01.10.2016
Franziskus findet in Georgien wenig Resonanz Der Papst vor leeren Rängen In der Kaukasus-Republik Georgien macht Franziskus eine neue Erfahrung: Er feiert einen Gottesdienst und kaum jemand geht hin. Auch der Dialog mit der orthodoxen Kirche wurde zur Geduldsprobe
Die meisten Ränge blieben leer, die Begrüßung ging über einen verhaltenen Applaus nicht hinaus: Der Empfang für Papst Franziskus fiel im Micheil-Meschi-Stadion in Tiflis ungewöhnlich zurückhaltend aus. Nur etwa 3.000 Gläubige waren am Samstagvormittag gekommen, um mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche eine Messe zu feiern. Mehr als drei Viertel der Plätze blieben unbesetzt
Messe im halbleeren Fußballstadion
"Gott liebt die Überraschungen", sagte Franziskus in seiner Predigt, als sei das ein Kommentar. Bereits am Freitag hatte in Tiflis kaum jemand Notiz von der Ankunft des Papstes genommen. Dafür beschimpften einige Dutzend Demonstranten den Papst auf Plakaten als "Erzhäretiker" und den Vatikan als "spirituellen Aggressor". Die Messe am Samstag zeigte, dass selbst die Mobilisierung der katholischen Minderheit nicht gelungen war. Nach Kirchenangaben leben 112.000 Katholiken in Georgien, die meisten Angehörige katholischer Ostkirchen. Auch in anderen Ländern, in denen Katholiken eine Minderheit bilden, jubeln dem Papst selten größere Menschenmassen zu. So wenig Resonanz wie in Georgien fand ein Besuch jedoch selten.
"Es wurde keine Werbung gemacht", berichtet Olga Weigel, die mit zwei Freundinnen ins Stadion gekommen ist, um den Papst zu sehen. Viele Georgier wüssten gar nicht, dass der Papst überhaupt gekommen sei, so die Deutsche, die als Entwicklungshelferin in Georgien arbeitet. Ihre ebenfalls deutsche Sitznachbarin bestätigt das: Als sie gesagt habe, der Papst komme, hätten Einheimische zurückgefragt: "Welcher Papst?"
Orthodoxe boykottieren Besuch
Auch aus ökumenischer Sicht war der Gottesdienst mit einer Enttäuschung verbunden. Die angekündigte Delegation der georgisch-orthodoxen Kirche sagte kurzfristig ab. Das Kirchenrecht erlaube eine Teilnahme von Bischöfen an einer katholischen Messe nicht, erklärte das georgisch-orthodoxe Patriarchat. Der Vatikan enthielt sich eines Kommentars ."Wir akzeptieren diese Entscheidung", ließ er über seinen Sprecher Greg Burke wissen.
Noch am Vortag war Franziskus mit dem georgisch-orthodoxen Patriarchen Ilia II. zusammengetroffen. In seiner Rede, die freundlich im Ton, aber hart in der Sache war, hatte der Patriarch immerhin von "besonders herzlichen Beziehungen" gesprochen, die beide Kirchen zueinander unterhalten sollten. Die Proteste gegen den Besuch des Papstes hatte das Patriarchat verurteilt.
Tag zwei der apostolischen Reise
Trotz dieses Rückschlags wirbt der Papst am zweiten Tag seiner Georgien-Reise unbeirrt weiter für die Ökumene. Hierbei nimmt er auch seine eigene Kirche ins Gebet: Sie dürfe niemals unter orthodoxen Christen missionieren. Proselytismus sei eine "große Sünde gegenüber der Ökumene", sagt er am Sonntagnachmittag vor katholischen Bischöfen, Priestern und Ordensleuten in Tiflis. Die Orthodoxen seien ihr Brüder und ebenso wie sie Jünger Jesu Christi. Damit wollte der Papst wohl auch orthodoxen Hardlinern den Wind aus den Segeln nehmen: Sie protestieren gegen seinen Besuch, weil sie darin den Versuch einer Missionierung sehen.
Auch im geistlichen Zentrum der georgisch-orthodoxen Kirche, der Swetizchoweli-Kathedrale in Mzcheta, bricht Franziskus eine Lanze für die Ökumene. Nötig sei ein "geduldiges Voranschreiten", sagt er im Beisein des georgisch-orthodoxen Patriarchen. Die Spaltungen unter Christen seien "regelrechte Risswunden" am Leib des Herrn. Christen müssten jedoch stets die Hoffnung haben, dass die Gegensätze behoben und die Hindernisse beseitigt werden könnten.
Franziskus wirbt für Dialog
Keine Gelegenheit zu Dialog und Begegnung dürfe man auslassen, betonte Franziskus. Hierbei verwies er ausdrücklich auf die gemischte katholisch-orthodoxe Kommission. Die georgisch-orthodoxe Kirche hatte hier jüngst als einzige anwesende orthodoxe Kirche ein gemeinsames Papier abgelehnt, das als Meilenstein gilt. Darin geht es um die Vorrangstellung des Papstes im ersten Jahrtausend.
Bei alldem behielt Franziskus seinen Humor. Das Nebeneinander so vieler verschiedener christlicher Riten und Konfessionen in Georgien sei wie ein "schöner Obstsalat". Am Sonntag reist Franziskus weiter nach Aserbaidschan. Dort steht der Dialog mit dem Islam im Mittelpunkt.
Thomas Jansen (KNA)
***
Römisch-katholische Kirche in Georgien
Die Römisch-katholische Kirche in Georgien gehört zur römisch-katholischen Kirche mit dem Primat des Papstes.Die Mehrheit der Georgier gehört der traditionelle christlichen Kirche der Georgischen Orthodoxen Apostelkirche an. Neben Muslimen ist die Armenische Apostolische Kirche in Georgien zu finden. Eine Minderheit von 0,8 % der Bevölkerung gehören der Armenisch-katholischen Kirche, der lateinischen Kirche sowie der Chaldäisch-katholischen Kirche an.
Die Anfänge der römisch-katholischen Kirche in Georgien gehen auf das 12./13. Jahrhundert zurück. Auch während der Sowjetära bestand die lateinische Kirche mit 15 Gemeinden und die armenisch-katholische Kirche mit 7 Gemeinden fort.
Durch Papst Johannes Paul II. wurde 1992 in Tiflis eine Apostolische Nuntiatur für Georgien eingerichtet. Am 30. Dezember 1993 wurde die Apostolische Administratur Caucasi Latinorum mit Sitz in Tiflis durch die römisch Kurie errichtet. 1999 gab es ca. 100.000 Katholiken des lateinischen, armenischen und syro-chaldäischen Ritus, nach Angaben der orthodoxen Kirche Georgiens höchstens 3.000 Katholiken. Giuseppe Pasotto, Apostolischer Administrator von Kaukasien, nennt im Jahr 2000 die Zahl von 50.000 Katholiken. https://www.domradio.de/themen/papst-fra...-wenig-resonanz
Beliebteste Blog-Artikel:
|