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  • 08.03.2017 00:20 - Neonazi-Aussteiger: "Salafismus wär auch mein Ding gewesen"
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Neonazi-Aussteiger: "Salafismus wär auch mein Ding gewesen"


Karl kennt Rechtsextremismus von innen: Der NSU-Terror hat ihn nicht überrascht. Er weiß, wie deutsche Neonazis im Ausland ankommen, was am islamistischen Terror reizt und dass ein Ausstieg das Leben kosten kann.

Ein Mann läuft über einen gepflasterten Weg (Foto: Andrea Grunau/DW)

"Du bist dran", diese drohende SMS bekam Karl nach seiner Ansage, er werde nicht mehr mitmachen bei der paramilitärischen Gruppe, um die sich sein Leben gedreht hatte: "Ihr könnt mich mit Eurem Nazi-Scheiss in Ruhe lassen, ich habe jetzt eine Familie." Erst als seine Frau schwanger wurde, sagt er, "habe ich angefangen zu denken". Bis dahin lebte er "in einem anderen Universum".

Karl war Führungskader im "Kosmos Rechtsextremismus". Sein Tag war ausgefüllt: Morgens politische Schulungen, später Kampfsport, manchmal Wehrsportübungen mit scharfen Waffen und Sprengsätzen. Die Gruppe lebte von Geschäften in der rechten Szene - Kneipe, Textildruck, CD-Vertrieb und Waffenschmuggel. Gewalt prägte Karls Leben - gegen Polizisten, Minderheiten, Andersdenkende. Jetzt also die Drohung auf dem Handy: "Du bist dran". Er habe die Reaktion seiner Kameraden unterschätzt, sagt Karl. Dabei hätte er wissen müssen, wie die Szene mit Aussteigern umgeht: "Ich habe solche Leute selbst verfolgt."

Archiv: Rechtsextremisten greifen Polizisten an (Foto: Marius Becker/dpa)

Gewalt gegen Polizisten und andere: Was dieses Archivbild von 2013 zeigt, prägte auch Karls Neonazi-Jahre
"Da haben sie versucht, mich zu erschießen"

Karl ist nicht sein richtiger Name und sein Gesicht will er nicht auf Fotos zeigen. Wir treffen uns in einem Restaurant - nicht dort, wo er heute lebt, und weit weg von seiner alten Heimat. Wir setzen uns in die Nähe des Eingangs. Karl wechselt den Stuhl. Mit dem Rücken zur Tür fühlt er sich nicht sicher. Vor sechs Jahren hatte er versucht, durch einen Umzug abzutauchen, da lauerten ihm seine Kameraden beim Einkaufen auf, stachen ihn mit dem Messer nieder, berichtet er. Zwei Wochen lag er im Krankenhaus: "Da war mir erst bewusst, dass ich da nicht so einfach rauskomme."

Karl zog wieder um. Kurze Zeit später hatten die Kameraden ihn wieder aufgespürt. Diesmal standen sie vor seiner Tür, erinnert er sich: "Da haben sie versucht, mich zu erschießen". Eine Waffe zielte auf seinen Kopf: "Ich habe nur Glück gehabt, weil der Schütze mit dem Rücken zur Treppe stand und ich ihn da runter gestoßen habe. Dadurch ist das Loch in der Tür gelandet und nicht in meinem Kopf". Er schluckt. "Jetzt muss ich was trinken."
"Als Mensch gesehen, nicht als Neonazi"
Karl hätte sich wehren können: "Ich war selbst schwer bewaffnet". Doch er wollte keine Gewalt mehr ausüben. Um seine Familie zu schützen, ging er zur Polizei, bis dahin sein erklärter Feind. Er geriet an einen Polizisten kurz vor der Pension, "der - warum auch immer - Verständnis hatte". Doch ein staatliches Aussteiger-Programm habe sich geweigert, ihn anzunehmen. Man glaubte nicht, "dass ich aus der Szene aussteige", sagt er. Doch es kam zum Kontakt mit Nina NRW, einem nicht-staatlichen Projekt in einem anderen Bundesland.

In weniger als 24 Stunden zog Karl hunderte Kilometer weit weg: "Ich habe nur meinen Rucksack, meine Frau und mein Kind dabei gehabt und bin irgendwo angekommen - als niemand, als nichts." Sehr geholfen habe ihm, dass die Mitarbeiter vom Aussteiger-Projekt "mich als Mensch gesehen haben und nicht als Neonazi". Mit ihrer Hilfe konnte Karl darauf schauen, was er selbst anderen Menschen angetan hatte und wie es dazu gekommen war. Bilder von Menschen, die er verletzt hat, Alpträume, Scham und Schuldgefühle quälen ihn bis heute, sagt er.
Ein Mann in einer Jeanshose legt die Hand aufs Bein (Foto: DW/Andrea Grunau)

Quälende Erinnerungen: Karl - früher stets im Military-Look - hat Menschen brutal verletzt
Immer mehr Gewalt - "nicht mehr unten sein"

Karl hat viel darüber nachgedacht, wie er so gewalttätig wurde: "Das erste Mal, als ich gesehen habe, wie jemand mit einem Gegenstand ins Gesicht geschlagen wurde, dass der aus allen Löchern geblutet hat - das war schlimm!" Je öfter er das sah, desto leichter fiel es ihm:

"Irgendwann habe ich es selber gemacht und bin dafür auf Händen getragen worden. Der ist nicht mehr aufgestanden, das fanden die anderen gut." Da funktioniere das einfache Prinzip, "dass Menschen Anerkennung brauchen. Da habe ich Lob gekriegt ohne Ende, ich bin gefeiert worden. Für mich war klar, dass es besser ist, wenn er unten ist und ich oben. Ich wollte nicht mehr unten sein."

hier geht es weiter
http://www.dw.com/de/neonazi-aussteiger-...esen/a-18642865
http://www.dw.com/de/f%C3%BCr-neonazi-au...mmen/a-18646348



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