Vatikanum II: Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll erhalten bleiben
„Reform der Reform“ oder: Die Bereicherung der sogenannten ordentlichen Form des Römischen Ritus durch die klassische Form des Römischen Ritus. 3. Teil: Der Erhalt der lateinischen Sprache (aus: Gero P. Weishaupt, „Päpstliche Weichenstellungen“, 159-161.) Erstellt von Gero P. Weishaupt am 30. Juli 2016
Vaticanum II, Papst Paul VI. Von Gero P. Weishaupt
Das Zweite Vatikanische Konzil hat die lateinische Sprache nicht aus der Liturgie des römischen Ritus verbannen wollen. Ganz im Gegenteil: Die Konzilsväter sagen ausdrücklich:
„Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben, soweit Sonderrecht entgegengsteht“ (Sacrosanctum Concilium, Nr. 36 § 1).
Sonderrecht gilt namentlich für die slawischen Länder, in denen es ein altüberliefertes Recht war, die Liturgie in slawischer Sprache zu feiern.
Koexistenz von lateinischer Sprache und Volkssprache in der Liturgie Joseph Ratzinger bemerkt zum Gebrauch der lateinischen Sprache, dass „Elemente des Lateinischen in der Liturgie bewahrt werden“ (J. Ratzinger, Gesammelte Schriften, Bd. II, 676) müssen, trotz Übersetzungen. Das Konzil hat im Blick auf die aktive Teilnahme der Gläubigen vor allem für die Lesungen, einige Orationen und Gesänge der Muttersprache einen weiteren Raum zubilligen wollen (vgl. Sacrosanctum Concilium, Nr. 36 § 2). An einen muttersprachlichen Vortrag des Eucharistischen Hochgebetes, des Canon Missae, hatten die Konzilsväter nie gedacht. Mit Bezug auf die Messfeier fordert darum Ratzinger:
„Mindestens würde ich sagen, ist klar, daß der Wortgottesdienst in den Muttersprachen sein soll. Allerdings wäre ich dafür, daß eine neue Offenheit für das Lateinische entsteht. … Wenn selbst in den großen Liturgien in Rom niemand mehr das Kyrie oder Sanctus singen kann, niemand mehr weiß, was Gloria bedeutet, dann ist das auch ein Kulturverlust und ein Verlust in Gemeinsamkeiten. Insofern würde ich sagen, der Wortgottesdienst sollte auf jeden Fall in der Muttersprache sein, aber es sollte dennoch auch einen Grundbestand an Latein geben, der uns miteinander verbindet“ (J. Ratzinger, Gott und die Welt, 358 f.).
In seinem Geleitwort zu dem Büchlein „Conversi ad Dominum. Zur Geschichte und Theologie der christlichen Gebetsrichtung“ von Uwe Michael Lang weist der damalige Präfekt der Glaubenskongregation ausdrücklich auf die Stelle in der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium Nr. 36 hin, wonach der Gebrauch der lateinischen Sprache in den lateinischen Riten erhalten bleiben soll (vgl. U. M. Lang, Conversi ad Dominum. Zur Geschichte und Theologie der christlichen Gebetsrichtung, 4. Auflage, Einsiedeln 2006, 7.).
Das Verschwinden der lateinischen Sprache war von den Konzilsvätern nicht intendiert, bemerkt Klaus Gamber:
„Das Konzil hat nicht befohlen, diese alte Kultsprache aus dem Gottesdienst zu entfernen. Die Liturgie-Konstiution bestimmt in Art. 36 sogar genau das Gegenteil, daß nämlich das Latein beibehalten werden soll, wenn dies ‚zum Wohle des Volkes‘ sei. In Art. 54 der Konstitution wird gefordert, daß die Gläubigen imstande sein sollen, diejenigen Teile der Messe auf Lateinsich zu sprechen oder zu singen, an denen die Gemeinde teilnimmt, also vor allem die Responsorien. Dies is ein klarer Ausdruck für eine Koexistenz der lateinsichen Messe und der Verwendung der Volkssprache“ (K. Gamber, Fragen in die Zeit, Beiheft 254, hrsg. Vom Liturgiewissenschaftlichen Institut Regensburg, Regensburg 1989, 154.).
