Amoris laetitia wurde von Bernhard Häring „geschrieben“ – Von Häring über Kasper zu Papst Franziskus 26. Januar 2017 0
Bernhard Häring als Peritus beim Zweiten Vatikanischen Konzil (Rom) Der Osservatore Romano vom 6. März 1991 veröffentlichte einen Aufsatz des Moraltheologen William E. May, Professor an der Catholic University of America in Washington und damals einziger Laie in der Internationalen Theologenkommission. Der Aufsatz war bereits im Dezember 1990 in der Zeitschrift Fellowship of Catholic Scholars Newsletter erschienen. Die Parallelen zur heutigen, durch das umstrittene nachsynodale Schreiben Amoris laetitia entstandenen Situation ist verblüffend. Anhand von Mays Analyse läßt sich nachweisen, daß die von Papst Franziskus in Amoris laetitia vertretene Position auf den deutschen Redemptoristen Bernhard Häring zurückgeht und bereits seinerzeit als mit der katholischen Lehre unvereinbar erkannt wurde.
Häring (1912-1998) wirkte als Peritus am Zweiten Vatikanischen Konzil und gilt als Mitautor des Konzilsdokuments Gaudium et spes. Als Moraltheologe lieferte er seit den 60er Jahren Argumente für den nachkonziliaren Umbruch Richtung Dialog, Ökumenismus, neue Sexualmoral und pluralistische Gesellschaft. Häring gehörte zu den schärfsten Kritikern der prophetischen Enzyklika Humane vitae von Papst Paul VI. und prägte mit seiner Kritik einer ganze Generation von Priestern und Laien einen antirömischen Affekt ein, besonders im deutschen Sprachraum. 1975 leitete die Glaubenskongregation ein Lehrverfahren gegen ihn ein, das ohne Verurteilung blieb. Seine ganze letzte Schaffenszeit lag unter dem Verdacht, nicht mehr katholische Positionen zu vertreten.
Am 24. Oktober 2016 lobte Papst Franziskus bei seinem Treffen mit den Oberen des Jesuitenordens Häring jedoch als großen Moraltheologen: „Häring hat Moraltheologie wieder zum Blühen gebracht“.
Härings Plädoyer für die Zulassung von Ehebrechern zur Kommunion
In diesem Aufsatz unterzog May das 1989 vom deutschen Redemptoristen Bernhard Häring bei Herder veröffentlichte Buch, „Ausweglos? Zur Pastoral bei Scheidung und Wiederverheiratung: Ein Plädoyer“, einer kritischen Analyse.
Auf Härings Schriften stützten sich 1993 die oberrheinischen Bischöfe Oskar Saier (Freiburg), Karl Lehmann (Mainz) und Walter Kasper (Rottenburg-Stuttgart) in ihrem Gemeinsamen Hirtenbrief „Zur seelsorglichen Begleitung von Menschen aus zerbrochenen Ehen, Geschiedenen und Wiederverheirateten Geschiedenen“.
Bernhard Häring forderte in seinem „Plädoyer“ die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten. Darin folgten ihm die genannten Bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz. 1994 wurden von der römischen Glaubenskongregation unter der Leitung von Joseph Kardinal Ratzinger und mit Approbation von Papst Johannes Paul II. ausdrücklich „pastorale Lösungen“ zurückgewiesen, die in „bestimmten Fällen“ eine Ausnahme vom Kommunionverbot für denkbar halten.
Im Gefolge Härings hatten die drei Bischöfe erklärt, die kirchlich Norm als solche nicht in Frage zu stellen, aber einen „Alles-oder-Nichts-Standpunkt“ abzulehnen, weil es eine „unrealistische Forderung“ sei, daß wiederverheiratete Geschiedene „wie Bruder und Schwester, d.h. enthaltsam leben“ sollen. Das aber ist die Lehre der Kirche, wie sie von Papst Johannes Paul II. im nachsynodalen Schreiben Familiaris consortio 1981 bekräftigt wurde.
