Soll Franziskus das Glaubensbekenntnis ändern? Ja, sagt der Leiter der „Schule von Bologna“ 13. September 2017 2
Mellonis Empfehlung: Zurück zum Glaubensbekenntnis von Nizäa von 325 (mit Ergänzungen). Alberto Melloni, der umtriebige Leiter der progressiven „Schule von Bologna“ in seinem heute in La Repubblica erschienenen Aufsatz. Oder läßt er in höherem Auftrag einen Versuchsballon steigen?
(Rom) Soll Papst Franziskus auch das Glaubensbekenntnis ändern, um Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel zu gefallen? Das empfiehlt jedenfalls Alberto Melloni, der umtriebige Leiter der progressiven „Schule von Bologna“ in seinem heute in La Repubblica erschienenen Aufsatz. Oder läßt er in höherem Auftrag einen Versuchsballon steigen?
Alberto Melloni Zur Erinnerung: Die von Eugenio Scalfari gegründete Zeitung, einem bekennenden Atheisten aus freimaurerischer Familie, der zu den bevorzugten Gesprächspartnern des amtierenden Papstes gehört, ist laut eigener Angabe des Papstes, die „einzige“ Tageszeitung, die Franziskus „täglich“ liest. Dort etwas zu plazieren, garantiert somit Beachtung hinter den Leoninischen Mauern.
Und zur Erinnerung, wer der Leiter der „Schule von Bologna“ ist: Melloni verkündete, ebenfalls aus den Spalten von La Repubblica, am vergangenen 21. April das Ende des zölibatären Priestertums, denn das „eigentliche“ Problem der Berufungskrise sei der Priesterzölibat.
Zur unfeinen Entlassung von Kardinal Gerhard Müller als Präfekt der Glaubenskongregation schrieb Melloni am 1. Juli, immer in La Repubblica:
„Der Laufpaß, den Franziskus Müller gegeben hat, ist aufsehenerregend, aber verständlich“. Und als Benedikt XVI. beim Requiem für den verstorbenen Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner eine Botschaft verlesen ließ und darin die Notwendigkeit überzeugender Hirten anmahnte, „die der Diktatur des Zeitgeistes widerstehen“, glühten bei Melloni die Sicherungen. Auf Twitter schrieb er am 15. Juli:
„Es gibt einen Proto-Ratzinger, einen Deutero-Ratzinger und jetzt auch einen Pseudo-Ratzinger mit negativen Anspielungen auf den regierenden Papst.“ Patriarch Bartholomäus I. besucht die „Schule von Bologna“
In seinem heutigen Aufsatz „Im neuen ‚Glaubensbekenntnis‘ die Kirche des Dialogs“ bietet Melloni zunächst eine kurze historische Einführung zur Entstehung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses, das auf das Erste Konzil von Nizäa im Jahr 325 zurückgeht und in Griechisch gehalten ist. Das Bekenntnis ist vollinhaltlich in einer italienischen Übersetzung abgedruckt.
Beim Ersten Konzil von Konstantinopel wurde es im Jahr 381 leicht geändert, das heißt, es wurde, was den Heiligen Geist betrifft, präzisiert. Dieses Nizäno-Konstaninopolitanum wird noch heute in der lateinischen Messe gebetet, aber im Novus Ordo auch in manchen Volkssprachen (so zum Beispiel in Italien, während im deutschen Sprachraum das kürzere Apostolische Glaubensbekenntnis gebetet wird). Die Orthodoxen haben damit allerdings ihre Probleme.
Heute wurde Mellonis Übersetzung aus dem Griechischen dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I. vorgestellt, der in Bologna die Fondazione per le scienze religiose Giovanni XXIII (Stiftung für Religionswissenschaften Johannes XXIII.) besucht. Die 1953 von Giuseppe Dossetti und Giuseppe Alberigo gegründete Stiftung ist Trägerin der sogenannten „Schule von Bologna“. Wer ihm dazu geraten hat, ist nicht bekannt.
