Belgien: Bischöfe rufen zum Gebet und Besonneheit auf
Evakuierte Passagiere beim Flughafen in Brüssel - EPA
22/03/2016 13:09SHARE: Nach den mehreren Explosionen auf dem Brüsseler Flughafen und in der U-Bahn der belgischen Hauptstadt haben die Bischöfe des Landes auf Twitter zu Gebet und Besonnenheit aufgerufen. An diesem Dienstagmorgen gegen 8 Uhr ereigneten sich zunächst am Flughafen, dann auch in der Metrostration Maelbeek im EU-Viertel Detonationen, bei denen nach Informationen des belgischen Senders VRT mindestens zwei Dutzend Menschen starben und viele weitere verletzt wurden. Radio Vatikan sprach mit dem Sprecher der belgischen Bischöfe, Pater Tommy Scholtes, über die aktuelle Lage im Land.
„Die Situation in Brüssel ist chaotisch. Es gibt ungefähr 25 Tote am Flughafen und bei der Metro-Station. Der Verkehr ist komplett blockiert. In der Stadt steht ein Krankenwagen neben dem anderen. Und in der Metro werden noch immer Verletzte geborgen. Die Stadt ist wie gelähmt.“
Erst im November, kurz nach den Terrorattentaten von Paris war die Stadt im Ausnahmezustand – für eine Woche waren Schulen und Geschäfte geschlossen, weil es konkrete Terrorgefahr gab. Erst vergangene Woche wurde einer der flüchtigen Attentäter von Paris, Abedeslam Salah, im Brüsseler Viertel Molenbeek gefasst. Für viele Belgier kam der Anschlag wenig überraschend:
„Wir wussten sehr genau, dass es noch genug weitere radikalisierte Leute gibt, von denen einigen zu allem fähig sind, um die Demokratie, die Kultur und europäischen Werte zu destabilisieren. Wir wussten also zwar natürlich nicht, wo das nächste Attentat stattfinden würde, aber es überrascht uns auch nicht zu sehr, dass unglücklicherweise wieder so etwas Dramatisches passiert ist.“
Die Bischöfe hatten sehr früh am Morgen schon reagiert und ihre Bestürzung über diesen schrecklichen Akt zum Ausdruck gebracht. Sie dachten zunächst an die Opfer, aber auch an da Flughafenpersonal und die Sicherheitsleute, die kurz nach dem Anschlag die Flughafenhallen absicherten. Dennoch müsste man den Dialog mit allen Gemeinschaften Brüssels – christlich und nichtchristlich - aufrechterhalten. Auch in Problemvierteln wie Molenbeek, der Heimat der Paris-Attentäter.
„Natürlich kenne ich das Viertel Molenbeek sehr gut. Dort gibt es sowohl katholische Gemeinden als auch Moscheen. Der Dialog ist für viele Menschen in diesem Viertel sehr reell und normal, sie leben dort einen ruhigen gemeinsamen Alltag. Natürlich gibt es dort auch radikalisierte Menschen, die gefährliche Ideen haben. Aber wir wollen nicht mit dem Finger auf das Viertel zeigen. Dennoch gibt es auch zunehmend Kontrollen, um festzustellen, wer eventuell gefährliche Überzeugungen haben könnte.“
Deshalb sei auch die muslimische Gemeinde, aber allen voran der belgische Staat auf den Plan gerufen, für mehr Sicherheit zu sorgen. „Ich denke der Großteil der Muslime sind ehrbare, ehrliche Menschen. Wir dürfen also nicht mit dem Finger auf eine Gruppe von Menschen zeigen und verallgemeinern. Aber ist klar, dass der Staat die Moscheen sehr viel stärker kontrollieren muss, damit sichergestellt wird, dass dort friedliche und keine militanten Predigten gehalten werden.“
EU-Bischöfe sind bestürzt
Auch der Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft ComECE, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, zeigt sich bestürzt und erklärt, „seine Gedanken und Empfindungen sind in diesen Stunden bei den Toten, den Verletzten und ihren Angehörigen. In dieser Karwoche werden wir besonders für die Opfer der Gewalt und ihre Angehörigen beten.“ Durch sein Amt ist er selbst immer wieder in Brüssel und zeigt sich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sekretariat der ComECE in Brüssel in dieser Situation besonders verbunden.
Hintergrund
Zu den Anschlägen ist vieles noch unklar. Zeugen wollen am Flughafen vor den Explosionen Schüsse gehört haben, jemand soll etwas auf Arabisch geschrien haben. Die belgischen Behörden gehen von Terroranschlägen aus und hoben die Terrorwarnstufe auf die höchste Stufe an. Auch in Deutschland wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.
Fahnder hatten am Freitag einen der noch flüchtigen Hauptverdächtigen der Anschläge von Paris vor vier Monaten in Brüssel gestellt. Der 26-jährige Salah Abdeslam war bei einem Großeinsatz der Polizei in der Brüsseler Gemeinde Molenbeek festgenommen worden. (kna/pm 22.03.2016 ar) http://de.radiovaticana.va/news/2016/03/...%BCssel/1217226
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