Kirche und Tradition
Piusbruderschaft wählt 2018 neuen Generaloberen – eine Grundsatzentscheidung 10. Januar 2018 1
Msgr. Marcel Lefebvre: Die von ihm gegründete Piusbruderschaft wählt im Juli 2018 einen neuen Generaloberen. Eine Grundsatzentscheidung. (Menzingen) 2018 wird ein wichtiges Jahr für die traditionalistische Piusbruderschaft. In diesem Jahr findet ein Generalkapitel mit der Neuwahl des Generaloberen statt. Eine Grundsatzentscheidung für die Gemeinschaft.
Piusbruderschaft im deutschen Sprachraum
Die Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX), im deutschen Sprachraum kurz Piusbruderschaft genannt, wurde 1970 von Erzbischof Marcel Lefebvre als Reaktion auf die Liturgiereform von 1969 und Entwicklungen in der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gegründet. Die innerkirchlichen Ereignisse führten dazu, daß ihr 1975 die kanonische Anerkennung entzogen wurde. Seither hängt die Gemeinschaft kirchenrechtlich in der Luft.
Als Msgr. Lefebvre dennoch weiterhin Priester weihte, wurde er 1976 von Papst Paul VI. suspendiert. Als er 1988 von Papst Johannes Paul II. nicht erlaubte Bischofsweihen vornahm, wurde er wegen „Ungehorsam“ und einem „schismatischen Akt“ sogar exkommuniziert. Ebenso die von ihm gültig, aber unerlaubt geweihten Bischöfe. Die Piusbruderschaft berief sich auf einen „Kirchennotstand“ und erkannte die Exkommunikationen, wie zuvor bereits die Suspendierung, nicht an.
Turbulente Jahre
2009 nahm Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation für die damals geweihten Bischöfe zurück, darunter den amtierenden Generaloberen der Piusbruderschaft, Msgr. Bernard Fellay. Seither ist das Thema vom „Bruch mit der Kirche“ weitgehend vom Tisch, wenn auch nicht ganz. Nicht aufgehoben wurde die Exkommunikation für die 2009 bereits verstorbenen Weihespender, Erzbischof Lefebvre und Bischof Antonio de Castro Mayer.
Msgr. Bernard Fellay, Generaloberer seit 1994
Mit der Aufhebung des Exkommunikation setzten offizielle Gespräche zwischen dem Heiligen Stuhl und der Piusbruderschaft ein, mit dem Ziel der Wiederannäherung und der Wiederherstellung der vollen kirchlichen Einheit. Die Gespräche führten bisher aber zu keiner Einigung, obwohl es im Mai 2012 unter Benedikt XVI. und im Mai 2017 unter Papst Franziskus kurzzeitig danach aussah. Dennoch ist insgesamt eine zunehmende Entspannung im Verhältnis zur Piusbruderschaft festzustellen.
Von Rom wurde ihr den Status einer Personalprälatur angeboten. Diese erst in den 80er Jahren für das Opus Dei geschaffene Rechtsform würde die derzeit größtmögliche Eigenständigkeit innerhalb der Kirche garantieren. Konkret ist damit Unabhängigkeit von den Diözesanbischöfen gemeint und das Weiherecht, da eine Personalprälatur durch einen Prälaten mit dem Rang und der Jurisdiktion eines Bischofs geleitet wird.
Piusbruderschaft: Konflikte und Aderlaß
In den vergangenen Jahren kam es in der Frage, welche Position gegenüber Rom eingenommen werden sollte, wiederholt zu größeren und kleineren Konflikten in der Piusbruderschaft. 2012 führten sie, nach der ersten gescheiterten Fast-Einigung, zum Ausschluß von Msgr. Richard Williamson, einem der vier Bischöfe, die 1988 geweiht worden waren. Mit ihm wurden auch mehrere Priester ausgeschlossen oder haben die Gemeinschaft verlassen. Williamson war ein strikter Gegner einer Versöhnung mit dem Heiligen Stuhl. In der Zwischenzeit wurden von ihm drei neue Bischöfe und mehrere Priester geweiht.
Während sich Bischof Williamson nicht nur von Rom, sondern auch von der Piusbruderschaft entfernte, ging ein anderer Bischof den umgekehrten Weg. 1991 war Msgr. Licinio Rangel, als Nachfolger von Bischof Castro Mayer, von Bischof Bernard Tissier de Mallerais FSSPX zum Bischof geweiht und daraufhin ebenfalls von Rom exkommuniziert worden. Er näherte sich später Rom wieder an. 2001 wurde seine Exkommunikation vom Heiligen Stuhl aufgehoben und er mit bischöflicher Jurisdiktion offiziell als Apostolischer Administrator des weltweit einzigen Bistums der Tradition, der Apostolischen Personaladministration St. Johannes Maria Vianney, eingesetzt, das auf dem Gebiet des brasilianischen Bistums Campos existiert.
Einen Aderlaß gab es also im Laufe der Zeit nicht nur Richtung Williamson, sondern auch in die andere Richtung. Faktisch alle sogenannten Ecclesia-Dei-Gemeinschaften der katholischen Kirche gehen auf Gründungen von ehemaligen Piusbrüdern zurück, die zu unterschiedlichen Zeiten und unter jeweils eigenen Umständen in die volle Einheit mit Rom zurückgekehrt sind. Als Ecclesia-Dei-Gemeinschaften werden seit 1988 die traditionsverbundenen Priesterbruderschaften, Institute und Orden in der Kirche bezeichnet, die der damals errichteten Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei unterstehen und das Recht haben, ausschließlich in der überlieferten Form des Römischen Ritus zu zelebrieren.
