Papst predigt „Dialog“ und schickt den Kommissar – Brief von Kardinal Parolin an Malteserorden 27. Januar 2017 23
Nun ist es fix: Papst Franziskus ignoriert die Souveränität des Malteserordens, erklärt alle Regierungsakte seit dem 6. Dezember für null und nichtig und schickt den Kommissar.
(Rom) Der Heilige Stuhl macht ernst. Die brachiale „Lösung“ des Konflikts mit dem Souveränen Malteserorden durch Papst Franziskus, der am Dienstag den Rücktritt des Großmeisters durchsetzte, scheint in jedem Fall zu einem Pyrrhussieg für die „deutsche“ Richtung im Orden um Freiherr von Boeselager zu werden. Der Preis für seine Rückkehr und den möglichen Umbau des Ordens zu einer humanitären NGO mit Sonderstatus scheint die Souveränität zu sein. Der 1048 gegründete Malteserorden ist ein souveräner Staat im Sinne des Völkerrechts und verfügt damit über einen einzigartigen Status unter allen religiösen Orden der katholischen Kirche, aber auch unter allen Nichtregierungsorganisationen der Welt. Papst Franziskus ist gerade dabei, sich über jedes Recht und Gesetz hinwegzusetzen.
„Alle Entscheidungen seit dem 6. Dezember null und nichtig“
Der britische Journalist Christopher Lamb von The Tablet hatte es bereits gestern angekündigt. Ein inzwischen vorliegendes Schreiben von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin lieferte die Bestätigung. Es wurde dem Vatikanisten Edward Pentin (National Catholic Register) zugespielt. Darin erklärt der vatikanische Staatssekretär den Mitgliedern des Souveränen Rates des Ordens, daß alle Regierungsakte des Malteserordens seit dem 6. Dezember null und nichtig seien. Am 6. Dezember war es zur Konfrontation zwischen Großmeister Fra Matthew Festing und dem Großkanzler Albrecht Freiherr von Boeselager gekommen. Dabei ging es um einen Vertrauensbruch und einen Verstoß gegen die katholische Morallehre durch Förderung der „Kultur des Todes“. Die Konfrontation endete mit der Amtsenthebung des Großkanzler durch den Großmeister.
Der Brief des Kardinalstaatssekretärs Mit der Annullierung durch den Kardinalstaatssekretär wäre Boeselager wieder Großkanzler. Weiters teilt Kardinal Parolin dem Orden mit, daß ihn der Papst unter kommissarische Verwaltung stellen und einen Päpstlichen Legaten ernennen werde, der die Leitung des Ordens übernimmt. Damit ist auch die Neuwahl eines Großmeisters in der Schwebe. Der 80. Großmeister und Nachfolger Festings könnte innerhalb weniger Wochen gewählt werden. Eine kommissarische Verwaltung durch den Vatikan dauert in der Regel drei Jahre und bedeutet den Verlust jeder Eigenständigkeit des Ordens und einen dem Papst gemäßen Umbau. In der Tat erwähnt das Schreiben des Kardinalstaatssekretärs die Neuwahl eines Großmeisters nicht.
Damit riskiert der Orden seinen Status als internationales Völkerrechtssubjekt zu verlieren. Seine Souveränität und Unabhängigkeit gegenüber dem Heiligen Stuhl wäre damit ohnehin erledigt. Ein hoher Preis, um die „deutsche“ Richtung im Orden und ihr „humanitäres“ Projekt durchzusetzen. Wohl ein zu hoher Preis für einen so verdienstvollen und ehrwürdigen Ritter- und Hospitalorden, der in 31 Jahren sein tausendjähriges Gründungsjubiläum feiern wird – sofern es ihn dann noch gibt. Derzeit sieht es so aus, als werde es ihn zumindest in seiner bisherigen Form dann nicht mehr geben. Ist es das, was Boeselager will? Stimmen seine Pläne tatsächlich mit den Plänen von Papst Franziskus überein?
„Das Schreiben von Kardinalstaatssekretär Parolin ist rechtlich gesehen null und nichtig“, sagt ein bekannter Kirchenrechtler. Der Orden ist souverän, weshalb das Staatssekretariat des Vatikans, eines anderen Staates, keinen Rechtstitel für irgendwelche Eingriffe in die inneren Angelegenheiten des Ordens besitzt. Wenn das dennoch versucht wird, dann zeugt das von einer unglaublichen Arroganz, ja Kaltherzigkeit und Kaltschnäuzigkeit, mit der die Regierung von Papst Franziskus vorgeht. In der Politik nennt man das einen Staatsstreich.
Papst versucht „größten Rechtsbruch in der Geschichte des Ordens“
Nicht einmal der Rücktritt von Großmeister Festing ist noch rechtskräftig, da der Souveräne Rat, der den Rücktritt annehmen muß, erst morgen zusammentritt. Dennoch will der Vatikan unter Franziskus offenbar vollendete Tatsachen schaffen, ehe sich der Orden vom unerwarteten Schock des Großmeister-Rücktritts erholen kann. Fra Festing selbst war von der frontalen Vorgehensweise des Papstes überrascht worden. Hatte er eine offene und ernsthafte Konfrontation zu den umstrittenen Fragen erwartet, setzte ihm der Papst mit einer Rücktrittsforderung ohne Wenn und Aber ohne Ankündigung die Pistole auf die Brust. Solchermaßen überrumpelt, sah der Großmeister als treuer Katholik gegenüber einer solchen Forderung des Papstes keinen anderen Weg, als in den Rücktritt einzuwilligen.
