Papst-Vertrauter läßt Katze aus dem Sack: „Ja, Franziskus hat mit Amoris laetitia die Disziplin der Kirche geändert“, und zwar „irreversibel“ 24. August 2017
Victor Manuel Fernandez, Protegé und Ghostwriter des Papstes: "Franziskus hat bezüglich der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene die Disziplin geändert, und das ist irreversibel".
(Buenos Aires) Einer der engsten Papst-Vertrauten, Victor Manuel Fernandez, gibt fast anderthalb Jahre nach Veröffentlichung des umstrittenen nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia zu, daß Papst Franziskus damit die „Disziplin“ der Kirche ändern will und auch geändert habe. Bisher war aus dem päpstlichen Umfeld gegenüber Kritikern mit Nachdruck behauptet worden, es ändere sich „nichts“.
Fernandez Aufsatz in der Cebitepal-Publikation „Medellín“
Fernandez, der päpstliche Ghostwriter, wurde von Jorge Mario Bergoglio noch vor seiner Wahl zum Papst, zum Rektor der Päpstlichen Katholischen Universität von Argentinien gemacht, obwohl es gegen seinen Protegé in Rom starke Vorbehalte gab. Dafür rächte sich Bergoglio nach seiner Wahl zum Papst, indem er an der zuständigen römischen Kongregation, die sich der Ernennung von Fernandez widersetzt hatte, die damaligen Widersacher entließ. Zugleich ernannte er Fernandez zum Titularerzbischof.
Das Centro Bíblico Teológico Pastoral para América Latina y el Caribe (CEBITEPAL) veröffentlichte in der jüngsten Ausgabe der Publikation Medellín (Nr. 168, Jg. 43, 2017) einen Aufsatz des Papst-Vertrauten mit dem Titel “Das VIII. Kapitel von Amoris laetitia – Was nach dem Sturm bleibt“.
Zu Amoris laetitia herrscht seit April 2016 ein Interpretationschaos, weil Papst Franziskus sich weigert, eine Klärung herbeizuführen. Eine solche wurde von verschiedener Seite mit Nachdruck gefordert, mit größtem Gewicht von den vier Kardinälen Brandmüller, Burke, Caffarra und Meisner mit ihren Dubia (Zweifel). Franziskus ignoriert jedoch alle Appelle und Anfragen, indem er sie unbeantwortet läßt.
Der verleugnete Buenos-Aires-Brief als „Schlüssel“ zu Amoris laetitia
Grundlage der päpstlichen Überzeugungen, so Fernandez, sei sein Schreiben an die Bischöfe der Kirchenprovinz Buenos Aires. Dieses Schreiben vom 5. September gelangte durch eine Indiskretion vorzeitig an die Öffentlichkeit, weshalb seine Echtheit vehement dementiert wurde, und die Frage dann offengelassen wurde. Bis jetzt. Nun tauchte das Schreiben fast ein Jahr später plötzlich auf der offiziellen Internetseite des Vatikans inmitten der lehramtlichen Texte des Papstes auf.
Kurzum, damit steht fest, daß es die offizielle Position des Papstes widergibt, der zwar wiederum nicht selbst spricht, sondern auf andere als „authentische Interpreten“ verweist: im konkreten Fall auf die Bischöfe seiner Heimatprovinz.
„Franziskus schlägt einen Schritt vorwärts vor, der eine Änderung der geltenden Disziplin impliziert.“ Mit Disziplin ist konkret die Sakramentenordnung gemeint, aber auch das Moralgesetz. Das ist der zentrale Satz im Aufsatz von Erzbischof Fernandez. Der Rest klingt nach Sophismus und Kasuistik.
„Indem er die Unterscheidung zwischen objektiv Gutem und subjektiver Schuld beibehält, und den Grundsatz, daß absolute moralische Normen keine Ausnahme zulassen, unterscheidet er zwischen der Norm und ihrer Formulierung und vor allem fordert er eine besondere Aufmerksamkeit für die mildernden Umstände. Diese beziehen sich nicht nur auf die Kenntnis der Norm, sondern vor allem auf die realen Entscheidungsmöglichkeiten der Subjekte in ihrer konkreten Wirklichkeit.” Fernadnez: Die Wirklichkeit kommt vor dem Gesetz, lehrt Franziskus
„Was von Amoris laetitia nach dem Sturm bleibt“
Realität versus Norm? Für Fernandez ist die Entscheidung eindeutig. Seine Darlegung setzt die Überzeugung voraus, daß das Gesetz, auch das göttliche Gesetz realitätsfremd sein könne, weshalb die „Wirklichkeit“ über dem Gesetz stehe. Das „konkrete“ Leben breche die abstrakte Norm. Der Denkweise liegt eine latente Auflehnung gegen Normen zugrunde, die dem Maßstab folgt „Alles ist möglich, nix ist fix“.
