Reue über KZ-Witze im Würzburger Seminar: ''Ich bin kein Antisemit'' EICHSTÄTT erstellt am 21.03.2018 um 12:40 Uhr aktualisiert am 25.03.2018
Eichstätt (EK) Diakon Michael Polster hat sich gestern erstmals öffentlich zu den Vorfällen im Würzburger Priesterseminar vor fünf Jahren geäußert: Er soll damals KZ-Witze erzählt und Hitler parodiert haben. "Das ist ein durch nichts zu rechtfertigendes Verhalten, es tut mir leid", sagte er unserer Zeitung.
Michael Polster sprach mit dem DONAUKURIER über die damaligen Vorkommnisse. Taiber-Groh
Nach den Vorfällen, die in den Medien hohe Wellen geschlagen hatten, war Polster zusammen mit einem weiteren Studenten aus dem Würzburger Priesterseminar geflogen. Dort hatte der damals 25-Jährige Theologie studiert und wollte anschließend im Erzbistum Bamberg Priester werden. Der dortige Erzbischof Ludwig Schick schloss ihn aber nach den genannten Vorfällen aus, Polster beendete das Studium und ging nach Eichstätt, wo er nach dem Willen von Bischof Gregor Maria Hanke eine zweite Chance erhalten sollte. Am 21. April spendet er ihm zusammen mit zwei weiteren Diakonen im Dom die Priesterweihe. Dieses Vorhaben stieß im vergangenen Jahr unmittelbar vor der Diakonenweihe bereits beim Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, auf großes Unverständnis.
Bislang hatte sich Polster, der in der Ingolstädter Pfarrei Herz-Jesu in der Seelsorge mitarbeitet, nicht öffentlich geäußert. Nun, genau vier Wochen vor der Weihe, nahm er gegenüber unserer Zeitung Stellung zu alledem, was passiert war. Mehrfach betonte der 30-Jährige bei dem Gespräch, das ihm sichtlich nicht leicht fiel, dass er "kein Antisemit, kein Ausländerhasser, kein Rassist und auch kein Rechtsradikaler" sei. Der Diakon drückte zugleich sein Bedauern über die Vorfälle aus: Er habe, räumte der aus dem Landkreis Forchheim stammende junge Mann, in einer "kindlich naiven Art" Dinge von sich gegeben, die auch viele Menschen verletzt hätten. Er habe, sagte Polster auf Nachfrage, wohl irgendwann etwas aufgeschnappt und wiedergegeben. "Ich hätte in dem Moment, wo ich das gehört habe, schon sagen müssen, das geht nicht." Die Zeit lasse sich nicht zurückdrehen, sagte Polster, auch wenn er es gerne täte. Er könne heute nur noch um Verzeihung bitten.
Eichstätt: "Ich bin kein Antisemit"
Bei der Diakonenweihe von Michael Polster (rechts) im vergangenen Jahr hatte Bischof Hanke an die notwendige Wertschätzung gegenüber den Juden erinnert: Die Geschichte verbiete "uns Christen, den Schwestern und Brüdern des alten Bundesvolkes, den Juden, mit Ablehnung oder gar Hass zu begegnen". ‹ŒArch - foto: Staudt/pde
Im Rückblick könne er sich nicht erklären, wie es zu dem "Bockmist" gekommen sei, zumal es im Nachbarort seiner Heimat eine alte, profanierte Synagoge gebe. Dort habe er sich gelegentlich im Jugendprogramm engagiert. "Das sind schöne Erlebnisse, ich bin damit groß geworden", so Polster. Als er die Berichte in den Medien über sich las oder im Fernsehen damals gesehen habe, da sei er selbst über das gezeichnete Bild erschrocken. "Das bin nicht ich", stellte er fest. "Ich habe keine Abneigung, das würde meiner Lebenseinstellung zuwiderlaufen."
In dem nach dem Bekanntwerden der Würzburger Vorfälle angefertigten Untersuchungsbericht wird Polster eine "Fehleinstellung" attestiert; die sehe er nach ausführlicher Reflexion bei sich selbst nicht, sagte Polster - auch wenn er den Untersuchungsbericht selbst nicht kenne. "Ich habe keine Fehleinstellung, ich habe in der konkreten Situation einen Fehler gemacht." In einer mehr als sechsmonatigen Gesprächstherapie bei einem Nürnberger Psychoanalytiker habe er die Sachen aufgearbeitet; im Nachhinein komme er sich vor "wie in einer falschen Welt". Er könne als Priester dann doch nicht Psalmen beten, wenn er eine solche Grundeinstellung hätte, nicht vor die Menschen treten und predigen. "Ich hoffe, dass ich mich da weiterentwickelt habe, dass so etwas nicht mehr passiert." Er habe in seiner Schulzeit schon einmal selbst einen Springerstiefel am Hals gehabt: "Ich weiß, wie sich das anfühlt."
Gegenüber den Leitern der Priesterseminare in Würzburg und Bamberg sowie dem Erzbischof habe er sich entschuldigt und auch klar von diesen Vorgängen distanziert, erklärte Polster. Mit Erzbischof Schick, der ihn aus dem Seminar entlassen hatte, habe er zuletzt bei einer Diakonenweihe in Bamberg gesprochen, "Small Talk", nichts Vertiefendes. Es sei viel kaputtgegangen, sagte Polster im Rückblick, "das hätte alles nicht passieren dürfen". Er betonte, dass er sich den Fragen der Menschen zu seiner Vergangenheit aber stelle. "Ich will ja auch glaubwürdig sein." Zudem sei es als Priester wichtig, auf die Wortwahl zu achten. Er schiebt noch einmal nach: "Es tut mir leid."
Umso mehr sei er dankbar, dass er durch Bischof Gregor Maria Hanke in Eichstätt eine zweite Chance bekomme in einem Beruf, den er schon in Kindergartentagen angestrebt habe. Hanke hatte bereits im vergangenen Jahr unmittelbar vor der Diakonenweihe gegenüber den Medien erklärt: "Es muss ja auch ein Anliegen der Kirche sein, dass sich Menschen verändern, sich wandeln." Für ihn, Hanke, stehe außer Zweifel, aufgrund der "persönlichen Anstrengungen des Kandidaten und der mir vorliegenden Zeugnisse und Gutachten", ihn zum Priester weihen zu können. "Ich bin anders", versicherte Polster. http://www.donaukurier.de/lokales/eichst...;art575,3719918 Marco Schneider
Beliebteste Blog-Artikel:
|