39
Tagung über den Priesterzölibat an der Gregoriana
(Rom) An der Päpstlichen Universität Gregoriana fand in der vergangenen Woche eine hochkarätig besetzte Tagung zum Thema Priesterzölibat statt. Vom 4.-6. Februar wurde über den Zölibat als konstitutives Element des Priestertums gesprochen und dieser verteidigt. Die Planung zur Tagung begann noch in der letzten Zeit des Pontifikats von Papst Benedikt XVI.
Durchgeführt wurde sie nun zu einem Zeitpunkt, da es rund um Papst Franziskus rumort und eine Reihe von Gesprächspartnern des Papstes behaupten, er denke daran, den Priesterzölibat, den in der zweitausendjährigen Geschichte der Christenheit nur die lateinische Kirche verwirklichen und bewahren konnte, aufzugeben. Mit besonderer Spannung wurden daher das Eingangsreferat von Kurienkardinal Marc Ouellet, Präfekt der Bischofskongregation und das Schlußreferat von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin erwartet.
Beide verteidigten in ihren Ausführungen den Priesterzölibat energisch und führten dafür eine Fülle theologischer Argumente an. Der Priesterzölibat habe sich trotz der Herausforderung und mancher Schwierigkeiten auch in der Praxis bewährt.
„Tradition des Priesterzölibats geht bis auf die Apostel zurück und folgt dem Vorbild von Jesus Christus“
Kardinal Ouellet gründete seine Ausführungen auf das Neue Testament und das Vorbild Jesu Christi, von dem sich der priesterliche Zölibat herleite. Er bestätigte allerdings, daß die Frage auch nach 2000 Jahren „noch immer kontrovers“ gesehen werde.
„Die kirchliche Tradition des Zölibats und der Enthaltsamkeit der Kleriker ist nicht am Beginn des 4. Jahrhunderts als etwas Neues entstanden, sondern war vielmehr – sowohl im Osten wie im Westen – die Bestätigung einer Tradition, die bis auf die Apostel zurückreicht. Als das Konzil von Elvira in Spanien 306 bestimmte, daß die Priester die Pflicht haben, in perfekter Enthaltsamkeit zu leben, gilt es zu verstehen, daß diese Notwendigkeit der Kirche in den frühen Jahrhunderten sowohl den Zölibat und das Verbot wieder zu heiraten als auch die perfekte Enthaltsamkeit für jene, die bereits verheiratet sind, umfaßte.“
Kardinal Marc Ouellet, Präfekt der Bischofskongregation
Mit noch größerer Spannung wurden die Ausführungen von Kardinalstaatssekretär Parolin erwartet. Als der damalige Nuntius im September 2013 von Papst Franziskus an die Spitze der Römischen Kurie berufen wurde, betonte er in einem Interview auffällig die Tatsache, daß der priesterliche Zölibat „kein Dogma“ sei und daher „diskutiert“ werden könne. Als institutionell höchstrangiger Mitarbeiter von Papst Franziskus und von diesem persönlich ausgewählt, kommt seinen Aussagen besonderes Gewicht zu.
Kardinalstaatssekretär Parolin: „Man kann reden, aber ohne Eile und konstruktiv“
Der Kardinalstaatssekretär war es dann auch, der in seinem Referat, mit dem die Tagung abgeschlossen wurde, die Tür verhältnismäßig am weitesten in Richtung möglicher Ausnahmen öffnete. Die Tür zu Ausnahmen war bereits vom Zweiten Vatikanischen Konzil aufgetan worden. Die sichtbarste Erscheinungsform dafür sind seither in der lateinischen Kirche ständige Diakone, die zum Zeitpunkt der Diakonatsweihe verheiratet sein können. Diese sogenannten „viri probati“ gelten manchen seither als „Vorstufe“ zur Zölibatsaufhebung nach dem Beispiel der griechischen Kirche.
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin
Die Ostkirchen haben den Zölibat nicht durchgehalten und weitgehende Ausnahmen gestattet. Die Bischöfe und Mönche leben zölibatär, während der Diözesanklerus verheiratet ist. Das hat zur Folge, daß alle Bischöfe dem Mönchstum entstammen. Wer zum Zeitpunkt der Weihe verheiratet ist, kann es als Weltpriester bleiben. Nach der Weihe ist auch in der Ostkirche eine Heirat oder eine Wiederheirat ausgeschlossen. Ein innerkirchlicher Aufstieg ist für den verheirateten niederen Weltklerus allerdings nicht möglich.