Wird der Malteserorden die Fortsetzung der massiven Einmischung des Heiligen Stuhls in die inneren Angelegenheiten nicht hinnehmen, oder wird er sich widerstandslos die so lange verteidigte Souveränität wegnehmen und zu einem Orden wie jedem anderen in der Kirche degradieren lassen? Mit dieser Frage wird sich morgen bereits der Souveräne Rat zu befassen haben. Dabei geht es bereits um Grundsätzliches: Wer darf morgen überhaupt an der Sitzung des Souveränen Rates teilnehmen? Laut päpstlicher Anweisung soll Boeselager als Großkanzler dabei sein. Laut Ordensverfassung darf er das nicht. Das macht bereits deutlich, worum es bei der päpstlichen Einmischung geht, nämlich „um den größten Rechtsbruch in der Ordensgeschichte“, wie es in ordensnahen Kreisen in Rom heißt. Nimmt Boeselager aufgrund des Schreibens von Kardinalstaatssekretär Parolin an der Sitzung teil, sind alle Beschlüsse, einschließlich der eventuellen Annahme des Rücktritts von Großmeister Festing anfechtbar, da offenkundig nicht rechtmäßig zustandegekommen. Verfassungsbruch wiegt in jedem Staat besonders schwer.
Mit dem Schreiben von Kardinal Parolin setzt sich Papst Franziskus nicht nur über den souverän getroffenen Entscheidungen des Großmeisters seit dem 6. Dezember hinweg, sondern sogar über jene des Souveränen Rates.
Verfügt der Orden über starke Persönlichkeiten, die sich in Gehorsam gegenüber dem Papsttum üben, aber zugleich den illegitimen Avancen von Franziskus zu widerstehen wissen, der „Dialog“ predigt, aber mit eiserner Faust regiert? Werden sie dem geltende Recht gemäß die Souveränität des Ordens verteidigen und dem Heiligen Stuhl Einhalt gebieten, wo diesem kein Rechtstitel zusteht? Davon wird die Zukunft des Ordens abhängen, und davon wird es auch abhängen, ob er morgen noch ein Souveräner Malteserorden sein wird oder nur ein Malteserorden.
Der Wortlaut des Schreibens
Der Wortlaut des Schreibens von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin an die Mitglieder des Souveränen Rates vom 25. Januar 2017:
Staatssekretariat Nr. 338.217
Aus dem Vatikan, 25. Januar 2017
Geehrte Mitglieder des Souveränen Rates,
mich drängt, Sie zu informieren, daß Seine Hoheit Fra Matthew Festing, Großmeister des Ordens, mit Datum 24. Januar 2017 seinen Rücktritt in die Hand des Heiligen Vaters Franziskus erklärt hat, der ihn angenommen hat. Wie die Verfassung des Ordens im Art. 17 § 1 vorsieht, wird der Großkomtur ad interim die Regierungsverantwortung übernehmen. Gemäß Art. 143 des Malteser-Codex wird er dafür sorgen, die Staatsoberhäupter, mit denen der Orden diplomatische Beziehungen unterhält, und die verschiedenen Malteser-Organisationen zu informieren. Um dem Orden im Erneuerungsprozeß zu helfen, der, wie man sieht, notwendig ist, wird der Heilige Vater einen persönlichen Legaten mit der Vollmacht ernennen, die er im Ernennungsakt definieren wird. Der Großkomtur, in der Funktion eines vorübergehenden Statthalters, wird die Vollmachten gemäß Art. 144 des Malteser-Statuts ausüben, bis ein Päpstlicher Legat ernannt sein wird. Der Heilige Vater hat auf der Grundlage des Evidenten, das aus den von ihm erhaltenen Informationen hervorgegangen ist, entschieden, daß alle vom Großmeister ab dem 6. Dezember 2016 getätigten Akte null und nichtig sind. So auch jene des Souveränen Rates wie die Wahl des Großkanzlers ad interim. Der Heilige Vater drückt, indem er die großen Verdienste des Ordens in der Verwirklichung vieler Werke zur Verteidigung des Glaubens und im Dienst der Armen und der Kranken anerkennt, ihm seine ganze pastorale Fürsorge aus und hofft auf die Zusammenarbeit aller in diesem delikaten und wichtigen Moment für die Zukunft. Der Heilige Vater segnet alle Mitglieder, Freiwilligen und Wohltäter des Ordens und unterstützt sie mit Seinem Gebet. http://www.katholisches.info/2017/01/27/...-malteserorden/
Pietro Kardinal Parolin Staatssekretär
__________________________ An die Mitglieder des Souveränen Rates des Souveränen Ritter- und Hospitalordens des Heiligen Johannes von Jerusalem, Rhodos und Malta ROM Text: Giuseppe Nardi Bild: scribd/Edward Pentin
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