Kardinal Gerhard Müller im Interview „Einige Bischöfe haben nicht mehr den Mut, die Wahrheit zu sagen“ 18. Mai 2018
Kardinal Gerhard Müller: „Der Begriff Homophobie ist ein Betrug. Homophonie existiert gar nicht. Dahinter verbirgt sich eine Ideologie.“
Kardinal Gerhard Müller, der emeritierte Präfekt der Glaubenskongregation, bekräftigte in einem Interview mit Costanza Miriano das Urteil des kirchlichen Lehramtes über jene, und seien es Bischöfe, die Initiativen zur Förderung der Homosexualität unterstützen.
Betrug Homophobie: Im Bild eine „christliche“ Initiative „gegen Homophobie“
Für den 20. Mai kündigte der Bischof von Reggio-Emilia an, an einer „Gebetswache gegen Homophobie“ teilnehmen zu wollen, anstatt diese zu verurteilen, wie es gläubige Katholiken von ihm erhofft hatten. Kardinal Müller bekräftigte dagegen die Falschheit des Begriffs „Homophobie“, der gezielt erfunden wurde, um politische Ziele zu verfolgen.
Anlaß für das Interview war der IDAHOBT am 17. Mai. Das englische Akronym steht für „International Day Against Homophobia, Transphobia and Biphobia“, zu deutsch: Internationaler Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie. Dabei handelt es sich um einen erstmals 2005 ausgerufenen „Aktionstag“ der Homo-Organisationen zum Zweck der Homosexualisierung des öffentlichen Lebens.
Der Tag wurde gewählt, weil am 17. Mai 1990 die Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus heiterem Himmel die Homosexualität aus ihrem Krankheitskatalog löschte. Eine willkürliche Entscheidung, die sich nicht auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse stützte, sondern ausschließlich politisch motiviert war. Transsexualität gilt nach wie vor als psychische Störung, soll aber, geht es nach der Homo-Lobby und ihren politischen Unterstützern, 2018 ebenfalls gelöscht werden.
Costanza Miriano nennt den Homo-Aktionstag einen „Fuffaday“, einen „Geschwätztag“, kurzum etwas Sinnloses, da „es Homophobie nicht gibt, weil eine solche Pathologie (Phobie) nicht existiert“. Der Begriff sei eine ebenso polemische wie haltlose Verkehrung der Rollen, weil es darum ging und weiterhin geht, wirkliche Pathologien wie Homosexualität & Co. aus dem WHO-Katalog der Krankheiten zu streichen. Homosexuelle müßten sich ständig selbst einreden, an keiner psychischen Störung zu leiden.
Miriano nützt den IDAHOBT, um auf das in der kommenden Woche in italienischer Ausgabe erscheinende Buch von Daniel C. Mattson „Why I Don’t Call Myself Gay: How I Reclaimed My Sexual Reality and Found Peace“ aufmerksam zu machen. Das Buch, „Warum ich mich nicht als schwul bezeichne. Wie ich meine sexuelle Wirklichkeit wiedergewonnen und meinen Frieden gefunden habe“, erschien im englischen Original im Juni 2017 in den USA. Eine deutsche Übersetzung des Buches ist noch ausständig.
Das Vorwort zur italienischen Ausgabe verfaßte Kardinal Robert Sarah, der Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Kardinal Gerhard Müller wird das Buch am kommenden 25. Mai in Rom vorstellen.
„Anstatt sich um die wirklichen Probleme zu kümmern, verwandeln Politiker unsere Demokratie in totalitäre Systeme“ Costanza Miriano: Der 17. Mai ist der Welttag gegen die Homophobie. Wir wissen, daß dieser Begriff 1971 in den USA erfunden wurde, aber wir wissen auch, daß die Personen, die eine Anziehung zum gleichen Geschlecht empfinden, manchmal wirklich sehr darunter leiden. Wie müssen wir Christen, die wir gerufen sind, alle zu lieben, uns zu diesem Thema verhalten?
Kardinal Gerhard Müller: Die Homophobie existiert schlicht und einfach nicht: Sie ist eindeutig eine Erfindung und ein Instrument der totalitären Dominanz über das Denken anderer. Der Homo-Bewegung fehlen die wissenschaftlichen Argumente, weshalb sie eine Ideologie konstruiert hat, die herrschen will, indem sie sich ihre eigene Wirklichkeit konstruiert.
