Urteil im Fall Boeselager bestätigt willkürliche Entlassung von Großmeister Festing – Im Orden fand ein Putsch statt 14. September 2017 0
Der Großmeister des Malteserordens, Fra Matthew Festing, wurde am 24. Januar von Papst Franziskus zum Rücktritt gezwungen, willkürlich, wie indirekt aus einem Urteil des Hamburger Landgerichts hervorzugehen scheint.
(Rom) Ein Urteil des Landgerichts Hamburg bestätigt, was der Großkanzler des Malteserordens, Albrecht Freiherr von Boeselager, bisher abgestritten hatte und zentraler Punkt im Streit war, der den altehrwürdigen Ritterorden zum Jahreswechsel 2016/2017 in seinem Innersten erschütterte.
Malteser International verteilte Verhütungsmittel „mit Wissen und Wollen“ Boeselagers
Während seiner Zeit als Großhospitalier des Ordens ist es durch Malteser International, das Hilfswerk des Ordens, im Rahmen humanitärer Hilfsprojekte in offenem Widerspruch zur Morallehre der katholischen Kirche zur Verteilung von Verhütungsmitteln gekommen. Als Großhospitalier war Boeselager direkt für das Hilfswerk verantwortlich.
Albrecht Freiherr von Boeselager_20120228 Wie aus dem Hamburger Urteil hervorgeht, wurde die Verteilung auch noch Monate nach Bekanntwerden der Aktion fortgesetzt und das „mit Wissen und Wollen“ Boeselagers, so Kath.net.
http://www.katholisches.info/2017/01/hei...-ordensleitung/
Boeselager, damals Großkanzler des Ordens, war am 6. Dezember vom damaligen Großmeister des Ordens, Fra Matthew Festing, zur Rede gestellt worden. Festing konfrontierte ihn mit den Ergebnissen von zwei Dossiers, einem externen und einem internen, mit denen die Verteilung von Verhütungsmitteln in Zusammenarbeit mit einer UNO-Agentur aufgedeckt worden war. Der Großmeister, der sich hintergangen fühlte, warf ihm Vertrauensbruch vor. Als Boeselager dennoch bestritt und einen Rücktritt verweigerte, setzte ihn Großmeister Festing als Großkanzler ab.
Boeselagers Einschüchterungsversuche
Kurz darauf berichteten verschiedene Medien darüber. Dagegen erwirkte Boeselager in Hamburg einstweilige Verfügungen, unter anderem auch gegen Kath.net, das Widerspruch einlegte und in der Widerspruchsverhandlung Recht bekam, wie das nun schriftlich vorliegende Urteil bestätigt.
Die einstweiligen Verfügungen, die Boeselager gegen verschiedene Medien und Einzelpersonen erwirkte, was am Landgericht Hamburg offensichtlich etwas zu leicht möglich scheint, erweisen sich aus heutiger Sicht als Einschüchterungsversuche, unliebsame Stimmen zum Schweigen zu bringen. Boeselager ließ die Wiederholung der von ihm geleugneten Fakten vom Gericht mit einer Geldzahlung im sechsstelligen Bereich belegen. Anwalts- und Prozeßkosten sowie die Unwägbarkeiten der Hamburger Mediengerichtsbarkeit haben in der Tat abschreckende Wirkung. Ein offensichtlich von Boeselager kalkulierter Faktor.
Vor allem aber fällt durch das Hamburger Urteil ein ganz anderes Licht auf den Konflikt, der den Malteserorden zum Jahreswechsel 2016/2017 in seinen Grundfesten erschütterte. Es bestätigt, daß der damalige Großmeister Fra Matthew Festing im Recht war, als er Boeselager zur Rede stellte und ihn schließlich als Großkanzler entließ. Es zeigt auch, daß die Einmischung des Vatikans zugunsten Boeselagers voreilig, einseitig und in der Sache falsch war. Und es zeigt auch, daß die Absetzung von Großmeister Festing durch Papst Franziskus einem Willkürakt gleichkommt.
Gleiches gilt für die von Franziskus verfügte Wiedereinsetzung Boeselagers als Großkanzler, die Aufhebung aller ordensinternen Entscheidungen zwischen Anfang Dezember 2016 und Ende Januar 2017 einschließlich der Kaltstellung von Kardinal Raymond Burke.
