„Eine echte Bombe“ – Benedikt XVI. mahnt Franziskus: Liturgie bei Kardinal Sarah in „guten Händen“
Kardinal Robert Sarah bei einem Besuch der Benediktinerabtei von Solesme. Benedikt XVI. mahnt Papst Franziskus, daß die Liturgie der Kirche bei Kardinal Sarah in "guten Händen" ist.
(Rom) Was auf den ersten Blick einfach ein Ausdruck von Wertschätzung scheint, „ist in Wirklichkeit eine echte Bombe“, so Riccardo Cascioli, Chefredakteur des Monatsmagazins Il Timone und der Online-Tageszeitung Nuova Bussola Quotidiana über einen kurzen Satz:
„Mit Kardinal Sarah ist die Liturgie in guten Händen.“ Gezeichnet: Benedikt XVI.
Der vor mehr als vier Jahren abgetretene Papst setzt damit ein direktes Zeichen zur Verteidigung von Kardinal Robert Sarah, dem Präfekten der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Der Kardinal wurde zwar von Papst Franziskus ernannt, der damit den Ratzingerianer Kardinal Antonio Caà±izares ablöste, gilt aber im päpstlichen Umfeld als „Betriebsunfall“.
Kardinal Sarah, Verteidiger der Heiligen Liturgie
http://www.agencia.ecclesia.pt/portal/br...va-uniao-civil/
Der Purpurträger aus Guinea vertritt ein noch traditionelleres Kirchen- und Liturgieverständnis als sein Vorgänger, und tut dies vor allem konsequenter und aktiver. Als man sich dessen im Vatikan bewußt wurde, begann Papst Franziskus durch weitere Ernennungen gegenzusteuern und Sarah in dessen eigener Kongregation zu isolieren. Nachdem der Kardinal bei einer Tagung in London alle Priester aufgefordert hatte, wieder Richtung Osten zu zelebrieren, und damit ein Herzstück der „protestantisierenden“ Liturgiereform von 1965/1969 aufzugeben, war die Aufregung in Rom so groß, daß Franziskus selbst, Sarah dementierte. Es sagt viel über das Stehvermögen des Schwarzafrikaners aus, daß er dennoch an seiner Aufforderung festhielt und auch danach noch wiederholte.
„Kardinal Sarah hat jedem von uns etwas zu sagen“ Die „aufsehenerregende Geste“ von Benedikt XVI. findet sich in einer Stellungnahme zum jüngsten Buch von Kardinal Sarah „La force du silence“ (Die Macht der Stille), das noch nicht in deutscher Ausgabe erschienen ist. Dieser Brief, der in den kommenden Ausgaben als Nachwort enthalten sein wird, wurde gestern abend von der amerikanischen Seite First Things veröffentlicht.
Benedikt XVI. lobt darin das Buch von Kardinal Sarah im großen Stil. Den Kardinal bezeichnet er als „geistlichen Meister, der aus der Tiefe der Stille mit dem Herrn spricht: Ausdruck seiner inneren Verbindung mit Ihm, weshalb er jedem von uns etwas zu sagen hat“.
Am Ende seines Briefes bedankt sich der gewesene Papst bei Papst Franziskus für die Berufung eines „solchen geistlichen Meisters zum Leiter der Kongregation für die Zelebration der Liturgie in der Kirche“.
Verteidigung gegen schleichende Entmachtung Diese Anmerkung ist mehr als nur Dankbarkeit, so Cascioli. Sie will Kardinal Sarah schützen und verteidigen.
„Es ist kein Geheimnis, daß Kardinal Sarah im Verlauf des vergangenen Jahres faktisch Schritt für Schritt entmachtet wurde: zuerst durch die Ernennung von Kongregationsmitgliedern mit dem Ziel, Sarah mit offen progressiven Personen zu umgeben, die der von Benedikt XVI. ausgerufenen ‚Reform der Reform‘, die der Kardinal aus Guinea umzusetzen versuchte, ablehnen gegenüberstehen; dann der offene Widerspruch von Papst Franziskus gegen Sarahs Vorschlag zur Zelebrationsrichtung; schließlich die Neuübersetzung der liturgischen Texte in die Volkssprachen, die einer Kommission anvertraut worden sein soll, die ohne Wissen des Kardinals errichtet wurde; und nicht zuletzt Schritte für eine ‚ökumenische‘ Messe, die unter Umgehung der zuständigen Kongregation unternommen werden.“
Der Umgang mit der Gottesdienstkongregation, angefangen bei der „Wegbeförderung“ von Kardinal Caà±izares als Erzbischof nach Valencia, ist ein einziger Angriff auf das Pontifikat von Benedikt XVI. Dessen Bemühungen galten dem Versuch, ein Verständnis von Sakralität zurückzugewinnen. Nirgendwo wird in der Kirche der Gegensatz zwischen einem unterschiedlichen Kirchenverständnis deutlicher als bei der Liturgie. Das hat seinen Grund in der Zentralität der heiligen Liturgie für das Leben der Kirche. Diese Zentralität wurde von Benedikt XVI. betont und brachte ihm heftige Kritik von jenen Kreisen ein, die eine Verfügungsgewalt über die Liturgie behaupten.
Benedikts Mahnung und Warnung In dem nun veröffentlichten Nachwort zum Buch von Kardinal Sarah spricht Benedikt XVI. eine Mahnung aus:
„Wie für die Auslegung der Heiligen Schrift ist es auch wahr, daß für die Liturgie eine spezifische Kenntnis erforderlich ist. Es ist bei der Liturgie aber auch wahr, daß die Spezialisierung das Wesentliche fehlen lassen kann, wenn sie nicht in einer tiefen, inneren Verbindung mit der betenden Kirche verwurzelt ist, die immer neu vom Herrn selbst lernt, was Anbetung ist.“
Daher klingt der Schlußsatz für Cascioli „wie eine Warnung“:
„Mit Kardinal Sarah, dem Meister der Still und des inneren Gebets, ist die Liturgie in guten Händen.“
Mit seiner Wortmeldung versuche Benedikt XVI. Kardinal Sarah zur Seite zu springen und ihn wieder zum effektiven Leiter der Gottesdienstkongregation zu machen. Eine so deutliche Intervention in die Amtsführung von Papst Franziskus durch den vormaligen Papst hatte es bisher noch nicht gegeben. Benedikt XVI. geht dabei vor, wie er regiert hat: still, zurückhaltend, fast schüchtern. Wer diesen Regierungsstil kennt, und das gilt für den gesamten Vatikan, weiß die Bedeutung und Deutlichkeit dieses Vorstoßes zu erkennen. Das künftige Nachwort des Sarah-Buches bringt unüberhörbar eine Sorge des deutschen Papstes zum Ausdruck über das, „was im Herzen der Kirche geschieht“.
Es ist kein Zufall, daß Benedikt XVI. genau zu dem Bereich interveniert, der wie kein anderer sein Pontifikat bestimmt hat und von dem er überzeugt ist, daß er über Niedergang oder Genesung der Kirche entscheidet. Erst jüngst hatte Kurienerzbischof Georg Gänswein auf eine Frage zu Verwirrung und Spaltungen in der Kirche scheinbar beiläufig geantwortet, daß Benedikt XVI. alles aufmerksam verfolge, was in der Kirche geschieht. Dazu Cascioli:
„Nun sehen wir, daß er beginnt, diskret manchen Schritt zu setzen.“
Text: Giuseppe Nardi Bild: MiL/Riposte catholique (Screenshots)
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