Es ist das marxistische Schema, laut dem nicht die Wirklichkeit das Denken schafft, sondern das Denken sich die Wirklichkeit schafft. Wer diese konstruierte Wirklichkeit nicht akzeptiert, ist als krank zu betrachten. Es ist so, als könnte man mit der Polizei oder mit Gerichten auf eine Krankheit einwirken. In der Sowjetunion wurden Christen in psychiatrische Kliniken gesperrt. Das sind die Mittel der totalitären Regime, des Nationalsozialismus und des Kommunismus. Dasselbe widerfährt heute in Nordkorea jenen, die nicht das herrschende Denken akzeptieren.
Costanza Miriano: Es gibt einige Bischöfe, die Gebetswachen oder andere „katholische“ Initiativen gegen Homophobie unterstützt haben. Einige kenne ich persönlich, und sie stehen, soweit ich es verstehen kann, der Glaubenslehre sehr nahe. Warum akzeptieren sie also Ihrer Meinung nach dieses Spiel, zumal ja bereits die Anerkennung des Wortes Homophobie bedeutet, eine gewisse ideologische Sichtweise akzeptieren?
Kardinal Gerhard Müller: Einige Bischöfe haben heute nicht mehr den Mut, die Wahrheit zu sagen, und lassen sich einschüchtern. Sie verstehen nicht, daß Homophobie ein Betrug ist, der dazu dient, die Leute zu bedrohen. Wir Christen aber dürfen keine Angst vor Drohungen haben. In den ersten Jahrhunderten wurden die Jünger Jesu in die Kerker gesperrt, oder man ließ sie von wilden Tieren zerreißen. Heute zerreißt man die Leute mit Psychoterror, indem man die Unwissenheit ausnützt. Von einem Bischof und einem Priester dürfen wir aber erwarten, daß er imstande ist, hinter die Ideologien zu blicken. Wir sind jene, die mit der Gnade Gottes versuchen, alle Menschen zu lieben, auch jene, die sich vom gleichen Geschlecht angezogen fühlen. Es muß aber klar sein, daß lieben nicht heißt, der Gender-Propaganda zu gehorchen.
Costanza Miriano: Mattson widmet ein umfangreiches Kapitel seines Buches der Demontage von Propagandabegriffen. Das beginnt schon im Titel: „Warum ich mich nicht als schwul definiere. Sie werden zusammen mit dem Autor in Rom das Buch vorstellen. Was denken Sie darüber?
Kardinal Gerhard Müller: Mattson ist ein Mann, der seine Worte auf die eigenen Erfahrung stützt, und das zählt mehr als alle Ideologien. Seine Geschichte zeigt vielmehr, wie stark diese Ideologien sind, und wie sie eine Form der Unterdrückung gegen all jene ausüben, die Probleme mit der eigenen Sexualität haben. Man kann aus verschiedenen Gründen solche Probleme haben: Die Wirklichkeit aber ist, daß man nur entweder Mann oder Frau ist. Es gibt zwei Geschlechter, das ist die Wirklichkeit. Der Rest ist Interpretation. Papst Franziskus wird sehr häufig wegen jenes Interviews im Flugzeug zitiert, jenem Satz: „Wer bin ich, um zu urteilen?“ Der Papst hat aber dasselbe gesagt, was im Katechismus steht: Jede Person verdient Respekt, weil sie ein Ebenbild Gottes ist, und wir für keinen Zweck die Menschen mißbrauchen dürfen. Zugleich sprach Franziskus aber auch von der Homo-Lobby.
Und leider stimmt auch das. Wir hatten an der Glaubenskongregation einen Mitarbeiter, man kann es öffentlich sagen, weil er sich selbst mit großem Lärm geoutet hat, indem er sagte: „Ich bin schwul“, der aber nie um Hilfe oder Begleitung gebeten hat. Mattson im Gegenteil sagt: „Ich will mich nicht als schwul definieren“, weil er vor allem weiß, daß „schwul“ ein falscher Ausdruck ist, der Verachtung ausdrückt, dann aber auch, weil trotz dieser Anziehung zum eigenen Geschlecht es nicht die Anziehung ist, die eine Person definiert. Eine Person ist immer viel mehr als das. Wir sind Geschöpfe, die dank der Erlösung die Berufung zum ewigen Leben haben. Wer diese Anziehung empfindet, muß enthaltsam leben, wozu wir alle, alle Christen, gerufen sind, die nicht in einer gültigen und wirklichen Ehe leben.
