Der Skandal unserer Zeit – Amoris laetitia und der angestrebte Mentalitätswechsel
20. April 2017 Genderideologie, Hintergrund, Lebensrecht, Liturgie & Tradition, Papst Franziskus, Sakrament der Ehe, Top 0
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Ein Jahr nach "Amoris laetitia": Das "Bergoglio-Modell" will einen "Mentalitätswechsel" und die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener und anderer "Irregulärer" zu allen Sakramenten aufzwingen. Zugleich wird der Gegensatz zwischen Gut und Böse durch den Gegensatz zwischen Reichtum und Armut ersetzt. Von Roberto de Mattei*
Die Welt ist voller Skandale und Jesus sagt: „Wehe der Welt mit ihrer Verführung!“ (Mt 18,6-7). Ein Skandal (Ärgernis) ist gemäß katholischer Moral die Haltung oder ein Verhalten das zur Sünde verleitet oder den geistlichen Ruin des Nächsten bedeutet (Katechismus der Katholischen Kirche, 2284).
Es genügt nicht, nur das zu unterlassen, was für einen selbst Sünde ist. Es ist alles zu vermeiden, was – selbst wenn es keine Sünde ist – andere der Gefahr aussetzt, zu sündigen. Wie das Lexikon der Moraltheologie der Kardinäle Roberti und Palazzini lehrt, gilt das besonders, wenn man in der Welt (oder in der Kirche) eine gehobene Stellung hat (Verlag Studium, Rom 1968, S. 1479).
Die schwerwiegendsten Formen des Skandals sind heute die Werbung, die Mode, die Apologie der Unmoral und der Perversion durch die Medien sowie die Gesetze, die eine Verletzung der göttlichen Gebote gutheißen wie jene, mit denen die Abtreibung und die eingetragenen (homo- und heterosexuellen) Partnerschaften legalisiert wurden.
Die Kirche hat immer auch die standesamtliche Ehe von wiederverheirateten Geschiedenen als Skandal betrachtet. Johannes Paul II. benennt in Familiaris consortio das Ärgernis als einen der Gründe, weshalb die wiederverheirateten Geschiedenen nicht die Heilige Kommunion empfangen können:
„Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung“ (FC, 84).
Canon 915 des Codex des Kirchenrechtes besagt:
„Zur heiligen Kommunion dürfen nicht zugelassen werden Exkommunizierte und Interdizierte nach Verhängung oder Feststellung der Strafe sowie andere, die hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren.“
Eine Erklärung des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte bekräftigte das in diesem Canon enthaltene Verbot gegenüber jenen, die behaupten, daß sich diese Bestimmung nicht auf die wiederverheirateten Geschiedenen beziehe:
„Im konkreten Fall der Zulassung der geschiedenen und wiederverheirateten Gläubigen zur hl. Kommunion betrifft das Ärgernis – verstanden als ein Handeln, das die andern zum Schlechten bewegt – zugleich das Sakrament der Eucharistie und die Unauflöslichkeit der Ehe. Ein solches Ärgernis besteht auch dann, wenn ein derartiges Verhalten leider keine Verwunderung mehr hervorruft; ja, gerade angesichts der Verformung der Gewissen wird ein geduldiges und zugleich entschiedenes Handeln der Seelsorger umso notwendiger, zum Schutz der Heiligkeit der Sakramente, zur Verteidigung der christlichen Moral und zur richtigen Unterweisung der Gläubigen“ (Erklärung über die Frage der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur heiligen Kommunion, 24. Juni 2000, Comunicationes, 32[2000], S. 159-162).
Seit der Veröffentlichung des nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia wird das, was für das kirchliche Lehramt immer ein Ärgernis war, als ein akzeptables Verhalten gesehen, das mit Verständnis und Barmherzigkeit zu begleiten ist. Msgr. Pietro Maria Fragnelli, der Bischof von Trapani und Vorsitzende der Kommission für Familie, Jugend und Leben der Italienischen Bischofskonferenz, sagte am 10. April in einem Interview der Presseagentur SIR der Bischöfe, das dem Dokument von Papst Franziskus gewidmet war, daß
„die Akzeptanz des apostolischen Schreibens in den Diözesen zunimmt, in dem Sinn, daß man immer mehr versucht, zum tieferen Geist von Amoris laetitia vorzudringen, der generell eine neue Mentalität gegenüber der Liebe verlangt, die mit der Familie und dem Familienleben verbunden ist“.
Um diesen Mentalitätswandel in der katholischen Welt zu erreichen, ist die Italienische Bischofskonferenz emsig am Werk, Tagungen, Seminare, Ehevorbereitungskurse oder Kurse für Ehepaare in Krise zu fördern, vor allem aber – wie die Presseagentur der Bischöfe schreibt – „einen Wechsel des Stils“ zu fördern,“um die Familienpastoral auf das Bergoglio-Modell abzustimmen“.
Laut Bischof Fragnelli „kann man sicherlich sagen, daß ein Mentalitätswechsel sowohl unter den Bischöfen als auch in unseren Diözesen eingeleitet wurde als etwas, das nun aber erst noch gemeinsam zu tun, zu leben und anzustreben ist. Wir können sagen: Die Baustelle ist eröffnet.“
Die „Baustellen“ besteht in dem, was vom Päpstlichen Rat für die Gesetzestexte noch vor wenigen Jahren als „Verformung der Gewissen“ bezeichnet wurde oder, anders ausgedrückt, darin, sich die Mentalität zu eigen zu machen, die in der Praxis die Heiligkeit der Sakramente und die christliche Moral leugnet.
