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  • 03.06.2016 00:07 - Augsburgs Diözesanwallfahrt nach Rom: „Echte Pilger“ begeistert von Wallfahrt zum Heiligen Jahr
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Augsburgs Diözesanwallfahrt nach Rom: „Echte Pilger“ begeistert von Wallfahrt zum Heiligen Jahr


Noch mit 81 Jahren unternahm Bischof Ulrich per Ochsenkarren eine Wallfahrt nach Rom. Wäre der Heilige vorige Woche in der ewigen Stadt gewesen, er hätte gestaunt. Und seine Ochsen wären vermutlich durchgegangen. Denn es wimmelte an roten Tüchern bei der großen Bistumswallfahrt zum Heiligen Jahr der Göttlichen Barmherzigkeit. Rote Tücher, die anzeigen, wer zueinander gehört; rote Tücher aber auch, die markante Farbtupfer setzen unter 70 000 anderen Pilgern auf dem Petersplatz. Und rote Tücher, die stolz verkünden: Wir sind die Wallfahrer aus der Diözese Augsburg – und gleich wird unser Bischof dem Papst die Hand schütteln!

Schwester Ruperta Mühlbauer vom Vincentinum erlebt derweil eine Sternstunde. Während die Mit-Wallfahrer beim schönsten Sonnenschein, den Bella Italia zu bieten hat, die Audienz verfolgen und einige fast zu spät kommen, weil bei einem nächtlichen Einbruchsversuch die Zündung am Bus ruiniert wurde, schlängelt sich die resolute Ordensfrau geschickt durch die Reihen und hat das Smartphone schussbereit, als Franziskus mit dem Papamobil durch die Menge kurvt. Keine eineinhalb Meter entfernt gelingt ihr der Schnappschuss, der nicht nur im Bus für Bewunderung sorgt.

Noch
kommt Bischof Konrad dem Pontifex: Nach der Audienz schüttelt er ihm die Hand und überreicht ein filigranes Ulrichskreuz, gestaltet von Ulrich Dochtermann. Der Papst küsst es, um seine Verehrung für den Gekreuzigten auszudrücken. Groß war schon zuvor der Jubel unter den rotbetuchten Pilgern, als Franziskus direkt an sie gewandt verkündete: „Ich wünsche euch einen guten Aufenthalt in Rom, der euren Glauben stärken möge. Von Herzen segne ich euch alle.“

Am Abend in gemütlicher Runde im Hotel erzählt Konrad Zdarsa schmunzelnd, eine Generalaudienz sei für ihn gar nichts sooo Besonderes. Schließlich studierte er fünf Jahre in Rom und legte dort die Promo­tion ab. Dabei erlebte er noch Vorlesungen auf Latein mit. Wie er beim „Abend der Begegnung“ verrät, seien die Römer ein „besonderes Volk“.

In der Tat: Ein ganz besonderes, wie die Wallfahrer schnell merken. Der Verkehr ist manchmal fast unerträglich. Da wird gehupt und gedrängelt, was das Zeug hält. Wer mit dem Taxi zum Hotel will, muss gut verhandeln und am besten fließend Italienisch können. Die Fahrer der Busunternehmen, die das Bayerische Pilgerbüro und die Pilgerstelle der Diözese Augsburg für die große Diö­zesanwallfahrt zum Heiligen Jahr der Göttlichen Barmherzigkeit ausgesucht haben, strotzen aber vor guten Nerven und lassen sich vom Gewühl nicht aus der Ruhe bringen. So sind die roten Tücher der Pilger das einzige rote Tuch für sie – ein willkommenes.

Und erst die Reisebegleiter: Roberto Mazzotta zum Beispiel, selbst Italiener und mit allen Wassern gewaschen. Eifrig erteilt er unter der Fahrt Italienischunterricht („Und jetzt alle noch einmal: buongiorno!“) und begeistert mit Arien von „O sole mio“. Auch Stadtführerin Lia Placenti kennt sich bestens aus in Rom, wovon die Pilger profitieren, als sie ihnen die touristischen Höhepunkte der Ewigen Stadt und die großartigen Zeugnisse aus der Antike erklärt.

Sehenswürdigkeiten sind freilich nur die eine Sache – eine Nebensache, die gut ankommt und bestens organisiert ist. Es geht um viel mehr. Und um viel Wichtigeres. Wer da am Dienstag frühmorgens um 6 Uhr in den Bus gestiegen ist, merkt schnell, dass es keine Erholungstour wird. Nicht nur der Körper, vor allem die Seele ist gefordert: Morgenlob, Vesper und Barmherzigkeits-Rosenkranz tönen durch die Busse, Psalmen werden wechselweise vorgetragen und religiö­se Lieder, die man seit Kindesohren kennt, klingen auch ohne Orgelbegleitung kraftvoll durch die Sitzreihen.

