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  • 12.08.2017 00:56 - „Üble Tortur“ Rosenheimer Arzt erzählt, was er in Gesichtern der Flüchtlinge aus Güterzügen sieht
von esther10 in Kategorie Allgemein.

„Üble Tortur“
Rosenheimer Arzt erzählt, was er in Gesichtern der Flüchtlinge aus Güterzügen sieht


Von Italien bis Oberbayern kauernd unter einem Lkw auf einem Güterzug: so reisen immer mehr Flüchtlinge illegal nach Deutschland ein.

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DPA-OTS/Bundespolizeidirektion MünchenVon Italien bis Oberbayern kauernd unter einem Lkw auf einem Güterzug: so reisen immer mehr Flüchtlinge illegal nach Deutschland ein.

FOCUS-Online-Redakteur Ulf Lüdeke (Rosenheim)
Samstag, 12.08.2017, 12:51

Bis zu 3000 Flüchtlinge wurden 2015 täglich in die Kaserne der Rosenheimer Bundespolizei geschickt, um Identität und Gesundheitszustand festzustellen. Heute sind es zwar kaum mehr als 80 pro Tag. Doch nun steigen die Zahlen wieder. Viele der Ankommenden sind mit dem Güterzug illegal nach Deutschland eingereist. Der physische Zustand einiger Flüchtlinge ist so schlecht wie selten zuvor.

Manchmal ist Hermann Neun jetzt schockiert, wenn er aus dem kleinen Untersuchungszimmer in der ausgedienten Schneiderei der Kaserne in den Warteraum schaut. Stünden dort Gruppen mit Kindern, Frauen und Männern, wisse er, dass sie von der Bundespolizei in einem Flexibus aufgegriffen worden seien, sagt der Arzt. Denn die sähen relativ entspannt aus.

„Doch wenn dort eine Gruppe junger Männer steht, die alle erschreckend übermüdet und total ausgezehrt aussehen, weiß ich sofort: Die haben die Nacht auf einem Güterzug verbracht. Und zwar nicht unter irgendeiner Plane, sondern zwischen den Lkw-Aufliegern“, berichtet Neun in sorgenvollem Tonfall.

Herrmann Neun hat schon Tausende Flüchtlinge untersucht. Der Arzt von der „Ambulanz Rosenheim“ ist mit einem weiteren Kollegen seit Beginn der Flüchtlingskrise für das medizinische Screening in der Bundespolizeikaserne zuständig, bei dem aufgegriffene Migranten untersucht werden.

"Die Tortur steht ihnen ins Gesicht geschrieben"

Die medizinische Screeningstelle in Rosenheim, die das bayerische Gesundheitsministerium im Juli fast geschlossen hätte, dient vor allem dazu, hierzulande nur selten auftretende Krankheiten wie Thypus, Tuberkulose oder Krätze festzustellen und zu behandeln. So sollen Ansteckungen vermieden werden.

Eine Sache, die uns Mut macht

Die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften unter Flüchtlingen fällt Mittelständlern in Deutschland leichter als noch vor einem Jahr. Nur noch gut 23 Prozent der Unternehmen gaben in einer Umfrage der Wirtschaftsberatung Ernst & Young an, dass dies schwierig sei. 2015 waren es noch 43 Prozent. Das geht aus der Untersuchung hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Auch die Bedenken wegen der komplizierten Gesetzeslage während laufender Asylverfahren sind demnach zurückgegangen. Nur noch 34 Prozent der Befragten (Vorjahr: 58 Prozent) sehen das als Problem.

Dennoch glauben nur noch 45 Prozent der befragten Firmen, dass Flüchtlinge dazu beitragen können, den Fachkräftemangel zu mildern. Im Vorjahr waren es 55 Prozent. Vier von fünf Mittelständlern nennen mangelnde Deutschkenntnisse, fast jeder zweite (46 Prozent) Betrieb fehlende Qualifikation als Einstellungshindernis. Dabei beschäftigt inzwischen jeder sechste Mittelständler schon Flüchtlinge, 59 Prozent wären grundsätzlich dazu bereit. Nur etwa ein Viertel schließt das eher aus. (dpa)

Doch nun haben Neun und sein Kollege es immer öfter mit starken Erschöpfungsfällen zu tun, die durch die lebensgefährlichen Reisen auf offenen Güterzügen entstehen. Waren es in den ersten Monaten des Jahres noch etwa je 20 Flüchtlinge, die von der Bundespolizei auf dem Bahnhof in Raubling bei stichprobenartigen Kontrollen gefunden wurden, hat sich die Zahl im Juli auf 100 verfünffacht.

Bei den Güterzug-Flüchtlingen handele es sich meist um „junge, eher sportliche Männer zwischen 16 und Ende 30“, berichtet Neun. Doch trotz der guten physischen Kondition gingen die Strapazen der Reisen an diesen Männern nicht spurlos vorbei. „Die Tortur steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Diese Personen sind total übermüdet und völlig ausgezehrt. Das ist ja auch kein Wunder.“

Horrortrip: Stundenlang bei 140 km/h und Regen auf offenem Zug auf Metall sitzend

Denn die meisten der Flüchtlinge, erzählt Neun weiter, hätten sich schon irgendwo in Italien heimlich auf den Zug geschmuggelt. „Sechs bis neun Stunden auf einem offenen Zug bei 140 km/h, liegend oder hockend zwischen Reifen und Stahlträgern, auf Metall sitzend und zitternd bei Temperaturen, die in den Alpen vor allem nachts auch im Sommer in den einstelligen Bereich sinken können, vielleicht sogar noch mit Regen – das zehrt stark an den Kräften selbst junger, fitter Kerle.“

Viele dieser Flüchtlinge seien zudem „erschreckend dehydriert“, weil niemand von ihnen daran denke, sich wenigstens Wasser für diese lebensgefährliche Reise mitzunehmen, schildert der Arzt weiter. „Wenn diese Männer nicht so belastbar wären, dann hätten wir hier jede Menge Patienten für die Intensivstation.“

Ärzte fürchten, dass sich die Lage schon im September verschärft

Das größte Risiko, das die Flüchtlinge auf den Güterzügen eingehen, sei von den Lkw-Aufliegern vom Zug zu fallen. Und zwar nicht nur nach außen, sondern auch nach innen direkt aufs Gleisbett, denn die Auflieger sind in der Mitte an mehreren Stellen offen. Es grenzt fast an ein Wunder, dass bisher erst ein einziger Flüchtling starb, als er im Juni bei Großkarolinenfeld wenige Kilometer nördlich von Nordheim vom Auflieger fiel.

Die Rosenheimer Notärzte hätten bislang nur in wenigen Ausnahmen wegen schwerer Fälle von Erschöpfung und Unterkühlung intervenieren müssen, sagt Michael Bayeff-Filloff, Leiter der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Rosenheim.

Doch wie sein Kollege Neun beim medizinischen Screening in der Bundespolizeikaserne fürchtet auch Bayeff-Filloff Übles, was die nächsten Wochen und Monate betrifft. „Spätestens im September dürfte der Herbst die Temperaturen wieder fallen lassen. Das könnte zu für die Flüchtlinge zu einem großen Problem werden. Sie könnten dann viel leichter das Gleichgewicht verlieren und zu Tode stürzen.“
http://www.focus.de/politik/deutschland/...id_7462455.html



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