Wörtlich sagte Kardinal Parolin:
Der Zölibat ist eine Berufung, der in der lateinischen Kirche als besonders angemessen für jene gesehen wird, die zum priesterlichen Amt gerufen sind. Die zölibatäre Spiritualität des Presbyters ist ein „positiver“, konstruktiver Vorsatz, der darauf abzielt, daß das Volk Gottes immer von der Gefahr der Korruption und der Verbürgerlichung radikal freie Hirten hat. Und weiter:
Die Höhe anzuerkennen, die dieser Vorsatz mit sich bringt, macht ihn aber nicht exklusiv, wie das Zweite Vatikanische Konzil in Presbyterorum ordinis sagte, indem es erklärte, daß er „nicht vom Wesen des Priestertums selbst gefordert (ist), wie die Praxis der frühesten Kirche und die Tradition der Ostkirchen zeigt, wo es neben solchen, die aus gnadenhafter Berufung zusammen mit allen Bischöfen das ehelose Leben erwählen, auch hochverdiente Priester im Ehestand gibt“. Und ebenso:
Die katholische Kirche hat den Ostkirchen die zölibatäre Entscheidung nie aufgezwungen. Andererseits hat sie auch im Laufe der Geschichte Ausnahmen erlaubt wie im Fall von verheirateten lutherischen, calvinistischen oder anglikanischen Hirten, die – in die katholische Kirche aufgenommen – eine Dispens erhielten, um das Weihesakrament empfangen zu können. Das geschah bereits während des Pontifikats von Papst Pius XII. 1951.
In jüngster Zeit hat 2009 das Motu proprio Anglicanorum coetibus von Papst Benedikt XVI. die Errichtung von Territorialordinariaten der lateinischen Kirche erlaubt, wo zu katholischen Priestern geweihte, ehemalige anglikanische Pastoren ihr Amt ausüben.
Im Gefolge der massiven Emigration der Katholiken aus dem Nahen Osten hat Papst Franziskus 2014 mit dem päpstlichen Dekret Praecepta de clero uxorato orientali den verheirateten orientalischen Priester erlaubt, in den christlichen Gemeinschaften der Diaspora und damit auch außerhalb ihrer historischen Gebiete zu wirken, indem er bisherige Verbote aufhob.
In der aktuellen Situation wurde dann häufig eine Art „sakramentaler Notstand“ durch den Mangel an Priestern betont, besonders in einigen Gegenden. Das hat von mehreren Seiten die Frage nach der Eventualität aufkommen lassen, die sogenannten „viri probati“ zu weihen.
Wenn die Problematik auch nicht unbedeutend scheint, ist es aber sicher nicht angebracht, übereilte Entscheidungen und nur aufgrund von Dringlichkeiten zu treffen. Dennoch ist es auch wahr, daß die Notwendigkeiten der Evangelisierung, zusammen mit der Geschichte und den vielfältigen Traditionen der Kirche, die Möglichkeit zu legitimen Debatten offenläßt, wenn sie von der Verkündigung des Evangeliums motiviert sind und auf konstruktive Weise geführt werden, wobei immer die Schönheit und Höhe der zölibatären Entscheidung zu bewahren ist.
Der Zölibat ist ein Geschenk, das es erfordert, mit freudiger Ausdauer angenommen und gepflegt zu werden, damit es wirkliche Früchte bringen kann. Um ihn gewinnbringend zu leben, ist es notwendig, daß jeder Priester sich das ganze Leben lang ständig als Jünger auf dem Weg fühlt, der manchmal der Wiederentdeckung und der Stärkung seiner Beziehung zum Herrn bedarf und auch der „Heilung“.
Das Referat von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin „Der in persona Christi geweihte Priester“ in voller Länge (italienisches Original). http://www.katholisches.info/2016/02/10/...aber-ohne-eile/ http://www.news.va/it/news/il-cardinale-...l-celibato-eccl
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