HINTERGRUENDE Sanktionen erhöhen Druck auf Kim Stand: 10:57 Uhr | Lesedauer: 10 Minuten
ew York/Seoul/Peking - Wer sich im offiziellen Peking umhört, stößt schnell auf Hohn über Kim Jong Un, den «fetten Kim» oder «Pubertierenden».
Ähnlich abschätzig wird Donald Trump als launischer alter Mann beschrieben - unberechenbar eben. Die Präsidenten Nordkoreas und der USA sind zwei schwierige Typen, die sich einen «Krieg der Worte» liefern und in dem Atomkonflikt darauf setzen, dass jeweils der andere kneift. Seit dem Korea-Krieg vor mehr als 60 Jahren stand Ostasien nicht mehr so nah an einem bewaffneten Konflikt mit potenziell verheerenden Folgen.
«Die Atomkrise auf der Halbinsel scheint tief gefangen in einer endlosen Schleife, in der Atom- und Raketentests schärfere Sanktionen auslösen und weitere Sanktionen zu weiteren Tests einladen», warnte Chinas Staatsagentur Xinhua nach der Verhängung der neuen Sanktionen. Erstmals beschränkte der Weltsicherheitsrat sogar Öllieferungen an den isolierten kommunistischen Staat - mit Zustimmung der Vetomächte Russland und China, die damit Zeit für Diplomatie gewinnen wollen.
Peking ist verärgert über den jungen Machthaber in Pjöngjang. Mit dem Zeitpunkt seiner Atom- und Raketentests zielte Kim nicht nur auf den symbolischen Unabhängigkeitstag der Amerikaner oder deren Tag der Arbeit, sondern auch auf Diplomatie-Gipfel in China. Er vermasselte Staats- und Parteichef Xi Jinping deren sorgfältige Inszenierung. Vor Jahrzehnten waren sich beide Länder «so nah wie Lippen und Zähne» - heute sind die Beziehungen so schlecht wie nie.
Bei aller Empörung und Herablassung wird Kim in China durchaus als rationaler und kluger Kopf betrachtet. Er sei nur eben «viel risikobereiter» als sein Vater, heißt es. Eigentlich ein Widerspruch. Aber wer in Peking kennt den jungen Kim schon wirklich?
Auch wenn Peking nicht glauben will, dass Trump einen «präventiven Militärschlag» wagen würde, wächst die Sorge, dass es knallt. An der 1400 Kilometer langen Grenze zu Nordkorea zieht Chinas Militär Waffen und Raketensysteme zusammen. Die Volksbefreiungsarmee übt für einen plötzlichen Konflikt, ein schnelles Eingreifen. Auch Südkorea rüstet sich, stellt neue Raketensysteme auf, übt Angriffe auf Nordkoreas Atomtestgelände oder Raketenstellungen. Japan ist nicht minder besorgt, bereitet seine Bevölkerung auf Raketenangriffe vor.
Anzeige Nordkoreas Propaganda läuft auf Hochtouren, wettert gegen das «blutrünstige Wesen der USA». Das grelle Bild der zu allem fähigen, grausamen Supermacht USA mag aktuell überzeichnet sein - es kommt in Nordkorea aber nicht von ungefähr. Es wurzelt tief in der Geschichte. Im Korea-Krieg praktizierten die USA 1950 buchstäblich eine Politik der verbrannten Erde. Der Befehl lautete, alles zu bombardieren, was für den Feind von Nutzen sein könnte. 635 000 Tonnen Bomben warfen die Amerikaner «strategisch» auf Korea, vor allem auf den Norden.
Der Konflikt mit Nordkorea war immer auch eine Ableitung des sogenannten Kalten Krieges der USA mit der Sowjetunion. Als sich die Kim-Dynastie 1990 des sowjetischen Nuklearschildes nicht mehr sicher sein konnte, begann sie mit dem Aufbau eines eigenen Programms. Dass Amerika bis heute mit Kommunisten nach wie vor so überhaupt nichts anfangen kann, macht die Situation nicht einfacher.
Trotz viel guten Willens brachte auch Barack Obama als US-Präsident in Nordkorea nicht viel zuwege. Ausharren und Zusehen bekam erneut das Label «strategische Geduld». Seinem Nachfolger gab Obama auf, nichts werde ihn mehr prüfen als Nordkorea. Der «New Yorker» zitiert Trump so: «Ich werde daran gemessen werden, wie ich damit umgehe.»
Aber: Trump kam auch für ihn selbst so überraschend an die Macht, dass er für Ostasien und China keine kohärente Strategie besaß. Er hat bis heute keine. Im Januar 2017 - noch gar nicht im Amt - warf Trump in der ihm eigenen Art die «Notwendigkeit eines Präventivkrieges» an die Wand. Das war in Jahrzehnten ein neuer Ton. Neue Wege eröffnete er nicht.
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