Was machte die Untersuchungskommission von Papst Franziskus?
Vor allem stellt sich nun die hochnotpeinliche Frage, was die von Franziskus am 21. Dezember eingesetzte Untersuchungskommission gemacht hat. Sie war offiziell ernannt worden, um die Vorwürfe, die zur Entlassung Boeselagers durch Großmeister Festing geführt hatten, zu prüfen. Festing hatte empört die Zusammenarbeit mit der Kommission abgelehnt, weil er in ihr einen unrechtmäßigen, externen Eingriff in innere Angelegenheiten eines souveränen Völkerrechtssubjekts sah.
Malteserorden Am 18. Januar schrieb Katholisches.info, daß der Heilige Stuhl „derzeit nicht an einer Deeskalation im Konflikt mit dem Souveränen Malteserorden interessiert“ scheint. Gegen die von Franziskus ernannte Untersuchungskommission wurde der Vorwurf erhoben, fast zur Gänze aus Personen zu bestehen, die Boeselager nahestehen und mit ihm sogar Geschäftsbeziehungen haben. Konkret geht es dabei um eine in der Schweiz deponierte Schenkung in mehrstelliger Millionenhöhe.
Damit lag der Verdacht eines Gefälligkeitsgutachtens in der Luft. Ein Verdacht, der sich nun bestätigt zu haben scheint. In der Tat legte die Kommission mit erstaunlicher Schnelligkeit einen Bericht vor, der dem abgesetzten Großkanzler einen Persilschein ausstellte. Mit diesem in der Hand verlangte Papst Franziskus am 24. Januar den Rücktritt von Großmeister Festing. Derselbe Papst hatte sich zuvor geweigert, Festing anzuhören.
„Prozessual wahr“ – Im Malteserorden fand (mit Hilfe von Papst Franziskus) ein Putsch statt
Im Mittelpunkt des ganzen Konfliktes standen Vorwürfe (Kondomverteilung, Abschwächung des katholischen Ordensprofils, Umwandlung in eine humanitäre NGO), die von Boeselager bestritten wurden, nun aber vom Landgericht Hamburg „prozessual als wahr“ befunden wurden.
Anhand des Hamburger Urteils festigt sich rückblickend um so deutlicher der schon damals unter aufmerksamen Beobachtern entstandene Eindruck, daß es sich in der Sache um einen Putsch im Malteserorden handelte, bei dem Boeselager und sein „deutscher Kreis“ in Zusammenarbeit mit Papst Franziskus den Orden gegen die legitime Ordensleitung unter ihre Kontrolle bringen wollten. Vorerst mit Erfolg, denn das Urteil von Hamburg hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Orden, wo Boeselager heute fester im Sattel scheint als je zuvor. Wird er aus dem Urteil Konsequenzen ziehen, und freiwillig zurücktreten?
Hintergrund des Konfliktes ist der Versuch des „deutschen Kreises“ im Orden, den Malteserorden von einem katholischen Orden in eine Sonder-NGO umzubauen. Katholisches.info schrieb am 18. Januar:
„Anstatt den Großmeister anzuhören und dessen Position der Verteidigung der katholischen Glaubens- und Morallehre zu unterstützen, werden [von Papst Franziskus] – so der Eindruck – jene unterstützt, die aus dem Malteserorden offenbar eine Traum-NGO machen möchten. Welche NGO würde sich nicht träumen, ein souveräner Staat zu sein, eigene Diplomatenpässe ausstellen zu können und unter diplomatischer Immunität zu stehen? Der 950 Jahre alter Ritter- und Hospitalorden verfügt aufgrund der Geschichtsläufe über diese weltweit einzigartige Stellung.“ Der Erreichung dieses Zieles stehen jedoch das katholische Profil und das eigene Charisma des Ordens im Weg, aber auch die Moralehre der katholischen Kirche und die Ordensverfassung.