Beten bringt Gemeinschaft

Pfarrer Ulrich Lindl, Leiter der diö­zesanen Pilgerstelle und der Hauptabteilung kirchliches Leben, fasst es später in den treffenden Satz: „Wir haben uns zusammengebetet!“ Die Wallfahrer, die quer durch alle Altersschichten vertreten sind, erhalten das Kompliment, „echte Pilger“ zu sein.

Bischof Konrad trägt wesentlich dazu bei. Diejenigen unter den auf sechs Bussen verteilten Reisenden, zu denen etliche Flugzeug-Pilger und weitere, extra angereiste Gruppen aus dem Bistum dazukommen, die den Bischof als Mitfahrer erleben dürfen, erfahren schon am Weg zu den Gottesdienstorten die kundigen Erläuterungen ihres Oberhirten. Dann stimmt er einen Choral an, den der ganze Bus begeistert mitsingt. Geduldig lässt er sich mit Hochzeitsjubilaren fotografieren, unterschreibt Postkarten und zeichnet Segenswünsche in die Gebetbüchlein, die die Pilgerstelle extra zusammengestellt hat und die großen Anklang finden.

„Nicht träumen lassen“ hat sich selbst Bischof Konrad, was die 600 Wallfahrer am Tag nach der großen Generalaudienz um 10 Uhr erleben dürfen: einen Gottesdienst in der Apsis des Petersdoms – dort, wo sonst nur der Papst und die Kardinäle zelebrieren.

Es ist ein unvergesslicher Augenblick, als die ansehnliche Prozession über die Via della Conciliazione und den Petersplatz betend und mit dem Wallfahrerkreuz an der Spitze zur Pforte der Barmherzigkeit zieht, um danach im Petersdom Heilige Messe zu feiern. Nicht nur für die zehn Geistlichen und die Ministranten, die das anstrengendere Erwachsenenprogramm gegenüber der reinen Familienwallfahrt in Kauf genommen haben, um hier am Altar zu stehen, ist dies ein ganz großer Moment.

Welcher Ort der Christenheit könnte besser geeignet sein als dieser für die Aufforderung durch Bischof Konrad, den Glauben mit ganzer Entschlossenheit zu leben? Kraftvoll klingen Glaubensbekenntnis, Fürbitten und später das Vaterunser durch das weite Rund des Doms – auch, weil der Bischof erläutert hat: „Stellvertretend für viele sind wir hier versammelt.“ Dabei gehen die Gedanken an die Lieben daheim, an die Kranken und an all jene Pfarreimitglieder, die nicht mitreisen konnten.

Ihnen werden die Wallfahrer bestimmt auch vom Gottesdienst in St. Paul vor den Mauern erzählen, an der Begräbnisstätte des Völker­apostels. Es ist ein erhabener Anblick, wie sich mehr als 500 Pilger hinter den Geistlichen und Ministranten durch die riesige, säulenbekränzte Basilika bewegen, um dann unter dem Christusmosaik machtvoll einzustimmen in „Ihr Freunde Gottes allzugleich“.

Bezugnehmend zum Tagesevangelium, in dem Christus die von den Pharisäern aufgeworfene Möglichkeit von Ehescheidung und Wiederheirat strikt zurückweist, und auch mit Bezug zur aktuellen kirchlichen Diskussion lässt der Bischof keinen Zweifel: Ehe und Treue sind für Jesus nicht irgendein Ideal, sondern die geforderte Lebenswirklichkeit. Den Familien und Ehepaaren unter den Pilgern gilt Zdarsas inniger Dank für ihr überzeugendes Vorbild.

Bleibende Erinnerungen

Wen kümmert es nach all diesen großen Erlebnissen für die Seele noch, dass abends manchmal der Leib wehtut in Form von schmerzenden Füßen? Und wer nimmt nicht gerne in Kauf, dass der Terrorgefahr wegen vor jeder Patriarchalbasilika erst einmal eine Sicherheitsschleuse passiert werden muss? Ja, selbst die 13-stündige Heimreise bei sommerlichen Temperaturen schreckt niemand mehr. Fast hat man den Eindruck, dass alles leichter und schneller geht. Die Gedanken werden auch zu Hause noch oft nach Rom wandern, in die Ewige Stadt, und das Heilige Jahr im Herzen bewahren. Unter den Erinnerungsstücken bekommt das rote Pilgertuch einen Ehrenplatz.
Text/Fotos: Johannes Müller/Sankt Ulrich Verlag
http://www.katholische-sonntagszeitung.d..._heiligen_jahr2
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