Ehesakrament als bloßes „Zielgebot“
Häring begründete sein „Plädoyer“ für die Aufweichung der Unauflöslichkeit einer sakramental gültigen Ehe mit der Praxis der orthodoxen Kirche. Diese Praxis betrachtete Häring als der katholischen Praxis überlegen. In diesem Zusammenhang vertrat er Positionen, die mit der katholischen Lehre unvereinbar sind, wie May in seinem Aufsatz herausarbeitete.
Häring wies dialektisch die These zurück, daß die Ehelehre Jesu Christi (Mk 10,2-12; Mt 5,31-32, 19,3-12; Lk 16-18) nur ein „Ideal“ sei, um zugleich aber den Keim zu jener These zu legen, die heute in einer dauerhaften, sakramentalen Ehe nur mehr ein wohl anzustrebendes, aber schwer erreichbares Ideal sehen will. So vertreten vom Wiener Erzbischof, Christoph Kardinal Schönborn, den Papst Franziskus am 8. April 2016 mit der Vorstellung von Amoris laetitia beauftragt hatte, und den er wenige Tage später als „authentischen“ Interpreten des nachsynodalen Schreibens bezeichnete. Laut Kardinal Schönborn zähle die Absicht, dieses anzustrebende „Ideal“ mehr oder weniger erfüllen zu wollen. Bei diesem Streben müßten die Menschen begleitet und gefördert werden, die einen würden es aber eben mehr schaffen, die anderen weniger. Alles zähle. Es gäbe keine irregulären Verbindungen mehr, sondern nur mehr Verbindungen, die mehr oder weniger das Ideal erfüllen. Kurzum, alle sind auf der Straße des Guten unterwegs, weil es nach diesem Verständnis eine Straße des Bösen gar nicht mehr gibt.
Häring behauptete dementsprechend, daß die vom Herrn gelehrte Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe ein „Zielgebot“ oder ein „normatives Ideal“ sei, das es mit aller Kraft anzustreben gelte. Diese Position, so May, stehe jedoch im Widerspruch zu dem, was der Herr lehrt, der seine Lehre ausdrücklich dem Mosaischen Gesetz entgegensetzt, das die Scheidung und die Wiederverheiratung erlaubte. Jesus sprach davon, daß Moses diese Abweichung vom ursprünglichen Schöpfungsplan Gottes über die Ehe nur wegen der „Herzenshärte“ der Israeliten erlaubt habe. Zudem ist mit der Person Jesu das Reich Gottes in die Welt eingetreten, so daß jenen, die in Einheit mit ihm stehen, ein „neues Herz“ und die Gnade geschenkt werden, in Übereinstimmung mit dem Plan des Vaters zu leben. Das ist das Verständnis der Kirche von der Ehe, weshalb sie eine gültig geschlossene, sakramentale Ehe für unauflöslich hält, und keine Autorität auf Erden die Macht hat, sie aufzulösen. Daraus ergibt sich, so May, daß irreguläre Verbindungen, welcher Art auch immer, einer gültig verheirateten Person, auch nicht die von wiederverheirateten Geschiedenen, als gültig anzusehen sind, sondern einen Ehebruch darstellen (vgl. 10,11-12; Mt 5,32, 19,9; Lk 16,18; Konzil von Trient, Sess. XXIV, 11.11.1563, Can. 7; Pius XI., Enzyklika Casti Connubii, 31.12.1930). Die Kirche habe trotz ihrer Binde- und Lösegewalt keine Autorität, eine sakramental gültig geschlossene Ehe aufzulösen. Sie könne nur nicht sakramental gültige Ehen oder nicht vollzogene, sakramental gültig geschlossene Ehen für nichtig erklären.
