„Sehr einseitiger und etwas diffuser Integrationsbegriff“ 07/04/16
Bayerische_Staatskanzlei_Munich_2014_02 Der Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese München und Freising hat eine kritische Stellungnahme zu dem von der Bayerischen Staatsregierung verfassten Entwurf für ein Integrationsgesetz vorgelegt. Dem Text liege eine „sehr statische Vorstellung von der Wertebasis einer Gesellschaft“ zugrunde, wodurch „eine große Chance“ verpasst werde, „die bayerische Gesellschaft wirklich zukunftsfähig zu machen“, so das Schreiben, das vom Vorsitzenden des Diözesanrats, Hans Tremmel, und vom Vorsitzenden des Sachausschusses Flucht und Asyl, Stefan Rappenglück, unterzeichnet wurde.
Der leitend postulierte Ansatz des Förderns und Forderns gerate „in den Details in eine deutliche Schieflage“, heißt es weiter: „In den konkreten Umsetzungen formuliert der Entwurf vor allem klare Regelungen des Forderns. Maßnahmen, die das Fördern in den Blick nehmen, werden jedoch in der Regel nicht näher ausgeführt und bleiben damit weich, interpretierbar und ohne jeden konkreten Verpflichtungscharakter für das Land.“ Ohnehin liege dem Entwurf „ein sehr einseitiger und bisweilen auch etwas diffuser Integrationsbegriff zugrunde“, bei dem es vor allem darum gehe, „dass die Ankommenden eine vorherrschende ‚Leitkultur‘ akzeptieren müssen“. Der Diözesanrat fordert demgegenüber, auch die Traditionen und Werte der Geflüchteten und Aufzunehmenden müssten „als zentraler Bestandteil ihres Selbstbildes ernst genommen und ihnen ein Recht darauf als Teil ihrer Identität zugesprochen werden“. Gerade darin liege eine Chance für unsere plurale Gesellschaft. Integration könne deshalb „nicht die reine Anpassung an eine wie auch immer definierte Leitkultur meinen, sondern bringt immer auch etwas Neues hervor“.
Zwar sei das im Entwurf erkennbare „explizit subsidiäre Verständnis der Arbeit zivilgesellschaftlicher Akteure“ wie der christlichen Kirchen positiv anzumerken, Subsidiarität werde allerdings „sehr einseitig als Verpflichtung zur Verantwortung für sich und die Seinen“ verstanden, heißt es in der Stellungnahme: „So verwundert es auch nicht, dass neben dem Dank für die geleistete Arbeit keine konkreten und verbindlichen Maßnahmen zur Stärkung und Unterstützung dieses zivilgesellschaftlichen Engagements aufgeführt werden, einmal abgesehen von Angeboten der Rückkehrberatung.“ Darüber hinaus kritisiert der Diözesanrat, „konkrete Ansprüche, die Ankommenden auf der Grundlage der vom Gesetzentwurf selbst aufgerufenen Wertebasis zukommen“, wie das Recht auf Bildung, würden „wenn überhaupt, nur benannt, allerdings kaum durch konkrete Regelungsvorhaben abgesichert oder sogar aufgeweicht“. Das in dem Entwurf vorgesehene Amt eines Integrationsbeauftragten und die regelmäßige Erstellung eines Integrationsberichts bewertet der Diözesanrat „im Grundsatz als sinnvoll“. Allerdings schränke eine ausschließlich ehrenamtliche Tätigkeit Handlungsspielraum und -kompetenz „in hohem Maße“ ein und erscheine die Abfassung als reiner Tätigkeitsbericht einmal in der Legislaturperiode „nur bedingt überzeugend“.
Die Kritikpunkte verbindet der Diözesanrat mit Empfehlungen für die Modifizierung des Entwurfs: „Maßnahmen zur Gewährleistung bürgerlicher und sozialer Menschenrechte sowie zur Förderung der Integrationsfähigkeit von Ankommenden wären ebenso zu konkretisieren und rechtsverbindlich festzuschreiben wie dies bereits im Feld der Forderungen an die Ankommenden geschehen ist. Darüber hinaus sollte auch die Stärkung der Integrationskraft der aufnehmenden Gesellschaft in den Fokus geraten, etwa durch die verbindliche, substantielle und subsidiäre Unterstützung für zivilgesellschaftliche Akteure im Bereich der Flüchtlings- und Integrationshilfe. Darüber hinaus sollten im Rahmen des geplanten Integrationsgesetzes Strukturen der Mitgestaltung von Migranten genannt und gefördert werden.“ (gob)
(Quelle: Webseite des Erzbistums München und Freising, 07.04.2016)
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