Der Papst und der Kuba: Symbol des Wandels
Papst Franziskus ist in Kuba angekommen. Eine 17 kilometerlange Willkommensparade erwartete ihn. - AP
20/09/2015 09:00SHARE: Die Castros und Papst Franziskus – die Bilder aus Kuba, die in diesen Tagen um die Welt gehen werden, sprechen eine klare Sprache, nämlich die des Wandels. Unser Korrespondent Pater Bernd Hagenkord berichtet über die ersten Schritte des Papstes auf kubanischem Boden. Es sind widersprüchliche Bilder, die in diesen Tagen aus Havanna um die Welt gehen. Mit dem Papst und den Castros treffen einerseits Gegensätze aufeinander, ein ehemals atheistisches, jetzt laizistisches System das von Gott und Kirche nicht viel wissen wollte begegnet einer Kirche, zu deren Selbstverständnis die gesellschaftliche Beteiligung gehört. Da treffen andererseits aber auch Bewegungen aufeinander, die im Rest der Welt beide als gegen den Konsumkapitalismus des amerikanischen Nordens stehend gesehen werden. Kritik am ausbeutenden Wirtschaftssystem ist beiden nicht fremd, beim einen eher eingerostet und gesellschaftlich verordnet, beim anderen frisch und aus einer religiösen Haltung heraus.
Ganz einfach werden die Begegnungen in Kuba nicht zu verstehen sein. Klar ist aber, dass sie für Wandel stehen werden. Und das ist auch das große Thema im Land, ganz gleich, mit wem man spricht. Einige nennen es Transformation, einige Öffnung, die offiziell-staatliche Sprachregelung ist ‚Aktualisierung‘, aber das meistgebrauchte Wort für den gesellschaftlichen und politischen Prozess, den Kuba zur Zeit durchläuft, ist Wandel. Und wenn die Menschen hier in Kuba den Papst sehen, dann sehen sie den Agenten dieses Wandels.
Die Menschen hoffen auf mehr Touristen, auf mehr Möglichkeiten, sie hoffen auf Perspektive. Sie hoffen darauf, freier agieren zu können. Und die Entspannung in den politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA sind der Schlüssel.
Nicht alles aus dem Norden ist gut
Dabei gibt es aber nicht nur den rosaroten Blick, man erwartet sich nicht nur Gutes und Schönes vom reichen Nachbarn aus dem Norden. Mario zum Beispiel fährt Taxi, einen roten Buick aus den 50er Jahren mit schwerem Blech, der eine tiefschwarze Abgaswolke produziert, wenn ihm etwas Energie abverlangt wird. Mario ist eigentlich Ingenieur, wie viele Kubaner gut gebildet und stolz auf das Bildungssystem, aber hat nichts Entsprechendes an Arbeit gefunden, weil es einfach keine Arbeit gibt. Aber selbst er – noch keine 30 Jahre – erzählt ungefragt von der Geschichte des Landes als Paradies für Spielkasinos und Prostitution, legale wie illegale. Da will niemand wieder hin.
Und wirtschaftlich scheint es jetzt auch Alternativen zum Norden zu geben. Brasilien investiert in einen Hafen, Venezuela ist schon länger engagiert, vermehrt gibt es auch Investitionen aus China. Und Frank-Walter Steinmeier war auch schon hier. Die USA, obwohl sehr nah, sind nicht mehr die einzige Aussicht für Veränderung.
Das Symbol, oder besser noch die Person die all dies und noch viel mehr verkörpert ist Papst Franziskus. Menschen hier in Kuba, die mit Religion und Kirche nichts anfangen können, sehen mindestens dies im Besuch des Papstes.
Sieg der Kultur der Begegnung
Für die anderen – Obama wie Castro – ist das alles nicht einfach. Obama bekommt viel Gegenwind für seine Verhandlungsbereitschaft und die Entscheidung, die Embargo-Politik als gescheitert zu bezeichnen. Und in Kuba hat das Regime viel zu verlieren, wenn der Dollar kommt. Deswegen gibt es auch immer wieder Demonstrationen der Macht wie Festnahmen und Freilassungen, ihrerseits versuchen die USA, die Annäherung irgendwie herunter zu spielen, zur Botschafteröffnung Kubas in Washington kam kein Regierungsvertreter und in Havanna soll das Hissen der Fahne gar nicht bedeutsam gewesen sein, hießen die Pressemitteilungen. Zu schneller Wandel ist vielleicht auch gar nicht gut, dem Zusammenbruch der Ost-Europäischen Staaten folgten Oligarchen-Staaten, die Eliten blieben dieselben. Auch für die nötige Balance bei all dem steht der Papst und die Kirche in Kuba. Sie kann und will vorbereiten, sie kann bilden, sie kann helfen, dass die Veränderungen menschlich und menschenwürdig verlaufen.
Dass der Papst hier seinen Beitrag leisten wird, ist offensichtlich. „Es ist ein Zeichen der Sieges der Kultur der Begegnung, des Dialogs, über die Kultur der Konfrontation“ hatte der Papst in seiner ersten Ansprache gesagt. Mehr davon wird es in den kommenden Tagen hier in Kuba geben. Aus Havanna Pater Bernd Hagenkord, Radio Vatikan (rv 20.09.2015 ord)
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