Härings Oikonomia-Verständnis: „Erlaubnis zum Ehebruch“
Die zweite Gefahr in Härings Thesen erkannte May im Versuch, die Oikonomia der orthodoxen Kirchen auf die Praxis der katholischen Kirche anzuwenden. Häring behauptete, daß diese Oikonomia in einer Spiritualität und Praxis einer barmherzigen und graduellen Verwaltung des Planes Gottes bestehe, der jeden Fall und jede Person als Einzelfall betrachtet. Wenn eine Person nach einer Scheidung und einer Zeit der „pastoralen Begleitung“ zum Gewissensurteil gelange, daß es für sie „besser“ sei, wieder zu heiraten, könne dies zwar von den Vertretern der Kirche nicht direkt bestätigt werden, aber es könne die Praxis im Geist der Oikonomia der orthodoxen Kirchen angewandt werden. Vertreter der Kirche sollten, so Häring, diese Entscheidung einer betroffenen Personen in Betracht ziehen. Im Klartext, so May, würde ein „priesterlicher Ratgeber“, der diesem Vorschlag Härings folgt, die Entscheidung einer geschiedenen Person zur Wiederverheiratung unterstützen und bestätigen. Ein katholischer Hirte aber könne einen solchen „Rat“ nie erteilen. Es hieße, die eigene Verantwortung aufzugeben, denn kein Priester könne jemals die Erlaubnis zum Ehebruch erteilen. Das aber wäre objektiv der Fall, wenn man Härings Vorschlag folgen würde.
Härings Epikeia:
Eine dritte Gefahr in Härings Thesen, so May, betrifft die Epikeia (die laut katholischer Morallehre einer Ausnahme entspricht, wenn man in einer Situation mit Sicherheit oder zumindest größter Wahrscheinlichkeit annehmen kann, daß der Gesetzgeber nicht Absicht hatte, diese in ein Gesetz miteinzubeziehen, also ein bestimmtes Gesetz für diese Situation keine Anwendung findet). Härings These dazu sei Anlaß für schwerwiegende Mißverständnisse, so May. Häring behauptete, daß das Ehenichtigkeitsverfahren der Kirche auf einer legalistischen Mentalität beruhe. Die „realen“ Bedürfnisse des Menschen würden dem Gesetz unterordnet. Es fehle dieser Mentalität völlig an Liebe und Barmherzigkeit Christi. Häring warf den Kirchengerichten eine schlechten „Tutiorismus“ vor, der den Parteien die Last auferlege, die Ungültigkeit ihrer Ehe zu beweisen. Häring forderte den Spieß umzudrehen und die Last der Beweisführung über die Gültigkeit jenen aufzuladen, die der Ansicht sind, daß eine Ehe gültig sei. Häring ist eindeutig: Jedesmal, wenn es einen vernünftigen Zweifel an der Gültigkeit einer Ehe gibt, und jedesmal, wenn der Teil, der die Auflösung wünscht, gemäß eigenem Gewissen überzeugt ist, daß die Ehe ungültig ist, solle die Ehe annulliert werden. Wenn die erste Ehe aufgrund einer „tutioristischen“ Forderung nach Beweisen für ihre Ungültigkeit nicht annulliert wurde, und wenn der priesterliche Ratgeber und die betroffene Person überzeugt sind, daß die erste Ehe ungültig war, dann, so Häring, komme die Epikeia zur Anwendung und der Seelenhirte könne „in aller Stille“ eine neue „Eheschließung zelebrieren“.
May hält Härings Behauptung entgegen, daß die Epikeia in keinem Fall in der Frage der Gültigkeit einer Ehe Anwendung finden kann, weil das Gesetz eindeutig ist. Es könne nur geprüft werden, ob eine Ehe existiert oder nur ein Schein ist. Dasselbe gelte für die Bestimmung, die Ehebruch verbietet. Es gibt keine Fälle, in denen zu prüfen wäre, ob sie unter das Gesetz fallen oder nicht, so May.
