Nur ein kühler Händedruck. MIt allen Kardinälen wechselte Papst Franziskus einige Worte, lachte, war vertraulich, außer mit Kardinal Gerhard Müller. (Rom) „Alle Jahre wieder“ titelt der Österreichische Rundfunk (ORF) und meint damit die alljährlichen Verbalprügel des katholischen Kirchenoberhauptes für seine Mitarbeiter an der Römischen Kurie. Heute vormittag war es wieder soweit: Papst Franziskus versammelte die Kardinäle und Leiter der Kurienämter, um ihnen Frohe Weihnachten zu wünschen.
Bereits im Vorfeld hätten sich die Kurialen gefragt, „wen der Papst diesmal ins Visier nimmt“, so der Vatikanist Sandro Magister. Von „Intrigen“ und „Verrätern“ sprach der Papst und holte zum jährlichen Weihnachtsrundumschlag aus. Mit knüppelharten Worten prangerte Franziskus Illoyalität an.
Wörtlich klang das so:
„Erlaubt mir an dieser Stelle zwei Worte über eine Gefahr zu verlieren, oder besser gesagt, über die Vertrauensverrräter oder jene, die die Mütterlichkeit der Kirche ausnützen, oder besser gesagt, die Personen, die genau ausgewählt werden, um dem Corpus und der Reform mehr Nachdruck zu verleihen, aber – weil sie die Bedeutung ihrer Verantwortung nicht verstehen – sich vom Ehrgeiz oder der Prahlerei korrumpieren lassen, und dann, wenn sie delikat entfernt werden, sich fälschlich selbst zu Märtyrern des Systems erklären, des ‚nicht informierten Papstes‘, der ‚alten Garde‘… anstatt ein mea culpa aufzusagen. Neben diesen Personen sind dann noch andere, die noch an der Kurie wirken, denen man alle Zeit läßt, den rechten Weg zu ergreifen in der Hoffnung, daß die in der Geduld der Kirche eine Gelegenheit sehen, sich zu bekehren und nicht, sie auszunützen.“
Die Weihnachtsbotschaft an die Römische Kurie im vollen Wortlaut.
Kardinal Müller und die „Verräter“ Am Ende der Rede stellten sich alle Anwesenden in eine Reihe, um dem Papst persönlich die Weihnachtswünsche auszusprechen. Der Papst „wechselte mit allen einige Worte, Umarmungen und Lächeln, außer mit Kardinal Gerhard Müller, dessen Entlassung als Präfekt der Glaubenskongregation vor wenigen Monaten in Wirklichkeit wenig ‚delikat‘ erfolgte“, so Magister. Kardinal Müller wurde von Franziskus „nur mit einem eiligen und wortlosen Händedruck gegrüßt“ (siehe Bild).
Ein vertrauliches Wort: Papst Franziskus mit Kardinal Walter Kasper
Kardinal Müller machte kein Geheimnis daraus, daß er die Art seiner Entlassung durch Franziskus für einen „inakzeptablen Stil“ hält. In nur „einer Minute“ hatte ihm der Papst den Rauswurf ins Gesicht gesagt und den deutschen Kardinal, immerhin fünf Jahre der Glaubenspräfekt der katholischen Kirche, ohne Nennung eines Grundes stehengelassen. Der Papst verließ den Raum und den völlig überraschten Kardinal allein zurück.
Kardinal Müller „machte auch nie ein Geheimnis aus seiner Kritik am Vertrautenkreis von Papst Jorge Mario Bergoglio“, so Magister. Ebenso protestierte er gegen die Entlassung engster Mitarbeiter durch den Papst. Auch in diesem Fall ohne einen Grund zu nennen.
Am vergangenen 26. November hatte der Kardinal dem Corriere della Sera ein „explosives Interview“ (Magister) gegeben.
Ob er mit den „Verrätern“ auch Kardinal Müller meinte oder ob er auch seinem Unmut über das Buch „Der Papst-Diktator“ von Marcantonio Colonna Ausdruck verlieh, ist seither Gegenstand von Spekulationen.
Die Mahnung gegen die Profiteure, die die „Mütterlichkeit“ der Kirche ausnützen würden, wird jedenfalls dahingehend gedeutet, daß der Papst eine oder mehrere Personen ganz konkret im Blick hatte. Seither ist die Jagd eröffnet.
Magister ist der Meinung, daß diese Jagd sogar einen Kardinal hinwegfegen könnte, dem Papst Franziskus besonderes Vertrauen entgegenbrachte und der am Beginn des Pontifikats sogar als eine Art „Vize-Papst“ in Erscheinung getreten war. Es handelt sich dabei um den honduranischen Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, der genau heute im Mittelpunkt einer „tödlichen Berichts“ des Wochenmagazins L’Espresso steht.
„Der Kardinal mit 35.000 Euro im Monat. Der Freund und Vertraute von Papst Franziskus predigte den Pauperismus, erhielt aber eine halbe Million im Jahr von einer Universität in Honduras. Der neue Skandal im Vatikan.“
Maradiaga war übrigens der Kardinal, der „kaum hatte ihn Bergoglio 2013 in den Olymp“ des C9-Kardinalsrates gehoben, dadurch auffiel, daß er massiv und öffentlich Kardinal Müller kritisierte, der damals noch Glaubenspräfekt war, aber schon „wenig vom neuen Papst geliebt“ wurde.
Immerhin versuchte sich Kardinal Maradiaga bereits als Franziskus-Nachfolger in Stellung zu bringen.
Text: Giuseppe Nardi Bild: Youtube/VaticanNews (Screenshots)
Katholisches wird immer für den Leser kostenlos bleiben. Damit das Magazin Tag für Tag mit neuen Artikel weiterhin erscheinen kann sind Zuwendungen notwendig: Unterstützen Sie bitte Katholisches mit einer Spende. Zuwendungsübersicht