Als Papst Franziskus am vergangenen 25. Februar im Rahmen einer Weiterbildung für Pfarrer sprach, forderte er diese auf,
„sich im Stil, der dem Evangelium eigen ist, in der Begegnung und der Annahme jenen jungen Menschen nahe zu machen, die es vorziehen, zusammenzuleben, ohne zu heiraten. Sie gehören auf geistlicher und moralischer Ebene zu den Armen und Kleinen, denen die Kirche – den Fußstapfen ihres Meisters und Herrn folgend – Mutter sein will, die nicht im Stich läßt, sondern sich annähert und sich annimmt“.
Laut dem Pressedienst SIR machen die Zusammenlebenden – mit oder ohne Kinder – inzwischen 80 Prozent aller Paare aus, die 2016 in Italien an den Ehevorbereitungskursen teilgenommen haben. Diese Zusammenlebenden erinnert niemand daran, daß sie sich in einem Zustand schwerer Sünde befinden. Selbst das Wort „irreguläre“ Paare wird verbannt. Am 14. Januar veröffentlichte der Osservatore Romano die pastoralen Richtlinien der beiden Bischöfe von Malta, Charles Scicluna (Erzbischof von Malta, zuvor Promotor Iustitiae an der Glaubenskongregation) und Mario Grech (Bischof von Gozo). Darin sagen sie:
„In der Unterscheidung müssen wir die moralische Verantwortung in den spezifischen Situationen abwägen, indem wir die Bedingungen und mildernden Umstände berücksichtigen.“ Aufgrund dieser „Bedingungen und Umstände lehrt der Papst, daß es nicht mehr möglich ist, zu sagen, daß all jene, die sich in einer sogenannten ‚irregulären‘ Situation befinden, im Stand der Todsünde ohne heiligmachende Gnade leben“.
Die von ihnen daraus gezogene Konsequenz lautet:
„Wenn als Ergebnis des Unterscheidungsprozesses, vollzogen ‚in der Demut, der Diskretion, der Liebe zur Kirche und ihrer Lehre, in der aufrichtigen Suche nach dem Willen Gottes und im Verlangen, diesem auf vollkommenere Weise zu entsprechen‘, eine getrennte oder geschiedene Person, die in einer neuen Verbindung lebt, dazu gelangt – mit einem gebildeten und erleuchteten Gewissen – zu erkennen und zu glauben, in Frieden mit Gott zu sein, wird man ihr den Zugang zu den Sakramenten der Versöhnung und der Eucharistie nicht verwehren können.“
Ein Jahr nach der Veröffentlichung von Amoris laetitia besteht das aufgezwungene „Bergoglio-Modell“ darin, den wiederverheirateten Geschiedenen den Zugang zu allen Sakramenten zu gewähren. Das Zusammenleben stellt keinen Skandal mehr dar. Ein Skandal, sogar der Hauptskandal unserer Zeit, ist für Papst Franziskus vielmehr die ökonomische und soziale Ungleichheit.
In einem vom Ostersonntag datierten Brief an den Bischof von Assisi-Nocera Umbra, Msgr. Domenico Sorrentino, schreibt Papst Bergoglio, daß die Armen
„Zeugnis der skandalösen Wirklichkeit einer Welt sind, die nach wie vor vom Auseinanderklaffen gezeichnet ist zwischen der unendlichen Zahl der Bedürftigen, denen oft selbst das Notwendigste zum Leben fehlt, und der winzigen Zahl der Besitzenden, die den weitaus größten Teil der Reichtümer besitzen und den Anspruch erheben, das Schicksal der Menschheit bestimmen zu wollen. Leider stehen wir zweitausend Jahren nach Verkündigung des Evangeliums und acht Jahrhunderte nach dem Zeugnis von Franziskus [von Assisi] einem Phänomen ‚globaler Ungleichheit‘ und einer ‚Wirtschaft, die tötet‘ gegenüber.“
Der moralische Gegensatz zwischen Gut und Böse wird ersetzt durch den soziologischen zwischen Reichtum und Armut. Die soziale Ungleichheit gilt als schlimmeres Übel als die Tötung von Millionen ungeborener Kinder, wie Kardinal Gerhard Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, in einem Gesprächsbuch „Die Botschaft der Hoffnung“ sagt:
„Das größte Ärgernis, das die Kirche geben kann, ist nicht, daß es in ihr Sünder gibt, sondern daß sie aufhört den Unterschied zwischen Gut und Böse beim Namen zu nennen und ihn relativiert; daß sie aufhört, zu erklären, was die Sünde ist oder diese rechtfertigen will für eine vermeintliche, größere Nähe und Barmherzigkeit gegenüber dem Sünder.“
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschienen: Vicario di Cristo. Il primato di Pietro tra normalità ed eccezione (Stellvertreter Christi. Der Primat des Petrus zwischen Normalität und Ausnahme), Verona 2013; in deutscher Übersetzung zuletzt: Das Zweite Vatikanische Konzil – eine bislang ungeschriebene Geschichte, Ruppichteroth 2011.
http://www.katholisches.info/2017/04/der...litaetswechsel/ Bild: Corrispondenza Romana
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