Kontinuierliches Wachstum
Piusbruderschaft: Priesterweihen Im großen und ganzen ist es Msgr. Fellay jedoch gelungen, die Piusbruderschaft in den vergangenen, teils turbulenten Jahren zusammenzuhalten. Trotz der Verluste in verschiedene Richtungen verzeichnet die Bruderschaft ein kontinuierliches Wachstum. Die jüngst veröffentlichten Zahlen sprechen für sich:
6 Priesterseminare, 14 Distrikte, 167 Priorate, 772 Meßorte, 2 universitäre Institute, mehr als 100 Schulen und sieben Seniorenheime. An Personen: 637 Priester, 204 Seminaristen, 195 Ordensschwestern, 123 Brüder, 79 Oblaten, 56 Vor-Seminaristen und 19 Missionsschwestern, 4 Karmelitenklöster.
Die Piusbruderschaft wirkt heute weltweit in 72 Staaten.
2015 wurden 16 Neupriester geweiht, 2016 waren es 23 und im Jahr 2017 sogar 28. Im Herbst 2017 gab es 47 Neueintritte in die Priesterseminare der Bruderschaft.
„Traditionalisten haben sich in der Kirche vervielfacht“ Piusbruderschaft: Zahlen 2017
Dazu schreibt Francisco Fernandez de la Cigoña, einer der bekanntesten, katholischen Kolumnisten Spaniens:
„Mehr als 600 Priester und mehr als 200 Seminaristen, bei dem Gegenwind, sind eine mehr als beachtliche Zahl.“
Und grundsätzlich:
„Alle Welt weiß, daß ich kein Anhänger von Msgr. Lefebvre bin, den ich persönlich kannte und dem ich bei zahlreichen Gelegenheiten meinen Respekt ausgedrückt habe. Ich denke – die Wege Gottes sind geheimnisvoll –, daß er für die Kirche viel Gutes getan hat. Deshalb ist es mein Wunsch, daß die volle Gemeinschaft mit der Kirche bald wiederhergestellt sein wird. Die derzeitige Situation hindert mich aber nicht, an ihren Messen teilzunehmen und die Kommunion zu empfangen, wenn ich das bisher auch nur sehr selten getan habe. Nicht aufgrund von Bedenken, sondern weil sich die Gelegenheit nicht ergab.“
Eine Folge von Msgr. Lefebvres Gründung ist, so Fernandez de la Cigoña,
„daß sich die ‚Traditionalisten‘ in der Kirche vervielfacht haben. In Frankreich ist bereits fast die Hälfte aller Neupriester Traditionalisten. Die Progressiven werden kaum mehr ein Dutzend ausmachen. Und das scheint mir sehr gut zu sein.“
Annäherungen
Von beiden Seiten, von Rom und der Piusbruderschaft, wird grundsätzlich die Gemeinschaft angestrebt. Diese scheiterte, zuletzt im vergangenen Mai, an unterschiedlichen Positionen, wobei das Nein von Rom kam. Dort ziehen unterschiedliche Strömungen in verschiedene Richtungen. Die vom Papst beauftragten Gesprächspartner der Piusbruderschaft, scheinen einer Einigung sehr wohlwollend gegenüberzustehen und diese anzustreben. Durch den direkten Kontakt konnten zahlreiche Vorurteile und Vorbehalte abgebaut werden. Diese Erfahrung fehlt anderen Kirchenvertretern, die dann – wenn es soweit ist – in den Gremien ein entscheidendes Wort mitreden.
Piusbruderschaft: Priesterweihen
Nach dem Amtsverzicht von Benedikt XVI., dem ein Wohlwollen gegenüber der Tradition attestiert wird, setzte Papst Franziskus die Signale für eine Normalisierung fort, obwohl für ihn, laut eigenen Aussagen, die überlieferte Form des Römisches Ritus und die Tradition fern wie eine fremde Galaxie sind. So sind seit dem Jahr der Barmherzigkeit die Beichten bei Priestern der Piusbruderschaft offiziell gültig. Gleiches gilt unter gewissen Auflagen für Eheschließungen und seit Mai 2017 auch für Priesterweihen.
Damit erkannte Rom die faktische Gültigkeit der der Sakramentenspendung durch Bischöfe und Priester der Bruderschaft an, wenn auch der kirchenrechtliche Status derselben noch ungeklärt ist.
Neuwahl des Generaloberen: eine Grundsatzentscheidung Am vergangenen Montag wurde vom Generaloberen, Msgr. Fellay, das Vierte Generalkapitel der Piusbruderschaft einberufen. Es tagt nur alle zwölf Jahre und bedeutet, daß Grundsätzliches besprochen und entschieden wird. Das Generalkapitel wird vom 11.–21. Juli 2018 im Priesterseminar von Econe im Kanton Wallis zusammentreten. Der vielleicht wichtigste Tagesordnungspunkt ist die Neuwahl des Generaloberen und seiner beiden Assistenten.
Msgr. Fellay steht der Bruderschaft seit dem Generalkapitel von 1994 vor. 2006 wurde er für eine zweite Amtszeit von zwölf Jahren bestätigt. Es deutet alles darauf hin, daß auf Stabilität und Kontinuität gesetzt werden dürfte, und der dann 60 Jahre alte Schweizer Fellay im Amt bestätigt wird.
Text: Giuseppe Nardi Bild: Porte Latine/pius.info/MiL (Screenshots)
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