Die eigentliche Entscheidungsbefugnis liegt bei den rund 60 Profeßrittern des ersten Standes, während die etwa 15.000 Ritter des zweiten und dritten Standes nur nachgeordnete Rechte haben. Boeselager, der zum zweiten Stand gehört, hat mit dem Großkanzleramt das höchste erreichbare Amt erreicht, ohne damit wirklichen Einfluß auf den Orden gewinnen zu können. Das kann sich nun ändern. Der Päpstliche Legat, den Franziskus für den Orden ernannte, deutete bereits an, daß dem Papst eine Reform der Ordensverfassung ein Anliegen sei. Es ging im Streit also nicht nur um Verhütungsmittel und die katholische Morallehre, sondern auch um eine Machtfrage, der wiederum eine grundsätzliche Frage nach dem Kirchenverständnis zugrundezuliegen scheint. Eine in diesem Pontifikat aufstrebende Gruppe versuchte sich mit Hilfe des Vatikans im Orden gegen die amtierende Führung und gegen die geltende Ordensverfassung durchzusetzen. Erfolgreich, wie sich zeigte, was nur durch einen massiven Eingriff von Papst Franziskus möglich wurde, den nicht nur einige Malteserritter, sondern auch Juristen als offenen Rechtsbruch sehen.
Zur Dokumentation
Der von Boeselager inkriminierte Teil des Kath.net-Artikels vom 15. Dezember 2016, gegen den er eine Unterlassungsverfügung erwirkt hatte:
„Doch innerhalb des Ordens brodelt seit längerem ein mehr oder weniger ausgesprochener Konflikt zwischen zwei Lagern. Ein kleiner Kreis aus dem deutschsprachigen Raum will zwar die Vorteile der Exklusivität und der Souveränität erhalten, aber die ihrer Meinung nach zu engen Bande der katholischen Lehre und Bindung an den Papst etwas lockern.
Die weitaus größere Seite steht treu zu ihrem Gründungsauftrag der Verteidigung des Glaubens und will diese zuletzt öfter vernachlässigte Dimension wieder stärken. Dazu wurde vor einigen Jahren sogar eine eigene interne Kommission eingerichtet, die neue Vorgaben für die gelebte Spiritualität unter den Ordensmitgliedern erarbeiten sollte. Der damalige Großhospitalier des Ordens, Albrecht Freiherr von Boeselager, übernahm nach einem Jahr die bereits nahezu fertigen Empfehlungen und verwarf alles zugunsten eines verwässerten Neuaufgusses der alten Statuten und Regularien, die daraufhin in der Schublade verschwanden.
Ebenso in seinen Bereich fielen Hilfsaktionen des Ordens in Afrika, bei denen Pakete des UNHCR mit Hilfsgütern verteilt wurden, die allerdings auch Kondome enthielten. Ähnliche Aktivitäten wiederholten sich in den folgenden Jahren. Auch andere Probleme kamen vor allem in und aus Deutschland hinzu, wozu direkte Interventionen gegen den Großmeister und die Ordensregierung, im Vatikan gehörten und dennoch nahm der Einfluss der deutschen Assoziation weiter zu.“ Dazu der entscheidende Auszug aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg in der Widerrufsverhandlung, da Kath.net gegen die Unterlassungsverfügung Widerspruch eingelegt hatte:
„Der gesamte dritte Absatz des Artikels setzt sich kritisch mit verschiedenen Aspekten der Arbeit des Antragstellers (A.d.Redaktion: Hier ist Albrecht von Boeselager gemeint!) als Hospitalier auseinander, um die zu Beginn aufgestellte These zu belegen, ein kleiner Kreis aus dem deutschsprachigen Raum wolle zwar die Vorteile der Exklusivität und der Souveränität erhalten, aber die ihrer Meinung nach zu engen Bande der katholischen Lehre und Bindung an den Papst etwas lockern.
Für den Leser ergibt sich daraus zur Überzeugung der Kammer zwingend, dass der Antragsteller alle erwähnten Vorwürfe selbst verantwortet hat, was notwendigerweise auch seine Kenntnis aller relevanten Umstände betrifft. Dieser Eindruck gilt nach dem Ergebnis der Widerspruchsverhandlung jedoch prozessual als wahr.“ http://www.katholisches.info/2017/09/urt...n-putsch-statt/
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