Nizänisches Glaubensbekenntnis statt Nizäno-Konstantinopolitanum
Laut Melloni wäre es besser, das griechische Credo - natürlich in die Volkssprachen übersetzt – zu beten. Die lateinische Fassung, die es gibt, aber abgekommen ist, wird von ihm übergangen. Als Grund für den Rückgriff nennt Melloni die Chance zur Begegnung und Gemeinsamkeit der katholischen und der orthodoxen Kirche. Letztere lehnt das Bekenntnis des Ersten Konzils von Konstantinopel ab.
Das Bekenntnis zur Taufe, Auferstehung, Vergebung der Sünden und zum Leben venturi sæculi, „der kommenden Welt“, ist im Nizänum nicht enthalten. Melloni fügt es dem nizänischen Bekenntnis einfach hinzu, wodurch eher von einem „Mellonischen Glaubensbekenntnis“ zu sprechen wäre. Um so mehr, als Melloni, der sich selbst gerne als „Papstflüsterer“ sieht, nicht die „Vergebung der Sünden“ (in remissionem peccatorum) in das Nizänum einfügte, sondern die „Vergebung der Schuld“.
Der „Drang“ zu den Orthodoxen und das „filioque“
Ihm geht es letztlich um den Zusatz „filioque“, der ursprünglich im Bekenntnis von 381 nicht explizit enthalten war. Er wurde am Beginn des zweiten Jahrtausends von Papst Benedikt VIII. als Präzisierung in das Nizäno-Konstantinopolitanum eingefügt. In der lateinischen Kirche läßt sich das filioque im Athanasischen Glaubensbekenntnis aber bereits seit der Spätantike nachweisen.
Mellonis Aufsatz in „La Repubblica“
Die griechische Kirche lehnt diesen Zusatz aus formalen, aber auch inhaltlichen Gründen ab. 1054 kam es deshalb zum Großen Schisma zwischen Ost- und Westkirche, das auch als Morgenländisches Schisma in die Geschichte einging und bis heute andauert.
Der Wunsch nach Versöhnung und Wiederherstellung der damals zerbrochenen Kircheneinheit wird in der lateinischen Kirche allgemein anerkannt. Mellonis Vorstoß erstaunt dennoch, weil die progressiven Kirchenkreise, denen er als führender Vertreter angehört, zugleich eine Protestantisierung der katholischen Kirche vorantreiben. Darin liegt ein offensichtlicher Widerspruch, will man nicht annehmen, daß – abseits von einem theoretischen Einheitswunsch – die Annäherung an die Orthodoxie vor allem deshalb gesucht wird, um mit ihrer Hilfe, die Sakramentenordnung der lateinischen Kirche aufzuweichen. Gegen die Annäherung an die Orthodoxen gibt es in übrigen Kirche nämlich weit weniger Widerstände als gegen die Annäherung an die Protestanten.
Das wissen auch die Progressiven wie Melloni. Soweit der taktische Aspekt. Inhaltlich ist es zudem so, daß es den Orthodoxen im Laufe der Geschichte nicht gelungen ist, die Sakramentenordnung in der Praxis in allen Bereichen aufrechtzuerhalten. Das gilt beispielsweise für die Zulassung verheirateter Männer zur Priesterweihe oder der Zulassung einer Zweit- und Drittehe. Warum also den Zölibat mit Blick auf die Protestanten abschaffen wollen, wenn es mit Blick auf die Orthodoxen auch gehen könnte. Gleiches gilt für die Aufweichung des Ehesakraments.
Melloni empfiehlt Rückschritt
Wäre es aber insgesamt nicht besser, zum Bekenntnis von 325 zurückzukehren, als es zwar andere Spaltungen gab, aber noch nicht die Spaltung zwischen Rom und Konstantinopel? Wenn es aber stimmt, daß sich die Wahrheit in der Tradition entfaltet und im Laufe der Zeit besser erkannt wird, dann muß ein solcher Schritt falsch sein. Er wäre nämlich kein Rückgriff, sondern ein Rückschritt.