„Franziskus gibt zu, daß eine pastorale Unterscheidung im Bereich des ‚forum internum‘, die auf das Gewissen der Person achtet, praktische Konsequenzen für die Art der Anwendung der Disziplin haben kann. Diese Neuheit lädt ein, daran zu erinnern, daß die Kirche sich wirklich weiterentwickeln kann, wie es in der Geschichte bereits geschehen ist, sowohl in ihrem Verständnis der Glaubenslehre als auch in der Anwendung ihrer disziplinarischen Konsequenzen.“ Soweit Fernandez, der wie folgt fortsetzt:
„Dies zum Thema anzunehmen, das uns beschäftigt, verlangt, eine neue Logik ohne strenge Schemata zu akzeptieren. Dennoch impliziert das keinen Bruch, sondern eine harmonische Evolution und eine kreative Kontinuität mit Respekt gegenüber der Lehre der früheren Päpste.“
„Neuheit und kreative Kontinuität“ vom Lehramt längst verurteilt
Die Nachrichtenseite Infocatolica, die im September 2016 den bisher verleugnete Papst-Brief an die Bischöfe von Buenos Aires aufdeckte, kommentierte nun zum Fernandez-Aufsatz:
„Sicher ist, daß das, was Msgr. Fernandez sagt, weder eine Neuheit noch eine kreative Kontinuität ist, sondern ein Gedanke, der vom Lehramt der Kirche verurteilt wurde. Er widerspricht zum Beispiel eindeutig dem Schreiben der Glaubenskongregation vom 14. September 1994 ‚an die Bischöfe der katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen‘, das von Papst Johannes Paul II. approbiert wurde.“ 1994 wurde damit der damalige Versuch von Walter Kasper und anderen deutschen Bischöfe abgewehrt, die Scheidung in der katholischen Kirche salonfähig zu machen. Die Frage war damals entschieden worden und dabei blieb es, bis zur Wahl von Papst Franziskus, die Kasper betrieben hatte, und mit der er die Chance zur Revanche sah.
1994 schrieb Kardinal Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation:
„6. Gläubige, die wie in der Ehe mit einer Person zusammenleben, die nicht ihre rechtmäßige Ehegattin oder ihr rechtmäßiger Ehegatte ist, dürfen nicht zur heiligen Kommunion hinzutreten. Im Falle, daß sie dies für möglich hielten, haben die Hirten und Beichtväter wegen der Schwere der Materie und der Forderungen des geistlichen Wohls der betreffenden Personen und des Allgemeinwohls der Kirche die ernste Pflicht, sie zu ermahnen, daß ein solches Gewissensurteil in offenem Gegensatz zur Lehre der Kirche steht. Sie müssen diese Lehre zudem allen ihnen anvertrauten Gläubigen in Erinnerung rufen. […]
7. Die irrige Überzeugung von wiederverheirateten Geschiedenen, zum eucharistischen Tisch hinzutreten zu dürfen, setzt normalerweise voraus, daß dem persönlichen Gewissen die Macht zugeschrieben wird, in letzter Instanz auf der Grundlage der eigenen Überzeugung über das Bestehen oder Nichtbestehen der vorausgehenden Ehe und über den Wert der neuen Verbindung zu entscheiden. Eine solche Auffassung ist jedoch unzulässig. Die Ehe stellt nämlich wesentlich eine öffentliche Wirklichkeit dar, weil sie das Abbild der bräutlichen Vereinigung zwischen Christus und seiner Kirche ist und die Urzelle und einen wichtigen Faktor im Leben der staatlichen Gesellschaft bildet.“ „Ebenso widerspricht es dem, was Papst Benedikt XVI. im nachsynodalen Schreiben Sacramentum Caritatis schreibt, so InfoCatolica:
„Die Bischofssynode hat die auf die Heilige Schrift (vgl. Mk 10,2-12) gegründete Praxis der Kirche, wiederverheiratete Geschiedene nicht zu den Sakramenten zuzulassen, bestätigt, weil ihr Status und ihre Lebenslage objektiv jener Liebesvereinigung zwischen Christus und seiner Kirche widersprechen, die in der Eucharistie bedeutet und verwirklicht wird.“ Fernandez: „Neuheit“ von Franziskus „irreversibel“
Ganz anders Msgr. Fernandez im Sommer 2017. Er nimmt für die von Papst Franziskus eingeführte „Neuheit“ in Anspruch, daß sie „irreversibel“ sei.