Der Wunsch Ratzingers, dass der Wortgottesdienst in der jeweiligen Volkssprache gehalten werden soll, entspricht auch ganz und gar den Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils, das, ohne den Kultcharakter auszuschließen, auch den Verkündigungscharakter des Wortgottesdienstes herausgestellt hat:
„Von größtem Gewicht für die Liturgiefeier ist die Heilige Schrift. … Um daher Erneuerung, Fortschritt und Anpassung der heiligen Liturgie voranzutreiben, muß jenes innige und lebendige Ergriffensein von der Heiligen Schrift gefördert werden, von dem die ehrwürdige Überlieferung östlicher und westlicer Ritus zeugt“ (Sacrosanctum Concilium, Nr. 24.).
Man kann also feststellen, dass mit der „Reform der Reform“ (d.h. der Bereicherung der sogenannten ordentlichen Form des Römischen Ritus durch dessen klassische Form) Ratzinger/Benedikt XVI. auch auf eine Verwirklichung der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium im Hinblick auf die Kultsprache abzielt: Latein soll bewahrt und der Volkssprache, namentlich im Wortgottesdienst, ein weiterer Raum zugebilligt werden.
Latein in der Priesterausbildung Das Anliegen Benedikts XVI., der lateinischen Sprache den Platz zurückzugeben, der vom Zweiten Vatikanischen Konzil vorgesehen war, klingt auch in seiner Postsynodalen Apostolischen Adhortation „Sacramentum Caritatis“ deutlich an. Darin plädiert er für eine Verwendung des Lateins in Messfeiern namentlich bei internationalen Zusammenkünften:
„Um die Einheit und Universalität der Kirche besser zu zeigen, wollen Wir die Ratschläge der Bischofssynode, in Einklang mit den Normen des Zweiten Vatikanischen Konzils, empfehlen: außer den Lesungen, der Homilie und en Fürbitten ist es billig, das solche Zelebratioenn auf Latein erfolgen“ (Sacramentum Caritatis, 62.).
Zugleich ruft er dazu auf, dass die Priester schon ab ihrer Seminarzeit lernen, die Messe auf Latein zu verstehen und zu zelebrieren, und auch in den Gregorianischen Choral eingeführt werden und die Gläubigen die ihnen zukommenden lateinischen Gebete kennen sollen“ (Sacrmantum Caritatis, 62.).
(aus: Gero P. Weishaupt, Päpstliche Weichenstellungen. Das Motu Proprio Summorum Pontificum Papst Benedikts XVI. und der Begleitbrief an die Bischöfe. Ein kirchenrechtlicher Kommentar und Überlegungen zu einer „Reform der Reform“, Bonn 2010, 159-161.).
Vorausblick In der nächsten Folge (immer samstags) wird die Zelebration „versus orientem“ in der Liturgie gemäß den Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils im Rahmen einer „Bereicherung der sogenannten ordentlichen Form des Römischen Ritus durch die klassische Form des Römischen Ritus“ („Reform der Reform“) nochmal systematisch thematisiert. Dabei wird nicht nur die Rechtlage (4. Teil, am kommenden Samstag) beleuchtet, sondern auch der theologische und spirituelle Hintergrund (5. Teil, am Samstag in zwei Wochen) der Zelebrationsrichtung kurz erläutert, bei der der Priester gemeinsam mit dem Volk „zum Herrn gewandt“ (conversi ad Dominum) das heilige Messopfer darbringt.
Bisherige Beiträge in dieser Reihe:
Das Problem der Übersetzungen ist ein ernstes Problem
Was die ordentliche Form von der klassischen Form des Römischen Ritus lernen kann. http://www.kathnews.de/vatikanum-ii-der-...rhalten-bleiben Foto: Papst VI. in der Konzilsaula Bildquelle: Lothar Wolleh / Wikipedia
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