Das „filioque“ hat wesentlich mit der Dreieinigkeit zu tun.
Die römische Kirche hat das filioque auf dem Vierten Laterankonzil im Jahr 1215 zum Dogma erhoben. Vor eine erkannte Wahrheit zurückzukehren, stellt eindeutig inen Rückschritt dar. Das gilt auch für die derzeit wieder intensiver diskutierte Forderung, den Zölibat als Zugangsbedingung zum Priestertum abzuschaffen oder die Scheidung und Wiederverheiratung Geschiedener anzuerkennen. Ein Schritt hinter die erkannte Wahrheit zurück ist in sich unmöglich.
Wenn Benedikt VIII. das filioque als Präzisierung einfügte, um den Glauben besser zum Ausdruck zu bringen, und spätere Päpste dies ununterbrochen und ein allgemeines Konzil bestätigten, dann bedeutet das, daß es implizit bereits im Nizäno-Konstantinopolitanum von 381 enthalten war und daher seit 1700 Jahren als definiertes Credo des auf Christus zurückgehenden Glaubens Gültigkeit hat.
Welche Autorität könnte, und mit welcher Autorität, den Rückschritt vollziehen, den Melloni empfiehlt? Ein Progressiver scheint sich mit Autoritätsfragen aber nicht aufzuhalten. In einem positivistischen Denken scheint alles verfügbar. 1969 wurde Hand an den Römischen Ritus gelegt und es ist derselbe Melloni, der empfiehlt, heute auch Hand an die Messe von Paul VI. zu legen, um den Protestanten entgegenzukommen. Warum also nicht zum Nizänum von 325 zurückkehren, um den Orthodoxen entgegenzukommen.
Melloni übergeht das Unionskonzil von Florenz
Es ist kein Zufall, daß Melloni – obwohl Historiker – das kurze Kapitel der Geschichte übergeht, als das Konzil von Florenz im Jahr 1439 die Einheit zwischen West- und Ostkirche wiederherstellen konnte. Der Versuch scheiterte letztlich zwar, weil Konstantinopel nur vierzehn Jahre später von den Muslimen erobert wurde. Der neue, osmanische Machthaber am Bosporus trieb zielsicher einen Keil zwischen seine Feinde, indem er einen Mann zum neuen Patriarchen von Konstantinopel ernannte, der die Union von Florenz ablehnte, obwohl er selbst auf dem Konzil anwesend war und die Union mit seiner eigenen Unterschrift besiegelt hatte.
Die damalige Einigung besagte zum filioque, daß sowohl die Lehre beider Seiten vom Heiligen Geist als auch das Nizäno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis von 381 mit und ohne Beifügung des filioque rechtgläubig sind. Von den Griechen, die die höchste Autorität des Papstes anerkannten, wurde nicht verlangt, das filioque zu übernehmen.
Die Union von Florenz sah damit etwas anderes vor, als es nun Melloni vorschlägt, der das filioque auch für die lateinische Kirche abschaffen möchte – und die Sünde vielleicht gleich noch dazu.
Unklar ist auch, wie Melloni sich vorstellt, die Orthodoxen mit einem Do-it-yourself-Symbolum beeindrucken zu können, da gerade der formale Umstand, daß Benedikt VIII. mit dem filioque einseitig eine Ergänzung in ein von einem ökumenischen Konzil beschlossenen Bekenntnis eingefügt hatte, einer der zentralen Punkte im Streit war. Die Frage hat natürlich auch mit jener der Autorität des Papstes zu tun, einem wohl noch größeren Knackpunkt in den Beziehungen zwischen Ost und West.
Das Konzil von Florenz hat jedenfalls bewiesen, daß eine Einheit – wenn sie auch nur von kurzer Dauer war – möglich ist. Und das lange vor und ganz ohne Melloni.
http://www.katholisches.info/2017/09/sol...le-von-bologna/ Text: Giuseppe Nardi Bild: La Repubblica/MiL/Vatican Insider (Screenshot)
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