„Nach Monaten intensiver Aktivitäten von Sektoren, die sich den Neuerungen des VIII. Kapitels von Amoris laetitia widersetzen – Minderheiten, die aber hyperaktiv sind – oder die feste Absicht haben, sie zu verstecken, scheint der Krieg an einem toten Punkt angelangt zu sein. Jetzt sollte man innehalten, um zu erkennen, was konkret Franziskus uns als irreversible Neuheit gibt.“ Fernandez gibt zu, daß das aus Amoris laetitia selbst nicht so klar hervorgeht.
„Was uns interessiert, ist, zu erfahren, wie der Papst selbst interpretiert, was er geschrieben hat. Die Antwort ist sehr eindeutig in seinem Kommentar zu den Richtlinien der Bischöfe der Region Buenos Aires enthalten.“ Um mit dem Satz zu schließen:
„Amoris laetitia öffnet die Möglichkeit der Zulassung zu den Sakramenten der Versöhnung und der Eucharistie (vgl. Fußnoten 336 und 351.“ Kritiker können lange warten: „Es ist sinnlos auf eine Antwort des Papstes zu hoffen“
Aufgrund dieser Position des Papstes, so Fernandez, könnten jene, die sich diesem Kurs widersetzen, lange auf eine Antwort warten, denn Franziskus werde keine andere geben, als jene, die er bereits gegeben habe:
„Franziskus schrieb ihnen [den Bischöfen von Buenos Aires] sofort ein offizielles Schreiben, indem er sagte: ‚Der Text ist sehr gut und bringt das Kapitel VIII von Amoris laetitia genau zum Ausdruck‘. Es ist aber wichtig zu erwähnen, daß er hinzufügte: ‚Es gibt keine anderen Interpretationen‘ (Brief vom 5. September 2016). Deshalb ist es sinnlos auf eine andere Antwort des Papstes zu hoffen.“ „Der Rest des Aufsatzes von Msgr. Fernandez“, so InfoCatolica, „hat die Absicht, den Bruch von Amoris laetitia mit dem bisherigen Lehramt zu rechtfertigen.“ Als Beleg dafür genüge ein Blick in den Katechismus der Katholischen Kirche, der im Absatz 2353 besagt:
„Unzucht ist die körperliche Vereinigung zwischen einem Mann und einer Frau, die nicht miteinander verheiratet sind. Sie ist ein schwerer Verstoß gegen die Würde dieser Menschen und der menschlichen Geschlechtlichkeit […] ein schweres Ärgernis.“ „Unzucht muß nicht immer Sünde sein“
Erzbischof Fernandez, die rechte Hand des Papstes, ist auch dazu anderer Meinung. Unzucht müsse nicht immer Sünde sein.
„Ist es legitim anzunehmen, daß die Handlungen eines Zusammenlebens more urxorio immer, in ihrer Gesamtheit, innerhalb des negativen Gebots gesehen werden müssen, das ‚Unzucht‘ verbietet. Ich sage ‚in seiner Gesamtheit‘, weil es nicht möglich ist, zu behaupten, daß diese Handlungen in allen Fällen in subjektiver Hinsicht schwer unehrlich sind.“ Entsprechend stellt Fernandez Überlegungen an über eine „hypothetische Unmöglichkeit“ unter „bestimmten Umständen“ die Gebote halten zu können. Überlegungen, die – folgt man seinen Ausführungen – von Papst Franziskus geteilt werden.
„Franziskus berücksichtigt, daß ein Mensch, obwohl er die Norm kennt, ‚sich in einer konkreten Lage befinden (kann), die ihm nicht erlaubt, anders zu handeln und andere Entscheidungen zu treffen, ohne eine neue Schuld auf sich zu laden. Wie die Synodenväter richtig zum Ausdruck brachten, kann [es] Faktoren geben, die die Entscheidungsfähigkeit begrenzen‘. In einem anderen Absatz bekräftigt er das: ‚Unter bestimmten Umständen kann es für Menschen eine große Schwierigkeit darstellen, anders zu handeln‘.“ Dem hält InfoCatolica Aussagen des Konzils von Trient entgegen, das im Dekret über die Rechtfertigung, Canon XVIII, lehrt:
„Wer sagt, die Gebote Gottes seien auch für einen gerechtfertigten und unter der Gnade stehenden Menschen unmöglich zu beobachten: der sei mit dem Anathema belegt“ [vgl. DH 1536]. Und die Heilige Schrift:
http://www.katholisches.info/2017/08/pap...r-irreversibel/
„Noch ist keine Versuchung über euch gekommen, die den Menschen überfordert. Gott ist treu; er wird nicht zulassen, daß ihr über eure Kraft hinaus versucht werdet. Er wird euch in der Versuchung einen Ausweg schaffen, sodaß ihr sie bestehen könnt“ (1 Kor 10,13). Text: Giuseppe Nardi Bild: InfoCatolica/CEBITEPAL
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