Härings konstruierter Gegensatz: „Gesetz“ gegen „Barmherzigkeit“
Häring unterscheidet in seinem Buch, so May, in seiner für ihn typischen Rhetorik zwischen einem legalistischen Verständnis der Moral (die, so Härings Behauptung, der Praxis der Kirche entspreche) und einem vom Evangelium inspirierten Moralverständnis, das die Liebe und die Barmherzigkeit Gottes betone. Häring, der mit Nachdruck einen Gegensatz zwischen dem Gesetz und der Liebe und Barmherzigkeit Gottes konstruiert, vertritt in seinem Buch die Ansicht, daß es für jedes Gesetz Ausnahmen gebe. Wie May schreibt, scheint Häring „Gesetze“, „Normen“, „Regeln“ kategorisch für eine Einschränkung der menschlichen Freiheit zu halten. Diese seien zwar zum Großteil nützlich, um die grundlegenden menschlichen Werte zu schützen. Sie seien aber immer dann beiseite zu legen, wenn sie ohne Notwendigkeit die Entscheidungsfreiheit des Menschen einschränken. Häring sah in den Normen und dem „Gesetz“, wie er bevorzugt betonte, nicht die Wahrheit, anhand derer die Menschen sich für das Gute und gegen das Böse entscheiden können und damit aus freiem Willen das werden können, was Gott möchte, daß sie sind, weil es ihrem Wesen entspricht. Er erkannte nicht, daß einige Normen absolut sind und daher keine Ausnahmen dulden. Zu diesen gehört auch die Norm, die Ehebruch verbietet, weil der Ehebruch nicht mit einem offenen und reinen Herzen vereinbar ist, nicht mit dem was gut und der Liebe würdig ist, nicht mit dem „neuen Herz“ vereinbar ist, das uns durch die Taufe geschenkt wurde. Aus diesem Grund ist eine „Zweitehe“, eine Wiederverheiratung nach einer Scheidung, nicht erlaubt. Das ist auch der Grund, weshalb die Kirche den Ehebruch nicht erlauben kann, auch wenn Häring das nicht erkannt hat.
Völlig abwegig sei Härings Behauptung, die Glaubenskongregation hätte in einem Schreiben an Kardinal Bernardin vom 21. März 1975 die Zulassung jener Katholiken, die durch ein Unglück in einer irregulären „zweiten Ehe“ leben, zu den Sakramenten erlaubt, ohne daß sie sich des Geschlechtsakts enthalten müßten.
Härings Buch „irreführend“ und „gefährlich“
Häring behauptete in seinem Buch unter Berufung auf die ostkirchliche Oikonomia, daß Ehen nicht nur eines physischen Todes „sterben“ könnten, wenn einer der Ehepartner tot ist, sondern auch eines „moralischen“, „psychischen“ und „zivilen“ Todes. Das sei, so May, typisch für eine Art von Philosophie, die nur das für wichtig und real hält, was dem Gewissen so scheint, aber andere wesentliche Aspekte der Realität ausklammert. Auf diese Weise aber mache man sich lustig über das gegenseitige Eheversprechen von Mann und Frau, mit dem sie sich versprechen, auf alle anderen zu verzichten und sich gegenseitig treu zu sein, bis daß der Tod sie scheidet, also bis ans Lebensende.
May gelangte zum Schluß, daß Härings Buch „irreführend“ und „gefährlich“ ist, da es Positionen vertritt, die mit der katholischen Wahrheit unvereinbar sind. May verurteilt, daß Häring sich dabei wiederholt auf den heiligen Alphons Maria von Liguori berief, indem er den Eindruck erweckte, als würden Härings Positionen mit jenen des großen Heiligen übereinstimmen. In Wirklichkeit sei dem heiligen Ordensgründer der Redemptoristen Härings Denken völlig fremd gewesen.
May kritisierte aber vor allem die ungerechtfertigte Konstruktion eines Kontrastes, laut dem die derzeitige Praxis der Kirche „herzlos“ und „grausam“ sei. Letztlich habe sich Häring, so May, zur haltlosen Anklage verstiegen, die Lehre und die Praxis der Kirche seien ein legalistischer und pharisäischer Verrat am Evangelium der Liebe und der Barmherzigkeit Gottes. http://www.katholisches.info/2017/01/26/...pst-franziskus/ „In Wirklichkeit sind es gerade solche Thesen [wie die Härings], die die Lehre Christi verdrehen und entstellen und auf diese Weise das Leben der Gläubigen schwer schädigen.“ Text: Giuseppe Nardi Bild: redemptoristen.com (Screenshot)
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