Costanza Miriano: Warum steht dieses Thema auf der politischen Agenda des Westens ganz oben? Es scheint, als handle es sich um eine Priorität aller Regierungen.
Kardinal Gerhard Müller: Unsere Politiker in Europa haben sich um viele Menschen zu kümmern, die ohne Arbeit sind, um den Geburtenmangel, um die Familie, um viele ernste Probleme: Stattdessen kümmern sie sich darum, unsere Demokratie in totalitäre Systeme zu verwandeln. Ideologien sind a sich gewalttätig. Wie kann ein Parlament festlegen, was wahr ist und was nicht? Wie kann es behaupten, daß zwei und zwei fünf ergibt?
Why I Don’t Call Myself Gay Costanza Miriano: Eine der vielen interessanten Stellen im Buch stellt einen Zusammenhang zwischen der massenhaften Verbreitung von Verhütungsmitteln und der sich durchsetzenden Gender-Ideologie her. Ich nütze die Gelegenheit, um Ihnen eine Frage zu einem Thema zu stellen, das mir sehr wichtig ist. Sie wissen besser als ich, daß es in der Kirche Kräfte gibt, die gegen Humanae vitae sind, und die eine Revision dieser Enzyklika fordern. Was denken Sie dazu? Wie erklären Sie sich dieses Phänomen?
Kardinal Gerhard Müller: Ich erkläre es mir durch die Verweltlichung der Kirche. Für einige Hirten ist die Kirche nur ein Mittel, um Politik zu machen, um zu gefallen. Für sie zählt es mehr, die Massen zu achten als das Wort Gottes. Sie sind gegen die Schöpfung. Ich vergleiche jene, die Humanae vitae ändern wollen, um den Massen zu gefallen, mit jenen, die während der totalitären Regime Kompromisse eingegangen sind. Die Zeugen tragen hingegen die Verantwortung der geoffenbarten Wahrheit. Humanae vitae war prophetisch: Alle Gefahren, die darin vorausgesagt wurden, sind eingetroffen und Teil des modernen Lebens geworden: der Nihilismus, der Materialismus…
Es fehlt am höheren Sinn für die menschliche Existenz, weshalb hinter den Fassaden nur Leere ist. Jedes Wort aus dem Mund Gottes ist in Wirklichkeit reinstes Vergnügen. Wenn wir aufhören, zu verkünden, wo das wahre Vergnügen, wo die wahre Freude ist, werden wir verantwortlich sein für das Unglück vieler Menschen. Wenn die Hirten nicht wachen, siegen die Wölfe. Mit den Wölfen kann man keine Kompromisse schließen, um vielleicht doch das eine oder andere Schaf zu retten. Mit der Illusion, niemand zu verlieren, verliert man die ganze Herde. Das ist nicht die Logik Jesu. Um kein Schaf zu verlieren, hat er sich selbst geopfert, nicht die Schafe.
Costanza Miriano: Die Hirten, die sich für Verhütung aussprechen, tun dies meist, indem sie behaupten, daß es zwar ein Übel sei, aber in extremen Fällen…
Kardinal Gerhard Müller: Das ist nur eine Technik, um sich den Weg zu öffnen: Man stellt eine rein emotionale Überlegung an, die sich auf Ausnahmefälle stützt. Auch in Extremsituationen findet ein guter Hirte eine Lösung, um die intrinsische Einheit zwischen Fortpflanzung und Sexualität zu bewahren. Der Trick der Theologen und der Bischöfe, die die Lehre angreifen, ist hingegen die Emotionalisierung… Zum Beispiel: Sie beginnen zu sagen, daß es da einen Vater mit vier Kindern gibt, der seine Arbeit verloren hat, und eine Mutter, die krank ist… und dann führt man eine Diskussion auf einer emotionalen Welle irgendeines Einzelfalles. Das ist aber keine seriöse Art, ernste Themen zu behandeln.
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi Bild: Costanza Miriano/Nuova Bussola Quotidiana https://www.katholisches.info/2018/05/ei...rheit-zu-sagen/
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